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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 30.01.2002
Aktenzeichen: 3 Sa 40/01
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, LPVG, IHKG, LHO, DV 91, DV 87, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 257
ZPO § 258
ZPO § 259
BGB § 611
LPVG § 73 Abs. 1
LPVG § 79 Abs. 1 Nr. 5
IHKG § 4
IHKG § 13
LHO § 7
DV 91 § 11 Abs. 2
DV 87 § 11 Abs. 3
ArbGG § 72 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
3 Sa 40/01

verkündet am 30. Januar 2002

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 3. Kammer - durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Höfle, den ehrenamtlichen Richter Gembus und den ehrenamtlichen Richter Haag auf die mündliche Verhandlung vom 30.01.2002 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 15.05.2002 - 15 Ca 360/01 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen mit der Maßgabe:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab dem 01.12.2000 über den Betrag von DM 552,15 hinaus monatlich weitere DM 626,24, insgesamt also DM 1.178,39, was € 602,50 entspricht, als Versorgungsrente zu bezahlen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin die Änderung eines die "Nettoobergrenze" ihrer Versorgungsanwartschaft bestimmenden Faktors hinnehmen muss.

Die unverheiratete Klägerin, geboren 15.11.40, war seit 01.08.73 bei der Beklagten, einer Körperschaft öffentlichen Rechts, angestellt. Sie trat als Schwerbehinderte (GdB 50 %) zum 01.12.2000 in den Ruhestand. Für Dezember 2000 bezog sie von der BfA als Altersrente für Schwerbehinderte DM 2.929,89 DM 197,72 Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag sowie DM 24,91 Zuschuss zum Pflegeversicherungsbeitrag; monatlicher Zahlbetrag (ABl. 70) mithin DM 3.152,52.

Sie hatte für diesen Monat der B. BKK für Krankenversicherung und Pflegeversicherung zusammen DM 459,62 als Beitrag zu entrichten (ABl. 72).

Die Beklagte zahlte ihr eine Altersrente in Höhe von DM 552,15.

Für die Versorgung ihrer Mitarbeiter war ursprünglich maßgebend eine erstmals im April 1960 von der Mitgliederversammlung beschlossene Versorgungsordnung (VA Bl. 87/89). Demgemäß wurde der Klägerin durch Urkunde vom 01.08.78 bestätigt, ihr stehe eine entsprechende Anwartschaft zu (VA Bl. 86).

Im Jahr 1987 wurde eine Versorgungsordnung in Form der Dienstvereinbarung (künftig: DV 87, VA Bl. 7/16) geschaffen. Durch sie wurde - hier von Interesse - die bisherige Versorgungsobergrenze von 80 % des letzten Bruttoverdienstes in zweifacher Weise verändert:

Nunmehr darf die Gesamtversorgung weder 75 % der letzten Brutto-Monatsvergütung, noch 90 % der entsprechenden Netto-Vergütung übersteigen (§ 11 DV 87). Der Nettobetrag wird "fiktiv ... errechnet durch Abzug der Lohnsteuer (ohne Kirchenlohnsteuer) nach Steuerklasse III/0 und ... ." (§ 11 Abs. [3] DV 87). Die Dienstvereinbarung vom 17.12.91 (künftig: DV 91) ließ diese Regelung unberührt (das Merkmal "Anzusetzende Brutto-Monatsvergütung" wurde durch "Versorgungsfähiges Entgelt" ersetzt).

Durch die Dienstvereinbarung vom 10.12.99 (künftig: DV 99, VA Bl. 27/31) wurde diese Regelung dahin verändert: Für die verheirateten und nicht dauernd getrennt lebenden Mitarbeiter ist die Lohnsteuerklasse III/0, für alle anderen ist die Lohnsteuerklasse 1/0 für die fiktive Ermittlung des Nettobetrages zu Grunde zu legen (§ 11 Abs. 2 DV 99).

In Anwendung dieser Vorschrift hat die Beklagte das monatliche Ruhegeld von 552,15 DM (VA Bl. 34/35) gegenüber dem bisherigen Rechtszustand mit 1.178,39 DM (VA Bl. 32/33) errechnet. Ihr Angebot, im Wege der Beseitigung einer besonderen Härte als Rente DM 835,40 zu bezahlen, hat die Klägerin abgelehnt.

