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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 14.12.1999
Aktenzeichen: 18 Sa 57/99
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGGU, LPVG, DPersVG, BetrVG, KSchG, SGB IV, BGB, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 138 Abs. 2
ZPO § 543 Abs. 1
ArbGGU § 64 Abs. 6
LPVG § 72
LPVG § 77 Abs. 1
LPVG § 77 Abs. 1 Satz 1
DPersVG § 108 Abs. 2
BetrVG § 102
KSchG § 1
KSchG § 2
SGB IV § 7 Abs. 4
BGB § 611
ArbGG § 46 Abs. 2
ArbGG § 72 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
18 Sa 57/99

verkündet am 14.12.1999

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 18. Kammer - durch den Direktor des Arbeitsgerichts Dr. Natter, den ehrenamtlichen Richter Zeile und den ehrenamtlichen Richter Ritter auf die mündliche Verhandlung vom 14.12.1999 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronnn - Kammern Crailsheim - vom 26.03.1999, Az. 6 Ca 5/99, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG abgesehen, nachdem gegen dieses Urteil das Rechtsmittel der Revision nicht stattfindet.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Klägerin ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstands statthaft (§ 64 Abs. 2 ArbGG). Sie ist auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§ 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 518, 519 ZPO). In der Sache hat die Berufung der Klägerin keinen Erfolg.

II.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Klage zwar zulässig, jedoch unbegründet ist. Die Kammer folgt dem sorgfältig begründeten Urteil des Arbeitsgerichts im Ergebnis und allen wesentlichen Erwägungen. Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz Rügen gegen das erstinstanzlichen Urteil erhoben hat und neue rechtliche Gesichtspunkte erörtert wurden, ist hierzu folgendes auszuführen:

1. Die Klägerin wendet sich gegen die Auffassung des Arbeitsgerichts, das personalvertretungsrechtliche Mitwirkungsverfahren nach § 77 Abs. 1 i.V.m. § 72 LPVG sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Rechtsansicht des Arbeitsgerichts, die unrichtige Angabe des Geburtsdatums der Klägerin (04.09.1955 statt 04.09.1945) beinhalte keinen Mangel des Mitwirkungsverfahrens, sei unzutreffend. Mit dieser Rüge hat die Klägerin jedoch keinen Erfolg; die streitige Kündigung ist demzufolge nicht gemäß § 108 Abs. 2 DPersVG unwirksam.

a) Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 LPVG wirkt der Personalrat bei der ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber mit. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zu einer ordnungsgemäßen Einleitung des in § 77 Abs. 1, § 72 LPVG geregelten Mitwirkungsverfahrens erfordert eine Unterrichtung des Personalrats über die Person des zu kündigenden Arbeitnehmers, die Art der Kündigung und ggf. den Kündigungstermin sowie die Angabe der Kündigungsgründe. Für die insoweit zu stellenden Anforderungen gelten die zu § 102 BetrVG 1972 entwickelten Grundsätze entsprechend (Allgemeine Meinung, vgl. nur BAG, Urteil v. 12.03.1986 - 7 AZR 20/83 - AP Nr. 23 zu Art. 33 Abs. 2 GG). Genügt die Unterrichtung des Personalrats diesen Anforderungen nicht, so ist die Kündigung nach § 108 Abs. 2 DPersVG unwirksam, weil diese Norm nicht nur die Nichtbeteiligung des Personalrats, sondern auch dessen mangelhafte Unterrichtung sanktioniert.

