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Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 20.04.2009
Aktenzeichen: 4 Sa 6/09
Rechtsgebiete: TVG
Vorschriften:
TVG § 4 Abs. 3 |
Tenor:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart, Kammern Ludwigsburg, vom 17.09.2008 - 20 Ca 514/08 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kostenentscheidung I. Instanz wird dahingehend ergänzt, dass die Klägerin von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten Ziff. 1 43,75 % zu tragen hat. Im übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst
3. Die Kosten der Berufung tragen die Beklagten Ziff. 1 und 2 als Gesamtschuldner zu 71,5 % und die Beklagte Ziff. 2 zu weiteren 18,5 % allein.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten zuletzt darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Weitergabe der Tariflohnerhöhung aufgrund des Vergütungstarifvertrages Nr. 35 zum BAT vom 31.01.2003 (im Folgenden: 35. VTV) durch die Beklagte für die Monate Mai 2006 bis einschließlich Dezember 2007 gegenüber den Beklagten Ziff. 1 und 2 als Gesamtschuldner und für die Monate Januar 2008 bis einschließlich August 2008 gegenüber der Beklagten Ziff. 2 hat.
Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 01.03.2000 als Pflegehelferin in der S.E. in B. beschäftigt. Sie ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Die Beklagte Ziff. 1, ein überregionaler Träger von Altenpflegeeinrichtungen, war bis zum 31.12.2004 in Baden-Württemberg nicht tarifgebunden. Die Beklagte Ziff. 1 führte die S.E. bis zum 31.12.2007. Mit Wirkung zum 01.01.2008 wurde der Betrieb auf die Beklagte Ziff. 2 übertragen.
Dem Arbeitsverhältnis liegt ein Arbeitsvertrag vom 21.02./22.03.2000 zugrunde. Der Arbeitsvertrag enthält in § 5 und § 14 auszugsweise folgende Regelungen:
"§ 5 Der Arbeitnehmer erhält folgende Vergütung:
Vergütungsgruppe/-Stufe KR II/8 | DM 2.534,44 |
Ortszuschlag | DM 848,28 |
Allgemeine Zulage | DM 163,08 |
Freiwillige Zulage (AT) | DM 0,00 |
DM 3.545,80 |
Bei der Verrichtung von Überstunden, für Arbeiten an Sonntagen, Wochenfeiertagen und für Nachtarbeit vereinbaren die Parteien Zuschläge. Hinsichtlich deren Höhe orientieren sich die Parteien an den Beträgen des BAT. Die Vergütungsbestandteile sind abschließend aufgeführt. Die Zahlung der Freiwilligen Zulage (AT) erfolgt freiwillig und unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs. Auch bei wiederholter Gewährung entsteht kein Anspruch.
...
§ 14 Für die Arbeitsbedingungen im übrigen gelten die Bestimmungen des Tarifvertrages zwischen der DSK Sozialdienste gGmbH in Rheinland-Pfalz und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz, in Kraft seit 1. Juli 1990, längstens jedoch bis zum Zustandekommen eines Tarifvertrages für das jeweilige Tarifgebiet oder die jeweilige Einrichtung. Ab diesem Zeitpunkt gelten dann die Bestimmungen des geschlossenen Tarifvertrages. Dies betrifft dann auch § 9 dieses Arbeitsvertrages."
Der in § 14 des Arbeitsvertrages in Bezug genommene Tarifvertrag zwischen der DSK Sozialdienste gGmbH (soweit bekannt eine Rechtsvorgängerin der Beklagten Ziff. 1) in Rheinland-Pfalz und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) - im folgenden: DSK-Tarifvertrag - enthält unter anderem folgende Regelungen:
"§ 2 Anwendung des BAT
Auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer nach § 1 finden zur Regelung ihrer Arbeitsbedingungen grundsätzlich die Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Angestellte bei Bund und Ländern (BAT) in seiner jeweils geltenden Fassung Anwendung.
§ 3 Ausnahmeregelungen
(1) § 27 BAT gilt mit der Maßgabe, dass die Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen nicht nach Lebensalter, sondern nach Berufsjahren zu bemessen sind."
