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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 02.05.2007
Aktenzeichen: 6 Sa 504/06
Rechtsgebiete: GewO, BGB


Vorschriften:

GewO § 106 Satz 1
BGB § 315 Abs. 3
BGB § 612 a
Der Arbeitgeber kann Spannungen zwischen Arbeitnehmern durch Versetzung der an dem Konflikt Beteiligten begegnen.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 6 Sa 504/06

Verkündet am 02.05.2007

In dem Rechtsstreit

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 02.05.2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 16.08.2006 (3 Ca 793 c/06) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung.

Der Kläger trat am 01.10.1997 in die Dienste der beklagten Stadt (im Folgenden: Beklagte). Seiner Tätigkeit lag der Arbeitsvertrag vom selben Tag zugrunde. Gemäß § 1 des Vertrages erfolgte die Einstellung als Arbeiter. Als Vergütung war der Tariflohn der Lohngruppe 3 vorgesehen. Nach § 2 des Vertrages richtete sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G) mit den zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung. In § 5 Abs. 2 des Vertrages heißt es:

"Der Arbeitnehmer hat, soweit es der Dienst erfordert, jede ihm übertragene Arbeit, auch an einem anderen Dienstort und bei einer anderen Dienststelle zu leisten, die ihm nach seiner Befähigung, Ausbildung und körperlichen Eignung zugemutet werden kann, ohne dass der Arbeitsvertrag geändert wird. Änderungen des Lohnes richten sich ohne Vertragsänderung nach den §§ 27 und 28 BMT-G."

Der Kläger arbeitete zunächst als Orchesterwartgehilfe. Nach kurzer Zeit - etwa nach sechs Wochen - wurde er als Orchesterwart eingesetzt. Die Aufgaben des Orchesterwarts und des Orchesterwartgehilfen ergeben sich aus der Arbeitsanweisung vom 01.02.1985 (vgl. Anlage K 2 = Bl. 10 ff d. A.). Als Orchesterwart erhielt der Kläger von der Beklagten eine Vergütung nach der Lohngruppe 3 a BMT-G II. Diese Vergütung entspricht der nach der Entgeltgruppe 3 TVÜ-VKA. Zusätzlich gewährte die Beklagte dem Kläger einen so genannten Theaterbetriebszuschlag in Höhe von 107,58 EUR monatlich.

Vorgesetzte des Klägers war die Orchestergeschäftsführerin Frau B.... Zumindest seit dem Jahr 2004 gestaltete sich die Zusammenarbeit des Klägers mit seiner Vorgesetzten schwierig. Beide wiesen dem jeweils anderen hierfür die Verantwortung zu und schalteten Anfang des Jahres 2005 die Mobbingbeauftragten ein. Um die Berührungspunkte der Konfliktparteien zu reduzieren, wurde der Kläger zeitweise dem Technischen Direktor des Theaters unterstellt. Der Personalrat des nicht künstlerischen Personals verfolgte den Konflikt ebenfalls, um im Interesse des Betriebsfriedens zu schlichten. Der seinerzeitige Verwaltungsdirektor des Theaters, Herr F..., versuchte zu vermitteln und in mehreren Gesprächen (05., 06. und 10.01.2005, 24.02.2005) den Konflikt zu lösen. Seine Bemühungen blieben ebenso erfolglos wie die der Mobbingbeauftragten und des Personalrats.

Nach diesem Verlauf ging Herr F... davon aus, dass sich der Konflikt nicht anders als durch eine Trennung des Klägers und der Frau B... lösen lasse. Weil aber beide eine freiwillige Versetzung ablehnten, strebte Herr F... ab Sommer 2005 ihre Umsetzung an. Der Personalrat des nicht künstlerischen Personals lehnte eine Versetzung des Klägers zunächst ab. Ende des Jahres 2005 wurde deshalb bei der Beklagten eine Einigungsstelle gebildet. In der Sitzung der Einigungsstelle am 27.01.2006 verständigten sich die Betriebspartner auf eine Versetzung des Klägers an die Pforte des Schauspielhauses (zum 01.08.2006) und der Frau B... an die Kasse (zum 01.02.2006). Frau B... war - wie der Personalrat für das künstlerische Personal - mit ihrer Versetzung nur für den Fall einverstanden, dass auch der Kläger versetzt wird.

