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Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 24.10.2000
Aktenzeichen: 10 TaBV 2/99
Rechtsgebiete: MTV Arb, BGB, GG, TVG, ArbGG, BetrVG 1972, UmwG
Vorschriften:
MTV Arb § 3 Nr. 1 | |
MTV Arb § 18 a.F | |
BGB § 38 | |
BGB § 38 Satz 1 | |
BGB § 40 | |
BGB § 58 Nr. 1 | |
BGB § 141 Abs. 1 | |
BGB § 141 Abs. 2 | |
BGB § 613 a | |
BGB § 613 a Abs. 1 | |
BGB § 613 a Abs. 4 | |
BGB § 823 | |
BGB § 1004 | |
GG Art. 9 Abs. 3 | |
TVG § 3 Abs. 3 | |
TVG § 3 Abs. 1 | |
TVG § 4 | |
TVG § 4 Abs. 1 | |
TVG § 4 Abs. 5 | |
ArbGG § 87 Abs. 1 | |
ArbGG § 92 Abs. 1 | |
ArbGG § 72 Abs. 2 Nr. 1 | |
BetrVG 1972 § 87 | |
UmwG § 1 | |
UmwG § 324 |
10 TaBV 2/99
verkündet am 24. Oktober 2000
In dem Beschlussverfahren
pp.
hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - 10. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Francken und die ehrenamtlichen Richter Stächelin und Voß auf die mündliche Verhandlung vom 24.10.2000 für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Beschwerde der Beteiligten Ziffer 1 gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Freiburg, Kammern Offenburg, vom 12.11.1996 - 10 BV 7/96 - wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die IG Medien, Druck, Papier, Publizistik und Kunst (nachfolgend: IG Medien) von den Arbeitgeberinnen (B. Druck GmbH und B. Services GmbH - ehemals B. Dienstleistungen GmbH -) verlangen kann, die Anwendung von Regelungen zu unterlassen, die von den Tarifverträgen MTV Arb (Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und Durchführungsbestimmungen) und MTV Ang (Manteltarifvertrag für die Angestellten der Papierverarbeitung und Druckindustrie in Südbaden) abweichen, jedoch in einer Absprache mit dem Betriebsrat vorgesehen und mit fast allen Arbeitnehmern des Betriebes einzelvertraglich vereinbart wurden. Von den Arbeitgeberinnen war eine Vereinbarung mit allen Arbeitnehmern des Betriebes beabsichtigt, wobei weit mehr als 50 % der Arbeitnehmer Mitglied der IG Medien sind.
Die Arbeitgeberinnen stellen in einem gemeinsamen Betrieb, in welchem der beteiligte Betriebsrat gebildet ist, mit (1996) rund 2.300 Arbeitnehmern Druckerzeugnisse her. Die Unternehmen wurden 1995 durch Ausgliederung aus der B. GmbH gegründet. Diese war Mitglied des Arbeitgeberverbandes Papierverarbeitung und Druck Südbaden e.V. (nachfolgend: VPD). Seit der Ausgliederung der Arbeitgeberinnen hatte die B. GmbH keine Arbeitnehmer mehr. Diese wurden seitdem bei den ausgegliederten Arbeitgeberinnen beschäftigt. Die B. GmbH zahlte an den VPD Mitgliedsbeiträge für 1995 in Höhe von DM 56.141,00 und für 1996 in Höhe von DM 75.600,00. Mit Schreiben vom 19.09.1996 an den VPD erklärte die B. GmbH:
Kündigung der Mitgliedschaft
Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren, lieber Herr W.,
wir kündigen hiermit unsere Mitgliedschaft im Verband Papierverarbeitung und Druck Südbaden e.V. (vpd.).
Aufgrund der Gespräche, die wir mit Ihnen geführt haben, kennen Sie die Gründe. Die Verhältnisse haben sich nun so entwickelt, daß auch die B. GmbH nicht mehr Mitglied sein sollte.
Ergebnis ist, daß ab 1. Januar 1997 überhaupt keine B.-Gesellschaft mehr Mitglied im Verband ist. Damit kein Mißverständnis entstehen kann, erkläre ich "höchst vorsorglich" im Namen und im Auftrag aller B.-Gesellschaften: Für den Fall, daß angenommen werden sollte, daß weitere B.-Gesellschaften außer der B. GmbH Mitglied im Verband Papierverarbeitung und Druck Südbaden e.V. sind, kündigen hiermit die betroffenen B.-Gesellschaften die Mitgliedschaft. Für die B. Druck GmbH und die B. Dienstleistungen GmbH füge ich eine Vollmacht bei.
Dem Schreiben waren Vollmachten der B. Druck GmbH und der B. Dienstleistungen GmbH beigefügt. Nach dem Vortrag der IG Medien gehören auch diese beiden Arbeitgeberinnen dem Verband an, was diese und der Betriebsrat jedoch bestreiten.
Mit dem Dachverband des zuständigen Arbeitgeberverbandes, dem Bundesverband Druck e.V., hat die IG Medien den Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (MTV Arb) abgeschlossen. Mit Schreiben vom 27.06.1996 an die IG Medien erklärte der Bundesverband Druck e.V.:
Kündigung
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit kündigen wir den Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Druckindustrie und die Anhänge zum Manteltarifvertrag ordentlich zum 31.12.1996.
Gleichzeitig erklären wir unsere Bereitschaft, mit ihrer Gewerkschaft einen Tarifabschluß auszuhandeln, der dem in der Verhandlungsrunde vom 24.06.1996 von uns dargelegten Reformbedarf der hier gekündigten Tarifverträge gerecht wird.
Insoweit wird auch auf das Schreiben des Vizepräsidenten und Vorsitzenden des Sozialpolitischen Ausschusses des Bundesverbandes Druck e.V., Herrn Dr. Wolfgang P., vom 25. Juli 1996 an die IG Medien Bezug genommen. Im übrigen heißt es in § 18 des MTV Arb, gültig ab 01.01.1989 (mit Änderungen vom 07.05.1990 und 03.07.1994) u.a.:
Der Tarifvertrag gilt seit 01. Januar 1989.
Der Tarifvertrag kann mit sechsmonatiger Frist zum Quartalsschluß gekündigt werden, erstmals zum 31.12.1996.
Die am 07.05.1990 in München vereinbarte Arbeitszeitregelung des § 3 Ziff. 1 Abs. 1 und Abs. 7 einschließlich der Durchführungsbestimmungen (1), (1 a), (2) und (4) kann mit sechsmonatiger Frist zum Quartalsende gekündigt werden, erstmals zum 31. März 1998.
