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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 05.11.2002
Aktenzeichen: 5 Sa 147 c/02
Rechtsgebiete: BGB, EFZG


Vorschriften:

BGB § 138
EFZG § 4
EFZG § 4a
1. Eine einzelvertragliche Vereinbarung, wonach etwaige Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind, ist grundsätzlich ebenso zulässig, wie eine Überstundenvergütung in Form einer gleichbleibenden Pauschale.

2. Eine Vereinbarung über die Pauschalabgeltung von Überstunden findet in § 138 BGB ihre Grenze. Eine Pauschalabgeltung aller anfallenden Überstunden ist dann nichtig, wenn es dadurch zu einem auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung kommt.

3. Der Arbeitnehmer, der sich auf die Nichtigkeit einer pauschalen Überstundenabgeltung beruft, ist darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen eines krassen Missverhältnisses zwischen geforderter Arbeitsleistung und vereinbartem Gehalt.

4. Bei einer vertraglichen Vergütung, die mehr als 70 % des üblichen Vergleichslohns ausmacht, ist die Grenze zur Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB noch nicht überschritten.

5. Der Arbeitnehmer, der Überstundenvergütung beansprucht, muss beim Bestreiten der Überstunden im Einzelnen darlegen und ggf. beweisen, an welchen Tagen und zu welchen Tagszeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat. Des Weiteren muss er vortragen, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, zumindest aber billigend geduldet oder aber zur Erledigung der ihm obliegenden Arbeit notwendig waren.

6. Gemäß § 4 a EFZG ist es zulässig, Anwesenheitsprämien für krankheitsbedingte Fehlzeiten anteilmäßig zu kürzen.

7. Überstunden i.S.v. § 4 Abs. 1 a EFZG liegen vor, wenn die individuelle regelmäßige Arbeitszeit des Arbeitnehmers überschritten wird. Haben die Arbeitsvertragsparteien die individuelle regelmäßige Arbeitszeit vertraglich nicht bestimmt, weil sie Schwankungen ausgesetzt ist und haben sie deshalb die Zahlung einer Überstundenpauschale vereinbart, so hat der Arbeitnehmer während des Entgeltfortzahlungszeitraums auch Anspruch auf die Überstundenpauschale.


Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 5 Sa 147 c/02

Verkündet am 05.11.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 20.08.2002 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Otten-Ewer als Vorsitzende und d. ehrenamtliche Richterin Marion Linsker als Beisitzerin und d. ehrenamtlichen Richter Manfred Maurischat als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 27.02.2002 - Az.: 4 Ca 1386 c/01 - wird zurückgewiesen.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 27.02.2002 - Az.: 4 Ca 1386 c/01 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

a) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 178,95 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.07.2001 zu zahlen.

b) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 162,59 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.07.2001 zu zahlen.

c) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

d) Die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz trägt der Kläger.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Prämienzahlungen, Überstundenvergütung sowie einen Bußgeldbescheid.

Der 1943 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.01.1992 als Disponent beschäftigt. Gemäß § 3 des Arbeitsvertrages vereinbarten die Parteien, dass in dem monatlich zu zahlenden Gehalt "Überstunden und Mehrleistungen ... eingeschlossen" seien (Bl. 6 d.GA.). Gemäß § 10 des Arbeitsvertrages bedarf "die Aufhebung, Änderung und Ergänzung des Anstellungsvertrages der Schriftform. Mündliche Vereinbarungen, auch die mündliche Vereinbarung über die Aufhebung der Schriftform, sind nichtig." Das Monatsgehalt des Klägers betrug zuletzt DM 4.600,-- brutto insgesamt. Die Monatsabrechnungen wiesen ein "Gehalt" von DM 4.000,--, eine "1. Prämie M" von DM 350,--, sowie eine "2. Prämie" von i .d .R. DM 250,-- aus. Die als "2." bezeichnete Prämie wird seit dem 01.07.2002 gezahlt und die 1. Prämie "M" ab dem 01.03.1999. Ausweislich der Abrechnungen für Januar 2000 bis März 2001 kürzte die Beklagte die 1. und 2. Prämie um folgende Bruttobeträge (Bl. 7 - 11 d.GA.):

Januar 2000 2. Prämie 22,74 DM Juli 2000 2. Prämie 159,18 DM September 2000 2. Prämie 34,09 DM Januar 2001 2. Prämie 22,94 DM März 2001 1. Prämie M 350,00 DM 2. Prämie 250,00 DM insgesamt 838,95 DM (= 428,95 EUR)

Als Verursacher erhielt der Kläger im Mai 2000 einen Bußgeldbescheid wegen einer Lenkzeitüberschreitung eines von ihm disponierten Fahrers. Das Bußgeld über DM 318,-- netto (= 162,59 EUR) beglich der Kläger. Mit Schreiben vom 13.07.2000 teilte der Vorgesetzte des Klägers, Niederlassungsleiter M., dem Leiter der Personalabteilung (Bl. 108 d.GA.) Folgendes mit:

"Sehr geehrter Herr Dr. L.,

wie Sie aus dem beiliegenden Schreiben ersehen, haben wir, um größeren Schaden vom Unternehmen abzuwenden, einen Bußgeldbescheid des "Landesamtes für Gesundheit und Arbeitssicherheit des Landes Schleswig-Holstein - Außenstelle Itzehoe" - akzeptiert und Herrn Horst S. als Verursacher genannt. Herr S. hat den Betrag von DM 318,-- bereits privat gezahlt. Da es keine andere Buchungsmöglichkeit gab, soll eine einmalige zusätzliche Prämie, abgestimmt mit der Geschäftsleitung, mit dem Juli-Gehalt gezahlt werden."

Mit Schreiben vom 06.12.2000 wandte er sich abermals an Dr. L.:

"Sehr geehrter Herr Dr. L.,

mit o. g. Schreiben (Kopie anbei) bat ich darum, Herrn S. DM 318,-- als zusätzliche Prämie mit dem Juli-Gehalt auszuzahlen. Dieses war mit der Geschäftsleitung abgestimmt.

Mit größtem Erstaunen muss ich am heutigen Tage feststellen, dass Herr S. diesen Betrag bis zum heutigen Tage nicht erhalten hat, obwohl er selbst mit Herrn K. S. hierüber gesprochen hat und ihm Klärung zugesagt wurde.

Ich bitte um Prüfung dieses Vorganges und Information."

