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Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 15.02.2007
Aktenzeichen: 3 Sa 46/06
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, BBiG, TVG
Vorschriften:
BGB § 307 |
Tenor:
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 30. Juni 2006 - 23 Ca 1692/06 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
3. Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.
Streitwert im zweiten Rechtszug: 23.921,85 EUR
Tatbestand:
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der Vergütung, die sie dem Beklagten aufgrund eines als Volontariat bezeichneten Vertragsverhältnisses an den Beklagten für die Zeit seines Studiums an einer Fachhochschule aufgewendet hat.
Wegen des zugrunde liegenden Sachverhalts wird auf den unstreitigen Teil des Tatbestands des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Dieser lautet insoweit wie folgt:
Der Beklagte hat bei der Klägerin im Sommer 2000 eine Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten begonnen. Bereits im Mai 2001 veröffentlichte die Klägerin in einer Mitarbeiterinformation ein Qualifizierungskonzept für verschiedene interne und externe Qualifizierungsmaßnahmen und Weiterbildungsprogramme. Eine der angesprochenen Möglichkeiten war auch der Vollzeitstudiengang Gesundheitsökonomie an der Fachhochschule Ludwigshafen. In dem genannten Qualifizierungskonzept waren Rahmenbedingungen für die Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen sowie finanzielle Rahmenbedingungen hinsichtlich Beteiligung an den Kosten der Maßnahme und Bindungsdauer angesprochen (im Einzelnen hierzu A.BI. 58 bis 64). Noch während der Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten und parallel hierzu nahm der Beklagte ab 01.10.2001 den Vollzeitstudiengang "Gesundheitsökonomie im Praxisverbund" an der Fachhochschule in Ludwigshafen auf. Am 04.09.2001 hatte der Beklagte mit der Mitarbeiterin der Klägerin Sandra XX diesbezüglich ein Gespräch, dessen Inhalt Frau Schweizer in einer Aktennotiz (A.Bl. 66) festhielt. Im Juli 2003 schloss der Beklagte seine Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten erfolgreich ab, setzte allerdings das Studium an der Fachhochschule in Ludwigshafen fort. Am 28.07.2003 schlossen die Parteien einen Volontariatsvertrag mit dazugehöriger Nebenabrede (A.Bl. 8 bis 14). Hierin war u. a. geregelt, dass das Volontariat im Anschluss an die Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten am 16.07.2003 beginnen und mit der Diplomabschlussprüfung des Studiengangs enden solle, der Beklagte für die Studienzeit ab 01.10.2003 bis zum Ende des Studiums eine monatliche Vergütung in Höhe der Vergütung für das dritte Ausbildungsjahr gezahlt erhalte, sowie sonstige finanzielle Leistungen nach Maßgabe der entsprechenden Bestimmungen der Tarifverträge, der Beklagte für die Unterbringung in Ludwigshafen einen monatlichen Mietzuschuss in Höhe von 190,00 EUR brutto erhalte, die Gesamtkosten, die der Klägerin hierdurch entstünden, mindestens 27.328,58 EUR betrügen und diese Kosten dem Beklagten als zinsloses Darlehen zur Verfügung gestellt würden, das sich in 60 gleichen Monatsraten durch eine Anschlusstätigkeit des Beklagten bei der Klägerin nach erfolgreichem Abschluss des Studiums abbaue, sowie der Beklagte im Falle einer Kündigung vor Ablauf von 60 Monaten nach er-folgreichem Abschluss des Studiums sich zur sofortigen Rückzahlung des vollen noch ausstehenden Restschuldbetrages verpflichte.