Am 06.02.1997 wurde der MTV Arb mit Wirkung ab 01.01.1997 neu abgeschlossen, wobei § 3 (Arbeitszeit) Ziff. 1 nebst Durchführungsbestimmungen hinsichtlich des Wortlautes unverändert blieb, während allerdings die bisherigen Absätze 5 bis 7 zu den Absätzen 7 bis 9 umnummeriert wurden, da neue Absätze 5 und 6 eingeschoben wurden.
Zwischen der IG Medien und dem VPD besteht der Manteltarifvertrag für die Angestellten der Papierverarbeitung und Druckindustrie Südbaden (MTV Ang). Der MTV Ang war in seiner seit 1989 geltenden Fassung nicht gekündigt worden. Er wurde trotzdem am 28.05.1997 mit Wirkung ab 01.04.1997 mit Änderungen neu abgeschlossen. Auf die einschlägigen Manteltarifverträge wird insoweit Bezug genommen. In der seit 1997 geltenden Fassung der MTV Arb und MTV Ang ist, soweit hier von Interesse, folgendes bestimmt:
- Zuschläge für Nachtarbeit, regelmäßige Samstagsarbeit, Sonntagsarbeit, Feiertagsarbeit und Überstunden (§ 8 Nr. 1 MTV Arb; § 7 Nr. 2 MTV Ang);
- eine Antrittsgebühr für Arbeit an Sonn- und Feiertagen (§ 7 Nr. 5 und 6 MTV Arb; § 7 Nr. 8 MTV Ang);
- Dauer der regelmäßigen Wochenarbeitszeit: 35 Stunden (§ 3 Nr. 1 MTV Arb; § 5 Nr. 1 MTV Ang);
- Abgeltung aller Überstunden, sei es durch Geld oder durch Freizeit (§ 5 Nr. 3 MTV Arb; § 6 Nr. 1, § 7 Nr. 1 TV Ang).
Der MTV Arb schreibt darüber hinaus die Berücksichtigung der Überstundenvergütung einschließlich der Zuschläge bei der Lohnfortzahlung an Feiertagen vor (§ 6 Nr. 2 i. V. m. Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen zu § 6); im MTV Ang besteht keine entsprechende Regelung.
Unter Berufung auf die schwierige Wettbewerbssituation schloß B. den Druckbetrieb in D. mit 600 Arbeitnehmern. Für den Standort O. planten die Arbeitgeberinnen zunächst Einsparungen mit einem Jahresvolumen von 40 Mio. DM. Sie wandten sich deshalb mit Schreiben vom 16. Februar 1996 an die dort beschäftigten Arbeitnehmer:
"Liebe Mitarbeiter,
der Tiefdruckmarkt hat sich in den letzten Jahren zu einem der umkämpftesten Märkte Deutschlands entwickelt. berkapazitäten, Preisverfall, überzogene Lohnnebenkosten und anachronistische Tarifverträge haben die Ertragslage dramatisch verschlechtert. ...
Auch in O. werden tiefgreifende Maßnahmen erforderlich sein. Entlassungen können nur vermieden werden, wenn umfassende Kostensenkungen realisiert werden. Anders ist der Druckstandort O. nicht zu halten.
..."
Nach Verhandlungen mit dem beteiligten Betriebsrat beschränkten die Arbeitgeberinnen das Sparvolumen auf jährlich 30 Mio. DM. Zu diesem Zweck wurde am 29. Februar 1996 eine "Betriebsvereinbarung (Rahmenvereinbarung)" abgeschlossen, in der es u.a. heißt:
"Zur Sicherung der Arbeitsplätze der B. Druck GmbH in O. und zur Vermeidung von 400 Entlassungen sind umfassende Sparmaßnahmen erforderlich. Betriebsrat und Geschäftsführung sind sich einig, daß Einsparungen in einer Größenordnung von insgesamt DM 30 Mio. p. a. realisiert werden. Die einzelnen Sparmaßnahmen und deren Umsetzungsmodalitäten ergeben sich aus der Anlage zu dieser Betriebsvereinbarung. Die Anlage ist Bestandteil dieser Betriebsvereinbarung.
....
Betriebsrat und Geschäftsführung sind sich einig, da die von den Tarifverträgen der Druckindustrie abweichend geregelten Inhalte zu ihrer Rechtswirksamkeit der einzelvertraglichen Zustimmung der Mitarbeiter bedürfen. Betriebsrat und Geschäftsführung werden sich gemeinsam bemühen, diese Zustimmung einzuhalten.
Nachdem alle Mitarbeiter der B. Druck GmbH sowie des Papierlagers und der Altpapierverwertung auf der Basis dieser Betriebsvereinbarung Einzelverträge abgeschlossen haben, tritt Nachstehendes in Kraft:
1. Mitarbeiter, die einen Einzelvertrag abschließen, erhalten für die Laufzeit dieser Betriebsvereinbarung, also bis zum 31. Dezember 2000, eine uneingeschränkte Beschäftigungsgarantie.
....
Betriebsrat und Geschäftsführung vereinbaren zu den Inhalten dieser Betriebsvereinbarung absolute Vertraulichkeit. Jegliche Weitergabe unterbleibt."
In dem als Anlage beigefügten "Sparmaßnahmenkatalog" ist u.a. folgendes bestimmt:
" ......
4. Die nachstehenden Leistungen werden für die Beschäftigten der B. Druck GmbH sowie für die Mitarbeiter der Altpapierverwertung und des Papierlagers mit sofortiger Wirkung, zum 01. April 1996, wie folgt verändert:
4.1. Die Vergütung im Urlaubs- und Krankheitsfall und an Feiertagen erfolgt ohne Einbezug der Überstundenvergütung.
4.2. Zuschläge für
- Nachtarbeit von 18.00 bis 24.00 Uhr 23 % 0.00 Uhr bis 6.00 Uhr 45 %
- Sonntagsarbeit 88 %
- Feiertagsarbeit 125 %
- Überstunden (einheitlich für alle Schichten) 30 %.
Die Zuschläge für Regelarbeitszeit am Samstag sowie die Antrittsgebühr entfallen.
Die Änderung dieser Leistungen ist einzelvertraglich zu vereinbaren.
.....
7. Zur Erreichung der Ziele dieser Rahmenvereinbarung vereinbaren Geschäftsführung und Betriebsrat für alle Beschäftigten der B. Druck GmbH sowie der Abteilungen Papierlager und Altpapier eine wöchentliche Arbeitszeit von netto 39 Stunden.
Die 36. und 37. Wochenstunde ist mit der derzeitigen Vergütung abgegolten. Für die 38. und 39. Wochenstunde wird die Grundvergütung bezahlt.
Für die 36. bis 39. Arbeitsstunde pro Woche gelten ansonsten die in Ziffer 4.2. veränderten Zuschläge.
