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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 19.01.2005
Aktenzeichen: 3 Ta 224/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 104
ZPO § 559
BGB § 362
ArbGG § 72 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Beschluss

Aktenzeichen: 3 Ta 224/04

Stuttgart, 19. Januar 2005

Im Beschwerdeverfahren

wegen Kostenfestsetzung

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 3. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Pfitzer ohne mündliche Verhandlung am 19. Januar 2005 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Freiburg vom 26. Oktober 2004 - 4 Ca 702/01 - abgeändert, soweit die zulasten des Beteiligten zu 1 festgesetzten Kosten den Betrag von 1.023,70 EUR übersteigen:

In diesem Umfang wird der Antrag des Beteiligten zu 2 zurückgewiesen.

Die Kosten des Festsetzungsverfahrens haben der Beteiligte zu 1 zu 5/7 und der Beteiligte zu 2 zu 2/7 zu tragen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beteiligten zu 2 auferlegt.

Gründe:

I.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 richtet sich gegen die Höhe der Festsetzung der zu erstattenden Kosten nach § 104 ZPO durch das Arbeitsgericht.

Die Kostenfestsetzung beruht auf dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom (... Datum/Aktenzeichen ...). Danach hat der Beteiligte zu 1 die Kosten des Revisionsverfahrens vor dem Bundesarbeitsgericht zu tragen.

Mit Schriftsatz vom 01.04.04 (Bl. 227 der Akte des Arbeitsgerichts) hat der Beteiligte zu 2 die Festsetzung der Kosten des Revisionsverfahrens beantragt. Neben den Kosten und Aufwendungen für seinen Prozessbevollmächtigten (1.023,70 EUR) hat er auch seine eigenen Auslagen geltend gemacht, die ihm durch die persönliche Wahrnehmung des Verhandlungstermins beim Bundesarbeitsgericht entstanden sein sollen (416,50 EUR).

Das Arbeitsgericht hat im angefochtenen Beschluss unter Berücksichtigung dieser dem Antragsteller nach seiner Behauptung entstandenen Auslagen die zu erstattenden Kosten antragsgemäß festgesetzt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1. Abgelehnt wird vom Beschwerdeführer die Kostenerstattung in dem Umfang, in dem das Arbeitsgericht auch die Aufwendungen des Antragstellers berücksichtigt hat, die ihm aufgrund seiner persönlichen Teilnahme an der Verhandlung über die Revision des Antragsgegners entstanden sein sollen. Diese seien nicht im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO notwendig gewesen, da es in der Revisionsverhandlung nur noch um Rechtsfragen gehe, zu denen die anwaltlich vertretene Partei selbst nichts beitragen könne. Darüber hinaus werde der geltend gemachte Aufwand auch der Sache nach bestritten. Er sei nicht nachgewiesen.

Dem tritt der Beteiligte zu 2 mit der Erwägung entgegen, im Termin hätten auch tatsächliche Fragen, etwa die der rechtzeitigen Geltendmachung der klägerischen Forderung, eine Rolle gespielt. Außerdem habe er wegen des Grundsatzes, dass auch in der Revisionsverhandlung das Gericht auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits hinzuwirken habe, seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung für erforderlich halten dürfen.

Mit Schriftsatz vom 13.12.04 (Bl. 266 der Akte des Arbeitsgerichts) hat der Beteiligte zu 2 den Antrag gestellt, "das Verfahren für erledigt zu erklären, nachdem die Beklagte am 05.11.04 die festgesetzten Kosten inklusive der Parteikosten vollständig bezahlt" habe. Dem ist der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 17.12.2004 (Bl. 268 der Akte des Arbeitsgerichts) entgegengetreten; die Bezahlung sei lediglich zur Abwendung der von der Gegenseite angedrohten Zwangsvollstreckung erfolgt.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie hierher vorgelegt.

II.

