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Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 17.11.2005
Aktenzeichen: 3 Ta 203/05
Rechtsgebiete: GKG, KSchG, BBiG, ArbGG, BGB


Vorschriften:

GKG § 39 Abs. 1
GKG § 42 Abs. 3
GKG § 42 Abs. 4
GKG § 42 Abs. 4 Satz 1
GKG § 45
GKG § 48 Abs. 1
GKG § 63 Abs. 2
GKG § 63 Abs. 3
GKG § 68 Abs. 1 Satz 1
KSchG § 4
ZPO § 3
ZPO § 5
ZPO § 253 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 256 Abs. 1
BBiG § 1 Abs. 5
BBiG § 58 n.F.
BBiG § 59 n.F.
BBiG § 60 n.F.
BBiG § 61 n.F.
BBiG § 62 n.F.
BBiG § 63 n.F.
BBiG § 10 Abs. 2 n.F.
ArbGG § 5 Abs. 1
ArbGG § 5 Abs. 1 Satz 1
ArbGG § 5 Abs. 1 Satz 2
BGB § 615
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Beschluss

3 Ta 203/05

Stuttgart, 17. November 2005

Im Beschwerdeverfahren

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 3. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Pfitzer ohne mündliche Verhandlung am 17. November 2005 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerden der Staatskasse und des Beteiligten zu 1 wird der Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 23. August 2005 - 7 Ca 132/05 - unter Zurückweisung der weiter gehenden Beschwerde des Beteiligten zu 1 teilweise abgeändert:

Der Gebührenstreitwert wird auf 5.300,00 EUR festgesetzt.

Der Antrag des Beteiligten zu 1 auf Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts wird zurückgewiesen.

Gründe:

A.

Die Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 5 richten sich gegen die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts nach § 63 Abs. 2 GKG.

Gegenstand des Ausgangsverfahrens waren eine Klage gegen eine am 22. Februar zum 31. März 2005 seitens der Beklagten ausgesprochene Kündigung des "Arbeits- und Umschulungsverhältnisses" nach § 4 KSchG, eine weitere Feststellungsklage, wonach das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere, nicht benannte Beendigungstatbestände enden, sondern auf unbestimmte Zeit fortbestehen soll (der Umschulungsvertrag war jedoch bis zum 15. August 2006 befristet!), ein im Verhältnis zu den Feststellungsanträgen bedingter Antrag auf Weiterbeschäftigung sowie ein Antrag auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte.

Die Klägerin hatte mit der Beklagten am 10. August 2004 einen Umschulungsvertrag zur Ausbildung als Kauffrau im Einzelhandel geschlossen, der nach der Probezeit von drei Monaten bis zum Ablauf der Befristung am 15. August 2006 nur außerordentlich kündbar war. Eine solche Kündigung hatte nach § 5 des Umschulungsvertrags mit schriftlicher Begründung zu erfolgen. Gleichwohl hat die Beklagte unter Einhaltung einer Frist das Arbeitsverhältnis gekündigt. Die Klägerin erhielt für die Dauer der Ausbildung von der Beklagten eine Vergütung von monatlich 281,00 EUR, die ab 16. August 2005 306,50 EUR betragen sollte. Darüber hinaus erhielt die Klägerin von der Bundesagentur für Arbeit eine monatliche Umschulungsbeihilfe in Höhe der Differenz bis zum Betrag von 900,00 EUR.

Das Verfahren hat durch Prozessvergleich geendet, in dem sich die Parteien auf die Beendigung des Umschulungsverhältnisses zum 31. März 2005 und auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von 2.000,00 EUR seitens der Beklagten an die Klägerin geeinigt haben, weil das Ausbildungsverhältnis "irreparabel zerrüttet" sei. Das Arbeitsgericht hat im angefochtenen Beschluss den Gebührenwert für die Feststellungsanträge und den Beschäftigungsantrag (so muss der Beschluss verstanden werden) auf 843,00 EUR, den Wert für die Abmahnungsklage auf 281,00 EUR und den Mehrwert des Vergleichs, den es darin gesehen hat, dass die Klägerin auf Schadensersatzansprüche wegen der Nichtdurchführung des Umschulungsvertrags verzichtet habe, auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 5, soweit ein Mehrwert für den Vergleich festgesetzt worden ist, und des Beteiligten zu 1, des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Ausgangsverfahren, der eine erhebliche Erhöhung der angesetzten Werte verlangt, ohne diese allerdings zu beziffern. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie hierher vorgelegt. Die weiteren Beteiligten haben sich zur Beschwerde nicht geäußert. B.

