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Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 12.11.2009
Aktenzeichen: 4 Sa 75/09
Rechtsgebiete: KiTaG, KiTaVO
Vorschriften:
KiTaG § 15 Abs. 2 | |
KiTaVO § 1 Abs. 2 Nr. 1 | |
KiTaVO § 2 Abs. 1 Nr. 1 | |
KiTaVO § 4 Abs. 2 |
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil
Aktenzeichen: 4 Sa 75/09
Verkündet am 12.11.2009
In dem Rechtsstreit
hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 12.11.2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und d. ehrenamtlichen Richter... als Beisitzer und d. ehrenamtliche Richterin ... als Beisitzerin
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 22.01.2009 - 51 Ca 948 a/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die richtige Eingruppierung.
Die Klägerin, eine ausgebildete Erzieherin, trat aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 23. August 2001 mit dem 1. September 2001 als Erzieherin in die Dienste des Beklagten ein. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages finden die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche Deutschland (AVR) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. In der Stellenbeschreibung vom 7. November 2001 (Bl. 110 d. A.) wird die Stelle der Klägerin bezeichnet als "Leiterin Waldkindergarten" und das Ziel der Stelle beziehungsweise die Kurzbeschreibung des Aufgabengebietes wird benannt mit "Leitung des Waldkindergartens C". Als direkter Vorgesetzter der Klägerin wird der Regionalvorstand genannt, ihr selbst direkt unterstellt sind ausweislich der Stellenbeschreibung eine Erzieherin und gegebenenfalls Aushilfen. Gemäß Punkt 10 der Stellenbeschreibung hat die Klägerin Vollmacht für Anschaffungen bis zu (damals) 200,00 DM nach Rücksprache mit der Dienststellenleitung I..
In Abschnitt 11 der Stellenbeschreibung werden folgende Tätigkeiten benannt, die die Klägerin selbständig durchzuführen hat:
- Konzeptionelle Arbeit
- Koordinierung bzw. genaue Absprachen im Gruppendienst
- Organisation der Abläufe im Waldkindergarten
- Führen von Elterngesprächen
- Koordinierung der pädagogischen Arbeit
- Einsatzplanung Mitarbeiterinnen Waldkindergarten
- Kontaktpflege zu den Gemeindeverwaltungen
- Öffentlichkeitsarbeit
Die Klägerin hat ein berufsbegleitendes Studium der Naturspielpädagogik absolviert.
Neben dieser Stellenbeschreibung erstellte die Klägerin selbst eine Aufgabenbeschreibung, die der Regionalvorstand der Beklagten zur Personalakte nahm (Bl. 6 d. A.).
Ihre Arbeitsleistung erbringt die Klägerin in einem sogenannten Waldkindergarten im Waldgebiet C. Dort wird eine Gruppe von ca. 20 Kindern betreut. Neben der Klägerin ist regelmäßig eine weitere Erzieherin tätig. Zudem beschäftigt der Beklagte dort gelegentlich Aushilfen. Die eine Erzieherin hat eine Wochenarbeitszeit von 24 Stunden, die Klägerin eine Wochenarbeitszeit von durchschnittlich 31,5 Stunden, wobei sie neben den 23 Stunden unmittelbarer erzieherischer Tätigkeit durchschnittlich 8,5 Stunden in der Woche mit über die eigentliche erzieherische Aufgabe hinausgehenden Sonderaufgaben verbringt. Für die Tätigkeiten, die die Klägerin zu Hause erbringt, stellt der Beklagte ihr unterstützend ein Kopiergerät zur Verfügung und erstattet die laufenden Kosten für den Drucker. Dem sogenannten "Waldkindergarten C." steht ein größeres Holzhaus mit dazugehörigem Schuppen zur Verfügung. Die Grundfläche des Holzhauses liegt bei 25 m2. Für dieses Holzhaus war eine Baugenehmigung erforderlich. Es handelt sich um eine eingetragene Liegenschaft. Das dem Beklagten übertragende Nutzungsrecht ist eingetragen, dafür zahlt er regelmäßig Miete. Es handelt sich um ein massives Holzhaus mit zwei Fenstern, einer Tür, einem Ofen und Stromversorgung über eine Solaranlage auf dem Dach.