Mit Schreiben vom 17.02.2006 versetzte die Beklagte den Kläger zum 01.08.2006 an die Pforte des Schauspielhauses und teilte ihm mit, dass er künftig keinen Theaterbetriebszuschlag erhalte. Die Planstelle an der Pforte (3311/2084) ist mit der Lohngruppe 3 a BMT-G II (= EG 3 TVÜ-VKA) im Stellenplan ausgewiesen.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Versetzung sei unwirksam. Sie verstoße gegen § 5 seines Arbeitsvertrages. Dieser setze voraus, dass die Versetzung dienstlich erforderlich sei. Die Stelle eines Orchesterwarts sei aber unstreitig nicht entfallen und er, der Kläger, habe die entsprechenden Tätigkeiten über einen langen Zeitraum zur Zufriedenheit der Beklagten ausgeübt. Die Versetzung sei auch nicht aufgrund der unbestrittenen Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit der Orchestergeschäftsführerin erforderlich. Diese sei bereits zum 01.02.2006 versetzt worden, so dass der Konflikt behoben sei. Der Kläger hat der Beklagten zudem vorgeworfen, sie habe nicht alles Erforderliche getan, um die Ursache des Konflikts herauszufinden.

Wenn sie dies getan hätte, hätte sie festgestellt, dass die Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit von Frau B... verursacht worden seien und deshalb seine Versetzung unbillig sei. Der Personalrat sei aufgrund eigener Untersuchungen zu dem Ergebnis gekommen, dass sich der Kläger gegen die ihm gegenüber erhobenen Vorwürfe stets erfolgreich zur Wehr gesetzt habe. Hätte sich die Beklagte um Aufklärung der Angelegenheit bemüht, wäre auch sie zu diesem Ergebnis gekommen und hätte sich dann schützend vor den Kläger stellen müssen. Dies habe der Verwaltungsdirektor, Herr F..., versäumt und sich entscheidungsschwach gezeigt. Die Versetzung stelle sich als Verstoß gegen § 612 a BGB dar. Im Übrigen hätte es zur Umsetzung auf die Position des Pförtners einer Änderungskündigung bedurft. Denn als Orchesterwart hätte er nach Lohngruppe 4 und nicht nach der tatsächlich gezahlten Lohngruppe 3 des BMT-G vergütet werden müssen. Die Tätigkeit des Pförtners sei mit der Lohngruppe 3 geringwertiger als die des Orchesterwarts. Für die Unzumutbarkeit der Versetzung spreche schließlich der künftige Wegfall des Theaterbetriebszuschlags.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass die Versetzung des Klägers von seinem Arbeitsplatz als Orchesterwart im Opernhaus ab dem 01.08.2006 an die Pforte des Schauspielhauses (Planstelle 3311/2084) durch die Beklagte unwirksam ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat gemeint, die Versetzung sei wirksam. Sie habe sich in vielen Gesprächen unter Einschaltung der Mobbingbeauftragten über mehr als ein Jahr erfolglos bemüht, den Konflikt zwischen dem Kläger und Frau B... zu lösen. Weil sich die Auseinandersetzung auf die Zusammenarbeit auch der anderen Beschäftigten sowie auf den Betriebsfrieden ausgewirkt habe und eine einvernehmliche Versetzung nicht möglich gewesen sei, habe sich die Beklagte schließlich gezwungen gesehen, beide Konfliktparteien zu versetzen. Der Personalrat habe der Versetzung nur einer Person nicht zustimmen wollen. Nach dem Ergebnis der Einigungsstellenverhandlung sei nur die Versetzung beider Konfliktparteien möglich gewesen. Die Versetzung sei vom Direktionsrecht gedeckt. Die Tätigkeit des Pförtners sei, verglichen mit der des Orchesterwarts, nicht geringerwertig.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und ist in seiner Begründung im Wesentlichen den Argumenten der Beklagten gefolgt.

Gegen dieses ihm am 18.10.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 17.11.2006 eingegangene Berufung des Klägers, die er am 18.12.2006 begründet hat.