Der Kläger hat vorgetragen,

die Beklagte habe ohne ersichtlichen Grund widerrechtlich die Prämien gekürzt, sodass er restliche Vergütung über DM 838,95 beanspruchen könne. Die Prämien seien nicht zweckbestimmt gewesen, weder für Anwesenheit und Leistung noch pauschaliert für Mehrarbeit gezahlt worden, sondern stellten sich als reguläre vereinbarte Gehaltserhöhungen dar. Mit Ausscheiden des ehemaligen Niederlassungsleiters B. und Einsatz des jetzigen Niederlassungsleiters M. sei die Arbeit weiter verteilt worden. Ihm, dem Kläger, sei die Organisation des Fernverkehrs sowie die Vertretung des Niederlassungsleiters übertragen worden. Im Hinblick auf den gestiegenen Verantwortungsbereich sei im März 1999 die 1. Prämie M vereinbart worden.

Gemessen an einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden (176 Stunden monatlich) habe er 1999 insgesamt 379,5 Überstunden, 2000 insgesamt 468,5 Überstunden und von Januar bis 27.04.2001 insgesamt 76,5 Überstunden geleistet. Zum Beleg hat er sich auf eine Wochenaufstellung (Bl. 12 -14 d. GA.) sowie auf die Stempelkartenausdrucke von Januar 1999 bis April 2001 (Bl. 36 - 89 d. GA.) berufen. Die so dokumentierten und geleisteten Überstunden seien von der Beklagten auch angeordnet worden, da er als Disponent verpflichtet gewesen sei, die LKW-Züge abzufertigen, die im Hinblick auf die Verkehrslage oftmals den Betriebshof erst spät abends erreichten. Er habe erst Feierabend machen können, wenn alle Fahrer gekommen, die Lieferungen kontrolliert und quittiert worden seien. Dies ergebe sich auch aus der Dienstanweisung vom 15.01.2001 (Bl. 11 d. GA.). Die Beklagte könne sich auch nicht auf die Gehaltsabrede gemäß § 3 des Arbeitsvertrages berufen. Die Vereinbarung, wonach regelmäßig 35 Überstunden pro Monat mit dem Gehalt abgegolten seien, sei sittenwidrig. Mit einer solchen Vergütungsabrede könnten allenfalls Überstunden in einem geringen Maß abgegolten sein. 20 % Mehrleistung überschreite das geringfügige Maß bei weitem. Er habe mithin einen Anspruch auf Bezahlung von 942,5 Überstunden inkl. eines Zuschlages von 25 %. Bei einem Monatsgehalt von 4.600,-- brutto errechne sich ein Stundenlohn von DM 26, 14 brutto zzgl. DM 6,53 brutto Zuschlag, mithin insgesamt DM 30.791,90 brutto.

Des Weiteren habe die Beklagte zugesagt, ihm das Bußgeld über DM 318,-- zu erstatten.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 16.172,60 brutto sowie weitere EUR 162,59 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04. Juli 2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

bei den Vertragsverhandlungen sei dem Kläger bereits mitgeteilt worden, dass auch Mehrarbeit anfallen werde, sodass gemäß § 3 des Arbeitsvertrages ein höheres Gehalt unter Einbezug der Überstunden vereinbart worden sei. Zusätzliche Überstundenvergütung stünde dem Kläger nicht zu. Im Übrigen sei der klägerische Vortrag zu den behaupteten Überstunden unsubstantiiert. Die Aufstellung sei nicht nachvollziehbar. Die Stempelkarten würden ausschließlich zum Abgleich der von den Niederlassungen eingesandten Anwesenheitslisten an die Lohnbuchhaltung übersandt. Eine Auswertung derselben erfolge nicht. Es werde unstreitig von ca. 5:00 bis 22:00 Uhr im Mehrschichtbetrieb gearbeitet. Der Kläger sei nicht verpflichtet gewesen, die erst spät abends ankommenden LKW's selbst abzuwickeln. Seiner Kontrollpflicht hätte er auch am nächsten Morgen nachkommen können. Wenn der Kläger Dinge persönlich durchführe, die er lediglich überwachen sollte, könne er hierfür nicht Mehrvergütung beanspruchen. Im Übrigen sei nicht nachvollziehbar, dass der Kläger erst nach über zwei Jahren die Überstundenvergütung anmelde.

Der Kläger könne auch keine rückständigen Prämienzahlungen beanspruchen. Die Prämien seien variable Gehaltsbeträge. Die 1. Prämie sei eine Anwesenheits- und Leistungsprämie der Mitarbeiter, die nur bei tatsächlicher Anwesenheit und Leistung gezahlt und bei krankheitsbedingten Fehlzeiten entsprechend gekürzt werde. Die vom Kläger gerügten Kürzungen der 1. Prämie entsprächen den unstreitigen krankheitsbedingten Fehlzeiten in diesen Monaten. Bei der 1. Prämie M handele es sich um eine weitere Abgeltung von Mehrleistungen, wofür das "M" stehe. Da der Kläger im März 2001 durchgehend arbeitsunfähig krank gewesen sei, habe er auch keine Mehrarbeit geleistet, sodass zu Recht die 1. Prämie M in diesem Monat nicht gezahlt worden sei.

Sie sei auch nicht verpflichtet, dem Kläger das Bußgeld zu erstatten. Es handele sich insoweit um eine persönliche Buße. Eine Zusage der Geschäftsleitung auf Erstattung habe es nicht gegeben. Der Kläger hätte den Bescheid anfechten können.

Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Der Kläger habe Anspruch auf restliche Prämienzahlung von beantragten EUR 428,96 brutto, da die Beklagte keine schriftliche Vertragsänderung vorgelegt habe, die eine Kürzung der Prämien rechtfertige. Überstundenvergütung stehe dem Kläger nur in Höhe von EUR 5.884,38 brutto zu. Zur Überzeugung der Kammer stehe fest, dass der Kläger Überstunden geleistet habe. Die Beklagte habe den Kläger selbst angehalten, wöchentlich nicht mehr als 48 Stunden zu arbeiten. Anhand von Stichproben habe sich ergeben, dass die Auswertung der Arbeitszeitkarten durch den Kläger korrekt erfolgte. Der Höhe nach sei dieser Zahlungsantrag nur teilweise begründet. Die gemäß § 3 des Arbeitsvertrages mit dem vertraglichen Gehalt abgegoltenen Überstunden setze die Kammer mit maximal einer Stunde pro Arbeitstag an. Soweit weitere Arbeitszeit abverlangt werde, sei der Arbeitsvertrag insoweit sittenwidrig, was zur teilweisen Nichtigkeit führe. Die Beklagte sei auch verpflichtet, dem Kläger das Bußgeld über EUR 162,49 netto gemäß §§ 305, 670 BGB zu erstatten.

Gegen dieses ihm am 04.03.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.04.2002 Berufung eingelegt und diese am 01.05.2002 begründet. Die Beklagte, der das Urteil ebenfalls am 04.04.2002 zugestellt worden ist, hat am 04.04.2002 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung bis zum 04.06.2002 am 04.06.2002 begründet.