..."
Die Zuschläge nach Nr. 4.2 sind niedriger als die tariflichen. Mit einem gemeinsamen Schreiben vom 1. März 1996 forderten die Arbeitgeberinnen und der Betriebsrat die Arbeitnehmer auf, den Sparmaßnahmen mit folgender Erklärung zuzustimmen.
"Ich erkläre, daß die von H. K., G. S. und Dr. J. T. am 29. Februar 1996 unterschriebenen Vereinbarungen "Rahmenvereinbarung zur Vermeidung von Entlassungen" für mich nicht nur als Betriebsvereinbarung, sondern auch ganz persönlich für mich als Inhalt meines persönlichen Arbeitsvertrages gelten sollen. Die sich daraus ergebenden Änderungen meines Arbeitsvertrages kenne ich aufgrund der ausführlichen Erläuterungen durch die Geschäftsführung, Mitarbeiter der Personalabteilung und Mitglieder des Betriebesrats.
....."
Nach wiederholten Aufforderungen unterschrieben fast alle Arbeitnehmer diese Erkärung (nach Angaben der Arbeitgeberinnen 98,5 %). Daraufhin schlossen die Arbeitgeberinnen mit dem Betriebsrat am 3. Mai 1996 eine Zusatzvereinbarung zur Betriebsvereinbarung vom 29. Februar 1996 ab, die u. a. folgende Regelungen enthält:
"1. Die Betriebsvereinbarung und die vereinbarten Vertragsergänzungen treten am 1. Juni 1996 in Kraft ...
...
3. Aus Respekt vor ihrer abweichenden Meinung wird die Betriebsvereinbarung vom 29. Februar 1996 mit ihren Rechten und Pflichten nicht angewendet auf Mitarbeiter der B. Druck GmbH O. sowie des Papierlagers und der Altpapierverwertung, die keine Vertragsergänzungen mit den Inhalten der Betriebsvereinbarung abgeschlossen haben. Für sie wird hiermit unter entsprechender Anwendung des am 19. April 1996 zwischen dem Bundesverband Druck und der IG Medien abgeschlosenen Tarifvertrags eine Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche ohne Lohnausgleich vereinbart. Sie sind grundsätzlich von Überstunden befreit. ..."
Im April 1996 unternommene Versuche der IG Medien, mit den Arbeitgeberinnen in Verhandlungen über Firmentarifverträge einzutreten, waren erfolglos geblieben.
Die IG Medien hat die Auffassung vertreten, sie könne von den Arbeitgeberinnen verlangen, die Durchführung der Vereinbarungen zu unterlassen, soweit diese in Widerspruch zu den normativ geltenden Manteltarifverträgen stünden. Der Unterlassungsanspruch ergebe sich zumindest aus §§ 1004, 823 BGB i. V. m. Art. 9 Abs. 3 GG, denn die Verstöße gegen geltende Tarifbestimmungen verletzten die Tarifvertragspartner in deren Betätigungsrecht als Koalitionen. Dieser Anspruch erfasse auch einzelvertragliche Gestaltungen, wie sie hier von den Arbeitgeberinnen durchgesetzt worden seien.
Die IG Medien hat, soweit für das Beschwerdeverfahren noch von Interesse, beantragt,
1. die Arbeitgeberinnen zu verpflichten, es zu unterlassen, die in der Anlage zur Betriebsvereinbarung vom 29. Februar 1996 mit dem Betriebsrat und i. V. mit Ziff. 2 Abs. 2 der Betriebsvereinbarung vom 3. Mai 1996 einzelvertraglich vereinbarten Regelungen in der nachstehenden Form anzuwenden:
a) Ziffer 4.1 der Anlage;
b) Ziffer 4.2 der Anlage insoweit, als danach das Entgelt für Nacht-, Sonntags-, Feiertagsarbeit und Überstunden gegenüber den Regelungen im Manteltarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland der ab 1. Januar 1989 gültigen Fassung mit den Änderungen vom 7. Mai 1990 und 3. Juli 1994 reduziert wird;
c) Ziffer 4.2 der Anlage insoweit, als danach die Zuschläge für regelmäßige Samstagsarbeit sowie die Antrittsgebühr entfallen;
d) Ziffer 7 der Anlage insoweit, als danach mit dem Betriebsrat für alle Beschäftigten der B. Druck GmbH sowie die Abteilungen Papierlager und Altpapier eine wöchentliche Arbeitszeit von 39 Stunden ohne Bezahlung der 36. und 37. Wochenstunden und ohne Bezahlung von Überstundenzuschlägen für die 36. bis 39. Stunde vereinbart wurde.
2. den Arbeitgeberinnen für Zuwiderhandlungen gegen die beantragten Verpflichtungen ein in das Ermessen des Gerichts zu stellendes Zwangsgeld anzudrohen.
Die Arbeitgeberinnen und der Betriebsrat haben beantragt,
die Anträge abzuweisen.
Die Arbeitgeberinnen und der Betriebsrat haben vorgetragen, daß mangels Anspruchsgrundlage kein Unterlassungsanspruch der IG Medien bestehe. Es fehle auch an der Tarifbindung der Arbeitgeberinnen und im übrigen seien die getroffenen Vereinbarungen auch nicht tarifwidrig.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat - nach teilweiser Erledigung in der Hauptsache - die Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Auf die Rechtsbeschwerde der IG Medien hat das BAG mit Beschluß vom 20.04.1999 - 1 ABR 72/98 -, auf den verwiesen wird , den Beschluß des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Die IG Medien trägt vor, daß von einer Tarifbindung der Arbeitgeberinnen im Jahre 1996 zum Zeitpunkt des Abschlusses der vertraglichen Einheitsregelungen auszugehen sei. Hierzu werde im übrigen auf den bisherigen Sachvortrag verwiesen. Die Arbeitgeberinnen hätten die Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband erworben. Zumindest müßten sie sich so behandeln lassen, als ob sie Mitglieder geworden seien, da sie den von ihnen gesetzten Rechtsschein gegen sich gelten lassen müßten. Der Arbeitgeberverband habe durch Entgegennahme der Mitgliedsbeiträge, durch die Abstimmung der Beitragshöhe mit dem Geschäftsführer der B. Druck GmbH und durch die Entsendung des damaligen Personalleiters der B. Druck GmbH in den sozialpolitischen Ausschuß für die Tarifverhandlungen 1996 die Aufnahme bestätigt. Eine Tarifbindung sei auch unter Mißbrauchsgesichtspunkten zu rechtfertigen, da keine "normale Ausgliederung" vorliege. Da die tarifvertragliche Arbeitszeitregelung nicht rechtswirksam gekündigt worden sei, gelte dieser Bereich weiterhin in jedem Fall normativ gemäß § 3 Abs. 3 TVG. Aber auch die Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 TVG entfalte normative Wirkung. Selbst wenn zum 31.12.1996 die zwingende Tarifbindung entfallen sei, wäre die ursprünglich nichtige Vereinbarung nicht wegen vorbehaltlosen Weiterarbeit der Arbeitnehmer im Sinne des § 4 Abs. 5 TVG konkludent durch eine andere Abmachung ersetzt worden. Da die 1996 getroffenen Vereinbarungen als betriebliche Einheitsregelung gelten sollten, weit mehr als 50 % Arbeitnehmer bei der IG Medien organisiert seien und die Tarifverträge noch normative Wirkung beanspruchen könnten, sei der Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004, 823 BGB i. V. m. Art. 9 Abs. 3 GG gerechtfertigt. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der IG Medien wird auf die Schriftsätze (jeweils nebst Anlagen) vom 12.12.1999 und vom 20.03.2000 Bezug genommen.