Mit der am 11.01.01 eingereichten Klage hat sie die Ansicht vertreten, die DV 99 habe ihre Anwartschaft nicht mehr zu beeinträchtigen vermocht.

Die Klägerin hat beantragt:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte an die Klägerin eine monatliche Zusatzversorgung - beginnend mit dem 01.02.2000 - in Höhe von DM 1.178,39 zu bezahlen hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ihre gegenteilige Rechtsauffassung im Wesentlichen mit dem Gesichtspunkt der Vermeidung einer planwidrigen Überversorgung begründet.

Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen, denn es liege eine versprochene Überversorgung vor. Außerdem sei "in eklatanter Weise" gegen den Gleichheitssatz verstoßen, denn die Klägerin werde ohne Sachgrund schlechter als Mitarbeiter in den Steuerklassen IV und V behandelt.

Mit der Berufung erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Sie hält die Annahme des Arbeitsgerichts, es liege eine versprochene Überversorgung vor, für unzutreffend. Ihr Wille sei vielmehr stets darauf gerichtet gewesen, eine solche - hier in Form der Besserstellung der Versorgungsempfänger gegenüber den "aktiven" Mitarbeitern - zu vermeiden. Ein etwaiger Gleichheitsverstoß führe nicht zur "Wiederherstellung" des früheren Rechtszustandes.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart - Az. 15 Ca 360/01 vom 17.05.2001 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe einer Zahlungsverpflichtung in Höhe von € 602,50.

Sie verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts und meint, von einer Überversorgung könne - schon - aus tatsächlichen Gründen nicht gesprochen werden (vgl. i. E. das Zahlenwerk auf S. 2/3 d. Berufungsbeantwortungsschrift, ABl. 60/61).

Ergänzend wird auf die von den Parteien im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze, deren Inhalt mündlich vorgetragen ist, die zu den Akten gegebenen Unterlagen, sie bildeten den Gegenstand der mündlichen Verhandlung, und die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, insbesondere durch formgerechtes Telefax rechtzeitig eingelegt und in der verlängerten Frist ausgeführt. Sie hat keinen Erfolg.

A Sachentscheidungshindernisse bestehen nicht.

1. Das gilt für die gewählte Klageart schon deshalb, weil die Bestimmungen der §§ 257 - 259 ZPO eine Erweiterung des Rechtsschutzinstrumentariums begründen. Deshalb hat der Gläubiger nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Wahl, ob er im Wege der Feststellungs- oder der Klage auf künftige Leistung verfahren will, und ist nicht gehalten, sich wegen im Zeitraum der Klagerhebung vorhandener Rückstände der Zahlungsklage zu bedienen.

2. Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht allerdings lediglich wegen des - bisher - DM 552,15 übersteigenden Betrages. So ist der Antrag entsprechend dem verfolgten Rechtsschutzziel auszulegen.

B Die Klage ist begründet.

I

1. Der Anspruch rechtfertigt sich dem Grunde nach aus § 611 BGB i. V. mit der DV 91. Die dortige Regelung in § 11 Abs. 2 über die "Berechnung" des Netto-Betrages betrifft - bereits - den Anspruchsgrund und nicht lediglich die (konkrete) Höhe, in diesem Sinn den Inhalt des Anspruchs. Das findet seine Bestätigung aus verfahrensrechtlicher Sicht. Denn dieses Tatbestandselement würde durch ein den Grund des Anspruchs betreffendes Urteil festgeschrieben.

In kompetenzieller Hinsicht bestehen keine Bedenken. Die Regelungsbefugnis der Parteien der Dienstvereinbarung ergibt sich als solche nach der Rechtsprechung des BAG aus §§ 73 Abs. 1, 79 Abs. 1 Nr. 5 Landespersonalvertretungsgesetz (LPVG). Der zu Gunsten der Tarifvertragsparteien bestehende Regelungsvorbehalt (§ 79 Abs. 1 S. 1 HS 2 LBVG) greift nicht ein. Die Beklagte gehört nicht dem Kommunalen Arbeitgeberverband Baden-Württemberg als Mitglied an, weshalb die tarifliche Versorgungsregelung im öffentlichen Dienst nicht gilt.