Der Kläger trägt vor,

da der Umfang der geleisteten Überstunden unstreitig sei, stehe ihm die eingeklagte Überstundenvergütung in voller Höhe von EUR 15.743,64 zu. Die geleisteten Überstunden seien zwar nicht angeordnet, aber betriebsnotwendig gewesen und von der Beklagten billigend in Kauf genommen worden. Mit Ausscheiden des Niederlassungsleiters B.t seien ihm die Aufgaben eines Speditionsleiters mit erweiterten Büroaufgaben übertragen worden. Wegen der Arbeitsüberlastung habe er mehrfach gegenüber dem jetzigen Niederlassungsleiter M. - erfolglos - Beschwerde geführt.

Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass gemäß § 3 des Arbeitsvertrages eine Überstunde pro Arbeitstag mit dem Gehalt abgegolten sei. Vielmehr sei diese vertragliche Klausel insgesamt sittenwidrig und damit nichtig, sodass jede Mehrarbeitsstunde zu vergüten sei. Die Zulässigkeit dieser Vertragsregelung finde in § 138 BGB ihre Grenze. Angesichts der erheblichen Überstunden stünden Arbeitsleistung und Gehalt in einem erheblichen Missverhältnis. Unter Berücksichtigung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit könne das Arbeitsentgelt nur als wucherisch bezeichnet werden. Das tarifliche Monatsgehalt für Speditionsleiter betrage zwischen DM 5.200,-- und 6.500,-- brutto, wobei ab der 41. Wochenarbeitsstunde ein Überstundenzuschlag von 25 % anfalle. Strafbewährter Lohnwucher liege bereits dann vor, wenn weniger als 2/3 des Tariflohns gezahlt werde.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn zu I. und II. aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 16.172,60 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.07.2001 zu zahlen;

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen

und im Wege der Anschlussberufung,

das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 27.02.2002, Az.: 4 Ca 1386 c/01, abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen;

Der Kläger beantragt,

die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor,

zu Unrecht sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Kürzung der beiden Prämien an einem vermeintlich erforderlichen Schriftformerfordernis scheitere. Sofern hierbei auf das Schriftformerfordernis abgestellt werde, sei darauf hinzuweisen, dass die Zahlung der Prämien ebenfalls nicht schriftlich vereinbart worden sei. Wenn aber die Vereinbarung über die Gewährung der Prämien insgesamt Bestand hätte, könne der Kläger nicht im Wege der "Rosinentheorie" die Grundlage der Vereinbarung in Abrede stellen. Der Kläger habe eingeräumt, dass die Prämien anstatt einer Gehaltserhöhung gezahlt worden seien. Wenn es sich aber um Prämien und nicht um Gehaltsbestandteile handele, so könne der Arbeitgeber generell die Zahlung der Prämien an bestimmte Voraussetzungen knüpfen. Die 2. Prämie sei eine Anwesenheitsprämie, die bei krankheitsbedingten Fehlzeiten anteilig gekürzt werde, dies sei rechtlich zulässig. Auch in der Vergangenheit sei die 2. Prämie bei Krankheit - unstreitig - gekürzt worden, ohne dass sich der Kläger hiergegen gewandt habe.

Da der Kläger im März 2001 komplett arbeitsunfähig gewesen sei, habe er für diesen Monat auch keinen Anspruch auf die 1. Prämie M, die zur pauschalen Abgeltung weiterer evtl. Mehrarbeit seit 01.03.1999 gezahlt werde.

Zudem habe das Arbeitsgericht dem Kläger fehlerhaft die Erstattung des Bußgeldes zuerkannt, da der Niederlassungsleiter ihm die Erstattung zugesagt habe. Eine entsprechende Zusage habe aber nur der Geschäftsführer treffen können. Eine solche habe es jedoch nicht gegeben.

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts stehe dem Kläger überhaupt keine Überstundenvergütung zu. Für die Berechnung des Arbeitsgerichts gebe es weder eine gesetzliche noch eine vertragliche Grundlage. Sie sei willkürlich. Zwar habe der Kläger durch Vorlage der Zeiterfassungskarten dessen Anwesenheitszeiten belegt, indessen habe er weder dargelegt noch bewiesen, dass es sich bei den erfassten Zeiten auch tatsächlich um Arbeitszeiten handele, so bleibe offen, welcher Anteil hiervon als Pausen abzuziehen sei. Im Übrigen habe der Kläger nicht dargelegt, dass sie, die Beklagte, Überstunden angeordnet habe. Eine etwaige Anordnung könne auch nicht aus der Arbeitsanweisung vom 15.01.2001 hergeleitet werden. Hierin sei nur festgelegt, welche konkreten Arbeiten in welcher Art und Weise zu erledigen seien, aber nicht wann und durch wen sie zu erfüllen seien. Auch andere Mitarbeiter hätten diese bis 22:00 Uhr anfallenden Arbeiten ausgeführt. Aus der Anwesenheit des Klägers könne mithin nicht unbedingt darauf geschlossen werden, dass Arbeitsleistungen des Klägers tatsächlich notwendig und sachdienlich gewesen seien. Berufe sich ein Arbeitnehmer darauf, dass der Arbeitgeber die Ableistung von Überstunden geduldet habe, so habe der Arbeitnehmer die Einzelheiten darzulegen, dass und weshalb die - nach Tag und Uhrzeit genau bezeichneten - geleisteten Überstunden sachdienlich gewesen sein sollen. Ein diesbezüglicher Vortrag des Klägers fehle.

Pauschalierte Überstundenabgeltungen seien auch nicht per se unzulässig. Bei der Prüfung einer möglichen Sittenwidrigkeit hätte eine Inhaltskontrolle erfolgen müssen. Hierbei hätte berücksichtigt werden müssen, dass der Kläger über die Grundvergütung noch eine Mehrarbeitsprämie von DM 350,-- brutto erhalten habe und eine reguläre Arbeitszeit gerade nicht vereinbart worden sei. Der Kläger habe seit Beginn des Arbeitsverhältnisses (1992) keine einzige Überstunde geltend gemacht. Wenn der Kläger jetzt gleich für 3 Jahre Überstundenvergütung fordere, so könne dies nur als Verstoß gegen Treu und Glauben gewertet werden. Des Weiteren erhebt die Beklagte den Einwand der Verwirkung.

Für den Fall, dass die Beklagte mit der Berufung nicht durchdringe, erkläre sie die Aufrechung mit der seit 01.03.1999 gezahlten Prämie M in Höhe von ins. DM 13.650,--, mit der seit dem 01.01.1997 gezahlten 2. Prämie in Höhe von ins. DM 16.250,--, mit der seit 01.02.1995 gezahlten Gehaltserhöhung über DM 500,-- in Höhe von ins. DM 44.000,-- sowie mit den seit 01.01.1995 gezahlten vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von ins. DM 4.628,--. All diese Leistungen seien ohne schriftliche Vereinbarungen und damit rechtsgrundlos gezahlt worden.