Die IG Medien beantragt:
Der Beschluß des Arbeitsgerichts Freiburg, Kammern Offenburg, vom 12.11.196 - 10 BV 7/96 wird abgeändert. Es wird nach den oben wiedergegebenen Anträgen entschieden.
Die Arbeitgeberinnen und der Betriebsrat beantragen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Arbeitgeberinnen und der Betriebsrat tragen vor, die B. GmbH sei durch rechtswirksame Kündigung zum 31.12.1996 als Mitglied aus dem VPD ausgeschieden. Höchst fürsorglich seien auch die Mitgliedschaften der B. Druck GmbH und B. Services GmbH zum 31.12.1996 gekündigt worden. Im übrigen liege kein ausdrücklicher oder konkludenter Beitritt der Arbeitgeberinnen vor. Es gebe auch keine automatische Übertragung der Mitgliedschaft von der B. GmbH auf die Arbeitgeberinnen. Auch liege keine Tarifbindung kraft Konzernabhängigkeit vor. Es bestehe auch keine Mitgliedschaft kraft Rechtsscheins oder unter Mißbrauchsgesichtspunkten. Der MTV Arb sei mit Schreiben vom 27.06.1996 zum 31.12.1996 gekündigt worden. Auf den Forderungskatalog seitens des Bundesverbandes Druck e.V. vom 15.11.1996 werde verwiesen. Soweit die Arbeitszeitregelung erst zum 31.03.1998 kündbar gewesen sei, gelte die Kündigung vom 27.06.1996 als eine solche zum nächstzulässigen Termin. Da der MTV Arb am 06.02.1997 mit Wirkung ab 01.01.1997 neu abgeschlossen worden sei, sei gemäß § 3 Abs. 3 TVG eine Tarifgebundenheit entfallen. Die Beendigung des MTV Ang vom 04.04.1989 sei durch die Änderungen, die in Form des MTV Ang vom 28.05.1997 vorgenommen worden seien, zum 31.03.1997 erfolgt. Am 01.04.1997 sei der neue MTV Ang in Kraft getreten. Soweit die Tarifverträge gemäß § 4 Abs. 5 nachwirken sollten, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt seien, handele es sich um keinen Fall der Tarifbindung, sondern um ein aliud, das anderen Zwecken als die Tarifbindung diene. Damit sei der Unterlassungsanspruch der IG Medien im Nachwirkungszeitraum des § 4 Abs. 5 TVG nicht mehr gegeben. Im übrigen seien vorliegend andere Abmachungen im Sinne des § 4 Abs. 5 TVG getroffen worden. Soweit die Arbeitnehmer seit 1997 widerspruchslos unter den neuen Bedingungen gearbeitet hätten, sei dadurch entweder eine Bestätigung der - unterstellt - zunächst unwirksamen Vereinbarungen im Sinne des § 141 Abs. 1 BGB mit der Folge des § 141 Abs. 2 BGB zu sehen oder zumindest eine Vereinbarung mit ex nunc - Wirkung. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Arbeitgeberinnen und des Betriebsrats wird auf die Schriftsätze (jeweils nebst Anlagen) vom 27.10.1999, 08.11.1999, 14.01.2000 und 17.10.2000 Bezug genommen.
Die Beschwerdekammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen W. und M.. Hinsichtlich des Inhalts der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 24.10.2000 Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Der IG Medien steht kein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004, 823 BGB i. V. m. Art. 9 Abs. 3 GG zu, da mangels Verbandsmitgliedschaft der Arbeitgeberinnen keine normative Tarifgeltung gegeben ist (Ziff. II 1 d. Gründe). Selbst wenn ursprünglich eine Verbandsmitgliedschaft der Arbeitgeberinnen vorgelegen haben sollte, ist der Unterlassungsanspruch nicht mehr begründet, da keine normative Tarifgeltung mehr vorliegt (Ziff. II 2 d. Gründe).
1. Mangels Verbandsmitgliedschaft der Arbeitgeberinnen ist keine normative Tarifgeltung gemäß §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG gegeben.
a) Die Arbeitgeberinnen sind dem VPD nicht beigetreten.
aa) Nach Ansicht des BAG (Beschl. v. 20.12.1988 - 1 ABR 57/87 - AP Nr. 9 zu § 87 BetrVG 1972 Auszahlung zu B III 2 d. Gründe) tritt die Tarifbindung im Sinne des § 3 Abs. 1 TVG mit dem tatsächlichen Beitritt zum Arbeitgeberverband ein. Hierbei handelt es sich aber um kein einseitiges Rechtsgeschäft oder einen Realakt. Vielmehr stellt sich der Verbandsbeitritt als ein Vertrag dar (Aufnahmeantrag und Annahme), auf den die Vorschriften über Rechtsgeschäfte und insbesondere über Verträge Anwendung finden (LAG Hamm, Urt. v. 11.05.1989 - 17 Sa 1767/88 - LAGE § 4 TVG Abschlußnormen Nr. 1 m.w.N.). Dies entspricht der Rechtsprechung des BGH, (Urt. v. 29.06.1987 - II ZR 295/86 - BGHZ 101, 1993), wonach der Erwerb der Vereinsmitgliedschaft einen Aufnahmevertrag zwischen Bewerber und Verein erfordert. Desweiteren soll gemäß § 58 Nr. 1 BGB die Satzung Bestimmungen über den Eintritt und Austritt der Mitglieder enthalten. Insoweit heißt es in § 3 Ziff. 1 der Satzung VPD:
Die der papierverarbeitenden Industrie und dem Druckgewerbe angehörenden Unternehmen (natürliche und juristische Personen) in dem unter § 1 Ziff. 6 bezeichneten Gebiet können die Mitgliedschaft nach Beschluß des Beirats, dessen Zustimmung schriftlich oder fernmündlich eingeholt werden kann, durch schriftliche Anerkennung der Satzung und der sich aus ihr ergebenden Verpflichtung erwerben.