I. Die Beschwerden sind zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes jeweils den in § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG genannten Wert übersteigt. Soweit die Beschwerde des Beteiligten zu 1 allerdings keinen konkreten Beschwerdeantrag enthält, ist dies im Hinblick auf den erforderlichen Wert des Beschwerdegegenstandes unschädlich, weil seiner Beschwerde zum Ausdruck kommt, dass er die Einbeziehung der Umschulungsbeihilfe in die Wertberechnung erstrebt. Soweit er eine erhebliche Erhöhung des Mehrwerts anstrebt, wird davon ausgegangen, dass der genannte Betrag von 100.000,00 EUR als möglicher Schadensersatz festgesetzt werden sollte. Im Übrigen wäre dies letztlich unerheblich, weil auf die zulässige Beschwerde der Staatskasse ohnehin der Weg für eine Änderung des Streitwerts von Amts wegen nach § 63 Abs. 3 GKG eröffnet wäre.

II. Die Beschwerde der Staatskasse ist in der Sache voll gerechtfertigt, die des Beteiligten zu 1 nur teilweise. Soweit die Beschwerde der Staatskasse gerechtfertigt ist, erledigt sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1.

Allerdings hat das Arbeitsgericht nicht alle Klageanträge getrennt bewertet. Jeder Antrag ist zu bewerten und sodann ist zu prüfen, inwieweit die Werte nach §§ 39 Abs. 1, 45, 48 Abs. 1 GKG, § 5 ZPO zu addieren sind. Der Gebührenstreitwert kann ohne Bindung an die Anträge der Beteiligten (§ 63 Abs. 3 GKG) festgesetzt werden. 1. Die Einzelbewertung der Anträge ist wie folgt vorzunehmen: a) Dass die Feststellungsklage wegen der Kündigung im Sinne des § 4 KSchG nach § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG in Höhe des Vierteljahreseinkommens der Klägerin im Rahmen des vergleichsweise beendeten Umschulungsverhältnisses zu bewerten, ist nicht selbstverständlich. Auf die Ausbildungsverhältnisse nach §§ 1 Abs. 5, 58 bis 63 BBiG n.F. (§§ 1 Abs. 5, 47 BBiG a.F.) sind nämlich die arbeitsrechtlichen Vorschriften nicht kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung anzuwenden (§ 10 Abs. 2 BBiG n.F. und § 3 Abs. 2 BBiG a.F.). Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 oder 2 ArbGG bei Umschülern bejaht, obwohl es sich nicht um ein Berufsausbildungsverhältnis handelt, sofern die Umschulung in einem Betrieb stattfindet, der einem eigenen wirtschaftlichen Interesse folgt und nicht lediglich ausschließlich der Berufsbildung dient, wenn dabei die Ausbildung auf einem privatrechtlichen Vertrag zwischen dem Umschüler und der Bildungseinrichtung beruht und es sich nicht um schulische Berufsbildung handelt (vgl. BAG, Beschluss vom 24. September 2002 - 5 AZB 12/02 - AP ArbGG 1979 § 5 Nr 56 - und Beschluss vom 21. Mai 1997 - 5 AZB 30/96 - AP aaO. Nr 32). Ob die Umschüler auch Arbeitnehmer im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne sind, ist nicht von Bedeutung. Allerdings muss deshalb ein Umschulungsverhältnis noch nicht ein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG sein. Die Zielsetzung dieser Norm gebietet aber eine entsprechende Auslegung. Denn sie soll für Arbeitnehmer das Kostenrisiko von Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen oder Nichtbestehen ihrer Vertragsverhältnisses gering halten, damit ihr Rechtsschutz nicht eine hohe finanzielle Hürde überwinden muss. Denn ohne diese Vorschrift wäre nach § 42 Abs. 3 GKG der bis zu dreifache Jahresbetrag der Entgeltansprüche maßgeblich, begrenzt aber durch eine kürzere Dauer des Rechtsverhältnisses. Auch dies ist bereits eine Vergünstigung, die von Abs. 4 der Vorschrift aber noch wesentlich erweitert wird. Soweit aber der Gesetzgeber in § 5 Abs. 1 ArbGG für einzelne Rechtsverhältnisse, die kein Arbeitsverhältnis darstellen, die Arbeitnehmereigenschaft fingiert, hat dies nur einen Sinn, wenn neben den prozessualen auch die kostenrechtlichen Folgerungen daraus gezogen werden. Dies bedeutet vorliegend, dass Arbeitsverhältnis im Sinne des § 42 Abs. 4 GKG ein Rechtsverhältnis ist, das zwischen einem Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 ArbGG und seinem Vertragspartner besteht. Dass aber die Klägerin vorliegend aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags eingestellt und im Rahmen der Ausbildung Dienste erbracht hat, die denen eines Arbeitnehmers vergleichbar sind, ist hier ohne weiteres ersichtlich.