b) Zu einer ordnungsgemäßen Unterrichtung des Personalrats zählt regelmäßig auch, dass der Arbeitgeber die vollständigen und zutreffenden Personaldaten des zu kündigenden Arbeitnehmers mitteilt. Denn in der Regel haben die Personaldaten des Arbeitnehmers Bedeutung für die Beurteilung der beabsichtigten Kündigung, sei es, dass sie im Rahmen der Interessenabwägung von Bedeutung sind oder dass es sich hierbei um zentrale Gesichtspunkte bei der Sozialauswahl handelt (vgl. nur BAG, Urteil v. 15.12.1994 - 2 AZR 227/94 - AP Nr. 67 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung m.w.N.). Allerdings gilt auch im personalvertretungsrechtlichen Mitwirkungsverfahren der Grundsatz der "subjektiven Determinierung". Hiernach ist der Personalrat schon dann ordnungsgemäß angehört, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat. Selbst wenn aber der Arbeitgeber einen aus seiner Sicht tragenden Umstand dem Personalrat unrichtig mitteilt, ist damit das Mitwirkungsverfahren nicht zwangsläufig fehlerhaft. Die unterlassene Mitteilung eines Umstandes, der sich zugunsten des Arbeitnehmers auswirken könnte, führt nur dann zur Fehlerhaftigkeit des Mitwirkungsverfahrens, wenn der Arbeitgeber den Sachverhalt bewusst irreführend und unvollständig mitgeteilt hat (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BAG, Urteil v. 22.09.1994 - 2 AZR 31/94 - AP Nr. 38 zu § 102 BetrVG 1972).

c) Nach diesen Grundsätzen ist das Mitwirkungsverfahren im Streitfall nicht deswegen mangelhaft, weil die Beklagte im Anhörungsschreiben vom 06.11.1998 auf Seite 3 das Geburtsdatum der Klägerin mit "04.09.1955" statt "04.09.1945" angegeben hat. Die Beklagte verweist zu Recht darauf, dass die Sozialdaten der betroffenen Arbeitnehmer für ihren Kündigungsentschluss nicht maßgeblich waren. Dies ist auch ohne weiteres einleuchtend, weil von der Kündigung des Arbeitsverhältnisses sämtliche Musikschullehrer betroffen waren, die noch in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten standen. Eine Sozialauswahl war deswegen nicht durchzuführen. Schon im Hinblick auf den Grundsatz der "subjektiven Determinierung" war die korrekte Mitteilung des Geburtsdatums daher entbehrlich (vgl. auch BAG, Urteil v. 15.11.1995 - 2 AZR 974/94 - AP Nr. 73 zu § 102 BetrVG 1972 zu einem Fall der verhaltensbedingten Kündigung).Darüber hinaus ist die fehlerhafte Angabe des Geburtsdatums deswegen ohne Bedeutung für die Wirksamkeit der Kündigung, weil die Beklagte das Geburtsdatum jedenfalls nicht bewusst irreführend und unvollständig mitgeteilt hat. Die Klägerin hat eine derartige Behauptung selbst nicht erhoben. Ein Schreibfehler liegt auch angesichts der Fülle der Zahlen, die im Anhörungsschreiben vom 06.11.1998 auf Seite 3 enthalten sind, mehr als nahe. Es handelte sich ersichtlich um eine unbewusste Fehlinformation des Personalrats. Auf die vom Bundesarbeitsgericht angenommene Beweisführungslast des Arbeitgebers für einen derartigen Sachverhalt kommt es nicht an, weil die Klägerin - wie oben ausgeführt - nicht einmal die Behauptung einer bewussten Irreführung erhoben hat.

2. Die Klägerin rügt weiter die Auffassung des Arbeitsgerichts, die streitige Kündigung sei sozial gerechtfertigt, weil das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung der Klägerin als Arbeitnehmerin entfallen sei und der angebotene Dienstvertrag über einen Lehrauftrag kein "verschleiertes Arbeitsverhältnis" darstelle. Auch diese Rüge ist nach Auffassung der Kammer unbegründet. In diesem Zusammenhang stellen sich zwei Fragen, nämlich 1., ob die unternehmerische Entscheidung der Beklagten zur Umstrukturierung der Musikschule einer rechtlichen Überprüfung standhält (dazu nachfolgend), und 2., ob die geplante Umstrukturierung auch in Wirklichkeit eine Beschäftigung der Musikschullehrer im Rahmen von freien Dienstverträgen beinhaltet (dazu 3.).

a) Das Arbeitsgericht hat die Auffassung vertreten, die Entscheidung der Beklagten, den Musikunterricht künftig ausschließlich von freien Mitarbeitern durchführen zu lassen, sei nicht offensichtlich unsachlich oder willkürlich. Bei seiner rechtlichen Würdigung hat sich das Arbeitsgericht an der Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 09.05.1996 - 2 AZR 438/95 - AP Nr. 79 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung) orientiert. Es hat ausgeführt, die Zweckmäßigkeit der Unternehmerentscheidung unterliege nicht der arbeitsgerichtlichen Überprüfung. Die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin habe für eine willkürliche Entscheidung keine Tatsachen vorgetragen.