bb) Unter Beachtung dieser Rechtsgrundsätze sind die Arbeitgeberinnen nicht Mitglied des VPD geworden. Der von der Beschwerdekammer vernommene Zeuge, Herr W., Geschäftsführer des VPD, hat bekundet, daß die B. GmbH seit vielen Jahren Verbandsmitglied bis Ende 1996 gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt sei sie durch Kündigung ausgeschieden. Die B. Druck GmbH und die B. Services GmbH hätten keinen Aufnahmeantrag beim Verband gestellt und seien auch nicht Verbandsmitglieder gewesen. Die B. GmbH habe für diese beiden Töchter auch keinen Aufnahmeantrag gestellt. Es gebe weder für die B. Druck GmbH noch für die B. Services GmbH eine Mitgliedskarte. Die Beschwerdekammer sieht keine Anhaltspunkte, an der Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage und der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu zweifeln. Damit steht zur Überzeugung der Beschwerdekammer fest, daß weder von der B. Druck GmbH noch von der B. Services GmbH ein Aufnahmeantrag gestellt wurde. Auch hat die B. GmbH keinen solchen im Namen ihrer Töchter gestellt. Damit mangelt es bereits an einem Aufnahmeantrag. Im übrigen ist kein Beschluß des Beirats gemäß § 3 Ziff. 1 der Satzung gegeben, dessen Zustimmung schriftlich oder fernmündlich eingeholt werden kann. Ist die Aufnahme aber von der Zustimmung eines besonderen Vereinsorgans (hier des Beirats) abhängig, tritt Tarifbindung erst mit ihr ein (Löwisch/Rieble in Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, 2. Aufl., § 267 Rn 9).
Darüber hinaus liegt keine gemäß § 3 Ziff. 1 der Satzung erforderliche schriftliche Anerkennung der Satzung oder der sich hieraus ergebenden Verpflichtungen durch die Arbeitgeberinnen vor, was Voraussetzung für den Erwerb der Mitgliedschaft ist.
cc) Vorliegend ist ein Aufnahmevertrag auch nicht durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 24.10.1988 - II ZR 311/87 - BGHZ 105, 306). Die Beitragsrechnungen für 1995 in Höhe von DM 56.141,00 und für 1996 in Höhe von DM 75.000,00 wurden vom VPD der B. GmbH in Rechnung gestellt und auch von dieser im eigenen Namen bezahlt. Damit fehlt es bereits an Beitragszahlungen durch die B. Druck GmbH und die B. Services GmbH, die als konkludente Aufnahmeanträge ausgelegt werden könnten.
b) Die Mitgliedschaft der B. GmbH ist durch die Ausgliederung der B. Druck GmbH und der B. Services GmbH nicht auf diese übergegangen.
aa) Da die Spaltung (hier als Ausgliederung) die Existenz des übertragenden Rechtsträgers nicht berührt (sog. identitätswahrende Umwandlung; siehe auch Löwisch/Rieble aa0 § 267 Rn 12), bleiben dessen verbandsrechtlichen und tarifrechtlichen Voraussetzungen für eine unveränderte Bindung an den Verbandstarifvertrag bestehen (Wiedemann/Oetker, TVG, 6. Aufl., § 3 Rn 174). Dies gilt auch für den Fall, daß der übertragende und weiterexistierende Rechtsträger keine Arbeitnehmer mehr beschäftigt. Zur Beendigung der Verbandsmitgliedschaft ist daher eine Kündigung erforderlich. Diese wurde durch die B. GmbH mit Schreiben vom 19.09.1996 zum 31.12.1996 ausgesprochen. Hinsichtlich der übernehmenden Rechtsträger ist zu beachten, daß die Mitgliedschaft im Verband durch diese Vorgänge nicht automatisch auf die neu entstandenen oder aufnehmenden Unternehmen übergeht (Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Band I S. 790 m.w.N. i. Fußnote 477 und unter Hinw. auf BAG AP Nr. 13 zu 3 TVG Verbandszugehörigkeit und AP Nr. 17 zu § 613 a BGB = BAGE 32, 113, 119; Wiedemann/Oetker aa0 § 3 Rn 175). Dies gebietet § 38 BGB, wonach die Mitgliedschaft nicht übertragbar ist. Sofern die Satzung keine Abweichung von § 38 Satz 1 BGB festlegt (was nach § 40 BGB zulässig wäre), geht die Mitgliedschaft in der Tarifvertragspartei nicht auf den übernehmenden Rechtsträger über, so daß dieser grundsätzlich nicht wegen Mitgliedschaft in der Tarifvertragspartei an den bislang für das Arbeitsverhältnis geltenden Verbandstarifvertrag gebunden ist.
bb) Da die Ausgliederung der B. Druck GmbH und der B. Services GmbH die Existenz der B. GmbH nicht berührte, blieb diese Mitglied im Arbeitgeberverband bis zum Ablauf der Kündigungsfrist (31.12.1996). Die Mitgliedschaft ist auch nicht automatisch auf die B. Druck GmbH und die B. Services GmbH übergegangen, da dem § 38 Satz 1 BGB entgegensteht. § 3 der Satzung VPD enthält insoweit keine Abweichung im Sinne des § 40 BGB. In § 3 Ziffer 3 heißt es:
Mitglieder, die unmittelbar oder mittelbar Inhaber mehrerer selbstständiger Betriebe der Papierverarbeitenden Industrie und des Druckverbandes im Bereich des VPD sind, gelten bezüglich aller dieser Betriebe als Mitglied. Mitglieder, deren unmittelbarer oder mittelbarer Inhaber außerdem unmittelbar oder mittelbar Inhaber noch weiterer selbständiger Betriebe der papierverarbeitenden Industrie oder des Druckverbandes im Bereich des VPD ist, gelten auch bezüglich aller dieser weiteren Betriebe als Mitglied.