Das folgt aber noch nicht notwendig, dass die Auslegung des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG nicht auch auf die besonderen Umstände einer Umschulung, die von der öffentlichen Hand gefördert wird, Rücksicht nehmen müsse. Insoweit kann nicht lediglich auf das Entgelt abgestellt werden, das der Umschüler von seinem Ausbilder erhält. Auch dann, wenn die sozialpolitische Zwecksetzung des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG darauf gerichtet ist, es dem "Arbeitnehmer" im verfahrensrechtlichen Sinn zu ermöglichen, eine Bestandsschutzstreitigkeit mit relativ geringem Kostenrisiko zu führen, kann das nicht hießen, dass der Streitwert auf Null festzusetzen wäre, wenn etwa der Umschüler ausschließlich eine Ausbildungsbeihilfe von einem Träger der Sozialverwaltung erhält und der Ausbilder keine zusätzliche Vergütung schuldet. Denn hier ist zu berücksichtigen, dass im Unterschied zu der Vorstellung von einem Arbeitsverhältnis, das der Gesetzgeber bei § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG im Auge hatte, das Umschulungsverhältnis nicht dem wirtschaftlichen Ziel des Austauschs von Dienstleistungen gegen ein Entgelt dient, sondern der Ausbilder hat sich nach § 3 des Umschulungsvertrags verpflichtet, eine Ausbildung zu vermitteln, und die umzuschulende Klägerin nach § 4 dazu, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, damit der Ausbildungszweck erreicht wird. Soweit eine Vergütung geschuldet wird, stellt sie in erster Linie kein Entgelt für die Verwertung der Arbeitsleistung dar, sondern soll auch der Existenzsicherung während der Dauer der Umschulung dienen. Insofern passt die Regelung des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG nur eingeschränkt auf ein Umschulungsverhältnis, in dem es dem "Arbeitnehmer" nicht um die Verwertung seiner Arbeitskraft geht, um Einkommen zu erzielen. Andererseits darf die Streitwertfestsetzung bei einem Umschulungsverhältnis auch nicht vom (in der Regel niedrigen) Einkommen völlig abgekoppelt werden, weil die soziale Schutzbedürftigkeit bei Bestandsstreitigkeiten im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses eher größer als im üblichen arbeitsrechtlichen Austauschverhältnis ist. Bei vergleichbaren Rechtsstreitigkeiten in anderen Gerichtsbarkeiten, z. B. über die Zulassung zum Studium, über das Bestehen von Prüfungen oder den Zugang zu einem Beruf, kommt man zu ungleich höheren Werten, u. a. deshalb, weil auf die Bezüge eines Berufsanfängers abgestellt wird (vgl. Lappe, Anm. zu BAG, AP ArbGG § 12 1979 Nr. 7).

Stellt man auf diesem Hintergrund auf die wirtschaftlichen Interessen der Klägerin ab, so wird eine Festsetzung, die die mit der Klage verbundenen wirtschaftlichen Interessen angemessen bewertet, einerseits nicht umhin können, auf die Einkommenssituation der Klägerin insgesamt abzustellen. Dies bedeutet aber, dass die vom Bestand des Vertragsverhältnisses unmittelbar abhängigen Leistungen auch Dritter, die in Bezug auf das Umschulungsverhältnis und die Durchführung der Ausbildung geleistet werden, jedenfalls bei der Bewertung des wirtschaftlichen Interesses mit zu berücksichtigen sind, weil es für die Klägerin gleichgültig sein kann, wer letztlich die für ihren Lebensbedarf notwendige Ausbildungsvergütung bezahlt. Diese ist aber mit dem Bestand des Umschulungsverhältnisses untrennbar verbunden. Auch auf die Leistung der Bundesagentur für Arbeit richtet sich das wirtschaftliche Interesse der Klägerin. Dass es sich dabei nicht um eine Leistung aus dem Rechtsverhältnis selbst handelt, dieses vielmehr nur die, allerdings nicht hinwegzudenkende, Bedingung, ist für die Bemessung des wirtschaftlichen Interesses nicht von Bedeutung. Maßgeblich ist vielmehr, wie sich der Anspruch auf die Vermögenssituation des klagenden Arbeitnehmers unmittelbar auswirkt.