Dieser sogenannte "Waldkindergarten C." ist nicht Teil einer Kindertagesstätte, die neben der im Wald betreuten Gruppe noch weitere "stationäre" Kindergartengruppen hat. Vielmehr gibt es insoweit nur diese eine Gruppe von Kindern, die im Wald betreut wird.
Die Klägerin erhält als Erzieherin Vergütung nach der Entgeltgruppe 7 der AVR. Die Klägerin begehrt Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 mit der Begründung, sie nehme sowohl schwierige Aufgaben als auch Leitungsaufgaben in den Tätigkeitsbereichen Pflege/ Betreuung/ Erziehung eigenständig wahr.
Die Klägerin hat dazu vorgetragen:
Sie sei Leiterin der Kindertagesstätte C. Richtig sei, dass die Dienststellenleitung in I. (Frau B.) gewisse verwaltungstechnische Dinge erledige. Dies bedeute jedoch nicht, dass sie dadurch keinerlei Leitungs- und Organisationsaufgaben für den Waldkindergarten C. durchführe. Ihre Tätigkeit gehe über jene der Erzieherin hinaus. Der Waldkindergarten C. sei eine Kindertagesstätte im Sinne des Kindertagesstättengesetzes Schleswig-Holstein. In der zentralen Verwaltung des Beklagten in I. gebe es keine Fachkraft, die die Voraussetzungen erfülle, um eine Kindertagesstätte zu leiten. Weder Frau B. noch der Regionalvorstand N. (unstreitig) seien Fachkräfte im Sinne des Kindertagesstättengesetzes Schleswig-Holstein. Sie - Klägerin - trage die fachliche Verantwortung. Dass sie nicht lediglich als gruppenleitende Erzieherin tätig sei, ergebe sich bereits aus ihrer Stellenbeschreibung und aus dem Umstand, dass sie neben den gut 23 Stunden pro Woche unmittelbarer erzieherischer Arbeit noch etwa 8,5 Stunden pro Woche für Verwaltungsaufgaben im Rahmen der Kindertagesstättenleistung sowie hinsichtlich allgemeiner Vorbereitungstätigkeiten aufbringe. Mangels entsprechender Büroräumlichkeiten in dem Holzgebäude leiste sie diese Tätigkeiten zu Hause. Ihr obliege das Schreiben der Elternbriefe. Sie sei auch für die Bearbeitung von Anmeldungen für Kinder mit zuständig. Im Rahmen der Bearbeitung dieser Anmeldungen führe sie auch Telefonate mit den Eltern, die den Wunsch geäußert hätten, ihr Kind im Waldkindergarten anzumelden, um zu klären, ob das Interesse noch bestehe. Im Weiteren sei sie auch dafür zuständig und verantwortlich, die Familien hinsichtlich des Kostenausgleichs durch die Gemeinden anzuschreiben und die entsprechenden Antragsformulare an diese zu verschicken. Sie organisiere und führe auch Veranstaltungen für den Waldkindergarten durch. Dies betreffe auch gemeinsame Ausflüge und Theaterbesuche, Laternenfeste, Weihnachten, Fasching und Ostern. Sie unterschreibe im Weiteren als Einrichtungsleitung die Jahresendabrechnung über die Kosten der Einrichtung gegenüber dem Kreis D.. Auch sei sie Ansprechpartnerin für diesen Kreis und erledige den entsprechenden Schriftverkehr, und zwar insbesondere dann, wenn dies seitens der Zentralverwaltung des Beklagten in I. nicht korrekt gegenüber dem Kreis D. erfolgt sei. Sie sei für die Organisation der regelmäßigen Teilnahme der Mitarbeiter der Kindertagesstätte Waldkindergarten C. an Ersthelferlehrgängen verantwortlich (unstreitig). Sie organisiere auch die Krankheitsvertretung (unstreitig). Die gesamte Urlaubsplanung der Kindertagesstätte C. falle in ihren Zuständigkeitsbereich. Dies gelte auch für die Organisation der Termine mit der Supervision einschließlich des Aussuchens der jeweiligen Supervisoren für die Mitarbeiter der Kindertagesstätte C. (unstreitig). Auch sei sie verantwortlich für die Organisation, Instandhaltung und Pflege des Holzgebäudes der KiTa. Sie sei Kontaktperson zu den Schulen. Dies