Bereits der jeweilige Satzrahmen "Mitglieder..... gelten bezüglich aller dieser Betriebe als Mitglied" belegt, daß eine Mitgliedschaft Voraussetzung ist, um an der "Betriebsdefinition" der Satzung teilzunehmen. Es geht also nicht um die satzungsmäßige Erweiterung der Mitgliedschaft auf ausgegliederte Unternehmen, sondern um die Zurechnung von Betrieben zu einem Mitglied bei bereits bestehender Mitgliedschaft. Im übrigen kann eine solche Mitgliedschaft Dritten nicht aufgezwungen werden. Dies wäre ein Verstoß gegen die negative Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG. Sollten bezüglich der übernehmenden Rechtsträger die satzungsmäßigen Voraussetzungen für eine Mitgliedsnachfolge vorliegen, erfordert die Rechtsnachfolge in die Mitgliedschaft allerdings zusätzlich die Aufnahme in den Spaltungs- und Übernahmevertrag (ähnl. Wiedemann/Oetker aa0 § 3 Rn 176). Vorliegend mangelt es aber bereits an den satzungsmäßigen Voraussetzungen für eine Mitgliedschaftsnachfolge. Im übrigen ist zu beachten, daß die Mitgliedschaft nicht aufteilbar ist, so daß selbst beim Vorliegen der verbandsrechtlichen Voraussetzungen und der Aufnahme in den Spaltungs- und Übernahmevertrag lediglich die Zuordnung zu einem einzigen übernehmenden Rechtsträger möglich ist. Eine Vervielfältigung der Verbandsmitgliedschaft auf mehrere übernehmende Rechtsträger kommt bereits wegen der damit verbundenen Vermehrung des Stimmrechts nicht in Betracht (Lutter/Teichmann, 1996, § 132 UmwG Rn 28). Da vorliegend die Satzung keine Abweichung von § 38 BGB beinhaltet und darüber hinaus die Rechtsnachfolge nicht im Spaltungs- und Übernahmevertrag festgehalten ist, ist die Mitgliedschaft im VPD nicht auf die B. Druck GmbH und B. Services GmbH übergegangen.
c) Die Arbeitgeberinnen sind auch nicht Verbandsmitglieder wegen Konzernzugehörigkeit geworden.
Ist eine juristische Person Arbeitgeber, so muß diese als solche Mitglied der Tarifvertragspartei sein. Dies gilt insbesondere für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Wiedemann/Oetker aa0 § 3 Rn 88). Bloße Beherrschung durch die tarifgebundene Muttergesellschaft erstreckt die Tarifbindung nicht auf die beherrschten, dem Verband nicht angehörigen Tochterunternehmen (Gamillscheg aa0 S. 713 unter Hinw. auf BAGE 68, 261, 269 zu III 1 a d. Gründe und BAG AP Nr. 14 zu § 3 TVG). Damit sind die B. Druck GmbH und die B. Services GmbH trotz eventuell gegebener wirtschaftlicher und rechtlicher Abhängigkeit von der Muttergesellschaft B. GmbH trotz deren Mitgliedschaft nicht Mitglieder des Arbeitgeberverbandes geworden.
d) Eine Mißachtung der juristischen Selbständigkeit der abhängigen Rechtsperson ist nur bei einem rechtlichen Gestaltungsmißbrauch denkbar (Wiedemann/Oetker aa0 § 3 Rn 89 m.w.N. i. Fn 10). Das Umwandlungsgesetz vom 28.10.1994, in Kraft seit 01.01.1995, will die Umstrukturierung von Unternehmen erleichtern und damit die Attraktivität des Wirtschaftsstandsorts Deutschland erhöhen (Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 9. Aufl., § 206 Anm. III 2 a, Rn 33). Es unterscheidet in § 1 UmwG vier Umwandlungen, nämlich - durch Verschmelzung - durch Spaltung (Aufspaltung, Abspaltung, Ausgliederung) - durch Vermögensübertragung - durch Formwechsel.
Die Ausgliederung stellt insoweit eine unternehmerische Entscheidung dar, die für sich genommen keinen Rechtsmißbrauch beinhaltet, sondern die Gebrauchmachung von einer zulässigen, vom Gesetzgeber vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeit. Damit hat es auch bei der juristischen Selbständigkeit der ausgegliederten Töchter zu verbleiben, die folglich nicht Mitglieder des Arbeitgeberverbandes geworden sind. Eine Bestätigung hierfür enthält § 324 UmwG, dessen Schaffung sich wegen dieses Verständnisses als notwendig erwies. Gehören nämlich die neuen Rechtsträger keinem Arbeitgeberverband an, bleibt gemäß § 324 UmwG § 613 a Abs. 1 u. 4 BGB unberührt. Das bedeutet, daß die Voraussetzungen des § 613 a BGB auch im Umwandlungsfalle selbständig zu prüfen sind (BAG, Urt. v. 25.05.2000 - 8 AZR 416/99 - zu II 1 c bb d. Gründe m.w.N.). Daraus ergibt sich, daß der beim übertragenden Rechtsträger geltende Tarifvertrag "in das Arbeitsverhältnis absinkt" und mit zwingender Wirkung für ein Jahr weitergilt (Schaub aa0 § 206 Anm. III 2 b, Rn 36).
e) Die B. Druck GmbH und die B. Services GmbH sind auch nicht kraft Rechtsscheins Verbandsmitglieder geworden.
Vorliegend schrieb der VPD unter dem 14.12.1995 an die B. GmbH:
Rechnung
Mitgliedsbeitrag 1995
Die 49. Mitgliederversammlung unseres Verbandes hatte am 19. Mai 1995 in Konstanz die seit 1988 unverändert geltende Beitragsordnung beraten und eine neue Beitragsordnung beschlossen. Nach Rücksprache und in Abstimmung mit Herrn Dr. K. am 12. Dezember 1995 ergibt sich dadurch für Ihr Unternehmen eine Beitragsanpassung des Mitgliedsbeitrags für 1995 in Höhe von DM 4.500,00.
Diesen Betrag wollen Sie bitte auf eines der oben angeführten Konten bis 14 Tage nach Rechnungsstellung begleichen.