Der Kläger erwidert auf die Anschlussberufung,

dass sowohl die 1. Prämie M als auch die 2. Prämie verkappte Gehaltserhöhungen seien. Bereits im ersten Beschäftigungshalbjahr habe er mit dem ehemaligen Niederlassungsleiter B.t vereinbart, dass nach der ersten Gehaltserhöhung über DM 500,-- weitere Gehaltserhöhungen folgen würden. Diese sollten als Prämien gezahlt werden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten sind zulässig. Sie sind dem Beschwerdewert nach statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Auf die Anschlussberufung der Beklagten war das erstinstanzliche Urteil teilweise abzuändern. Die Anschlussberufung der Beklagten war nur zum Teil begründet. Der Kläger hat weder Anspruch auf Überstundenvergütung (I.), noch auf restliche Zahlung der 2. Prämie (II.), indessen hat das Arbeitsgericht dem Kläger im Ergebnis zu Recht die Erstattung der 1. Prämie "M" für März 2001 (III.), sowie Erstattung des vom Kläger verauslagten Bußgeldes (IV.) zuerkannt.

I.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Überstundenvergütung, sodass diesbezüglich die Berufung des Klägers zurückzuweisen und der Anschlussberufung der Beklagten stattzugeben war. Zum einen hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt, dass die vertraglich vereinbarte Pauschalvergütung etwaiger Mehrarbeit sittenwidrig war (1.), noch hat er substantiiert vorgetragen, dass die Beklagte die behaupteten Überstunden billigte oder duldete oder dass die Überstunden betriebsbedingt erforderlich waren (2.).

1. Die geltend gemachte Überstundenvergütung scheitert bereits an der vertraglichen Pauschalabgeltung von Mehrarbeit, § 3 des Arbeitsvertrages. Eine einzelvertragliche Vereinbarung, in welcher mit dem vereinbarten Gehalt auch etwaige Mehrarbeit abgegolten ist, ist grundsätzlich zulässig (vgl. BAG Urt. v. 29.05.2002 5 AZR 370/01 -, zit. n. juris; LAG Köln, Urt. v. 05.03.1999 - 4 Sa 1395/98 -, zit. n. juris; LAG Frankfurt, Urt. v. 11.11.1963 - 1 Sa 432/63 -, zit. n. juris; LAG München, Urt. v. 30.05.1956 - N 108/56 V; zit. n. juris; ArbG Berlin, Urt. v. 31.05.1988 - 30 Ca 214/88 -, zit. n. juris). Aus der vertraglichen Vereinbarung geht auch eindeutig hervor, dass mit der vereinbarten Vergütung auch etwa anfallende Mehrarbeit abgegolten ist (vgl. BAG, Urt. v. 16.11.1961 - 5 AZR 483/60 -, zit. n. juris), sodass das Bestimmtheitsgebot gewahrt ist. Insbesondere ist der Vergütungsabrede gerade nicht zu entnehmen, dass sie die Gegenleistung exakt für eine 40-stündige Wochenarbeitzeit ist, sodass es aus vertraglicher Sicht durchaus möglich sein kann, dass in einzelnen Wochen weniger als 40 Wochenarbeitsstunden gearbeitet wird.

Die pauschalierte Mehrarbeitsvergütung gemäß § 3 des Arbeitsvertrages ist auch nicht gemäß § 138 BGB nichtig. Eine Vereinbarung über die Pauschalabgeltung von Überstunden findet ihre Grenzen in der Vorschrift des § 138 BGB. Die Grenze der Unzulässigkeit ist dann überschritten, wenn sich die Pauschalvereinbarung als Ausbeutung der Arbeitskraft im Rahmen des § 138 BGB darstellt (LAG München, Urt. v. 30.05.1956 aaO.) Eine einzelvertragliche Pauschalierung der Mehrarbeitsvergütung ist danach unzulässig, wenn sich im Vergleich mit der üblichen Vergütung ein erhebliches Missverhältnis ergibt (ArbG Berlin, Urt. v. 31.10.1988 aaO.). Als Grund für die Nichtigkeit der Vereinbarung wegen eines Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung kommen sowohl ein Verstoß gegen den strafrechtlichen Wuchertatbestand gemäß § 134 BGB i.V.m. § 302 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB a.F. als auch ein Verstoß gegen die guten Sitten gemäß § 138 BGB in Betracht. Innerhalb des § 138 BGB ist zwischen dem speziellen Wuchertatbestand des Absatzes 2 und dem wucherähnlichen Tatbestand im Rahmen der Generalklausel des Absatzes 1 zu unterscheiden. Sowohl der spezielle Straftatbestand als auch der zivilrechtliche Lohnwucher nach § 138 Abs. 2 BGB und das wucherähnliche Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB setzen ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung voraus (BAG, Urt. v. 23.05.2001 - 5 AZR 527/99 -, EzA § 138 BGB Nr. 29).

An einem solchen Missverhältnis fehlt es vorliegend. Der Kläger hat nicht darzulegen vermocht, dass die zuletzt gezahlte Monatsvergütung von DM 4.600,-- angesichts der von ihm zu leistenden Überstunden in einem krassen Missverhältnis stehen. Nach den allgemeinen Beweislastregeln ist stets derjenige für das Vorliegen der objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen eines sittenwidrigen Lohnwuchers darlegungs- und beweispflichtig, der sich auf die Nichtigkeit der Lohnvereinbarung darauf beruft.

Der Kläger hat indessen nicht aufgezeigt, inwieweit die geforderte Arbeitsleistung bzw. Arbeitszeit in einem krassen Missverhältnis zu dem vereinbarten Gehalt steht. Soweit er vorträgt, das Monatsgehalt eines Speditionsleiters betrage DM 5.200,-- bis DM 6.500,--, muss er sich entgegenhalten lassen, dass er als Disponent eingestellt und auch beschäftigt worden ist. Der Kläger hat nicht unter Beweis gestellt, dass ihm bei Ausscheiden des ehemaligen Niederlassungsleiters (Frühjahr 1999) die Speditionsleitung übertragen worden ist. Hierzu hat die Beklagte vorgetragen, dass dem Kläger erstmals mit Wirkung ab dem 01.05.2002 die Leistung der Spedition angeboten worden sei, was der Kläger wegen der damit verbundenen hohen Verantwortung abgelehnt habe. Nach der im Zivilprozess geltenden Parteimaxime hätte der Kläger vortragen und im Bestreitensfalle beweisen müssen, wie hoch das übliche Monatsgehalt eines Disponenten ist. Das Gericht ist nicht verpflichtet, von Amts wegen diesbezügliche Ermittlungen anzustellen.