Der Kläger vertritt weiterhin die Ansicht, die Versetzung sei unwirksam. Die Beklagte habe ihn nur im Wege der Änderungskündigung als Pförtner einsetzen können. Das Arbeitsverhältnis habe sich auf die Tätigkeit des Orchesterwarts konkretisiert. Im Übrigen sei diese Tätigkeit höherwertiger als die des Pförtners. Das zeige der Vergleich der in der Arbeitsanweisung für den Orchesterwart ausgewiesenen Arbeiten mit denen des Pförtners, der letztlich nur ein "Türsteher" sei. Der Vorgänger des Klägers als Orchesterwart sei nach der Vergütungsgruppe VII BAT vergütet worden. Später sei die Stelle - unstreitig - noch mit VIII BAT ausgewiesen worden. Er, der Kläger, sei als Orchesterwart wie ein Orchesterwartgehilfe vergütet worden, was nichts daran ändere, dass die Tätigkeit höherwertiger sei als die des Pförtners. Dienstliche Gründe für die Versetzung lägen nicht vor. Der Arbeitsplatz des Orchesterwarts bestehe weiter und der Konflikt mit Frau B... sei durch deren Versetzung gelöst. Die Spannungen seien von Frau B... ausgegangen, die durch systematisches Mobbing versucht habe, den Kläger aus dem Arbeitsverhältnis zu drängen. Die Maßnahme sei für den Kläger unzumutbar, seine Interessen seien bei der Abwägung nicht hinreichend berücksichtigt worden, insbesondere die in der Versetzung liegende Degradierung. Schließlich liege ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vor. Die Beklagte habe sich zur Versetzung entschlossen, weil der Kläger den Mobbingbeauftragten eingeschaltet habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 16.08.2006, Aktenzeichen 3 Ca 793 c/06, abzuändern und festzustellen, dass die Versetzung des Klägers von seinem Arbeitsplatz als Orchesterwart im Opernhaus ab dem 01.08.2006 an die Pforte des Schauspielhauses (Planstelle 3311/2084) durch die Beklagte unwirksam ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, sie habe mit der Versetzung des Klägers ihr Direktionsrecht in zulässiger Weise ausgeübt. Die Maßnahme sei innerhalb der Entgeltgruppe 3 des TVöD erfolgt. Sowohl die Tätigkeit des Orchesterwarts als auch die des Pförtners sei mit der Entgeltgruppe 3 korrekt bewertet. Die höhere Vergütung des Vorgängers habe ihren Grund nicht in dessen Tätigkeit gehabt. Die Bewertung der Stelle mit VIII BAT entspreche der Entgeltgruppe 3 des TVöD. Die Versetzung sei wegen des unstreitigen und offenbar unlösbaren Konflikts zwischen dem Kläger und Frau B... dienstlich erforderlichen gewesen. Nicht entscheidend sei, wer den Konflikt zu verantworten habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitend gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist der Beschwer nach statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger an der Pforte des Schauspielhauses Dienst tun muss. Die Beklagte hat ihr Direktionsrecht rechtmäßig ausgeübt. Der Kläger ist mit Schreiben der Beklagten vom 17.02.2006 wirksam versetzt worden.

1. Kraft seines Direktionsrechts bestimmt der Arbeitgeber die Einzelheiten der Erbringung der geschuldeten Arbeitsleitung, vor allem deren Ort, Zeit und näheren Inhalt, soweit diese nicht anderweitig geregelt sind, § 106 Satz 1 Gewerbeordnung. Dieses Direktionsrecht ist Wesensmerkmal eines jeden Arbeitsverhältnisses und ermöglicht es dem Arbeitgeber, die im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht im Einzelnen festzulegen, wobei dieses Recht nur nach billigem Ermessen ausgeübt werden darf. Der Umfang des Direktionsrechts hängt vornehmlich vom Inhalt des Arbeitsvertrages ab. Es kann einzelvertraglich oder auch durch tarifliche Regelung innerhalb bestimmter Grenzen erweitert werden, sofern nicht zwingendes Recht entgegensteht (BAG 21.11.2002 - 6 AZR 82/01 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 63).

