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Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 26.06.2008
Aktenzeichen: 19 Sa 58/06
Rechtsgebiete: ZTV DB AG
Vorschriften:
ZTV DB AG § 10 a |
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 16.11.2006 - Az.: 10 Ca 258/06 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand: Die Parteien streiten noch darüber, ob der Kläger über den 30.04.2006 hinaus Anspruch auf die Zahlung einer persönlichen Zulage Leistungslohn (im Folgenden: Zulage ZÜL) nach dem unstreitig auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findenden Zulagentarifvertrag für die Arbeitnehmer der D. AG (im Folgenden: ZTV) hat.
Der 1973 geborene Kläger war ab 1992 bei der D. und mit Wirkung ab 01.09.2000 bei der Beklagten, einer Tochtergesellschaft der D. als Elektriker beschäftigt. Der Kläger war zunächst in Lohngruppe IV LTV und ab 01.01.1994 in Entgeltgruppe E 06, ab 01.10.1999 in Entgeltgruppe E 07 und ab 01.09.2000 in Entgeltgruppe E 08 ETV eingruppiert. Der Kläger erhielt bis zum 31.10.1997 Leistungslohn und, nachdem ab 01.11.1997 der Bestand der seinerzeitigen Leistungslohnempfänger geschlossen wurde, nach § 10 a ZTV die Zulage ZÜL in unstreitiger Höhe von zuletzt EUR 197,65. Mit Schreiben vom 21.11.2003 (Bl. 74 der Vorakte) wurde dem Kläger durch die Beklagte mit Wirkung zum 01.12.2003 die Funktion "Instandhaltung Bahnstromleitungen" übertragen. In dem unter dem 21.11.2003 zwischen den Parteien abgeschlossenen Änderungsvertrag ist vorgesehen, dass der Kläger ab 01.12.2003 in die Entgeltgruppe E 09 Stufe 2 eingruppiert ist. Die Beklagte stellte im Hinblick auf diese Höhergruppierung die Zahlung der Zulage ZÜL mit Wirkung vom 01.02.2006 ein (vgl. Schreiben vom 23.01.2006 Bl. 23 f. der Vorakte).
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe nach wie vor Anspruch auf die Zulage ZÜL und hat beantragt:
1. festzustellen, dass der Kläger auch ab dem 01.07.2006 weiterhin Anspruch auf Zahlung der persönlichen Zulage Leistungslohn - Zulage ZÜL - gemäß § 10 a Zulagentarifvertrag D. AG hat,
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 988,25 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils EUR 197,65 brutto seit dem 01.03.2006, 01.04.2006, 01.05.2006, 01.06.2006 und 01.07.2006 zu bezahlen.
Die Beklagte hat den Zahlungsanspruch für die Monate Februar und März 2006 anerkannt. Darüber hinaus hat sie beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat am 16.11.2006 der Klage, soweit die Forderung anerkannt wurde, stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Im Zusammenhang mit der Änderung der Tätigkeit des Klägers finde § 10 a Abs. 1 Buchstabe e ZTV (2005) i. V. m. § 12 Abs. 1 MTV/Schiene Anwendung. Auch eine einvernehmliche Änderung des Arbeitsplatzes sei dem einseitig durch den Arbeitgeber veranlassten Arbeitsplatzwechsel gem. § 12 MTV gleichzustellen. Der Kläger sei in einen Bereich gewechselt, für den noch nie das Leistungslohnprinzip gegolten habe, so dass der Kläger gem. § 10 Abs. 1 Buchstabe e i. V. m. Abs. 1 Buchstabe a ZTV nur noch Anspruch auf die zeitlich im konkreten Fall auf 28 Monate beschränkte Zulage RP gem. § 10 Abs. 2 Nr. 2 u. 3 ZTV habe. Zur näheren Sachdarstellung wird auf das am 21.11.2006 zugestellte Urteil verwiesen.