b) Die Kammer folgt der geschilderten Auffassung des Arbeitsgerichts. Auch unter Berücksichtigung der drei Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 17.06.1999 (NZA 1999, 1095; NZA 1999, 1098; NZA 1999, 1157), in denen die bisherige Vermutung, die Unternehmerentscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, in gewissem Umfang relativiert wurde, ist die Auffassung des Arbeitsgerichts nicht zu beanstanden.

aa) Das Bundesarbeitsgericht hatte in den drei genannten Entscheidung unterschiedliche Fälle zu entscheiden. In zwei Fällen beschränkte sich die unternehmerische Entscheidung auf eine schlichte Personalreduzierung, während im dritten Fall der Arbeitgeber beschlossen hatte, bestimmte Tätigkeiten auf Subunternehmer zu verlagern. In den beiden erstgenannten Fällen fielen die Organisationsentscheidung und die daraus folgende Kündigung praktisch zusammen; es handelte sich um eine bloße Arbeitsdichtung. Für diesen Fall verlangte das Bundesarbeitsgericht einen Darlegung des Arbeitgebers, wie die Arbeiten von dem verbliebenen Personal ohne überobligatorische Leistungen erledigt werden können. Im dritten Fall erschöpfte sich die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers nicht in einer Personalreduzierung, sondern umfasste eine Umstrukturierung der Betriebsabläufe. Für diese Fallgestaltung verblieb das Bundesarbeitsgericht bei der Vermutung, die Unternehmerentscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, und verlangte lediglich die Umsetzung der getroffenen Organisationsentscheidung.