Am 25.05.2005 schloss der Beklagte mit Abgabe der Diplomarbeit das Studium an der Fachhochschule Ludwigshafen erfolgreich ab. Mit einem Schreiben vom 06.04.2005 bot die Klägerin dem Beklagten den Abschluss eines Arbeitsvertrags mit einer monatlichen Anfangsvergütung von 2.452,53 EUR an. Die angebotene Vergütung war eine solche nach Entgeltgruppe 5 Stufe 2 des Tarifvertrags. Diese Vergütung ist eine Vergütung eines Sozialversicherungsfachangestellten nach Beendigung seiner Ausbildung. Der Beklagte lehnte das Angebot ab. Auch in der Folgezeit kam kein Arbeitsvertrag zwischen den Parteien zustande, der Beklagte hat eine anderweitige Tätigkeit aufgenommen. Die Klägerin verlangt nunmehr Kosten in Höhe von 23.921,85 EUR zurück, insgesamt Leistungen für einen Zeitraum von 16 Monaten. Vergütungen, die der Beklagte bei der Klägerin während seiner Praxiszeiten und Praxissemester erhalten hat, sollen hiervon nicht umfasst sein (es wird auf die Aufstellungen im Einzelnen A.BI. 5 und 6 Bezug genommen).
Die fragliche Rückzahlungsvereinbarung, die die Parteien am 28. Juli 2003 als Nebenabrede zum Volontariatsvertrag geschlossen haben, hat folgenden Wortlaut:
1. Der ... (Klägerin) entstehen durch den Ihnen gebotenen Studiengang zum "Diplom-Gesundheitsökonom FH" an der Fachhochschule Ludwigshafen am Rhein nach der geltenden Studienordnung erhebliche zusätzliche Kosten, Die Höhe dieser Kosten beläuft sich in Ihrem Fall nach heutigem Stand auf mindestens 27 328,58 EUR. Eine Aufstellung der Kosten ist als Anlage beigefügt.
2. Es wird vereinbart, dass diese Kosten, aufgrund der mit dem Studiengang verbundenen erheblichen Verbesserungen Ihrer Arbeitsmarktchancen, Ihnen als zinsloses Darlehen von der ... (Klägerin) zur Verfügung gestellt werden.
Dieses Darlehen baut sich in 60 gleichen Monatsraten von 455,48 EUR durch Ihre Tätigkeit bei der ... (Klägerin) nach erfolgreichem Abschluss des Studiums ab. Bei Unterbrechungen Ihrer Berufstätigkeit (Erziehungsurlaub, Urlaub ohne Bezüge u. ä,) ruht der Abbau der Restschuld. Er wird mit Wiederaufnahme der konkreten Berufstätigkeit wieder in Gang gesetzt.
3. Kündigen Sie vor Ablauf von 60 Monaten nach erfolgreichem Abschluss des Studiums oder wird eine Kündigung aus einem von Ihnen zu vertretenden wichtigen Grund von der ... (Klägerin) ausgesprochen, so verpflichten Sie sich zur sofortigen Rückzahlung der vollen noch ausstehenden Restschuld.
4. Im Falle Ihres Ausscheidens während des Studiums gilt die Rückzahlungspflicht für die bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens entstandenen anteiligen, durch das Studium verursachten, Kosten.
5. Für den Fall der Kündigung durch die ... (Klägerin), mit Ausnahme der Kündigung aus einem von Ihnen zu vertretenden wichtigen Grund (siehe 3.), erlischt die Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens.
6. Beenden Sie das Studium vor Ablauf der Studiendauer ohne einen wichtigen Grund, gilt die Rückzahlungspflicht für die bis zum Zeitpunkt der Beendigung entstandenen anteiligen, durch das Studium verursachten, Kosten.
7. Die Rückzahlungspflicht gilt auch, wenn das Studium endgültig nicht erfolgreich beendet wird.
Herr ... (der Beklagte) wurde ausführlich über die Bedeutung dieser Nebenabrede belehrt.
Stuttgart, den 28.07.2003
...
Mit der Klage hat die Klägerin die Erstattung dieser Kosten vom Beklagten verlangt, weil die Rückzahlungsvereinbarung nach ihrer Auffassung den rechtlichen Anforderungen genüge. Sie hat insbesondere vorgetragen, der Beklagte sei bereits vor Aufnahme des Studiums im Jahr 2001 in allgemeiner Form über die Qualifizierungsmöglichkeiten und damit verbundenen Regelungen informiert gewesen. Nach Beendigung der Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten sei er frei gewesen, den Volontariatsvertrag abzuschließen oder nicht, um das Studium fortzusetzen. In den Zeiten, in denen er seine studienbedingten Praktika abgeleistet habe und für die eine Rückzahlung der erhaltenden Vergütung nicht verlangt werde, sei er im Übrigen nur in sehr begrenztem Umfang beschäftigt gewesen, was seinem eigenen Wunsch im Hinblick auf ein erfolgreiches Studium entsprochen habe. Der nach erfolgreichem Abschluss des Studiums angebotene Arbeitsplatz sei angemessen gewesen, da der Beklagte über keinerlei Berufserfahrung verfügt habe. Auch dem Beklagten sei aber klar gewesen, dass eine Steigerung nicht nur möglich, sondern auch beabsichtigt gewesen sei.