Gleichwohl hat sich die Berufungskammer die Mühe gemacht und die Stundenvergütung des Klägers ins Verhältnis gesetzt zur behaupteten Stundenvergütung eines Speditionsleiters. Bei einer behaupteten durchschnittlichen Monatsarbeitszeit von 208 Stunden (173 + 35 Stunden) beträgt die klägerische Stundenvergütung DM 22,12 (DM 4.600,-- : 208 Stunden), demgegenüber errechnet sich für einen Speditionsleiter ein Stundenlohn von DM 30,06 (DM 5.200,-- : 173 Stunden). Selbst wenn man an dieser Stelle den Vortrag des Klägers als wahr unterstellt, kann ein krasses Missverhältnis zur üblichen Vergütung gerade noch nicht festgestellt werden. Die Stundenvergütung des Klägers - seinen Vortrag als wahr unterstellt - beträgt 73,58 % der behaupteten üblichen Vergütung und ist damit nicht sittenwidrig gemäß § 138 BGB. Die Grenze zur Sittenwidrigkeit ist in der Rechtsprechung fließend. Indessen ist davon ausgehen, dass Vergütungen, die den als Vergleichsmaßstab heranzuziehenden Durchschnittslohn um 50 % unterschreiten, nicht mehr angemessen und damit sittenwidrig sind. Vergütungen, die mehr als 70 % des Vergleichslohns ausmachen, sind dagegen noch als angemessen zu betrachten (vgl. Tschöpe, DB 2002, 1830 ff. m. Rspr.-Nachweisen).

Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 28.10.2002, d.h. nach Schluss der mündlichen Berufungsverhandlung, weiter zur Sittenwidrigkeit der Überstundenklausel vorträgt, konnte dieser Vortrag gemäß § 67 Abs. 2 ArbGG keine Berücksichtigung mehr finden.

2. Ungeachtet dessen kann der Kläger auch deshalb keine Vergütung von behaupteten 942,5 Überstunden aus dem Zeitraum von Januar 1999 bis Ende April 2001 verlangen, weil er nicht dargelegt hat, dass die Leistung der jeweiligen Überstunden betrieblich notwendig war. Dies gilt auch unabhängig davon, dass der Kläger bereits in seiner Klagschrift einem "Zahlendreher" verfallen ist. Die Summe der von ihm behaupteten Überstunden für die Jahre 1999 (379,5 Überstunden), 2000 (468,5 Überstunden) und 2001 (76,5 Stunden) beträgt nicht 942,5, sondern nur 924,5 Stunden.

Der Arbeitnehmer, der in einem Rechtsstreit von seinem Arbeitgeber Überstundenvergütung beansprucht, muss beim Bestreiten der Überstunden im Einzelnen darlegen und ggf. beweisen, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er über die übliche Arbeitzeit hinaus tätig geworden ist (a.). Des Weiteren muss er vortragen, ob die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, zumindest aber billigend geduldet (b.) oder aber zur Erledigung der ihm obliegenden Arbeit notwendig waren (c.).

a. Zugunsten des Klägers geht die Berufungskammer davon aus, dass er von Januar 1999 bis April 2001 gemessen an einer 40 Stundenwoche und einer Stunde Pause arbeitstäglich ins. 924,5 weitere Stunden im Betrieb gearbeitet hat.

Der Kläger verweist insoweit auf die Anlagen K 7 bis K 9 zur Klagschrift, wobei es sich um wochenweise Stundenauflistungen handelt, die, ausgehend von einer Normalarbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich und einer Stunde Pause arbeitstäglich, wöchentliche Überstunden in unterschiedlicher Höhe ausweisen. Dieser Vortrag allein entspricht nicht den obigen Darlegungsanforderungen, zumal die behaupteten Überstunden zum Teil weit zurückliegen. Eine Überprüfung der Richtigkeit der behaupteten Stunden, d.h. eine substantiierte Einlassung auf den klägerischen Vortrag ist für die Beklagte mithin nicht möglich. Sofern der Kläger zusätzlich auf die Stempelkartenausdrucke verweist, ersetzt auch dies grundsätzlich nicht einen substantiierten Vortrag. Vielmehr ist es erforderlich, dass der geltend gemachte Anspruch aus der Klagbegründung bzw. Berufungsbegründung aus sich heraus verständlich wird, die Bezugnahme auf Anlagen erfolgt nur noch zu Beweiszwecken oder zur weiteren Erläuterung. Die Bezugnahme auf Anlagenkonvolute genügt den Anforderungen einer substantiierten Anspruchsbegründung dann nicht, wenn sie erforderlich macht, dass das Gericht den zur Begründung erforderlichen Sachvortrag erst aus umfangreichen Anlagen heraussuchen muss (BVerfG, Beschl. v. 30.04.1994 - 1 BvR 2112/93 -, NJW 1994, 2683 ff.; LAG Köln Urt. v. 16.10.2000 - 8 (12) Sa 853/99 -, zit. n. juris). Gemessen hieran, genügt der klägerische Vortrag auch unter Berücksichtigung der Wochenlisten K 7 - K 10 und der Zeiterfassungskarten grundsätzlich nicht den Substantiierungsanforderungen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nicht einmal tageweise die Arbeitszeiten angegeben, geschweige denn nach Anfangs-, End- und Pausenzeiten aufgeschlüsselt hat. Dies wäre aber schon deshalb erforderlich gewesen, weil bei der Beklagten im kaufmännischen Bereich im Zweischichtbetrieb bzw. zu versetzten Zeiten gearbeitet wird, mithin die regulären Arbeitszeiten wechseln. Soweit das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil hierzu ausgeführt hat, dass "anhand von Stichproben ... sich ergeben (habe), dass die Auswertung der Arbeitszeitkarten durch die klagende Partei korrekt vorgenommen worden" sei, ist dies mit den prozessualen Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast nicht vereinbar.

Indessen kommt vorliegend dem Kläger zugute, dass die Anforderungen an die Substantiierung grundsätzlich am unstreitigen Tatbestand sowie an den Einlassungen der gegnerischen Partei zu messen sind. Vorliegend hat die Beklagte in der Berufungsinstanz (Schriftsatz vom 04.06.2002, Seite 4 unten) den vom Kläger durch Vorlage der Zeiterfassungskarten behaupteten Zeiten nicht widersprochen und diese somit unstreitig gestellt. Mithin ist unstreitig, dass der Kläger in dem strittigen Zeitraum über eine angenommene Normalarbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich zusätzlich ins. 924,5 Stunden gearbeitet hat. Sofern die Beklagte ihrerseits behaupte, der Kläger sei nur anwesend gewesen, habe aber nicht gearbeitet, ist sie hierfür darlegungspflichtig, da regelmäßig davon ausgegangen werden kann, dass erfasste Anwesenheitszeiten unter Berücksichtigung der üblichen Pausenzeiten auch Arbeitszeiten sind.