Die insbesondere hinsichtlich des geltend gemachten Werts des Beschwerdegegenstandes zulässige Beschwerde hat Erfolg, soweit die Abänderung des angegriffenen Beschlusses erstrebt wird. Der Antrag ist in der im Beschwerdeverfahren zu bescheidenden Gestalt und im hier angefallenen Umfang zurückzuweisen.

1. Die Zurückweisung hat bereits aus folgendem Grund zu erfolgen: Der Antragsteller hat nach Zahlung des fraglichen Betrags eine gerichtliche Entscheidung des Inhalts begehrt, das Verfahren für erledigt zu erklären. Dieser Antrag ist, nachdem ihm der Beschwerdeführer entgegengetreten ist, so auszulegen, dass der ursprüngliche Festsetzungsantrag dahingehend abgeändert wurde, es werde die Feststellung der Erledigung der Hauptsache begehrt. Ein solcher Antrag ist auch im Kostenfestsetzungsverfahren möglich. Es geht dann insoweit nur noch um die Kosten des Festsetzungsverfahrens. Dieser Feststellungsantrag kann aber nur Erfolg haben, wenn der ursprüngliche Antrag zulässig und begründet war und nach "Rechtshängigkeit" ein erledigendes Ereignis eingetreten ist.

Die Erledigung der Hauptsache kann bei einem Zahlungsantrag darin bestehen, dass der Anspruch zwischenzeitlich erfüllt worden ist. Darauf beruft sich der Antragsteller aber zu Unrecht. Nach dem Vortrag des Beschwerdeführers kann von einer Erfüllung der Forderung nicht die Rede sein, weil die Zahlung nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geleistet worden ist. Dieses Vorbringen hat der Antragsteller nicht bestritten. Der Tatbestand der Erfüllung nach § 362 BGB setzt aber voraus, dass die Zahlung nicht lediglich unter dem Vorbehalt, dass der Vollstreckungstitel besteht und nicht im Rechtsmittelverfahren beseitigt wird, geleistet wird (vgl. etwa BAG, Beschluss vom 26. Januar 1994 - 7 ABR 27/93 - n.v., B II 1 b) bb) der Gründe mit weiteren Nachweisen; Urteil vom 19. Oktober 1993 - 9 AZR 476/91 - AP Nr. 10 zu § 1 BildungsurlaubsG NRW, I 2 b) cc) der Gründe). Die Tilgungswirkung bleibt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Titel in der Schwebe. Da also kein erledigendes Ereignis eingetreten ist, ist der nunmehr nur noch zu entscheidende Feststellungsantrag unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Beschlusses zurückzuweisen, da er unbegründet ist. Die Erledigung der Hauptsache kann nicht festgestellt werden.

2. Der Antrag, wegen dessen der Antragsteller das Kostenfestsetzungsverfahren einseitig für erledigt erklärt hat, war aber auch nicht begründet. Die geltend gemachten Auslagen für die persönliche Terminwahrnehmung waren nicht notwendig im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

Die Voraussetzungen, unter denen die Erstattung der mit einer persönlichen Terminwahrnehmung der anwaltlich vertretenen Partei verbundenen Auslagen in Betracht kommt, werden nicht einheitlich gesehen. Aus dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung lässt sich aber schließen, dass nicht generell jede persönliche Terminwahrnehmung trotz anwaltlicher Vertretung als "notwendig" zu erachten ist, sonst wäre dieses Wort vom Gesetzgeber nicht als Attribut den Worten "Wahrnehmung von Terminen" beigesellt worden. Allerdings erscheint auch diesseits ein großzügiger Maßstab angebracht, weil insbesondere in den Tatsacheninstanzen die Einlassungen der Parteien selbst in tatsächlicher Hinsicht generell von großer Bedeutung sein können. Es ist demnach nicht angezeigt, die Erstattungsfähigkeit solcher Auslagen an die gerichtliche Anordnung des persönlichen Erscheinens zu binden. Vielmehr bedarf es nach diesseitiger Auffassung konkreter Umstände, die die persönliche Terminwahrnehmung als überflüssig erscheinen lassen. Auch der vom Antragsteller genannte Grundsatz, dass die Gerichte in jeder Lage des Verfahrens eine gütliche Einigung herbeiführen sollen, kann die generelle Anwesenheit der Parteien selbst im Verhandlungstermin als notwendig erscheinen lassen, soweit eine solche nicht ausgeschlossen werden kann.