bb) Auch im Streitfall erschöpft sich die unternehmerische Entscheidung der Beklagten nicht in einer bloßen Arbeitsverdichtung, die zu einer Personalreduzierung führt. Vielmehr hat die streitige Kündigung ihre Ursache in der Bildung einer neuen Organisationsstruktur der Musikschule. Die Beklagte hat die neue Organisation erstinstanzlich ausführlich geschildert. Im einzelnen handelt es sich um neun Ziele, die miteinander verknüpft sind. Der Klägerin ist zuzugestehen, dass einzelne Ziele auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses zumindest im Ansatz verwirklicht werden könnten. So sind jedenfalls die unter Ziff. 2, 5, 6, 7, 8 und 9 im Schriftsatz der Beklagten vom 11.02.1999 aufgeführten Ziele bei einer entsprechenden Initiative der Lehrer und der Verwaltung auch im Rahmen von Arbeitsverhältnissen umsetzbar. Entscheidend ist jedoch, dass sich die Beklagte von der Flexibilisierung der Personalbewirtschaftung Leistungsanreize verspricht, die es im Rahmen der streng tätigkeitsbezogenen Vergütung nach dem Bundesangestellten-Tarifvertrag jedenfalls nicht so geben kann. Denn nach den Sonderregelungen des Bundesangestellten-Tarifvertrags für Lehrkräfte an Musikschulen (SR 2 l II. Nr. 2) ist ein Musikschullehrer schon dann voll beschäftigt, wenn die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 30 Unterrichtsstunden zu je 45 Minuten beträgt. Bei dieser Festlegung ist berücksichtigt worden, dass der Musikschullehrer neben der Erteilung von Unterricht sog. Zusammenhangsaufgaben wahrzunehmen hat, die von der Vor- und Nachbereitung des Unterrichts über die Mitwirkung an Veranstaltungen der Musikschule bis zur Teilnahme an Musikschulfreizeiten an Wochenenden und in den Ferien reichen. Diese Zusammenhangsaufgaben werden folglich nicht gesondert vergütet, so dass allenfalls ein ideeller, nicht aber ein finanzieller Anreiz für den Musikschullehrer besteht, an zusätzlichen Veranstaltungen der Musikschule mitzuwirken.In dieser Hinsicht bringt die neue Organisationsstruktur der Musikschule eine wesentliche Änderung. Da es nach § 3 des vorgelegten Vertragsmusters, abgesehen von der Teilnahme an Schulkonferenzen und dem Schülervorspiel, keine mit der Vergütung abgegoltenen Zusammenhangstätigkeiten mehr gibt, hat der Musikschullehrer bei der Wahrnehmung von Zusatzaufgaben auch einen zusätzlichen Vergütungsanspruch. Dieser Umstand kann dazu führen, dass die Lehrkräfte die in der Vorlage vom 01.07.1998 auf Seite 17 beschriebenen zusätzlichen Aufgaben verstärkt wahrnehmen. Jedenfalls ist diese Annahme nicht fernliegend. Werden die beschriebenen Zusatzaufgaben von den Lehrkräften wahrgenommen, so ist es ebenfalls eine berechtigte Annahme, dass hierdurch Werbung für die Musikschule betrieben und der bisherige Rückgang der Schülerzahlen gestoppt werden kann.Die Möglichkeit, die beschriebenen Zusatzaufgaben auch finanziell angemessen zu vergüten, ist mit der weiteren Entscheidung der Beklagten, die bisherigen Arbeitsverhältnisse der Lehrkräfte in freie Mitarbeiterverhältnisse zu überführen, untrennbar verknüpft. Denn nach den vorgelegten Unterlagen kann nicht ernsthaft bestritten werden, dass die Personalkosten seit Jahren mit 85 bis 90 % den grössten Teil der Ausgaben der Musikschule ausmachen. Folglich kann nur durch eine Veränderung der Personalkosten ein finanzieller Spielraum zur Vergütung von Zusatztätigkeiten gewonnen werden. Ob die Einsparung den angestrebten Betrag von DM 300.000,-- erreicht, kann hier dahingestellt bleiben. Dies ist von Umständen abhängig, die sich letztlich nur eingeschränkt beeinflussen lassen. So wird es etwa von der zukünftigen Regelung des § 7 Abs. 4 SGB IV abhängen, ob und in welchem Umfang die im freien Mitarbeiterverhältnis beschäftigten Musikschullehrer in einem sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis stehen. Jedenfalls werden schon deswegen erhebliche Einspareffekte verbleiben, weil künftig nur noch tatsächlich gehaltene Unterrichtsstunden vergütungspflichtig sind. Hierdurch entfällt insbesondere die Problematik, ob ein sog. Ferienüberhang besteht und durch welche Maßnahmen er ggf. abgebaut werden kann. Ebenso kann leichter als bisher auf Schwankungen in der Nachfrage und auf die Wünsche der Schüler auf Unterrichtung durch eine bestimmte Lehrkraft eingegangen werden.

cc) Eine weitergehende Überprüfbarkeit der unternehmerischen Entscheidung ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Änderungskündigung mit dem Zweck der Entgeltkürzung (vgl. zuletzt BAG, Urteile v. 20.08.1998 und 12.11.1998, AP Nr. 50 und 51 zu § 2 KSchG 1969). In beiden Entscheidungen hat das Bundesarbeitsgericht einen umfassenden Sanierungsplan verlangt, der alle gegenüber der beabsichtigten Änderungskündigung milderen Mittel ausschöpft. Indessen kann die geschilderte Rechtsprechung zur betriebsbedingten Änderungskündigung mit dem Zweck der Entgeltsenkung auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden. Der entscheidende Unterschied besteht darin, dass der Arbeitgeber bei der betriebsbedingten Änderungskündigung zur Entgeltsenkung nachhaltig in das arbeitsvertraglich vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung eingreift, indem er bei sonst unveränderten Vertragsbedingungen die vereinbarte Vergütung reduziert. Im vorliegenden Fall beschränkt sich die unternehmerische Maßnahme aber nicht auf eine Vergütungsreduzierung, sondern umfasst die Schaffung einer neuen Organisationsstruktur. Für diese stellt die Kostensenkung bei den Personalausgaben ein wichtiges Element dar, aber auch nicht mehr.Würden die Gerichte für Arbeitssachen in einem solchen Fall verlangen, dass der Arbeitgeber die geplante Umstrukturierung zunächst unter Aufrechterhaltung der Arbeitsverhältnisse versucht, so würde dies einen weitgehenden Eingriff in die Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers beinhalten. Die Folge, dass ein derartiges Konzept nicht erfolgreich ist, hätte allein der Arbeitgeber zu verantworten. Es muss daher der Einschätzung des Arbeitgebers vorbehalten bleiben, ob er die Sanierung der Musikschule mit diesem oder einem anderen Konzept versucht (vgl. Bitter, DB 1999, 1214,1218). Mit dieser eingeschränkten Überprüfung der unternehmerischen Entscheidung wird die Klägerin keineswegs schutzlos gestellt. Denn in der zweiten Stufe stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber sein Konzept auch umsetzt, also die bisherigen Arbeitsverträge auch in Wirklichkeit in freie Mitarbeiterverhältnisse umgestaltet.