Die Tatsache, dass der Kläger Mehrarbeit geleistet hat, rechtfertigt indessen nicht per se den geltend gemachten Vergütungsanspruch.

b. Unstreitig hat die Beklagte die Leistung von Überstunden in keinem einzigen Fall angeordnet. Dies wird vom Kläger auch nicht behauptet.

Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Beklagte die Leistung von Überstunden auch weder geduldet noch billigend hingenommen. Diese Anspruchsvoraussetzung für die Geltendmachung von Überstundenvergütung setzt notwendigerweise positive Kenntnis des Arbeitsgebers voraus, dass der Arbeitnehmer Überstunden leisten will oder (gerade) leistet, sodass er ggf. die Leistung von Überstunden unterbinden kann. Sofern der Arbeitgeber erst nachträglich Kenntnis von den Überstunden erlangt, muss der Arbeitnehmer darlegen und beweisen, dass die Überstunden betriebsnotwendig waren (hierzu unter c.) oder vom Arbeitgeber im Nachhinein genehmigt wurden, Letzteres ist hier ebenfalls unstreitig nicht der Fall.

Auch aus dem Umstand, dass die Stempelkarten zur Lohnbuchhaltung nach Berlin versandt wurden, rechtfertigt nicht den Schluss, die Beklagte habe die Überstunden (im Nachhinein) genehmigt. Unbestritten hat die Beklagte bereits erstinstanzlich vorgetragen, dass eine Auswertung der Zeiterfassungskarten gerade nicht vorgenommen werde und dass die Stempelkarten lediglich zum Abgleich mit den von den Niederlassungen eingesandten Anwesenheitslisten dienten. Die Beklagte hätte angesichts der vertraglich vereinbarten Überstundenpauschale auch keinen Anlass gehabt, etwaige Überstunden im Einzelnen zu kontrollieren bzw. zu erfassen.

Eine Duldung oder stillschweigende nachträgliche Genehmigung der behaupteten Überstunden kann auch nicht aus dem Schreiben der Beklagten vom 15.08.2001 entnommen werden, worin die Beklagte den Kläger anwies, vor Überschreitung der wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden die Niederlassungs-Leitung zu unterrichten. Erst als der Kläger - nach zweieinhalb Jahren - trotz der vereinbarten Pauschalabgeltung etwaiger Überstunden zusätzliche Überstundenvergütung geltend machte, sah sich die Beklagte veranlasst, den strittigen Hinweis zu geben. Zu Recht weist die Beklagte mithin darauf hin, dass sie dieses Schreiben erst nach Rechtshängigkeit der Klage und damit nach dem hier maßgebenden Zeitraum von 1999 bis April 2001 aufgesetzt habe.

Auch die Arbeitsanweisung vom 15.01.2001 ist kein Beleg dafür, dass die Beklagte Überstunden in erheblichem Umfang billigend geduldet oder nachträglich genehmigt hat. In dieser Arbeitsanweisung ist die Art und Weise der Abwicklung der LKW's im Einzelnen festgelegt. Auch wenn die Arbeitsanweisung direkt an den Kläger gerichtet war, so besagt dies noch nicht zwingend, dass der Kläger die dort aufgelisteten Arbeiten in eigener Person durchführen muss, noch wann er die Aufgaben erledigen muss. Dies ergibt sich insbesondere aus dem letzten Satz der Arbeitsanweisung, wonach der Kläger "als verantwortlicher Mitarbeiter für ständige Kontrolle über die Einhaltung und Durchsetzung dieser Festlegungen benannt" worden sei. Danach sollte der Kläger die Einhaltung der Dienstanweisung durch geeignete Hinweise / Belehrungen gegenüber den Fahrern und entsprechende Kontrollen gewährleisten. Der Anweisung lässt sich mithin nicht entnehmen, dass der Kläger jeweils selbst die Abfertigung der LKW's vornehmen musste, vielmehr hätte er diese Aufgaben auch mit entsprechenden Belehrungen delegieren können.

Der Kläger hat mithin nicht schlüssig dargelegt, dass die Beklagte die Überstunden geduldet oder im Nachhinein genehmigt hat.

c. Dem klägerischen Vortrag lässt sich auch nicht entnehmen, dass die Überstunden zur Erledigung der ihm obliegenden Aufgaben betriebsnotwendig waren. Hierzu hätte der Kläger, bezogen auf jeden einzelnen Tag, darlegen müssen, warum er aus betriebsorganisatorischen Gründen die behauptete Mehrarbeit leisten musste. Hierzu hätte er beispielsweise angeben können, dass sich die Abfertigung eines LKW's durch dessen verspätete Ankunft an diesem Tag hinausgezögert und eine Übertragung der Arbeit auf andere - aus welchen Gründen - ausgeschlossen gewesen sei. Gerade wenn der Arbeitnehmer erst nach Jahren für geleistete Überstunden Vergütung verlangt, muss er substantiiert vortragen, warum die Mehrarbeit betriebsnotwendig war. Der Arbeitnehmer muss darlegen, welche geschuldete Tätigkeit er an den konkreten Tagen ausgeführt hat (BAG, Urt. v. 29.05.2002 - 5 AZR 370/01 - zit. n. juris). Nur so kann das Gericht prüfen, ob die Zeiten, in denen der Arbeitnehmer tätig war, vergütungspflichtig sind. Sofern sich der Arbeitnehmer auf die Erforderlichkeit der Arbeit beruft, müssen die Tätigkeiten und ihre Veranlassung jeweils geschildert werden, ansonsten kann das Gericht keine Subsumtion unter dem Begriff der "Erforderlichkeit" vornehmen, mithin die gestellte Frage nicht beantworten (LAG Köln, Urt. v. 25.06.1999 - 11 Sa 1488/98 - zit. n. juris). Obgleich die Beklagte mehrfach bestritten hat, dass die Überstunden erforderlich gewesen seien und dass der Kläger befugt gewesen sei, die Arbeiten zu delegieren, beschränkt sich der Kläger unter Bezugnahme auf die Arbeitsanweisung vom 15.01.2001 nach wie vor auf die schlichte Behauptung, die Überstunden seien jeweils erforderlich gewesen. Damit kommt er seiner Substantiierungspflicht in keiner Weise nach.

Dementsprechend hat der Kläger keinen Anspruch auf die geltend gemachte Überstundenvergütung.

II.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf weitere Zahlungen der 2. Prämie (Leistungs- und Anwesenheitsprämie). Insoweit war das erstinstanzliche Urteil auf die Anschlussberufung der Beklagten abzuändern.