gelte auch für den Kontakt zu der Fachschule für Sozialpädagogik in H. und I. im Hinblick auf die Praktikanten und deren Betreuung. Sowohl die Praktikantenverträge als auch die späteren Zeugnisse der Praktikanten unterschreibe sie. Dies gelte auch für die Zeugnisse ausscheidender Mitarbeiterinnen. Schriftwechsel gehe an ihre Privatanschrift und werde von ihr bearbeitet und beantwortet. Sie verwalte auch die "Personal"-Akten der Kinder der Kindertagesstätte. Diese Akten beinhalteten den Aufnahmebogen, in der Regel eine Kopie des Betreuungsvertrages zwischen den Eltern und der Beklagten, die notwendigen Einverständniserklärungen der Eltern sowie die notwendigen ärztlichen Bescheinigungen und anderes mehr. Sie nehme regelmäßig an den Leitertagungen der Kindertagesstätten im Kreis D. teil. Lediglich die Buchhaltung und finanzielle Verwaltung sowie die allgemeine Personalverwaltung der Mitarbeiter obliege zentral der Verwaltungsstelle des Beklagten in I.. Dies sei aber auch nichts Ungewöhnliches, da diese Bereiche üblicherweise auch in anderen "festen" Kindertagesstätten zentral geführt würden. Ihre Tätigkeit gehe somit weit über das Aufgabengebiet einer normalen Erzieherin oder einer Gruppenleiterin hinaus und entspreche im vollen Umfang dem klassischen Bild einer Kindertagesstättenleitung.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, dass sie aufgrund ihrer auszuübenden beziehungsweise ausgeübten Tätigkeit in die Entgeltgruppe 8 der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR) eingruppiert ist und dass der Beklagte verpflichtet ist, sie ab dem 01.08.2007 entsprechend zu vergüten.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Klägerin sei gruppenleitende Erzieherin. Sie übe aber keine Leitungsaufgaben im Sinne der Arbeitsvertragsrichtlinien aus. Sie sei weder zuständig für das An- und Abmeldeverfahren der Kinder, für die Koordinierung aller Angelegenheiten zum Betrieb einer Liegenschaft, für die Mitwirkung bei der Vorbereitung zum Jahreshaushalt und Verwendungsnachweis und für die Abrechnung mit den Kostenträgern, wie zum Beispiel der Sozialstaffel. Diese Aufgaben, die typische Leitungstätigkeiten seien, obliege der Dienststelle in I.. Diese Dienststelle nehme nicht nur den allgemeinen Schriftverkehr wahr, sondern auch die Abrechnungen und die Kontrolle der Stunden- und Urlaubsnachweise. Die Klägerin habe insoweit keinerlei Entscheidungsgewalt, sondern lediglich die Möglichkeit, Empfehlungen auszusprechen und gegebenenfalls bei Entscheidungen durch die Dienststellenleitung eingebunden zu werden. Sie übe keine Leitungsaufgaben in Bezug auf wirtschaftliche, technische oder betriebsorganisatorische Angelegenheiten aus, und zwar schon überhaupt nicht verantwortlich. Sie überschätze die Unterschriftsberechtigung. Es gehe lediglich darum, die Belege auf Richtigkeit zu zeichnen, damit sie von der zentralen Buchhaltung, die für mehrere Kreise zuständig sei, zu bearbeiten seien. Sie führe den Kostenausgleich durch die Gemeinden nicht durch. Dafür sei die zentrale Verwaltung zuständig. Der Kontakt zu dem Förderverein sei freiwillig und von seiner wirtschaftlichen Relevanz untergeordnet. Zeugnisse seien vor Ort vorzubereiten, aber nicht von der Klägerin, sondern von dem Regionalvorstand zu unterschreiben. Offizielle Anschrift des Waldkindergartens sei nicht die Privatanschrift der Klägerin, sondern die Dienststelle in I.. Es sei nicht gewünscht, dass sie den Schriftverkehr über ihre Privatanschrift erledige. Sie verwalte auch keine "Personal"-Akten der Kinder. Es handele sich lediglich um Hilfsakten, die ihr - der Klägerin - die täglichen erzieherischen Aufgaben ermöglichten. Dabei gehe es nicht um Aktenbearbeitung. Das Kopiergerät werde ihr nur zur Arbeitserleichterung zur Verfügung gestellt, sei aber kein Indiz für Leitungsaufgaben. Die Tätigkeit der Klägerin beziehe sich auf den pädagogischen Betreuungsdienst und nicht auf die Leitung eines Kindergartens.