Die Entscheidung hängt deshalb - zunächst - weiter davon ab, ob diese Bestimmung durch die formgerechte DV 99 wirksam abgeändert wurde. Das ist nicht der Fall.

2. Das Verhältnis dieser beiden ranggleichen Regeln zueinander wird zwar von der Zeitkollisionsregel bestimmt, doch greift sie nur ein, soweit die DV 99 als solche rechtswirksam ist. Das ist der Fall, wenn sie ihre Außengrenzen und die Binnenschranken wahrt. Dabei ist - hier von Bedeutung - in Bezug auf das Ob und die Intensität des Eingriffs in das Anwartschaftsrecht das in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelte sogenannte "Drei-Stufen-Modell" zu Grunde zu legen.

3. Versorgungsregelungen regeln Dauerrechtsbeziehungen. Sie müssen deshalb der Anpassung an veränderte Umstände zugänglich sein.

a) Die Beklagte zeigt nicht auf, welche im Zeitpunkt des Abschlusses der BV 91 vorhandenen oder als eintretend erwarteten für die Regelung relevanten Umstände sich (eine Anpassung gebietend) geändert haben. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die sich daraus ergebende finanzielle Versorgungslast, und zwar auch im Lichte des Gebotes einer sparsamen Haushaltsführung. Zum ersten Punkt fehlt es bereits an einem substanziellen Sachvortrag. Es ist nicht aufgezeigt, ob und ggf. wie sich der Umfang der Versorgungslast verändert habe. Zu Gunsten der Beklagten wird umstandslos unterstellt, den Grundsätzen öffentlichen Haushaltsrechts, vorliegend zunächst § 4 IHKG i. V. mit § 7 LHO, komme in diesem Zusammenhang im Hinblick auf das Gebot der Sparsamkeit Bedeutung zu. Deshalb muss insbesondere nicht erörtert werden, inwiefern die Beklagte funktional noch der (mittelbaren) Staatsverwaltung zuzuordnen ist, ob der Art und Weise ihrer Finanzierung (§ 13 IHKG) Bedeutung zuzumessen ist, das Haushaltsrecht insoweit Binnennormen enthält und oberster Grundsatz nicht der der Sparsamkeit, sondern der der Wirtschaftlichkeit im Sinne von Effizienz ist und die Stellung der Beklagten am Arbeitsmarkt von der bei ihr bestehenden Versorgungsregelung mitbestimmt wird. Denn, abgesehen davon, dass ihre Haushalte ersichtlich von der Aufsicht nicht beanstandet wurden, die eine Gesamt-Höchstversorgung von 75 % der letzten Brutto- und 90 % der letzten Netto-Bezüge vorsehende Versorgungsregelung geht im Sinne der von der Beklagten selbst angezogenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht "über das im öffentl. Dienst üblicherweise erreichbare Niveau weit hinaus."

Zwar trifft die Annahme der Berufung zu, dem Gericht komme vorliegend lediglich eine Kassations-, nicht aber eine Gestaltungsbefugnis zu. Indessen kommt bei der hier aufgegebenen Entscheidung, mag sie als Billigkeits- oder (reine) Rechtskontrolle bezeichnet werden, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Bedeutung eines Prüfungsmaßstabs zu. Auf der Grundlage des Sachvortrags der Beklagten lassen sich - jedenfalls - die Merkmale der Geeignetheit und der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn als erfüllt nicht feststellen.

b) Anpassungsbedarf kann sich auch zur Vermeidung oder Beseitigung einer andernfalls eintretenden Zweckverfehlung ergeben. Die Beklagte nimmt an, es liege im Bezug auf die Klägerin eine sogenannte relative Überversorgung vor, die planwidrig sei. Das trifft nicht zu. Dieser Punkt ist im Wege der Auslegung der Dienstvereinbarung zu entscheiden. Das hat im Bezug auf die Bestimmungen, denen Normwirkung zukommt, nach den Regeln der Gesetzesauslegung zu geschehen. Auslegungsgegenstand ist mithin nicht das gesamte Verhalten der Vertragsschließenden, sondern nach Maßgabe der vom Bundesarbeitsgericht zur Tarifauslegung entwickelten Grundsätze die Regelung als solche. Danach ist zunächst vom Wortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Wortlaut ist der wirkliche Wille der Dienstvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den als Normen wirkenden Regelungen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Vertragschließenden liefert und nur so Sinn und Zweck der Norm zutreffend ermittelt werden können.