dd) Das Arbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin für eine Willkür der unternehmerischen Entscheidung keine ausreichenden Anhaltspunkte dargelegt hat. Die Klägerin hat zwar in ihrem Schriftsatz vom 10.03.1999 ausführlich zur neuen Organisationsstruktur der Musikschule Stellung genommen. Bei ihrem gesamten Vorbringen hat sie aber lediglich ihre eigene Beurteilung, wie eine Sanierung der Musikschule zu erreichen sei, an die Stelle der Wertung der Beklagten gesetzt. Dass die Musikschullehrer andere Konzepte für richtig und auch umsetzbar halten, ist zwar verständlich. Hieraus eine Willkür der unternehmerischen Entscheidung der Beklagten abzuleiten, ist aber nicht vertretbar. Unter diesen Umständen bedarf es keiner Erörterung der Frage mehr, ob die gerichtliche Überprüfung der unternehmerischen Entscheidung nicht schon deswegen noch weitergehend eingeschränkt ist, weil der Gemeinderat als Haushaltsgeber die Stellen für Musikschullehrer als Arbeitnehmer gestrichen hat (vgl. BAG, Großer Senat, Beschluss v. 28.11.1956 - GS 3/56 - AP Nr. 20 zu § 1 KSchG).

3. Das Arbeitsgericht hat auch zutreffend erkannt, dass durch die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung das Beschäftigungsbedürfnis für die Klägerin als Arbeitnehmerin entfallen ist. Die hiergegen erhobene Rüge der Klägerin ist unbegründet.

a) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass die Entscheidung des Arbeitgebers, bisher im Betrieb von Arbeitnehmern ausgeführte Arbeiten auf selbständige Vertragspartner (Subunternehmer) zu übertragen, ein betriebliches Erfordernis für eine betriebsbedingte Kündigung abgeben kann (vgl. nur zuletzt BAG, Urteil v. 17.06.1999 - 2 AZR 522/98 - NZA 1999, 1095 m.w.N.). In der bereits zitierten Grundsatzentscheidung vom 09.05.1996 hatte das Bundesarbeitsgericht weiter anerkannt, dass diese Auslagerung von betrieblichen Tätigkeiten auch im Wege der Weiterbeschäftigung der bisherigen Arbeitnehmer als freie Mitarbeiter erfolgen kann (so auch LAG Köln, Urteil v. 28.06.1996 - 11 (12) Sa 296/96, LAGE § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 40). Die unternehmerische Maßnahme darf sich lediglich nicht darin erschöpfen, die formale Arbeitgeberstellung aufzugeben, im übrigen aber das Direktionsrecht weiter wahrzunehmen (BAG, Urteil v. 26.09.1996 - 2 AZR 200/96 - AP Nr. 80 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung).

b) Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte den Musikschullehrern nicht die Weiterbeschäftigung in einem "verschleierten Arbeitsverhältnis" angeboten hat. Der angebotene "freie Dienstvertrag über einen Lehrauftrag" führt nicht zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses.