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils mit seinen dortigen Verweisungen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, es handele sich bei dem "Waldkindergarten C." um eine Organisationseinheit gemäß Anmerkung 10 der Anlage 1 AVR und der Klägerin obliege die Leitungsaufgabe im fachlichen und teilweise im personellen Bereich. Dies reiche für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 der AVR aus. Die Aufgaben seien der Klägerin auch übertragen worden, wie sich aus dem Inhalt des Schreibens vom 18.04.2002 (Bl. 169 d. A.) ergebe.
Der Beklagte hat gegen das ihm am 11. Februar 2009 zugestellte Urteil am 9. März 2009 mit Fax - und am 11. März 2009 mit Originalschriftsatz Berufung eingelegt und diese am 9. April 2009 mit Fax - und am 15. April 2009 mit Originalschriftsatz begründet.
Der Beklagte wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag und meint, aus dem gewählten Begriff "Leiterin Waldkindergarten" folge noch nicht, dass die Klägerin Leitungsaufgaben wahrnehme. Leitung bedeute die Verbindung von Aufgaben der Planung, Organisation, Anweisung, Koordination und Kontrolle, also die organisatorische Gesamtzuständigkeit für die übertragene Aufgabe. Dies treffe auf die Klägerin nicht zu. Diese Verantwortung liege vielmehr einerseits beim Regionalvorstand und andererseits bei der übergeordneten Dienststelle in I.. Im Hinblick auf die Begrifflichkeit des "Waldkindergartens" sei festzustellen, dass es sich dabei um eine "Waldgruppe" handele, die weder mit den üblichen Kindergärten und deren entsprechenden Organisationsstrukturen noch auch nur ansatzweise im Hinblick auf den Verwaltungsaufwand und die insoweit mit einem Kindergarten einhergehenden hauswirtschaftlichen, betriebsorganisatorischen und technischen Arbeitsabläufe vergleichbar sei. Der Klägerin obliege letztendlich der Erziehungsdienst in der Waldgruppe. Soweit die Klägerin als Erzieherin vor Ort selbständig und situationsbedingt entscheide, mit welchen Mitteln und auf welchem Wege der Erziehungsauftrag erfüllt werde, präge dies die allgemeine Aufgabe einer Erzieherin. Sie habe keine eigenständige Personalverantwortung. Sämtliche Fragen im Hinblick auf Personal seien mit der Dienststellenleitung beziehungsweise dem Regionalvorstand abzustimmen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn - Kammer Meldorf - vom 22.01.2009 (51 Ca 948 a/08) abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag unter Verteidigung des angegriffenen Urteils. Sie meint, der Beklagte reduziere unzutreffend die Funktion der Leiterin auf reine organisatorische und verwaltungstechnische Aufgaben und verkenne dabei, dass die Aufgaben der Leiterin einer Kindertagesstätte weiter gingen. Diese beinhalteten auch noch in einem erheblichen Umfang weitergehende pädagogische Aufgaben, Zuständigkeiten und Verantwortungen. In § 15 Abs. 2 KiTaG SH sei ausdrücklich festgelegt, dass die Leitung einer Kindertageseinrichtung einer pädagogischen Fachkraft obliegen müsse. Diese pädagogische Fachkraft sei sie. Weder im Regionalvorstand noch in der sogenannten übergeordneten Dienststelle sei für die fachliche Leitung eine pädagogische Fachkraft vorhanden (unstreitig). Es handele sich bei der Einrichtung auch nicht