Allein der Umstand, dass die 2. Prämie in den jeweiligen Gehaltsabrechnungen als Prämienzahlung ausgewiesen ist, spricht dagegen, dass sie durch eine Gehaltserhöhung im Juli 1992 zum regulären Gehaltsbestandteil wurde. Denn das bei Vertragsschluss vereinbarte Gehalt von DM 3.500,-- wurde unstreitig nach Ablauf der Probezeit um DM 500,-- auf DM 4.000,-- erhöht und erschien seitdem auch als Gehalt und nicht als zusätzliche Prämie in Höhe von DM 500,-- in den nachfolgenden Abrechnungen.

Unbestritten hat zudem die Beklagte vorgetragen, dass sie die 2. Prämie seit Einführung derselben im Juli 1992 bei Krankheit des Klägers entsprechend den Fehltagen gekürzt habe. Mithin ist unstreitig, dass dem Kläger gerade nicht seit Juli 1992 monatlich eine feste 2. Prämie über DM 250,--, sondern in unterschiedlicher Höhe bis zu maximal DM 250,-- gezahlt wurde. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass bei freiwilligen Prämien, die weder vertraglich vereinbart, noch auf einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung beruhen, grundsätzlich der Arbeitgeber die Anspruchsvoraussetzungen derselben festlegen kann. Dem schlüssigen Vortrag der Beklagten zur Zahlung der allgemeinen Anwesenheitsprämie ist der Kläger nicht substantiiert entgegen getreten. Insbesondere hat der Kläger gerade nicht substantiiert vorgetragen, wann genau mit der ehemaligen Niederlassung eine monatliche Gehaltserhöhung von DM 250,-- vereinbart worden ist. Hiergegen spricht bereits der unstreitige Tatbestand. Es ist völlig lebensfremd, dass der Kläger die Kürzungen der ihm angeblich zugesagten Gehaltserhöhung von DM 250,-- während all der Jahre widerspruchslos hingenommen hat. Es bleibt auch unklar, warum kurz nach der ersten regulären Gehaltserhöhung über DM 500,-- (zum 01.04.1992) nochmals eine Gehaltserhöhung über DM 250,-- vereinbart worden sein soll und diese überdies nicht zu einer Aufstockung des Gehalts auf DM 4.250,-- geführt hat, sondern in Form einer Prämie gezahlt worden ist. Soweit der Kläger sich zum Beweis der behaupteten Gehaltserhöhung auf das Zeugnis des ehemaligen Niederlassungsleiters beruft, stellt sich dies als unzulässiger Ausforschungsbeweis dar.

Demzufolge war die Beklagte in den Monaten mit krankheitsbedingten Fehlzeiten befugt, die Anwesenheitsprämie anteilmäßig zu kürzen, § 4 a EFZG (BAG, Urt. v. 25.07.2001 - 10 AZR 502/00 -, AP Nr. 1 zu § 4 a EFZG).

III.

Der Kläger hat demgegenüber Anspruch auf Zahlung der 1. Prämie "M" für den Monat März 2001 in Höhe von DM 350,-- brutto. Die hierauf gerichtete Anschlussberufung der Beklagten hat mithin keinen Erfolg.

Gemäß § 4 Abs. 1 EFZG steht dem Arbeitnehmer während einer krankheitsbedingten Fehlzeit für die Dauer von 6 Wochen das ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt zu. Maßgebend ist mithin die individuelle Arbeitszeit des erkrankten Arbeitnehmers. Bei Schwankungen der individuellen Arbeitszeit ist bei der Bestimmung der "regelmäßigen" Arbeitszeit eine vergangenheitsbezogene Betrachtung zulässig und geboten (BAG, Urt. v. 05.11.2001 - 5 AZR 296/00 -, AP Nr. 56 zu § 4 EFZG).

Die individuelle Arbeitszeit folgt in erster Linie aus dem Arbeitsvertrag. Vorliegend haben die Parteien arbeitsvertraglich die geschuldete Arbeitszeit gerade nicht festgelegt. Eine wirksame Vereinbarung über die geschuldete Arbeitszeit ist auch nicht erforderlich. Die Parteien sind mithin bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages davon ausgegangen, dass die Arbeitszeit des Klägers schwankend sein wird. Dies ergibt sich letztlich auch aus der Vereinbarung, dass etwaig zu leistende Überstunden mit dem vereinbarten Gehalt abgegolten sein sollten.

Bei der Vereinbarung eines festen Monatsgehaltes ist dieses regelmäßig während der Krankheitszeit an den Arbeitnehmer fortzuzahlen. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte dem Kläger - unstreitig - aufgrund des Ausscheidens des ehemaligen Niederlassungsleiters mit Wirkung ab 01.03.1999 eine zusätzliche Prämie "M" für die damit einhergehenden Mehrarbeiten gezahlt. Hierbei handelt es sich um eine regelmäßig, d.h. monatlich, gezahlte Mehrarbeitspauschale für regelmäßig anfallende Mehrarbeit. Die individuelle Arbeitszeit des Klägers beinhaltete mithin regelmäßig zu leistende Mehrarbeit, aufgrund derer ihm die Prämie "M" gezahlt wird. Hierauf hat der Kläger auch Anspruch während des Entgeltfortzahlungszeitraums.

Dem steht auch nicht § 4 Abs. 1 a EFZG entgegen. Danach gehören zum fortzuzahlenden Arbeitsentgelt nach Abs. 1 nicht das für Überstunden gezahlte Entgelt. Hiernach sind von der Entgeltfortzahlung sowohl die Grundvergütung als auch die Zuschläge für Überstunden ausgeklammert (BAG, Urt. v. 21.11.2001 aaO.; Urt. v. 26.06.2002 - 5 AZR 500/00 -, zit. n. juris). Der Begriff der Überstunden ist auslegungsbedürftig. Es fragt sich, ob bei der Bestimmung der Überstunden an die betriebsübliche / tarifliche Arbeitszeit oder an die individuelle regelmäßige Arbeitszeit des Arbeitnehmers anzuknüpfen ist. Aus dem Zusammenhang des § 4 Abs. 1 und Abs. 1 a EFZG folgt, dass maßgeblich auf die individuelle regelmäßige Arbeitszeit abzustellen ist. Die Einschränkung des Abs. 1 a bezieht sich auf den Arbeitnehmer, der auf Grund seiner in Abs. 1 zugrunde gelegten persönlichen Arbeitszeit Ansprüche geltend macht. Es kann nur um seine Überstunden gehen. Diese richten sich nach seiner regelmäßigen Arbeitszeit (BAG, Urt. v. 26.06.2002, aaO.).