Die Klägerin hat folgenden Antrag gestellt:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 23.921,85 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, der abgeschlossene Volontariatsvertrag nebst dazugehöriger Nebenabrede sei sittenwidrig bzw. unwirksam. Der Beklagte sei durch diese Vereinbarungen unangemessen benachteiligt worden. Als junger und unerfahrener Mensch habe er unter einem unangemessenen Druck gestanden, den Vertrag abzuschließen, da er sonst das bereits begonnene Studium hätte abbrechen müssen. Es handle sich darüber hinaus auch um eine Fortsetzung der Ausbildung, da das entsprechende Ausbildungsgehalt weiterbezahlt worden sei und dies auch mündlich so besprochen gewesen sei. Die 5-Jahres-Bindung stehe in einem Missverhältnis zur Leistung der Klägerin. Der Beklagte habe darüber hinaus zu keiner Zeit sicher sein können, bei der Klägerin weiterbeschäftigt zu werden, geschweige denn sei geregelt gewesen, zu welchen Bedingungen er weiterbeschäftigt werde. Der angebotene Arbeitsvertrag sei minderwertig gewesen, nachdem er lediglich eine Vergütung entsprechend der Tätigkeit eines Sozialversicherungsfachangestellten beinhaltet habe, nicht aber eine Vergütung, wie sie nach dem entsprechenden Studienabschluss zu erwarten gewesen wäre. Bereits ab Dezember 2004 habe der Beklagte sich im Übrigen wegen Arbeitsvertragsangeboten erkundigt, jedoch keine Antwort erhalten. Vorsorglich sei darauf hinzuweisen, dass der Beklagte im Zeitraum 01. Februar bis 30. September 2004 nur zwei Monate studienbedingt abwesend gewesen sei und auch im Februar 2005 noch voll für die Klägerin gearbeitet habe. Anrechenbare Studienzeiten seien somit nur 12,5 Monate.
Das Arbeitsgericht hat im angefochtenen Urteil der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter und rügt im Wesentlichen, das Arbeitsgericht habe sein erstinstanzliches Vorbringen nicht berücksichtigt, wonach die Initiative für die Aufnahme des Studiums neun Monate nach Beginn des damaligen Ausbildungsverhältnisses von der Klägerin ausgegangen sei. Zu diesem Zeitpunkt seien die Bedingungen einer möglichen Kostentragung völlig unklar gewesen. Das Arbeitsgericht habe auch nicht zutreffend das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung in Bezug auf die Kostenvereinbarung beurteilt. In der studienfreien Zeit habe er eine vollwertige Tätigkeit als Sozialversicherungsfachangestellter erbracht und sei keineswegs nur zur Ausbildung beschäftigt worden. Insoweit habe die Klägerin während dieser Zeit monatlich statt rund 2.500,00 EUR nur 1.000,00 EUR an Gehaltsaufwendungen gehabt. Der sich so errechnende Betrag halte sich mit der von der Klägerin gewährten Vergütung für zwölf Monate, in denen der Beklagte studiert oder Praxiszeiten gehabt oder seine Diplomarbeit geschrieben und nicht für die Klägerin gearbeitet habe, die Waage. Fehlerhafterweise habe das Arbeitsgericht auf der Basis einer reinen Studiendauer von 16 Monaten eine Bindungsdauer von fünf Jahren für rechtmäßig erachtet. Wäre es zutreffend von 12 Monaten ausgegangen, hätte es zu einem anderen Ergebnis kommen müssen.