nur um eine "Waldgruppe", sondern um einen Waldkindergarten. Dass dieser nicht mit einem herkömmlichen Kindergarten deckungsgleich sei, liege in der Natur der Sache und dem Konzept. Es sei auch keineswegs unüblich, dass es sich dabei um eine kleine Einheit handeln könne, dies sei durchaus typisch für kleinere Kommunen. Ihr obliege die gesamte Organisation und Verwaltung dieser Kindertagesstätte. Auch sei es nicht so, dass die reine Verwaltung und Organisation des Waldkindergartens vollständig durch die Dienststelle in I. wahrgenommen werde. Sie sei auch betraut mit dem allgemeinen Schriftverkehr, der Abrechnung der Waldgruppe, der Rechnungserstellung zur Sozialstaffel, der Bearbeitung von Betreuungsverträgen, den Nachweisen und Abrechnungen gegenüber den Gemeinden und Kreisen, mit Personalfragen und Bearbeitung von Urlaubs- und Stundennachweisen, der Bearbeitung der Bestandslisten des Waldkindergartens und den Kontakten mit den Gemeinden, Budget- und Kassenverwaltung.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufung wird Bezug genommen auf den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft und frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung entschieden, dass die Klägerin Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 der anzuwendenden Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) hat. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Klägerin nimmt eigenständig Aufgaben einer Erzieherin (Entgeltgruppe 7) und darüber hinaus Leitungsaufgaben im Tätigkeitsbereich der Erziehung wahr, weshalb sie Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 hat.
1. Für die tarifliche Bewertung der Tätigkeit der Klägerin sind folgende Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1 zu den Arbeitsvertragsrichtlinien für Einrichtungen des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland heranzuziehen:
"Entgeltgruppe 7 (Anm. 5, 6, 11, 15)
A. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen
Hierzu gehören Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
1. mit eigenständiger Wahrnehmung von Aufgaben (Anm. 6) in den Tätigkeitsbereichen
a) Pflege/ Betreuung/ Erziehung,
...
Richtbeispiele:
...
Erzieherin
...
Entgeltgruppe 8
...
B. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Entgeltgruppe 7
1. mit eigenständiger Wahrnehmung von Aufgaben (Anm. 6) und Leitungsaufgaben (Anm. 11) in den Tätigkeitsbereichen
a) Pflege/ Betreuung/ Erziehung,
...
(6) Die eigenständig wahrgenommenen Aufgaben der Entgeltgruppe 7 und 8 setzen Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraus, die i. d. R. durch eine dreijährige Fachschulausbildung, aber auch anderweitig erworben werden können. Eigenständig wahrgenommen bedeutet, dass für die Erledigung der übertragenen Aufgaben Entscheidungen über Mittel und Wege zur Erreichung von Arbeitsergebnissen selbst getroffen werden. Die Aufgaben, die im Klientenbezug weitergehende emotionale und soziale Kompetenz erfordern, beinhalten Tätigkeiten, die in verschiedenen Arbeitssituationen in unterschiedlichem Maße anfallen und wechselnde Anforderungen stellen.
...
(10) Leitung umfasst die fachliche, personelle, organisatorische und wirtschaftliche Verantwortung für eine Organisationseinheit.
(11) Leitungsaufgaben werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern neben ihrer Tätigkeit ausdrücklich übertragen und umfassen nicht alle der in der Anmerkung 10 beschriebenen Aspekte der Leitung.
..."
2. Die Klägerin nimmt nicht nur die Aufgaben einer Erzieherin wahr, sondern darüber hinaus auch noch Leitungsaufgaben im Tätigkeitsbereich Erziehung.