Zwar werden von § 4 Abs. 1 a EFZG auch wiederholt geleistete Überstunden erfasst. Indessen müsse es sich um Überstunden handeln, aufgrund derer die individuelle regelmäßige Arbeitszeit überschritten wird. In den Fällen, in denen die individuelle regelmäßige Arbeitszeit eines Arbeitnehmers die betriebsübliche Arbeitszeit überschreitet, kann nicht von Überstunden i. S. d. § 4 Abs. 1 a EFZG gesprochen werden. Überstunden werden wegen besonderer Umstände vorübergehend zusätzlich geleistet. Bei Überstunden wird die individuelle regelmäßige Arbeitszeit eines Arbeitnehmers aufgrund besonderer Umstände vorübergehend erhöht.

Die Prämie "M" wurde jedoch gerade nicht aufgrund besonderer Umstände nur vorübergehend, sondern ab 01.03.1999 monatlich regelmäßig wie ein Gehaltsbestandteil gezahlt, weil sich ab diesem Zeitpunkt durch das Ausscheiden des ehemaligen Niederlassungsleiters die regelmäßige individuelle Arbeitszeit des Klägers erhöht hat.

Dementsprechend hat der Kläger auch Anspruch auf Zahlung der Prämie "M" für den Monat März 2001 in Höhe von DM 350,-- (= EUR 178,95) brutto.

IV.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht indessen entschieden, dass der Kläger Anspruch auf Erstattung des von ihm gezahlten Bußgeldes in Höhe von EUR 162,59 netto hat. Insoweit war die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Anspruch auf Erstattung des Bußgeldes folgt aus einer dementsprechenden nachträglichen Zusage des Niederlassungsleiters M.. Diese Zusage ergibt sich für die Berufungskammer zweifelsohne aus den zur Akte gereichten Schreiben vom 13.07.2000 und 06.12.2000. Die Zusage ihres Niederlassungsleiters muss sich die Beklagte auch zurechnen lassen, da sich aus dem Schreiben vom 13.07.2000 eindeutig ergibt, dass die zugesagte Erstattung mit der Geschäftsleitung abgestimmt gewesen sei. Hierauf ist die Beklagte denn auch nicht eingegangen. Will sie ernsthaft an dieser Stelle ihren Niederlassungsleiter der Lüge bezichtigen?

Die Zusage der Erstattung des Bußgeldes steht auch im Einklang mit dem Hintergrund des Bußgeldbescheides. Die Beklagte hatte gegenüber dem Landesamt für Gesundheit und Arbeitssicherheit des Landes Schleswig-Holstein im Rahmen einer Anhörung zu einer festgestellten Lenkzeitüberschreitung angegeben, dass der Kläger als Disponent hierfür ursächlich geworden sei. Diese Angabe hat die Beklagte gemacht, um "größeren Schaden vom Unternehmen abzuwenden". Hier wurde offenbar der Kläger zum "Sündenbock" gemacht, um größeren Schaden abzuwenden. Ohne diese Zusage hätte der Kläger den Bußgeldbescheid möglicherweise nicht akzeptiert und Rechtsmittel eingelegt. Der Kläger konnte und durfte sich aufgrund der erteilten Zusage des Niederlassungsleiters darauf verlassen, dass die Beklagte ihm die Kosten erstattet, wenn er das Bußgeld bezahlt.

Die hier im Streit befindliche Zusage der Erstattung des Bußgeldes ist auch nicht sittenwidrig, § 138 BGB. Die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung (BAG, Urt. v. 25.01.2001 - 8 AZR 465/00 -n NZA 2001 653 f.) ist hier nicht einschlägig. In dem dortigen Verfahren hat sich ein Kraftfahrer, der wegen Lenkzeitüberschreitung zu einem Bußgeld verurteilt wurde, darauf berufen, dass sein Arbeitgeber allen Arbeitnehmern im Vorwege zugesichert habe, dass etwaige Bußgeldbeträge bei Lenkzeitüberschreitungen erstattet würden. Derartige im Vornherein erteilte Blanko-Zusagen hat das BAG für nichtig erachtet, weil die Rechtsordnung nicht hinnehmen könne, dass ein Transportunternehmer gegenüber seinen Kraftfahrern die Übernahme von Geldbußen wegen Lenkzeitüberschreitungen vertraglich zusage und damit in Kauf nehme, dass es zum Verstoß des Arbeitnehmers gegen Vorschriften über Lenkzeiten komme, sodass die übermüdeten Fahrer sich selbst und die übrigen Teilnehmer am allgemeinen Straßenverkehr gefährdeten. Die vom BAG zu Recht angenommene Sittenwidrigkeit einer Blanko-Erstattungszusage ergibt sich mithin daraus, dass durch diese Zusage die Kraftfahrer erst ermutigt werden, die Vorschriften der Lenkzeitverordnung, die der Sicherheit im Straßenverkehr dienen, außer Acht zu lassen. Der vorliegende Fall liegt anders.

Zum einen hat der Kläger nicht selbst die Lenkzeitüberschreitung als Kraftfahrer begangen. Vielmehr hat er als Disponent den Bußgeldbescheid erhalten, weil durch seine fehlerhafte Disposition der Fahreinsätze ein oder mehrere Kraftfahrer Lenkzeitüberschreitungen begangen haben. Der Kläger hat mithin sozusagen als mittelbarer Täter gehandelt und ist dafür bestraft worden.

Der eigentliche Unterschied des vorliegenden Verfahrens zur zitierten BAG-Entscheidung ist jedoch darin zu sehen, dass sich der Kläger nicht auf eine generelle Zusage der Beklagten beruft, sondern vorliegend auf eine Zusage, die ihm nach Erhalt des Bußgeldbescheides erteilt worden ist. Eine derartige einzelne Erstattungszusage, bezogen auf einen bereits vorliegenden Bußgeldbescheid, ist nicht gemäß § 138 BGB nichtig. Ein Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden Bürger kann darin nicht erblickt werden, da der Arbeitnehmer gerade nicht dazu angehalten wird, auch künftig bußgeldbewährte Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten zu begehen. Dies gilt erst recht, wenn der Arbeitgeber, um das Unternehmen vor größeren Schäden zu bewahren, den konkreten Arbeitnehmer erst gegenüber der Bußgeldbehörde benennt und dem Arbeitnehmer nach Erhalt des Bußgeldbescheids zusagt, ihm das Bußgeld zu erstatten und ihn somit möglicherweise davon abhält, Rechtsmittel einzulegen.

Die Beklagte ist mithin verpflichtet, an den Kläger EUR 162,59 zu zahlen.

V.

Nach alledem war unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage im Wesentlichen - mit Ausnahme des den Bußgeldbescheid betreffenden Betrages über EUR 162,59 - abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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