Demgegenüber verteidigt die Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts und bittet um die Zurückweisung der Berufung. Sie tritt dem Vorbringen des Beklagten im Einzelnen entgegen. Die Ausführungen der Klägerin zu den Zeiten, in denen der Beklagte mit seinem Studium befasst gewesen sei und keine Dienstleistungen erbracht habe, seien zutreffend. Bei der Frage der Bindungsdauer müsse auch berücksichtigt werden, dass der Kläger sein Studium bereits während seines dem Volontariat vorausgegangenen Berufsausbildungsverhältnisses mit der Klägerin begonnen und bezahlt bekommen habe. Es sei auch klar gewesen, dass das zum Ende des Volontärverhältnisses abgegebene konkrete Vertragsangebot die weitere berufliche Entwicklung des Beklagten beinhaltet habe. Der Beklagte habe stets davon ausgehen dürfen, dass er von der Klägerin in ein Arbeitsverhältnis übernommen wird.
Die Parteien sind durch Verfügung vom 09. Februar 2007 darauf hingewiesen worden, dass die Frage, ob die Klägerin bei Abschluss des Volontärvertrags einschließlich der Nebenabrede über die Kostenerstattung hätte ein konkretes bindendes Vertragsangebot für die Zeit nach Beendigung des Studiums hätte abgeben müssen, unter dem Gesichtpunkt des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB von Bedeutung sein könnte.
Wegen des Vortrags der Parteien in seinen Einzelheiten wird auf den Inhalt ihrer gewechselten Schriftsätze sowie des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die an sich statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Beklagten ist auch in der Sache gerechtfertigt. Die zulässige und nach § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG in Verbindung mit §§ 10 Abs. 2, 26 BBiG zu Recht vor die Gerichte für Arbeitssachen gebrachte Klage (ein Darlehensrückzahlungsanspruch nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB steht jedenfalls in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Ausbildungsverhältnis; ob dies die richtige Anspruchsgrundlage ist oder nicht vielmehr allein die Rückzahlungsvereinbarung, mag zweifelhaft sein - vgl. hierzu BAG, Urteil vom 11. April 1990 - 3 AZR 308/89 - AP Nr. 14 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe), ist nach diesseitiger Auffassung unbegründet. Der Entscheidung des Arbeitsgerichts wird somit nicht gefolgt.
1. Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob die Rückzahlungsvereinbarung schon unter dem Gesichtspunkt der §§ 26, 12 Abs. 1 Satz 1, 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG in der seit 01. April 2005 geltenden Fassung, die sich insoweit aber mit §§ 19, 5 Abs. 1 Satz 1 (Satz 2 Nr. 2 ist nicht mehr von der gesetzlichen Neufassung übernommen worden), 10 Abs. 1 Satz 1 BBiG a.F. deckt, unwirksam ist. Maßgeblich sind zwar mangels Übergangsregelung die Vorschriften, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses galten. Da sie sich aber, soweit hier von Interesse, inhaltlich nicht unterscheiden, kann dies letztlich dahingestellt bleiben.
Die Parteien haben jedenfalls nach der von ihnen gewählten Bezeichnung des Vertragstyps ein Volontariatsverhältnis (und damit kein Arbeitsverhältnis) vereinbart. Der Inhalt des Vertragsverhältnisses aber entspricht nicht einem Volontariatsvertrag im üblichen Sinn (vgl. hierzu ErfK-Schlachter, § 26 BBiG Rdnr. 2). Wenn es sich jedoch tatsächlich um ein solches Verhältnis handelte, fänden die in § 19 a.F. und § 26 n.F. BBiG bezeichneten Vorschriften Anwendung. Gegenstand des Vertrags ist aber auch die dem Beklagten gewährte Möglichkeit, auf