Der Kläger hat gegen dieses Urteil am 14.12.2006 Berufung eingelegt und diese am 06.02.2007, innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist, ausgeführt. Er verfolgt sein Klageziel, soweit nicht ausgeurteilt, weiter.
Der Kläger meint weiterhin, anzuwenden sei der ZTV (2005), weil die Beklagte erst 2006 die Zahlung eingestellt habe. Die einvernehmliche Änderung des Arbeitsplatzes könne nicht dem einseitig durch den Arbeitgeber veranlassten Arbeitsplatzwechsel gleichgestellt werden. Dies spreche gegen den eindeutigen Wortlaut des § 12 Abs. 1 MTV/Schiene. Auch sei die neue Tätigkeit des Klägers nach dem alten Lohntarifvertrag im Jahr 1993 als Werkmeistertätigkeit im Leistungslohnverfahren behandelt worden. Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung. Die Übertragung der Funktion "Instandhaltung Bahnstromleitungen" sei als einseitige Direktive zu verstehen. Das Einverständnis des Klägers stehe dem nicht entgegen. Zudem finde der ZTV in der ab 01.08.2002 geltenden Fassung ( im Folgenden: ZTV 2002) Anwendung, der bei Höhergruppierung ohnedies eine Anrechnung vorsehe.
Wegen des Vortrages der Parteien im Einzelnen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe: Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage, soweit kein Anerkenntnis erfolgt ist, im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat weder für die Monate April bis Juni 2006, noch für die Zeit danach Anspruch auf die Zulage ZÜL gem. § 10 a ZTV (2002). Der Kläger wurde zum 01.12.2003 in die höhere Entgeltgruppe E 09 eingruppiert, so dass sich die Zulage ZÜL gem. § 10 a Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 10 Abs. 2 Nr. 4 u. 5 ZTV (2002) um den Unterschiedsbetrag zwischen den Entgeltgruppen E 08 und E 09 ermäßigt, was im konkreten Fall zum vollständigen Wegfall der Zulage ZÜL führt.
1. Anders als der Kläger meint, kommen allerdings nicht die in der Akte befindlichen und vom Arbeitsgericht herangezogenen Tarifregelungen des ZTV in der ab 01.04.2005 geltenden Fassung zur Anwendung, sondern die Regelungen des ZTV in der mit Wirkung ab 01.12.1997 und insbesondere auch ab 01.08.2002 geltenden Fassung ( im Folgenden: ZTV). Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, ob der Kläger den Anspruch auf die Zulage ZÜL verloren hat, ist nicht der Zeitpunkt der Zahlungseinstellung durch die Beklagte, sondern der Zeitpunkt der Höhergruppierung, nämlich der 01.12.2003.
2. Somit sind folgende tarifliche Bestimmungen maßgeblich:
Zulagentarifvertrag für die Arbeitnehmerin/den Arbeitnehmer der D. AG (ZTV) in der ab 01. August 2002 geltenden Fassung.
§ 10 a
Übergangsregelung
(1) 1. Der Arbeitnehmer, der a) am 31. Oktober 1997 unter § 6 Abs. 2, § 14, Anlage 1 Abschn. D, Anhang I § 7 Abs. 11, Anhang III § 5 Abs. 1, Anhang IV § 3 Abs. 1 oder Anhang V LTV fällt
und
b) am 31. Oktober 1997 schon und am 01. November 1997 noch in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht
und
c) in der Zeit vom 01. Januar 1997 bis 30. Juni 1997 mindestens 450 Stunden im Gedinge-, Zeitlohnzulage- und/oder Leistungszulagenverfahren gearbeitet hat oder gearbeitet hätte oder Zulage A/ Zulage RP 1) erhalten hat,
erhält vom 01. November 1997 anstatt Gedingeüberverdienst oder Zeitlohnzulage bzw. Leistungszulage eine persönliche Zulage Leistungslohn - Zulage ZÜL -. ... 2. Die Zulage ZÜL wird wie folgt berechnet: ... 3. Im übrigen findet § 10 Abs. 2 Nr. 5 sowie Abs. 4 sinngemäß Anwendung. ... § 10
Rationalisierungszulagen ... (2) ... 4. Wird der Arbeitnehmer zu Beginn oder während der Entgeltsicherungsfrist in eine höhere Entgeltgruppe eingruppiert, vermindert sich die Zulage RP um den Unterschiedsbetrag zwischen der bisherigen Entgeltgruppe und der neuen Entgeltgruppe, soweit nicht bereits eine Verminderung nach Abs. 1 Nr. 4 erfolgt. 5. Die Zulage RP wird nur in der Höhe gezahlt, soweit sie nicht unter Berücksichtigung von Nr. 4 durch die neue Prämie erreicht wird. ...