Andererseits begrenzt § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG das zu bewertende wirtschaftliche Interesse nach oben, sodass es nicht auf sonstige oder weiter gehende Vorteile oder Nachteile ankommt, die mit dem Bestand des Ausbildungsverhältnisses oder der Nichterfüllung der hieraus sich ergebenden Pflichten der Gegenseite verbunden sind. Damit ist es auch bereits ausgeschlossen, nicht anhängige Vergütungs- oder Schadensersatzansprüche, die von der Begründetheit der Bestandsschutzklage abhängen, als Vergleichsmehrwert zu berücksichtigen (vgl. so schon für Entgeltansprüche: BAG, Urteil vom 20. Januar 1967 - 2 AZR 232/65 - AP Nr 16 zu § 12 ArbGG 1953). Damit erledigt sich bereits die Beschwerde des Beteiligten zu 1 in diesem Punkt und ist der Beschwerde der Staatskasse zu entsprechen, soweit des die Festsetzung eines Vergleichmehrwerts betrifft. Einen solchen gibt es demnach nicht. Damit beträgt der Streitwert für den Antrag nach § 4 KSchG, soweit diese Vorschrift hier anzuwenden gewesen wäre, 2.700,00 EUR.

b) Die weitere Feststellungsklage, die trotz ihrer Anreicherung mit Elementen, die § 253 Abs. 2 Satz 2 ZPO widersprechen, als Klage nach § 256 Abs. 1 ZPO auszulegen ist, hat denselben Wert. Soweit der Antrag nach § 4 KSchG bei einem Umschulungsverhältnis nicht zulässig wäre, wäre eine Klage nach § 256 Abs. 1 ZPO doppelt rechtshängig gemacht. Streitwertrechtlich hätte dies keine anderen Folgen.

c) Da der Rechtsstreit durch Vergleich beendet worden ist, ist auch der auf die tatsächliche Beschäftigung gerichtete Klageantrag zu bewerten. Denn soweit er als unechter Hilfsantrag gestellt worden ist, ist die auflösende Bedingung für seine Rechtshängigkeit, nämlich die Abweisung der Feststellungsklagen, nicht eingetreten. Diesen Antrag hat das Arbeitsgericht nicht eigens bewertet. Der Antrag wird in der Richtung ausgelegt, dass die tatsächliche Beschäftigung unter dem Gesichtspunkt der Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses, also der weiteren Durchführung der Ausbildung, begehrt wird. Das Beschäftigungsinteresse im Berufsbildungsverhältnis ist allerdings grundsätzlich erheblich. Denn es geht insoweit nicht lediglich um die Fortführung des Vertragsverhältnisses als solches, wobei die Entgeltforderung nach § 615 BGB auch ohne Arbeitsleistung erhalten bleibt, sondern um den weiter gehenden Zweck, das Ausbildungsziel zu erreichen und eine berufliche Qualifikation zu erlangen, die die Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt erhöht. Allerdings hat die Klägerin den Antrag nicht unbedingt gestellt, sondern abhängig vom Erfolg der Feststellungsklagen. Damit erleidet die Ausbildung auf jeden Fall eine Unterbrechung. Dies mindert das wirtschaftliche Interesse an der Durchsetzung des Klageantrags, da aus der Sicht der Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht absehbar war, wann sie ein stattgebendes Urteil hinsichtlich der Klageanträge zu 1 und 2 erhalten würde. Da das Umschulungsverhältnis befristet war, ergeben sich hieraus weitere Probleme hinsichtlich des Erreichens des Ausbildungsziels, die den Streitwert mindern. Auch wenn über eine unbedingt erhobene Leistungsklage wohl kaum eine Entscheidung ergangen wäre, bevor auch über die Feststellungsklagen befunden worden ist, hat die Klägerin jedenfalls ihren geltend gemachten Anspruch insoweit eingeschränkt anhängig gemacht.