Kosten der Klägerin eine Fachhochschulausbildung zu erwerben, die seine bereits erlangte berufliche Qualifikation als Sozialversicherungsfachangestellter übersteigt und ihm wesentlich vielfältigere und höherwertige Berufschancen und Entwicklungsmöglichkeiten bietet. Indes finden für eine Fachhochschulausbildung die Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG n.F. keine Anwendung. Sind die Bestimmungen des Berufungsbildungsgesetzes anwendbar, handelte es sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei einer solchen Bindungsregelung über die Ausbildungszeit hinaus nicht um eine unzulässige Verpflichtung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BBiG a.F. (§ 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG n.F. - vgl. BAG, Urteil vom 25. April 2001 - 5 AZR 509/99 - AP Nr. 8 zu § 5 BBiG). Dem ist beizutreten. Vorliegend sind aber Gegenstand der Rückzahlungsvereinbarung nicht bloße Sachkosten für das Studium, sondern Vergütungen, die im Rahmen des vereinbarten Ausbildungsverhältnisses bezahlt wurden. Hier könnte fraglich sein, ob das als einheitliches Schuldverhältnis abgeschlossene Vertragsverhältnis durch Auslegung aufgespaltet werden könnte in den Bereich, in dem der Beklagte bei der Klägerin praktische Arbeitsleistungen erbrachte - für diesen Teilzeitraum fordert die Klägerin die Vergütung nicht zurück -, und in den Zeitraum, in dem der Beklagte an Bildungsveranstaltungen der Fachhochschule teilnahm und für den die Klägerin die von ihr gewährten Entgeltleistungen zurückverlangt. Handelt es sich um ein Ausbildungsverhältnis im Sinne des § 26 BBiG n.F., unterläge die Rückzahlungsvereinbarung schon aus diesem Grunde Bedenken. Dagegen aber, dass auch materiell ein Ausbildungsvertrag geschlossen worden ist, spricht jedoch, dass aus dem Vortrag der Parteien nicht ersichtlich wird, dass für die Zeit der praktischen Tätigkeit des Beklagten außerhalb des studienplanbedingten Praxissemesters bei der Klägerin ein Ausbildungsplan vorgelegen hätte.
2. Auf all dies kommt es aber nicht mehr an, weil die Rückzahlungsvereinbarung schon deshalb für unwirksam zu erachten ist, weil der Beklagte nicht bereits bei Vertragsschluss ermessen konnte, was für ein Einstellungsangebot ihm die Klägerin im Falle des erfolgreichen Abschlusses des Studiums unterbreitet oder unterbreiten wird. Dies hat er bereits schon im ersten Rechtszug zu Recht gerügt. Hierin liegt jedenfalls ein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 3 Satz 2 BGB. Die Anwendbarkeit der Vorschrift ergibt sich zumindest aus § 310 Abs. 3 in Verbindung mit § 13 BGB. In wie vielen Fällen die Klägerin den Vertragstext der Nebenvereinbarung verwendet hat, ist deshalb nicht von Belang. Im Übrigen ist unstreitig, dass es sich um Texte handelt, die von der Klägerin vorformuliert und vom Beklagten in dieser Gestalt unterzeichnet wurden. Damit sind die Bestimmungen der §§ 305 ff. BGB auf diesen Vorgang anwendbar.
Für die Beurteilung der Wirksamkeit der Vereinbarung sind die Umstände zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich (vgl. BAG, Urteil vom 24. Juli 1991 - 5 AZR 430/90 - AP Nr. 15 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe). Ein nachträgliches Angebot, insbesondere am Ende der Ausbildungszeit, kann sich deshalb auf die Wirksamkeit der Vereinbarung nicht mehr auswirken. Ob die Unwirksamkeit der Klausel auch unter dem Gesichtspunkt des § 307 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 1 BGB und Art. 12 GG festzustellen wäre, ist somit nicht mehr von Belang.