16 3. Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass der Kläger die Voraussetzungen des § 10 a Abs. 1 Nr. 1 ZTV zum Stichtag erfüllt hat und deshalb zunächst ab Dezember 1997 Anspruch auf eine Zulage ZÜL hatte. Allerdings ist dieser Anspruch auf die Zulage ZÜL spätestens nach der Eingruppierung des Klägers in die höhere Entgeltgruppe E 09 zum 01.12.2003 weggefallen.
Nach § 10 a Abs.1 Nr. 3 ZTV findet bezüglich der Zulage ZÜL § 10 Abs.2 Nr.5 ZTV sinngemäß Anwendung. Dieser verweist seinerseits auf § 10 Abs. 2 Nr. 4 ZTV, der für die Rationalisierungszulage RP - ebenso wie § 10 Abs. 1 Nr. 4 für die Rationalisierungszulage RT - bei einer Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe eine Verminderung der Zulage um den Unterschiedsbetrag der bisherigen Entgeltgruppe zu der neuen Entgeltgruppe vorsieht. Sinngemäß gilt dies auch für die Zulage ZÜL des Klägers, die sich somit um den Unterschiedsbetrag zwischen den Entgeltgruppen E 08 und E 09 vermindert.
4. Der Unterschiedsbetrag zwischen Entgeltgruppe E 08 und E 09 übersteigt in allen Stufen den Betrag der dem Kläger zustehenden Zulage ZÜL (vgl. die von der Beklagten vorgelegte ab 01.01.2002 gültige Monatsentgelttabelle ABl. 181). Auch der Unterschiedsbetrag zwischen dem dem Kläger ab 01.12.2003 tatsächlich ausgezahlten Monatstabellenentgelt E 09 Entgeltstufe 2 und dem bis 30.11.2003 abgerechneten Monatstabellenentgelt E 08 Entgeltstufe 3 (vgl. die Gehaltsabrechnungen des Klägers für November und Dezember 2003 (ABl.218, 221) übersteigt die Zulage ZÜL, und zwar um EUR 18,63. Der Anspruch des Klägers auf die Zulage ZÜL ist somit weggefallen.
5. Dieses Ergebnis entspricht auch allgemein den von den Tarifvertragsparteien im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der B. getroffenen Regelungen zur Entgeltsicherung. Die Arbeitnehmer sollten durch die Änderungen des tariflichen Vergütungssystems zwar keine unmittelbaren finanziellen Nachteile erleiden. Andererseits sollen aber besitzstandsbezogene Zulagen dauerhaft möglichst abgebaut werden (vgl. dazu etwa BAG 10.08.2000 - 6 AZR 133/99; BAG 16.05.2001 - 10 AZR 492/00 - m.w.N.). In § 10 a findet dieser Grundsatz bereits in der Überschrift Ausdruck, wonach eine " Übergangsregelung" getroffen wird.
6. Auf die vom Arbeitsgericht aufgeworfene Frage einer Anwendung des § 10 a Abs. 5 i. V. m. Abs. 4 (entspricht § 10 a Abs. 1 Buchstabe e i. V. m. Buchstabe a ZTV 2005) kommt es demnach nicht an.
Die Revisionszulassung beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
Ende der Entscheidung
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