Auf den (Rechtsbindungs-)Willen (allein) der Beklagten kommt es außerhalb des (denkbaren) Rechts zur Anfechtung in gegenwärtigem Zusammenhang ohnedies nicht an.

Hieran gemessen enthält die DV 91 zwei einheitliche (typisierende) Grenzen:

Zum einen wird der Versorgungsgrad auf höchstens 75 % der letzten Brutto-Bezüge beschränkt. Zusätzlich wird die Versorgungsleistung auf höchstens 90 % der letzten Netto-Bezüge begrenzt. Durch diese beiden Grenzlinien ist eine Überversorgung (an sich) ausgeschlossen. Insbesondere ist damit der Gefahr begegnet, als Folge steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Regelungen erlange der im Ruhestand befindliche einen höheren zu seiner freien Verfügung stehenden "Netto"-Betrag als der aktive Mitarbeiter der Beklagten.

Die "Überversorgung" ist die Folge der Regelung über die Ermittlung der Netto-Bezüge. Nach § 11 Abs. 2 DV 91, wie auch schon § 11 Abs. 3 DV 87, wird für die steuerliche Behandlung Lohnsteuerklasse III/0 zu Grunde gelegt. Das ist ersichtlich - und auch nach dem Vortrag der Beklagten - bewusst so bestimmt worden. Diese Vorschrift dient nicht lediglich der Vereinfachung des Rechenwerks und damit einer Rationalisierung des Geschäftsganges, welchem Punkt angesichts der bereits 1991 mit Sicherheit vorhandenen Möglichkeiten der EDV einerseits, der aus anderen Gründen (z. B. Freibetrag) gleichwohl erforderlichen Rechenoperationen andererseits allerdings lediglich die Bedeutung eines Begleit- und Hilfszieles zukommt. Entscheidend ist vielmehr die strukturelle Bedeutung der Regelung. In ihr kommt der Wille der Parteien der Dienstvereinbarung zu einheitlicher und gleichmäßiger Behandlung aller Mitarbeiter zum Ausdruck. Die Brutto-Obergrenze ist für alle Regelungsunterworfenen einheitlich und gleichmäßig auf 75 % des letzten - es soll verkürzend so bezeichnet sein - (Brutto-)Monatsgehaltes festgelegt. Wenn die Parteien der Dienstvereinbarung in - wie nach der Lebenserfahrung unbedenklich anzunehmen ist - Kenntnis der in gegenwärtigem Zusammenhang relevanten steuerlichen Gestaltungen (u. a. Steuerklasse, Kinder- und sonstige Freibeträge) für alle Berechtigten die günstige Steuerklasse III (und die Annahme, regelmäßig sei bei Eintritt des Versorgungsfalles die Voraussetzung für einen Kinderfreibetrag nicht - mehr - gegeben) zu Grunde legen, kommt darin die Zielsetzung zum Ausdruck, alle Mitarbeiter auch in diesem Punkt einheitlich und gleich zu behandeln. Die Parteien der Dienstvereinbarung haben nicht auf das jeweilige, konkrete Steuerrechtsverhältnis abgestellt, sondern über eine vereinfachende Typisierung hinausgehend gleichsam einen bestimmten steuerrechtlichen Status fingiert. Die sich daraus ergebenden, u. U. beträchtlichen "Unebenheiten" wurden mit Rücksicht auf das zum Ausdruck gelangte Gleichheitsverständnis - bildhaft gewendet - ausgeblendet. Darauf, ob diese "Unebenheiten" einzelnen Personen bei der Beklagten, insbesondere den benannten Zeuginnen Kahle und Novak erst später, etwa 1999, aufgefallen sind, kommt es jenseits der maßgebenden objektiven Auslegung der Vorschrift nicht an.