Die Leitung umfasst gemäß Anmerkung 10 zur Anlage 1 der AVR die fachliche, personelle, organisatorische und wirtschaftliche Verantwortung für eine Organisationseinheit. Nach Anmerkung 11 zu den AVR werden Leitungsaufgaben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern neben ihrer Tätigkeit ausdrücklich übertragen und umfassen nicht alle der in der Anmerkung 10 beschriebenen Aspekte der Leitung. Mit anderen Worten: Eine Mitarbeiterin übt auch dann Leitungsaufgaben aus, wenn diese sich nur auf einen Teilaspekt aus der fachlichen, personellen, organisatorischen und wirtschaftlichen Verantwortung für die Organisationseinheit beziehen. Demnach ist es also auch denkbar, von der Wahrnehmung von Leitungsaufgaben auszugehen, sofern sich die Leitung nur bezieht auf die fachliche Verantwortung für eine Organisationseinheit.
3. Die Klägerin trägt die fachliche Verantwortung für die Organisationseinheit der im Wald zu betreuenden Kinder, wobei es für das Vorliegen einer Organisationseinheit völlig unerheblich ist, ob man diese Einheit als Waldkindergarten oder Waldgruppe bezeichnet. Entscheidend ist, dass die Klägerin - worauf das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat - die fachliche Verantwortung für diese abgrenzbare Einheit trägt und ihr diese Leitungsaufgabe auch ausdrücklich übertragen wurde. Bereits das Vorliegen dieser fachlichen Verantwortung rechtfertigt es, die Klägerin in die Entgeltgruppe 8 einzugruppieren, und zwar unabhängig davon, ob sie darüber hinaus auch die personelle, organisatorische und wirtschaftliche Verantwortung für die Organisationseinheit trägt, was von dem Beklagten bestritten wird. Das Vorliegen der fachlichen Verantwortung bei der Klägerin ist derart gewichtig und bedeutend für den Betrieb dieser Organisationseinheit, dass es gerechtfertigt ist, schon aus diesem Grund von einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 auszugehen.
4. Ausgangspunkt für die Annahme der fachlichen Verantwortung in der Person der Klägerin für die im Wald zu betreuenden Kinder sind die Regelungen im KiTaG SH und in der Landesverordnung über Mindestanforderungen für den Betrieb von Kindertageseinrichtungen und für die Leistungen der Kindertagespflege (KiTaVO SH).
Gemäß § 15 Abs. 2 KiTaG müssen in Kindertageseinrichtungen als Leiterin oder Leiter Fachkräfte und für die Gruppenleitung ebenfalls Fachkräfte beschäftigt werden. Die leitende Fachkraft wiederum muss ausreichend Zeit für die Leitung der Einrichtung haben. § 2 Abs. 1 Nr. 1 KiTaVO bestimmt, dass Fachkräfte in der Leitung der Einrichtung und in der Gruppenleitung staatlich anerkannte Sozialpädagoginnen oder Sozialpädagogen oder staatlich anerkannte Erzieherinnen oder Erzieher sein müssen. Gemäß § 4 Abs. 2 KiTaVO müssen wiederum während des Gruppendienstes mindestens zwei Personen anwesend sein, von denen eine Fachkraft nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 KiTaVO sein muss. Das Landesrecht zu den Kindestagesstätten geht also davon aus, dass für die Leitung der Einrichtung oder auch für die Gruppenleitung eine Person vorhanden sein muss, die Fachkraft im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 KiTaVO ist, also mindestens staatlich anerkannte Erzieherin oder Erzieher sein muss. Dies bedeutet, dass die fachliche Verantwortung im Sinne einer Leitungsaufgabe nur von einer Person getragen und ausgeübt werden kann, die die Qualifikation gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 KiTaVO erfüllt.