2. In § 1 des Arbeitsvertrages vom 01.10.1997 haben die Parteien vereinbart, dass der Kläger mit Wirkung vom 01.10.1997 als Arbeiter eingestellt wird. Gemäß § 4 des Vertrages sollte er vom Tage der Arbeitsaufnahme an den Tariflohn der Lohngruppe 3 erhalten. Die Parteien haben, das verdeutlichen die weiteren Regelungen des Vertrages, einen im öffentlichen Dienst üblichen Formulararbeitsvertrag geschlossen. Danach wird der Arbeitnehmer regelmäßig nicht für die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit eingestellt, sondern für einen allgemein umschriebenen Aufgabenbereich, der durch die Nennung der Vergütungsgruppe konkretisiert wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erstreckt sich das Direktionsrecht des Arbeitgebers im öffentlichen Dienst deshalb auf alle Tätigkeiten, die die Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen, für die der Arbeitnehmer eingestellt worden ist. Danach können dem Arbeitnehmer grundsätzlich auch andere Tätigkeiten zugewiesen werden, soweit sie den Merkmalen dieser Vergütungsgruppe entsprechen. Unerheblich ist, ob aus der einschlägigen Fallgruppe dieser Vergütungsgruppe ein Bewährungsaufstieg in eine höhere Vergütungsgruppe möglich ist oder nicht (BAG 30.08.1995 - 1 AZR 47/95 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 44; 27.05.2004 - 6 AZR 192/03 - zitiert nach Juris).

3. Aufgrund des Arbeitsvertrags kann die Beklagte, soweit es der Dienst erfordert, dem Kläger jede Tätigkeit übertragen, die den Merkmalen der Lohngruppe 3 des BMT-G II entspricht und ihm nach seiner Befähigung, Ausbildung und körperlichen Eignung zugemutet werden kann (§ 5 Abs. 2 Arbeitsvertrag), ohne dass der Arbeitsvertrag geändert wird. Hiergegen verstößt die Zuweisung der Pförtnertätigkeit nicht.

a) Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, dass die Pförtnertätigkeit der Lohngruppe 3 BMT-G (Anlage 3 TVÜ-VK = Entgeltgruppe 3) entspricht.

b) Die streitgegenständliche Maßnahme dient der Lösung des Konflikts zwischen dem Kläger und Frau B.... Die Beseitigung von Spannungen zwischen Arbeitnehmern stellt ein dienstliches Erfordernis dar. Der Umstand, dass die Versetzung von Frau B... vor der des Klägers wirksam geworden ist und den Konflikt bereits entschärft hat, ändert an diesem Ergebnis nichts, denn beide Versetzungen sind gleichzeitig beschlossen worden. Dem dokumentierten Einigungsstellenverfahren kann entnommen werden, dass die beiden Versetzungen aus Sicht der Beklagten ein "Maßnahmenpaket" bildeten. Befähigung, Ausbildung und körperliche Eignung des Klägers stehen seiner Tätigkeit an der Pforte nicht entgegen.

c) Eine Änderung des Arbeitsvertrags ist nicht erforderlich. Die Leistungspflicht des Klägers hat sich nicht auf die Tätigkeit des Orchesterwarts konkretisiert.

Zwar hat die Beklagte den Kläger nach sechswöchiger Beschäftigung als Orchesterwartgehilfe als Orchesterwart eingesetzt. Trotz des mehrjährigen Einsatzes in dieser Funktion hat sich die geschuldete Arbeitsleistung aber nicht auf den Arbeitsplatz "Orchesterwart im Opernhaus" konkretisiert. Im öffentlichen Dienst tritt eine Konkretisierung auf eine bestimmte Tätigkeit auch nach langjähriger Beschäftigung auf demselben Arbeitsplatz nicht ein (LAG Köln 26.01.1994 - 2 Sa 120/93 - ZTR 1994, 374). Selbst wenn man die Orchesterwarttätigkeit für höherwertig hält als die des Orchesterwartgehilfen, führt ihre Zuweisung zu keiner stillschweigenden Vertragsänderung. Eine Konkretisierung tritt nicht schon dann ein, wenn ein Arbeitnehmer längere Zeit eine bestimmte - und sei es eine höherwertige - Arbeit verrichtet. Zum Zeitablauf müssen besondere Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, dass er hinfort nur diese Arbeit verrichten soll (vgl. LAG Hamm 27.03.1992 - 18 Sa 1165/91 - LAGE BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 12).

4. Richtig ist, dass das Direktionsrecht nicht die Befugnis zur Versetzung auf einen Arbeitsplatz mit geringerwertiger Tätigkeit umfasst (vgl. Erfurter Kommentar/Preis 7. Aufl. § 611 BGB Randnr. 803). Die Versetzung des Klägers an die Pforte wäre danach unwirksam, wenn ihm die Beklagte im Laufe des Arbeitsverhältnisses bindend eine höherwertige Tätigkeit als eine solche nach der Entgeltgruppe 3 zugewiesen hätte. Das ist aber - wie unter 3. c) ausgeführt, nicht der Fall.