Wie auch in dem Fall, der der oben zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 25. April 2001) zugrunde lag, schlossen die Parteien die Vereinbarung im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses, ohne dass die Vertragsgrundlagen, die für die Beschäftigung des Arbeitnehmers nach Abschluss der Ausbildung maßgeblich sein sollten, bestimmt waren. Dass sich dies aus einem etwa anzuwendenden Tarifvertrag ergeben soll, ist nicht ersichtlich, da die Klägerin weder den Inhalt der etwa einschlägigen Tarifbestimmungen noch die Tatsache angegeben hat, wieso von der Anwendbarkeit der Tarifbestimmungen auszugehen sein soll. Im Volontärvertrag ist weder bestimmt, dass für ein Anschlussarbeitsverhältnis solche Regelungen Anwendung finden sollen, wenn das Vertragsverhältnis ohne Einstellungszusage beendet ist, noch gibt es einen Anhaltspunkt für ein Eingreifen tariflicher Bestimmungen, die einen Anspruch auf Einstellung gewähren könnten. Nicht einmal die Tarifbindung auch des Klägers nach § 4 Abs. 1 TVG ist dargetan. Dass der künftige Arbeitgeber nicht mehr als zwei Jahre vorher angeben kann, wo genau der Kläger eingesetzt wird, ist nahe liegend. Es muss aber mindestens rahmenmäßig bestimmt sein, auf welcher Ebene und gegebenenfalls in welcher Tarifgruppe, wenn ein Tarifvertrag Anwendung finden soll, eine weitere Verwendung des Klägers nach Abschluss seiner Ausbildung erfolgen soll. Nach der vorliegenden Vertragsgestaltung hat der Kläger keinen Anspruch auf Einstellung überhaupt und auch nicht eine Zusage bezüglich der Tätigkeitsmerkmale, die seine künftige Tätigkeit prägen, gegebenenfalls auch hinsichtlich der beruflichen Entwicklung in der Folgezeit.
In der vorgenannten Entscheidung ging das Bundesarbeitsgericht auf diese Frage nicht ein. Allerdings waren zu diesem Zeitpunkt die Bestimmungen bezüglich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen noch nicht auf die Arbeitsverhältnisse anwendbar. Eine positive Beurteilung des Bundesarbeitgerichts, dass eine solche Vereinbarung hinsichtlich der Voraussetzungen für die Rückzahlungspflicht ausreichend klar und bestimmt wäre, lässt sich aus dieser Entscheidung nicht herleiten, da dort weder die Parteien noch das Urteil auf diese Problematik eingingen.
Diese Frage kann aber typischerweise - ob es in concreto so war, ist für den Regelungsbereich der §§ 305 ff. BGB nicht von Bedeutung (vgl. BAG, Urteil vom 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - AP Nr. 16 zu § 307 BGB) - die Willensentscheidung des Arbeitnehmers oder Volontärs beeinflussen. Denn wenn das Angebot des Arbeitgebers nicht darüber hinausgeht, für den Studierenden nach erfolgreichem Abschluss des Studiums nur eine Stelle als Sozialversicherungsfachangestellter vorzusehen, kann dies für den Interessenten den ausschlaggebenden Gesichtspunkt bilden, von - hier: der Fortsetzung - der Ausbildung Abstand zu nehmen, wenn sich diese für ihn nicht lohnt. Denn durch die niedrigere Vergütung eines - im Vertrag so bezeichneten - Volontärs handelt dieser sich einen Nachteil ein, wenn er nach Abschluss der Ausbildung ohne konkrete Aussicht auf eine dann angemessene Position bleibt und weiterhin nur eine Tätigkeit zu erbringen hätte, für die er bereits vor der - hier: weiteren - Ausbildung für höhere Qualifikationen die erforderlichen Kenntnisse erworben hat. Hier kommt noch hinzu, dass die Länge der Bindungsfrist, deren Angemessenheit hier unterstellt werden soll - da der Beklagte bei der Klägerin nach Abschluss der Ausbildung kein neues Arbeitsverhältnis eingegangen ist, wirkt sich die Bindungsdauer ansonsten nicht aus, denn auch eine kürzere Bindung würde vorliegend, wenn die Voraussetzungen ansonsten gegeben wären, zur vollen Rückzahlungspflicht führen -, für die Entschließung des Darlehensnehmers und Volontärs entscheidend sein kann, ob er sich auf eine solche Vereinbarung einlässt, wenn er sich nicht sicher sein kann, in einem überschaubaren Zeitraum die Früchte seiner weiteren Ausbildung ernten zu können. Denn bei einer Vertragsgestaltung wie der vorliegenden nimmt der Volontär ja den Nachteil auf sich, dass er während der Studienzeit nur eine Ausbildungsvergütung erhält, obwohl der Arbeitgeber bereits auf