Daraus folgt für den hier zu beurteilenden Sachverhalt, dass bezogen auf die im Wald von C. zu betreuenden 20 Kinder nur die Klägerin die fachliche Verantwortung wahrnehmen kann, weil nur sie bezogen auf diese Einheit die Qualifikation als pädagogisches Personal gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 KiTaVO erfüllt. Der Hinweis des Beklagten darauf, dass die Verantwortung und die Leitungsaufgabe in der Zentrale in I. wahrgenommen werde, trägt nicht. Denn weder die dort tätige Frau B. noch der Regionalvorstand N. sind pädagogisches Personal im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 KiTaVO. Allein die Klägerin erfüllt bezogen auf die im Wald von C. zu betreuenden Kinder diese Voraussetzungen.
Dies bedeutet zwingend, dass sie die fachliche Verantwortung für die Kinder wahrnimmt und trägt. Da die Wahrnehmung dieser fachlichen Verantwortung von herausragender Bedeutung für die Tätigkeit ist, wie sich bereits aus der ausdrücklichen Regelung in dem oben zitierten Landesrecht Schleswig-Holsteins ergibt, reicht bereits diese Wahrnehmung aus, um davon auszugehen, dass die Klägerin Leitungsaufgaben im Sinne der Anmerkung 11 wahrnimmt. Der Umstand, dass sie die wirtschaftliche Verantwortung und auch die personelle Verantwortung im Sinne von Einstellungs- und Entlastungsbefugnis und disziplinarischer Befugnis nicht besitzt, steht der begehrten Eingruppierung deshalb nicht entgegen.
5. Unerheblich ist auch der Einwand des Beklagten, die Tätigkeit der Klägerin sei nicht vergleichbar mit der Wahrnehmung von Leitungsaufgaben für einen "stationären" oder "festen" Kindergarten. Es handele sich vielmehr lediglich um Gruppenleitung. Dabei verkennt der Beklagte, dass es eben nicht nur lediglich Gruppenleitung ist, weil die Klägerin die fachliche Verantwortung trägt. Bei einer Gruppenleitung in einem Kindergarten wiederum ist es aber typischerweise so, dass über der Gruppenleiterin oder den Gruppenleiter übergeordnet die Leiterin oder der Leiter der Kindertagesstätte die fachliche Verantwortung insgesamt trägt. Insofern liegt die Besonderheit des Falles hier darin, dass es nur eine Gruppe gibt, für die die Klägerin allein die fachliche Verantwortung hat. Die Arbeitsvertragsrichtlinien stellen für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 unter Berücksichtigung der Anmerkung 11 nicht auf eine bestimmte Größe der Organisationseinheit ab, sondern lediglich auf das Vorliegen einer Organisationseinheit, für die Leitungsaufgaben wahrgenommen werden.
Zutreffend hat das Arbeitsgericht insoweit ausgeführt, dass es sich bei dem Waldkindergarten um eine Organisationseinheit im Sinne dieser Anmerkung handelt. Denn es ist eine aufgaben-, personen- und sachmittelorientiert abgrenzbare Einheit. Entgegen der Auffassung des Beklagten verlangt der Begriff der Organisationseinheit nicht das Vorliegen einer "klassischen" Kindertagesstätte mit mehreren Gruppen. Solche quantitativen Kriterien sieht die Entgeltgruppe 8 im Abschnitt B nicht vor. Diese Kriterien spielen erst in den nachfolgenden Entgeltgruppen eine Rolle, wenn auf kleine, mittlere oder große Einheiten abgestellt wird wie zum Beispiel in den Entgeltgruppen 9 und 10.
Nach alledem ist eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 bereits deshalb gerechtfertigt, weil die Klägerin die fachliche Verantwortung wahrnimmt. Der Umstand, dass es dazu möglicherweise kein ausdrückliches Schreiben gibt, ist unerheblich. Entscheidend ist, dass der Beklagte weiß, dass bezogen auf die im Wald zu betreuenden Kinder allein die Klägerin die fachliche Verantwortung tragen kann, weil nur sie die Qualifikation als pädagogisches Personal hat. Wenn der Beklagte ihr diese Tätigkeit in Kenntnis dieses Umstandes überträgt, so hat er ihr auch gleichzeitig die fachliche Verantwortung übertragen.
Nach alledem ist die Berufung des Beklagten mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.
Ein gesetzlich begründeter Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht.
Ende der Entscheidung
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