Im Übrigen teilt die Kammer die Auffassung des Arbeitsgerichts, wonach die Tätigkeiten des Pförtners und des Orchesterwarts gleichwertig sind. Nach dem Tarifvertrag zur Änderung der Anlage 1 a zum BAT (Angestellte an Theatern und Bühnen) vom 17.05.1982 werden Orchesterwarte den Vergütungsgruppen IX und VIII zugeordnet. Nur die Orchesterwarte, die zugleich den gesamten Notenfundus verwalten oder in nicht unerheblichem Umfang Orchesterstimmen ausschreiben oder Notenmaterial ergänzen, werden der Vergütungsgruppe VII BAT zugeordnet. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien hat der Kläger als Orchesterwart Proben, Vorstellungen und Konzerte für das Philharmonische Orchester vorbereitet. Dazu hat er den Orchestergraben oder Konzertsaal nach der vom jeweiligen musikalischen Leiter festgelegten Sitzordnung eingerichtet und das Notenmaterial für die Musikerinnen und Musiker sowie den Dirigenten bereitgestellt. Hinzu kamen der Aufbau des oft umfangreichen Schlagzeugs und die Durchführung von regelmäßig wiederkehrenden Wartungs- und Reparaturarbeiten. Darüber hinaus war der Kläger verantwortlich für die Ordnung und Sicherheit im Orchesterprobenraum und im Orchestergraben. Bei auswärtigen Gastspielen hat der Kläger die Transportorganisation und deren Durchführung übernommen. Nach Absprache mit der Orchestergeschäftsführung erstellte der Kläger den Dienstplan der Orchesterwartaushilfen. Für den Notenfundus bzw. das Notenmaterial war er nicht verantwortlich. Auch aus der Arbeitsanweisung vom 01.02.1985 (Anlage K 2 = Blatt 10 ff d. A.) ergibt sich nicht, dass der Kläger den Notenfundus zu verwalten hatte oder in nicht unerheblichem Umfang Orchesterstimmen ausschreiben oder Notenmaterial ergänzen musste. Entsprechendes hat er auch nicht in seiner ausführlichen Tätigkeitsschilderung im Schriftsatz vom 24.04.2007 vorgetragen. Demnach war die Orchesterwarttätigkeit des Klägers der Vergütungsgruppe IX bzw. VIII BAT zuzuordnen. Diese Vergütung entspricht wiederum der Lohngruppe 1 BMT-G bzw. den Lohngruppen 2 oder 3 BMT-G. Nach der Anlage 3 TVÜ-VKA erfolgt die Überleitung aus der Vergütungsgruppe VIII BAT in die Entgeltgruppe 3. Diese Entgeltgruppe erfasst - wie oben dargestellt - auch die dem Kläger zugewiesene Pförtnertätigkeit.

Zu einer anderen Beurteilung führt nicht, dass der Kläger keinen Theaterbetriebszuschlag mehr erhält. Für die Beurteilung der Wertigkeit der Tätigkeit kommt es allein auf Entgeltgruppe an.

5. Die Zuweisung der Pförtnertätigkeit wahrt die Grenzen billigen Ermessens im Sinne von § 315 Abs. 3 BGB.

a) Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Bei der vorzunehmenden Abwägung ist auf die Interessenlage der Parteien im Zeitpunkt der Ausübung des Direktionsrechts abzustellen (BAG 23.09.2004 - 6 AZR 567/03 - DB 2005, 559).

b) Im vorliegenden Fall ist das Interesse des Klägers an Weiterbeschäftigung auf seinem bisherigen Arbeitsplatz gegen das Interesse der Beklagten, einen innerbetrieblichen Konflikt zu lösen, abzuwägen. Bestehen Spannungen zwischen Arbeitnehmern, so kann der Arbeitgeber dem durch Umsetzung eines Arbeitnehmers begegnen. Es ist Sache des Arbeitgebers, zu entscheiden, wie er auf Konfliktlagen reagieren will (BAG 24.04.1996 - 5 AZR 1031/94 - EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 18). Der Kläger weist zwar zu Recht darauf hin, dass die Parteien in dem der Entscheidung des Fünften Senats vom 24.04.1996 zugrunde liegenden Fall darüber gestritten haben, ob der Arbeitgeber anstelle einer Umsetzung eine Abmahnung hätte aussprechen müssen. Im vorliegenden Fall meint dagegen der Kläger, die Beklagte habe sich auf die Versetzung der Frau B... zur Lösung des Konflikts beschränken müssen. Dabei übersieht er, dass der Arbeitgeber nach den zutreffenden Kernaussagen der oben genannten Entscheidung selbst entscheidet, wie er Konfliktlagen begegnet, und dass er nicht gehalten ist, Konflikte stets durch das mildeste Mittel zu lösen. Er kann, um des Betriebsfriedens willen und zur "Gesichtswahrung" der Konfliktparteien beide Kontrahenten versetzen.