aa) Das Arbeitsgericht hat zutreffend die Rechtsprechung zur Arbeitnehmereigenschaft bei Unterrichtstätigkeiten dargestellt. Entscheidend ist, wie intensiv die Lehrkraft in den Unterrichtsbetrieb eingebunden ist und in welchem Umfang sie den Unterrichtsinhalt, die Art und Weise seiner Erteilung, ihre Arbeitszeit und die sonstigen Umstände der Dienstleistung mitgestalten kann (zuletzt BAG, Urteil v. 12.09.1996 und 19.11.1997, AP Nr. 122 und 133 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten). Hierbei kann dahingestellt sein, ob bei der Abgrenzung der typisierenden Betrachtungsweise des 5. Senats oder der eher individualisierenden Betrachtungsweise des 7. Senats zu folgen ist. Festzuhalten ist jedenfalls, dass es sich bei der Tätigkeit eines Musikschullehrers um eine solche handelt, die sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Mitarbeiterverhältnisses geleistet werden kann. Es richtet sich nach den Umständen der Vertragsgestaltung, in welcher Rechtsform die Tätigkeit erbracht wird.Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Widersprechen sich Vereinbarungen und tatsächliche Durchführung, so ist die letztere maßgebend. Wenn die Beklagte in diesem Zusammenhang die Auffassung vertreten hat, auf die praktische Durchführung könne es schon deswegen nicht ankommen, weil die Klägerin das Angebot zur Weiterbeschäftigung als freie Mitarbeiterin nicht angenommen hat, so kann die Kammer dem nicht folgen. Eine so eingeschränkte Betrachtungsweise ergibt sich nicht aus der Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 09.05.1996. Es trifft auch nicht zu, dass das Bundesarbeitsgericht in anderen, den Status von Musikschullehrern betreffenden Entscheidungen auf die praktische Durchführung des Vertrags, insbesondere auf die Art und Weise der Zuteilung der Schüler nicht abgestellt hat. Das Gegenteil ergibt sich aus der Entscheidung vom 24.06.1992 (5 AZR 384/91 - AP Nr. 61 zu § 611 BGB Abhängigkeit), in der es unter II.3. am Ende heisst, die Schulleitung habe die zeitliche Lage der Unterrichtsstunden festgelegt und damit ihr arbeitsvertragliches Weisungsrecht ausgeübt.