Der in diesem Schreiben erwähnte Herr Dr. K. ist Geschäftsführer der B. Druck GmbH. Desweiteren nahm der damalige Personalleiter der B. Druck GmbH und der B. Services GmbH, Herr W. (jetzt Geschäftsführer der B. Druck GmbH), im April 1996 als Mitglied der Verhandlungskommission des Sozialpolitischen Ausschusses des Bundesverbandes Druck e.V. an den Tarifverhandlungen für die gewerblichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Druckindustrie teil. Der Bundesverband Druck e.V. hat keine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung. Mitglied des sozialpolitischen Ausschusses können nur Mitglieder eines Landesverbandes sein. Insoweit haben die Arbeitgeberinnen im Anhörungsverfahren vom 24.10.2000 erklärt, daß Herr W. damals auch noch für die B. GmbH tätig gewesen sei. Die B. GmbH hatte seit 1995 keine Beschäftigten mehr und zahlte trotzdem für 1995 und 1996 die Mitgliedsbeiträge. Wenn die Beschwerdekammer zugunsten der IG Medien unterstellt, daß die oben dargelegten Lebenssachverhalte den Rechtsschein einer Mitgliedschaft der Arbeitgeberinnen erzeugt haben, führt dies allenfalls dazu, daß sich die Arbeitgeberinnen ausnahmsweise wie Mitglieder einer Tarifvertragspartei behandeln lassen müssen, ohne hierdurch aber den Status der tatsächlichen Mitgliedschaft zu erwerben (Wiedeman/Oetker aa0 § 3 Rn 103 m.w. N. i. Fußnote 31 u. unter Hinw. auf BAG AP Nr. 14 zu § 3 TVG). Eine Mitgliedschaft kraft Rechtsscheins gibt es nicht. Richtig ist nur, daß ein Arbeitgeber sich unter Umständen nicht auf seine fehlende Tarifgebundenheit berufen kann, wenn er den gegenteiligen Anschein erweckt hat (Löwisch/Rieble, TVG, § 3 Rn 19). Hierbei handelt es sich dann jedoch um keinen Fall der normativen Tarifgeltung gem. §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG, da die Arbeitgeberinnen nicht kraft Rechtsscheins tatsächlich Verbandsmitglieder werden. Der Unterlassungsanspruch setzt aber eine normative Tarifgeltung voraus (BAG, Beschl. v. 20.04.1999 - 1 ABR 72/98 - BB 1999, 1657 = DB 1999, 1555 = NZA 1999, 887 zu II 2 b bb a. Ende und zu III 2).
2. Selbst wenn die Beschwerdekammer zugunsten der IG Medien davon ausgeht, daß die Arbeitgeberinnen ursprünglich Mitglieder im VPD gewesen sind, hat die normative Tarifgeltung geendet und es ist damit kein Unterlassungsanspruch der IG Medien mehr gegeben.
a) Mit Schreiben der B. GmbH vom 19.09.1996 und mit Vollmacht der Arbeitgeberinnen wurden "höchst fürsorglich" im Auftrag aller B. Gesellschaften die Mitgliedschaften satzungsgemäß zum 31.12.1996 gekündigt.
b) § 3 Abs. 3 TVG bestimmt die Rechtsfolgen beim Wegfall der Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 1 TVG durch die Beendigung der Mitgliedschaft in einer Tarifvertragspartei. Die unmittelbare und zwingende Rechtswirkung eines Tarifvertrages, die gem. § 3 Abs. 1 TVG aus der Mitgliedschaft in einer Tarifvertragspartei resultiert, soll nicht durch eine einseitige Maßnahme wie den Verbandsaustritt beseitigt werden können. Ein Arbeitgeber soll sich damit nicht einseitig von seinen tariflichen Pflichten durch Verbandsaustritt lösen können (BAG, Urt. v. 02.12.1992 - 4 AZR 277/92 - AP Nr. 14 zu § 3 TVG zu III 3 a d. Gründe m.w.N.). § 3 Abs. 3 TVG dehnt die Tarifgebundenheit und damit die Weitergeltung des Tarifvertrages bis zum Ende des Tarifvertrages aus. Erstens steht damit fest, daß das ausgeschiedene Mitglied nicht an die nach Beendigung seiner Mitgliedschaft abgeschlossene Tarifverträge gebunden ist (Gamillscheg aa0 S. 726; Löwisch/Rieble aa0 § 3 Rn 86). Zweitens zwingt der Wortlaut des § 3 Abs. 3 TVG zu einer isolierten Betrachtung des jeweiligen Tarifvertrages, an den das Mitglied zum Zeitpunkt der Beendigung der Verbandsmitgliedschaft gebunden war. Das ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn das ausgeschiedene Mitglied an mehrere Tarifverträge gebunden war.
aa) Der MTV Ang vom 04.04.1989 war vorliegend nicht gekündigt worden. In solchen Fällen ist seine Beendigung im Sinne des § 3 Abs. 3 TVG nur zu erwägen, wenn die Tarifvertragsparteien durch Abschluß eines neuen Tarifvertrages in das Regelungsgefüge des bei Beendigung der Mitgliedschaft geltenden MTV eingegriffen haben. Der Zweck von § 3 Abs. 3 TVG erzwingt in dieser Situation ein Ende der Tarifgebundenheit, da die Vorschrift lediglich verhindern soll, daß sich die Verbandsmitglieder durch den Austritt ihrer Tarifgebundenheit und damit der Rechtswirkungen des aktuellen Tarifvertrages entledigen können. In dem Augenblick, in welchem die Tarifvertragsparteien in das Regelungsgefüge des Tarifvertrages eingreifen, erneuern sie zugleich ihren Willen, daß der Tarifvertrag in seinen hiervon nicht berührten Teilen unverändert bleiben soll. Dies ist einem Neuabschluß gleichzustellen. Deshalb liegt ein Ende des Tarifvertrages im Sinne von § 3 Abs. 3 TVG stets dann vor, wenn die Tarifvertragsparteien die Regelungen in dem bisherigen Tarifvertrag inhaltlich verändern, wobei es belanglos ist, ob es sich um eine erhebliche oder unerhebliche Änderung des Tarifvertrages handelt. Eine fortbestehende Tarifgebundenheit hinsichtlich der unverändert gebliebenen Tarifbestimmungen kommt nicht in Betracht. Gegen eine derartige Aufspaltung des Tarifvertrages ist seine konzeptionelle Geschlossenheit anzuführen. Indem die Tarifvertragsparteien einzelne Tarifbestimmungen unverändert lassen, erneuern sie zugleich ihren Willen, daß es sich bei der gesamten tarifvertraglichen Regelung um einen angemessenen Ausgleich der Interessen handelt, so daß das Herauslösen einzelner Bestimmungen diesen Ausgleich zerstört. Auch die Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sprechen damit gegen eine isolierte Bindung an einzelne Tarifbestimmungen (BAG, Urt. v. 18.03.1992 - 4 AZR 339/91 - AP Nr. 13 zu § 3 TVG; Wiedemann/Oetker aa0 § 3 Rn 76 m.w.N. i. Fußnoten 116 - 118). Daher führt das BAG in seinem Urt. v. 18.03.1992 (aa0) zu Recht aus, daß viel dafür spreche, jede Änderung eines Tarifvertrages als Beendigung im Sinne des § 3 Abs. 3 TVG - auch hinsichtlich der unveränderten Bestimmungen - anzusehen.