Unabhängig davon, dass die Beklagte sich in mehreren Gesprächen unter Beteiligung des Personalrats und der Mobbingbeauftragten um eine Aufklärung der Angelegenheit und um eine Beilegung des Konflikts bemüht hat, überspannt der Kläger die Anforderungen an das Konfliktmanagement der Beklagten. Der Arbeitgeber muss die Ursachen eines Streits zwischen Arbeitnehmern nicht abschließend ergründen oder den "Schuldigen" ermitteln. Denn damit wäre er zum einen überfordert und zum anderen gezwungen, betriebliche Belastungen ggf. sogar Störungen des Betriebsfriedens auf im Einzelfall nicht absehbare Zeit hinzunehmen.

Die Grenzen billigen Ermessens sind gewahrt, wenn der Arbeitgeber Mitarbeiter durch Versetzung trennt, weil eine gedeihliche Zusammenarbeit zwischen ihnen nicht (mehr) zu erwarten ist. Um nicht bei einem der Kontrahenten den Eindruck zu erwecken, er werde bestraft, entspricht es gerade billigen Ermessens, wenn beide versetzt werden. Dieses Vorgehen gebietet die Wahrung des Betriebsfriedens. Dass der Kläger nicht zur gleichen Zeit wie Frau B... versetzt worden ist, sondern erst später, ging auf entsprechende Intervention des Personalrats für das nicht künstlerische Personal zurück. Schon aus diesem Grund kann der Kläger mit dem Argument, der Konflikt sei bereits durch die Versetzung von Frau B... gelöst, nicht gehört werden.

6. Die Versetzung des Klägers ist schließlich nicht deshalb unwirksam, weil sie gegen das Maßregelungsverbot verstößt. Nach § 612 a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Maßregelung und insbesondere der Unmittelbarkeitsbeziehung zwischen Benachteiligung und Rechtsausübung liegt beim Arbeitnehmer. Eine Beweiserleichterung durch Anscheinsbeweis kommt in Betracht, wenn ein offensichtlicher Zusammenhang zwischen benachteiligender Maßnahme und Rechtsausübung besteht (LAG Schleswig-Holstein 25.07.1989 - 1 Sa 557/88 - LAGE BGB § 612 a Nr. 4).

Die Einschaltung eines Mobbingbeauftragten fällt als zulässige Rechtsausübung in den sachlichen Anwendungsbereich des § 612 a BGB. Eine Benachteiligung im Sinne dieser Vorschrift kann auch in einer Versetzung liegen.

Der Kläger hat aber die Unmittelbarkeitsbeziehung zwischen der Versetzung und der Einschaltung des Mobbingbeauftragten nicht ausreichend dargelegt. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung in irgendeiner Weise auch ursächlich gewesen ist. Sie muss vielmehr der tragende Beweggrund, d. h. das wesentliche Motiv gewesen sein (vgl. Erfurter Kommentar/Preis 7. Aufl. § 612 a BGB Randnr. 11). Dass gerade die Einschaltung des Mobbingbeauftragten die Beklagte zur Versetzung motiviert hat, ergibt sich weder aus dem unstreitigen Sachverhalt noch aus dem streitigen Vortrag des Klägers. Sein Vortrag zur Kausalität erschöpft sich in einer bloßen Mutmaßung. Es fehlt bereits ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Einschaltung des Mobbingbeauftragten (Anfang des Jahres 2005) und der Versetzungsanordnung. Auch nach Einschaltung des Mobbingbeauftragten bemühte sich die Beklagte um eine Lösung des Konflikts zwischen dem Kläger und Frau B.... Schließlich ist nicht nur der Kläger, sondern auch Frau B... versetzt worden.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht. Es handelt sich um eine ausschließlich am Einzelfall orientierte Entscheidung.

Ende der Entscheidung

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