Der Wert des Beschäftigungsantrags unterliegt nicht der Bindung des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG. Deshalb ist dieser Wert nicht auf den Betrag des Einkommens für ein Vierteljahr begrenzt. Da andererseits bezüglich der gerichtlichen Durchsetzung eines Anspruchs keine allzu hohen kostenrechtliche Hürden aufgerichtet werden dürfen, jedoch das hohe wirtschaftliche Interesse an der Fortsetzung der Ausbildung, wenn auch erst nach zeitlicher Unterbrechung, angemessen zu bewerten ist (§ 3 ZPO), wird insoweit ein Wert von 5.000,00 EUR angesetzt.

d) Der Wert der Abmahnung kann in Anlehnung an die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts, das allerdings im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung der Kammer von einer Monatsvergütung ausgegangen ist, mit 300,00 EUR angenommen werden. Keineswegs kann aber aus der Sicht der Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung (§ 40 GKG) davon ausgegangen werden, der Bestand des Arbeitsverhältnisses sei durch die weitere Aufbewahrung der Abmahnung in der Personalakte gefährdet gewesen. Nur dieser Umstand ist Streitgegenstand gewesen. Eine Kündigung durfte auf diese Gründe für sich allein nicht mehr gestützt werden. Dieser Grund war verbraucht. Die Abmahnung bewirkte insoweit das Gegenteil einer Gefährdung. Da die Klägerin darüber hinaus auch den Sachverhalt insgesamt in Abrede stellte und damit zum Ausdruck brachte, dass sie sich pflichtgemäß verhalten habe und dies auch in Zukunft tun werde, war nicht zu befürchten, dass die Beklagte objektiv Anlass bekommen hätte, eine (außerordentliche!) Kündigung auf die Wiederholung des gerügten Sachverhalts zu stützen. Auch im Rahmen einer etwa ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung - nur eine solche war nach dem Ausbildungsvertrag zulässig, da die dreimonatige Probezeit schon abgelaufen war - wäre dieser Sachverhalt erneut zu prüfen gewesen. Es konnte der Klägerin letztlich nur darum gehen, die Personalakte sozusagen sauber zu halten. Hierfür ist ein Wert von 300,00 EUR nach § 3 ZPO angemessen, da weitere Nachteile, die aus diesem Umstand folgen können, nicht ersichtlich sind.

2. Die Frage, ob und inwieweit die einzelnen Streitwerte zu addieren sind, ist wie folgt zu beantworten:

a) Die Werte der Klaganträge zu 1 und 2 werden allerdings nicht addiert. Mit ihnen wird wirtschaftlich dasselbe Ziel, nämlich die Fortsetzung eines und desselben Arbeitsverhältnisses begehrt. Insoweit sind § 39 Abs. 1 GKG und § 5 ZPO nach richtiger Auffassung einschränkend auszulegen, weil die Gegenstände wirtschaftlich identisch sind. Denn durch den einen Antrag wird wirtschaftlich nichts hinzugefügt, was nicht auch wirtschaftlicher Gegenstand des anderen Antrag ist (vgl. zu den Einzelheiten: Stein-Jonas-Roth, ZPO 22. Aufl., § 5 Anm. 9 ff. mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Für arbeitsgerichtliche Sonderwege gab es noch niemals Anlass, jetzt aber erst recht nicht, nachdem die auf das arbeitsgerichtliche Verfahren bezogenen Streitwertbestimmungen in das Gerichtskostengesetz integriert sind und der Gesetzgeber damit hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass die allgemeinen Regeln auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren anzuwenden sind, soweit nicht Sonderbestimmungen bestehen. Solche bestehen hinsichtlich der Frage der Addition nicht.

b) Zu addieren ist ferner nicht der Wert des Anspruchs auf tatsächliche Beschäftigung. Denn mit diesem Antrag wird etwas verfolgt, was bereits wirtschaftlich Gegenstand der in umfassender Weise das gesamte Umschulungsverhältnis ab dem Kündigungstermin betreffenden Klageanträge ist. Maßgeblich ist jedoch der höhere Wert. Dies ist der des Beschäftigungsantrags. Dass ein Teilanspruch aus dem Rechtsverhältnis zu einem höheren Wert führt als das gesamte Rechtsverhältnis, ist notwendige Folge der Ausnahmeregelung des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG und deshalb für das arbeitsgerichtliche Verfahren nicht zu vermeiden.

c) Nach § 39 Abs. 1 GKG und § 5 ZPO zu addieren ist allerdings der Wert des gegen die Abmahnung gerichteten Klageantrags, da dieser nicht vom weiteren Bestand des Vertragsverhältnisses abhängig ist und deshalb von den Feststellungsklage nicht mit erfasst sind.

III. Dass kein Vergleichsmehrwert entstanden ist, wurde bereits ausgeführt.

IV. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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