Allerdings besteht im Revisionsverfahren wegen § 72 Abs. 5 ArbGG, § 559 ZPO eine Bindung an den von den Tatsachengerichten festgestellten Sachverhalt. Dass eine Rüge, die die Tatsachenfeststellung betrifft erhoben worden wäre, ist nicht einmal vom Antragsteller behauptet worden, geschweige denn, dass die mündlichen Erläuterungen der Partei vom Revisionsgericht noch berücksichtigt werden könnten. Es ist auch nicht ersichtlich, dass es für das Verständnis des zur Beurteilung anstehenden Sachverhalts noch hätte auf Parteierläuterungen ankommen können. Zur Beurteilung stand eine betriebsverfassungsrechtliche Rechtsfrage bei weitgehend unstreitigem Sachverhalt. Welchen Beitrag der damalige Kläger in der Revisionsinstanz zur Förderung der Angelegenheit hätte leisten können, ist nicht ersichtlich. Auch sein persönliches Erscheinen ist vom Bundesarbeitsgericht nicht angeordnet worden. Schließlich bestanden keine Hinweise darauf, dass das Bundesarbeitsgericht zur Beilegung des Streitfalls eine gütliche Einigung anregen wollte. Der Anspruch hatte für den Arbeitgeber grundsätzliche Bedeutung. Für den Arbeitnehmer wirkte sich die zu erwartende Entscheidung auch auf zukünftige Entgeltansprüche aus. Die Wirkungen der Entscheidung gingen also über den konkreten Fall hinaus. Dies hat die Vergleichsbereitschaft der Parteien auch schon in den ersten beiden Rechtszügen nicht beflügelt. Ohne einen entsprechenden Hinweis des Bundesarbeitsgerichts konnte also der Antragsteller als damaliger Kläger und Revisionsbeklagter nicht davon ausgehen, dass seine Teilnahme im Verhandlungstermin von Bedeutung sein könnte. Wie hätte denn eine gütliche Einigung aussehen sollen? Die Tatsache, dass der Antragsteller die zu erwartende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts als für sich sehr bedeutsam empfinden konnte, rechtfertigt aber die Annahme nicht, die persönliche Teilnahme an der Revisionsverhandlung sei für ihn notwendig im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO gewesen. Es wurde zwar "seine Sache" verhandelt, aber unter Umständen, die keinen persönlichen Beitrag von ihm erforderten. Dies war auch vor dem Verhandlungstermin nicht zu erwarten. Zumindest hat der Antragsteller über allgemeine Erwägungen hinaus keine konkreten Umstände vorgetragen, die die persönliche Teilnahme an der Verhandlung hätten für notwendig erscheinen lassen können. Da eine Auslegung des § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO entgegen dem Wortlaut nicht in Betracht kommt, dass jede persönliche Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung als notwendig anzuerkennen ist, liegen mangels konkreter Umstände, die einen solchen Schluss zulassen könnten, die Voraussetzungen dieser gesetzlichen Bestimmung nicht vor. Auch aus diesem Grund hat die Beschwerde deshalb Erfolg.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde wäre zwar hinsichtlich der unter Nr. 2 abgehandelten Frage in Betracht gekommen. Da die Beschwerde aber auch aus den unter Nr. 1 genannten Gründen Erfolg hat, kommt es auf diese Frage insoweit nicht mehr allein an.

Ende der Entscheidung

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