Die entscheidende Rechtsfrage geht vorliegend mithin dahin, ob die Parteien der Dienstvereinbarungen befugt waren, in Abweichung davon nachträglich Gruppen zu bilden. Das stellt keine Anpassung an veränderte Umstände, insbesondere im Hinblick auf Auswirkungen der Steuergesetzgebung dar. Weitergehend wird damit auch keiner Zweckverfehlung gesteuert, sondern - in der Formulierung des Bundesarbeitsgerichts - eine (ihrem Wesen nach subjektiv determinierte, interessenbestimmte) andere Gerechtigkeitsvorstellung normiert. Die gezielt gesetzte Strukturform soll durch eine andere ersetzt werden. Folgt man der Beklagten in diesem Punkt und hält die Parteien der Dienstvereinbarung für befugt, die bewusst geschaffene Differenzierung zwischen dem wirklichen und dem für die Bemessung der Versorgungsleistung maßgebenden lohnsteuerrechtlichen Status zu beseitigen, womit an den Versorgungszweck angeknüpft würde, der sich an dem durch den Netto-Verdienst bestimmten Lebensstandard ausrichtet, kann die Regelung doch gleichwohl keinen Bestand haben. Sie ist ungeeignet, denn sie belässt es - u. a. - für die Mitarbeiter in den Lohnsteuerklassen IV und V bei der diese (ergebnis-)begünstigenden Fiktion der Steuerklasse III/0. Im Lichte dieses Legitimationsgrundes ist die Vorschrift in sich (wertungs-)widersprüchlich.

Ob man darin (auch) einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zu sehen hätte, mag offen bleiben. Jedenfalls trägt die dagegen gerichtete Erwägung der Berufung nicht. Denn aus der Sicht der Rechtskontrolle ist zu fragen, ob es für diese Gruppenbildung, der den Mitgliedern der Gruppe, der die Klägerin angehört, den auf der Fiktion beruhenden Vorteil entzieht, einen Sachgrund gibt. Einen solchen vermag die Beklagte, insbesondere auch im Lichte des Regelungszieles, nicht aufzuzeigen.

II In Bezug auf die rechnerischen Grenzen ergibt sich hiernach Folgendes:

1.

a) Die Brutto-Obergrenze ist gewahrt. Maßgebender Bezug sind 7.025,80 DM (vgl. Lohnabrechnung ABl. 69), denn die vermögenswirksamen Leistungen haben (§ 6 [1] DV 91) außer Betracht zu bleiben.

hieraus 75 % sind 5.269,35 DM abzügl. Rente aus gesetzl. Rentenversciherung 2.929,89 DM

Höchstbetrag sonach: 2.339,46 DM

b) Die Netto-Obergrenze ist ebenfalls gewahrt.

Brutto-Entgelt = 7.025,80 DM abzügl. Lohnsteuer nach III/0, Rentenversicherung, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Pflegeversicherung (vgl. i. E. VA Bl. 33) mit zusammen 2.461,04 DM ergibt fiktives Netto von 4.564,76 DM hiervon 90 % (vgl. VA Bl. 33) = 4.108,28 DM hiervon ab Sozialversicherungsrente mit 2.929,89 DM verbleiben 1.178,39 DM.

2. Demgegenüber steht unter Herausrechnung des in der Lohnsteuerkarte eingetragenen Freibetrags von monatlich 311,00 DM (ABl. 69), jedoch unter Hinzurechnung der vermögenswirksamen Leistungen mit DM 78,00 ein effektiver Netto-Verdienst von 3.656,64 DM.

Es liegt also eine (Netto-)Überversorgung von rd. 12,5 % vor.

III Aus dem Vorgesagten folgt, dass nicht eine (ungeschriebene) normimmanente Obergrenze von 100 % der letzten ("tatsächlichen") Netto-Bezüge angenommen werden kann. Gleichfalls kann, zumal die DV 91 in diesem Punkt gleichsam die Bestätigung der DV 87 darstellt, nicht von einem den Regelungszweck überschreitenden Normwortlaut ausgegangen werden, was eine entsprechende Reduzierung geboten haben würde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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