seine Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten zurückgreifen könnte, die eine wesentlich höhere Vergütung rechtfertigte. Auch unter diesen Begleitumständen ist es typischerweise von Bedeutung, dass der Volontär eine konkrete Berufsaussicht bereits bei Abschluss des Volontärvertrags eröffnet bekommt. Dies müsste in einem bindenden Angebot des - künftigen - Arbeitgebers bezüglich der Einstellungsbedingungen zum Ausdruck gebracht werden. So bleibt aber die berufliche Zukunft dessen, der sich einer solchen Ausbildung unterzieht, unklar. Er ist auf unverbindliche Hoffnungen und Zusicherungen verwiesen. Dies mag hinnehmbar sein, wenn es sich um einen Arbeitnehmer in einem regulären Arbeitsverhältnis handelt, der insofern eine konkrete Perspektive hat und weiß, dass dies die Mindestbedingungen für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Abschluss der Ausbildung sind. Der "Volontär" aber ist deshalb, weil ein neuer Vertrag geschlossen werden muss, hinsichtlich des "Ob" und der Bedingungen dieses Vertrags völlig im Unklaren und einem nicht absehbaren Angebot des Arbeitgebers ausgeliefert. Denn es mag zwar für die Klägerin selbstverständlich gewesen sein, dass sie den Beklagten jedenfalls als Sozialversicherungsfachangestellten beschäftigen werde. Eine bindende Zusicherung im Zusammenhang mit der Begründung des Volontariatsvertrags hatte der Beklagte aber nicht. Die Regelungen in der Rückzahlungsvereinbarung betrafen ja nicht einmal die Frage, was geschehen soll, wenn die Klägerin mit dem Beklagten nach Beendigung des "Volontariats" überhaupt nicht kontrahierte oder wenn sie ihm ein ihm nicht zusagendes Angebot machte oder machen konnte ohne Rücksicht auf seine berufliche Qualifikation. Es wird insoweit nur bestimmt, dass der Beklagte die Möglichkeit hat, den Rückzahlungsanspruch (auch) durch eine weitere Tätigkeit für die Klägerin bis zu fünf Jahren zeitanteilig zu tilgen.
Ein solches Angebot des Arbeitgebers, das unter die Bedingung des erfolgreichen Abschlusses des Studiums gestellt werden kann, verstößt nicht gegen das Verbot des § 12 Abs. 1 BBiG n.F., § 5 Abs. 1 BBiG a.F., da sich der Volontär nicht zu dessen Annahme zu verpflichten hätte. Er bewahrt sich die Freiheit, die Ausbildungskosten zu erstatten oder aber durch Betriebstreue in einer für ihn von vornherein absehbaren Tätigkeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitgeber "abzuarbeiten". Er hat aber eine konkrete Perspektive - positiv wie negativ - bezüglich der Verwendungsmöglichkeit der angestrebten Qualifikation und damit eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage bei Abschluss des Ausbildungsvertrags. Da sich der Beklagte nicht in einem auch über das Ende der Fortbildung hinaus andauernden Arbeitsverhältnis befand, konnte er nicht absehen, wie seine konkrete berufliche Aussicht bei der Klägerin sein wird, wenn diese sich nicht in diesem Punkt eindeutig und verbindlich im Rahmen der Rückzahlungsvereinbarung erklärt hat. Dies führt deshalb zur Unwirksamkeit der Rückzahlungsvereinbarung unter dem genannten rechtlichen Gesichtspunkt.
Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob nicht auch Nr. 7 der Rückzahlungsvereinbarung unwirksam ist, weil sie nicht auf die Frage abstellt, ob der Beklagte es zu vertreten hat, dass er das Studium nicht erfolgreich beendet und ob im Falle der Unwirksamkeit dieser Bestimmung die gesamte Rückzahlungsvereinbarung unwirksam wäre.
3. Da die Klage aus diesem Grunde in voller Höhe unbegründet ist, kommt es auch nicht mehr darauf an, ob der Beklagte in einzelnen Monaten, für die die Vergütung zurückverlangt wird, tatsächlich Arbeitsleistungen für die Klägerin erbracht hat und ob die Klägerin überhaupt die von ihr aufgewendeten Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung wieder erstattet verlangen kann. Nach allem ist demnach auf die Berufung des Beklagten das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Kostenfolge beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Der nach § 63 Abs. 2 GKG festzusetzende Gebührenstreitwert beläuft sich auf den Betrag der im zweiten Rechtszug angefallenen Klageforderung.
Ende der Entscheidung
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