Vorliegend wurden im MTV Ang v. 28.05.1997 u.a. folgende Tarifvertragsnormen geändert:
Arbeitszeit (§ 5), Durchführungsbestimmungen zu § 5 Ziff 1, Nacht -, Sonntags - und Feiertagsarbeit (§ 7 Ziff. 2), Antrittsgebühr usw. (§ 7 Ziff. 4). Damit ist die Änderung des MTV Ang als Beendigung im Sinne des § 3 Abs. 3 TVG - auch hinsichtlich der unveränderten Bestimmungen - anzusehen.
bb) Der MTV Arb war gemäß Schreiben des Bundesverbandes Druck e.V. vom 27.06.1996 ordentlich zum 31.12.1996 gekündigt worden. Allerdings heißt es in § 18 MTV Arb (a.F.), daß die am 07.05.1990 in München vereinbarte Arbeitszeitregelung des § 3 Ziff. 1 Abs. 1 und Abs. 7 einschließlich der Durchführungsbestimmungen (1), (1a), (2) und (4) mit sechsmonatiger Frist zum Quartalsschluß gekündigt werden kann, erstmals zum 31.03.1998. Hinsichtlich der nicht termingerechten Kündigung der Arbeitszeit wirkt die Kündigung als solche zum nächstzulässigen Termin, also erst zum 31.03.1998 (BAG, Urt. v. 18.04.1985 - 2 AZR 197/84 - NZA 1986, 229). Es blieb den Tarifvertragsparteien aber unbenommen, im Rahmen der Tarifvertragsverhandlungen trotz nicht abgelaufener Kündigungsfrist auch insoweit Gespräche zwecks Abänderung zu führen. Insoweit hat der Zeuge M. glaubhaft bekundet, daß im Rahmen der Tarifvertragsverhandlungen auch über Arbeitszeitfragen verhandelt worden sei, u.a. auch über die Streichung der Zwölfminutenpause im Dreischichtbetrieb. Man habe sich damals aber nicht durchsetzen können. Trotzdem liegt auch in diesem Fall ein Ende des MTV Arb im Sinne des § 3 Abs. 3 TVG vor, da die Tarifvertragsparteien im übrigen Abänderungen des Manteltarifvertrages vorgenommen haben, was dann zu seiner vereinbarten Neufassung vom 06.02.1997 führte, wobei der neue Tarifvertrag seit 01.01.1997 Rechtswirkung entfaltete. Hinzu kommt, daß die Tarifvertragsparteien § 3 Nr. 1 MTV Arb um zwei weitere Absätze ergänzt haben, so daß er in der Fassung vom 06.02.1997 nunmehr 9 Absätze umfaßt. Auch dies spricht gegen eine isolierte Bindung an einzelne Tarifbestimmungen, was hier sogar dazu führen würde, daß einzelne Absätze des § 3 Ziff. 1 unterschiedliche Rechtsbindungen entfalten. Dies widerspricht gerade den vom BAG ins Feld geführten Gründen der Rechtsklarheit (Urt. v. 18.03.1992 aa0). Folglich hat die unmittelbare und zwingende Tarifgeltung für den MTV Arb mit dem 31.12.1996 wegen § 3 Abs. 3 TVG geendet, da der neue MTV Arb ab 01.01.1997 in Kraft getreten ist. Die unmittelbare und zwingende Tarifgeltung des MTV Ang i. d. Fassung vom 04.04.1989 hat mit dem 31.03.1997 geendet, da der neue MTV Ang am 01.04.1997 in Kraft getreten ist.
c) Nachdem die MTV Ang (a.F) und MTV Arb (a.F.) im Sinne des § 3 Abs. 3 geendet haben, schließt sich die Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 TVG an. Sie gilt aufgrund einer entsprechenden Anwendung auch für denjenigen, dessen Bindung an den Tarifvertrag nach Verbandsaustritt durch § 3 Abs. 3 TVG aufrechterhalten wurde (BAG, Urt. v. 14.02.1991 - 8 AZR 166/90 - AP Nr. 10 zu § 3 TVG; BAG, Urt. v. 18.03.1992 aa0; BAG, Urt. v. 02.12.1992 - 4 AZR 277/92 - AP Nr. 14 zu § 3 TVG). Im Nachwirkungszeitraum eines Tarifvertrages kommt seinem normativen Teil eine von § 4 Abs. 1 TVG unterschiedliche Rechtsnormqualität zu. Eine unmittelbare und zwingende Wirkung können die Rechtsnormen eines Tarifvertrages nur bei beiderseitiger Tarifgebundenheit oder Allgemeinverbindlichkeitserklärung entfalten. Nach dem Ende der Tarifbindung fehlt es an einer Legitimation für die bisherige Rechtsnormerstreckung auf die ehemals tarifunterworfenen Arbeitsverhältnisse. § 4 Abs. 5 TVG schafft deshalb einen neuen und selbständigen Rechtsgrund für den Fortbestand des bisherigen Tarifinhalts zwischen den Arbeitsvertragsparteien bis zu einer anderen Abmachung. Aufgrund der gesetzlichen Regelung wird nach Ablauf des Tarifvertrages ohne Unterbrechung ein mit den bisherigen Tarifnormen inhaltsgleiches dispositives Recht für den Personenkreis geschaffen, der zuvor von der unmittelbaren und zwingenden Wirkung des Tarifvertrages erfaßt war (BAG, Urt. v. 13.07.1994 - 4 AZR 555/93 - AP Nr. 14 zu § 3 TVG Verbandszugehörigkeit zu II 3 b cc d. Gründe m.w.N.). Infolge der fürsorglichen Kündigung der Mitgliedschaft zum 31.12.1996 (Verbandsaustritt) und dem Ende der Tarifbindung gemäß § 3 Abs. 3 TVG (MTV Arb a.F. - 31.12.1996 und MTV Ang a.F. - 31.03.1997), waren die Arbeitgeberinnen im Bereich der jeweils hieran anschließenden Nachwirkung gem. § 4 Abs. 5 TVG frei, mit ihren Arbeitnehmern "andere Abmachungen" zu treffen. Ab diesem Zeitpunkt der Nachwirkung gem. § 4 Abs. 5 TVG entsteht dispositives Recht, das bereits aus diesem Grund den ursprünglich gegebenen Unterlassungsanspruch der IG Medien entfallen läßt. Es ist kein zwingender Geltungsanspruch des Tarifvertrages mehr gegeben, der die IG Medien ab diesem Zeitpunkt in ihrem Recht gem. Art. 9 Abs. 3 GG beeinträchtigen könnte. Nach all dem kann dahingestellt bleiben, ob die von den Arbeitgeberinnen behauptete vorbehaltlose Weiterarbeit der Arbeitnehmer auf der Basis des B. Modells ab 01.01.1997 (gewerbliche Arbeitnehmer) bzw. ab 01.04.1997 ( Angestellte) als eine andere Abmachung im Sinne des § 4 Abs. 5 TVG auszulegen ist.
Aus dargelegten Gründen war die Beschwerde der IG Medien zurückzuweisen.
III.
Gemäß §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wurde die Rechtsbeschwerde zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Ende der Entscheidung
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