bb) Der Beklagten ist aber darin zuzustimmen, dass sich weder aus der Gestaltung des schriftlichen Dienstvertrags noch aus der praktischen Durchführung der Vertragsverhältnisse seit 01.07.1999 Anhaltspunkte für ein "verschleiertes Arbeitsverhältnis" ergeben. Der Mustervertrag enthält unter § 3 zunächst eine Festlegung des öffentlichen Unterrichtsdeputats. Der zeitliche Umfang der Tätigkeit ist entgegen der Auffassung der Klägerin für die rechtliche Einordnung des Vertragsverhältnisses unerheblich. Ebenso wie nebenberuflich beschäftigte Arbeitnehmer sein können, ist die Beschäftigung eines freien Mitarbeiters im Hauptberuf möglich. Entscheidend ist die Einbindung der jeweiligen Lehrkraft in den Unterrichtsbetrieb. Hierbei kommt dem Umstand eine erhebliche Bedeutung zu, ob der Schulträger innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens über die Arbeitsleistung des Lehrers verfügen kann, also die zeitliche Lage der Unterrichtsstunden einseitig bestimmt (BAG, Urteil v. 24.06.1992, a.a.O. unter II.2.b) bb) der Gründe).Nach dem vorgelegten Vertragsmuster unterliegt die zeitliche Lage des Unterrichts gerade nicht dem Direktionsrechts des Schulträgers. Denn in § 3 heisst es ausdrücklich, die zeitliche Lage des Unterrichts werde einvernehmlich festgelegt. Dem Vertrag lässt sich auch nicht entnehmen, dass der jeweiligen Lehrkraft bestimmte Schüler im Wege des Direktionsrechts zugewiesen werden können. Wohl ist der Schulträger verpflichtet, dem Musikschullehrer Schüler anzubieten, um das vereinbarte Unterrichtsdeputat auszufüllen. Lehnt der Musikschullehrer jedoch bestimmte Schüler ab, so hat dies keine Rechtsfolgen. Lediglich dann, wenn durch die Ablehnung eines Schülers das vereinbarte Unterrichtsdeputat nicht erreicht werden sollte, hätte dies für den Musikschullehrer vergütungsrechtliche Folgen. Da nach § 4 des Vertragsmusters nur tatsächlich gehaltene Unterrichtsstunden vergütet werden und ein Fall des Annahmeverzugs nicht vorliegt, würde der Lehrer einen finanziellen Nachteil erleiden.Aus der von der Beklagten geschilderten praktischen Durchführung der Schülerzuteilung ergibt sich keinen abweichende Beurteilung. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, es stehe interessierten Schülern frei, sich eine Lehrkraft auszusuchen. Die Attraktivität der Musikschule durch größere Auswahlmöglichkeiten zu steigern, ist gerade Sinn und Zweck des neuen Konzepts. Die Beklagten hat weiter vorgetragen, die Vereinbarung des Unterrichtstermins erfolge einvernehmlich zwischen Lehrkraft und Schüler. Die Klägerin hat dem lediglich entgegengehalten, an der früheren einseitigen Schülerzuweisung habe sich heute nichts geändert. Dieses Vorbringen ist jedoch so wenig konkret, dass sich die Frage einer Beweiserhebung nicht stellt (§ 138 Abs. 2 ZPO). Von einer einseitigen Schülerzuweisung könnte insbesondere dann gesprochen werden, wenn die Beklagte die Lehrkräfte - wie etwa bei den Rundfunkmoderatoren üblich - einseitig zum Unterricht in Dienstpläne eingeteilt hätte. Dass die Beklagte derartige Dienstpläne aufstellt oder auch nur einzelne Schüler ohne vorherige Rücksprache mit dem Lehrer zuweist, hat die Klägerin nicht behauptet. Sie hat keinen einzigen Fall einer derartigen einseitigen Zuweisung angeführt, der sich nach dem 30.06.1999 ereignet hat.Eine zeitliche Weisungsgebundenheit lässt sich schließlich auch nicht daraus ableiten, dass die Musikschullehrer verpflichtet sind, an Schulkonferenzen und Schülervorspielen teilzunehmen. Denn in seiner Entscheidung vom 07.05.1986 (5 AZR 591/83 - nicht amtlich veröffentlicht) hat das Bundesarbeitsgericht zu Recht die Auffassung vertreten, die gelegentliche Teilnahme an Konferenzen und Vorspielen könne schon wegen ihres geringen zeitlichen Gewichts nicht zu einer ständigen Dienstbereitschaft der Lehrkraft führen. Soweit sonstige Veranstaltungen (z.B Tag der offenen Tür, Sommerkonzerte) anstehen, die die Beklagte nach dem vorgestellten Konzept intensivieren möchte, so gibt das Vertragsmuster für ein einseitiges Weisungsrecht nichts her. Es ist gerade Bestandteil des neuen Konzepts, dass derartige Veranstaltungen nicht als Zusammenhangstätigkeiten abgegolten sind und es folglich einer Vereinbarung zwischen Schulleitung und Lehrkraft bedarf.

cc) Was die Art und Weise der Unterrichtserteilung angeht, so hat das Arbeitsgericht hierin unter Berufung auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine entscheidenden Indizien für einen Arbeitnehmerstatus abgeleitet. Es trifft zwar zu, dass die Lehrkraft nach § 6 des Vertragsmusters den Unterricht an den vom Verband deutscher Musikschulen herausgegebenen Richtlinien und Strukturplänen auszurichten hat. Sie kann jedoch den Unterricht im Rahmen dieser Richtlinien didaktisch und methodisch weitgehend frei gestalten. Die Bindung an Lehrpläne begründet noch keine Weisungsgebundenheit im Sinne des Arbeitsrechts; es handelt sich nur um die genaue Bestimmung der vertraglich geschuldeten Leistung (BAG, Urteil v. 07.05.1986, a.a.O.). Was schließlich den Ort der Arbeitsleistung anlangt, so ist es für Unterrichtstätigkeiten typisch, dass der Schulträger auch für freie Mitarbeiter die Unterrichtsräume zur Verfügung stellt. Gerade wenn wie beim Musikunterricht auch Gruppen unterrichtet werden, wäre jede andere Regelung wenig praktisch (vgl. BAG, Urteil v. 13.11.1991 - 7 AZR 31/91 - AP Nr. 60 zu § 611 Abhängigkeit).

III.

Die Klägerin hat die Kosten ihres ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG iVm § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Ende der Entscheidung

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