§ 5 Sonstige Tarifverträge
Die nachfolgend aufgeführten Tarifverträge zum BAT
1. Vergütungstarifvertrag
2. Tarifvertrag über allgemeine Zulagen
3. Tarifvertrag über Vermögenswirksame Leistungen
4. Tarifvertrag über Urlaubsgeld
5. Tarifvertrag Zuwendung
6. Rationalisierungsschutz
finden in der jeweils gültigen Fassung Anwendung."
Durch den 35. VTV vom 31.03.2003 wurden die Grundvergütung, der Ortszuschlag und die allgemeine Zulage um 2,4 % angehoben. Zum 01.01.2004 und zum 01.05.2004 wurden die Löhne und Gehälter erneut um jeweils 1 % erhöht. Zur Frage, ob diese Tariflohnerhöhung an die bei der Beklagten Ziff. 1 beschäftigten Arbeitnehmer weiterzugeben ist, kam es in Baden-Württemberg zu zahlreichen Streitigkeiten.
Am 24.09.2004 vereinbarte die P.S. AG mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) einen Manteltarifvertrag (im Folgenden: MTV 2004), der teilweise zum 01.10.2004 und im Übrigen zum 01.01.2005 in Kraft trat (§ 27 MTV). Zugleich vereinbarten dieselben Tarifvertragsparteien einen Vergütungstarifvertrag Nr. 1 (im Folgenden: VTV Nr. 1), der mit Wirkung vom 01.01.2005 in Kraft trat. Bezüglich des Inhaltes dieser Tarifverträge wird auf die Anlagen zu den Schriftsätzen der Parteien (Bl. 83 ff. der Berufungsakte - Anlagen B 5 und B 6) verwiesen. Der MTV 2004 und der VTV Nr. 1 wurden zum 31.12.2006 gekündigt. Auch zur Anwendbarkeit und Auslegung dieses Tarifwerks kam es in Baden-Württemberg zu zahlreichen Streitigkeiten.
§ 1 des MTV 2004 hat folgenden Wortlaut:
"§ 1 Geltungsbereich
1. Dieser Tarifvertrag findet Anwendung in dem in der Anlage A zu diesem Tarifvertrag genannten Einrichtungen."
Die Überschrift zur Anlage A lautet wie folgt:
"Anlage A zum Manteltarifvertrag vom 24.09.2004 zwischen der P.S. AG handelnd für die nachstehend aufgeführten Seniorenheimbetriebsgesellschaften vertreten durch den Vorstand sowie der Vereinten Dienstleistungsgesellschaft e.V. (ver.di) vertreten durch den Bundesvorstand".
In der Anlage A ist unter der Gesellschaft "P.S." (= Beklagte Ziff. 1) die S.E. aufgeführt.
Die Klägerin wurde auf der Grundlage der "Änderungsmeldung" vom 04.03.2002, vom Geschäftsführer der Beklagten gegengezeichnet am 13.03.2002, seit dem 01.03.2002 nach der Vergütungsgruppe KR II/9 vergütet. Sie erhielt zuletzt eine Bruttovergütung von 1.923,11 EUR monatlich. Die Vergütung schlüsselt sich auf in EUR 1.383,01 an Grundvergütung, EUR 453,01 an Ortszuschlag und EUR 81,09 an allgemeiner Zulage. Diese Gesamtvergütung erhält die Klägerin unverändert bis heute. Im Falle einer Anhebung der Vergütung nach Maßgabe des 35. VTV würde die Gesamtvergütung der Klägerin EUR 2.008,84 brutto betragen. Diese Gesamtvergütung schlüsselt sich im einzelnen wie folgt auf: EUR 1.444,66 an Grundvergütung, EUR 473,21 an Ortszuschlag und EUR 90,97 an allgemeiner Zulage. Diese Gesamtvergütung entspricht exakt derjenigen Gesamtvergütung, die die Klägerin in der Vergütungsgruppe AP II/ Stufe 9 aufgrund des VTV Nr. 1 zum MTV 2004 erhalten würde.
Mit einer Klage am 29.05.2006 eingegangenen Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten (Ziff. 1) für den Zeitraum von Januar 2005 bis einschließlich April 2006 restliche Arbeitsvergütung in Höhe von insgesamt EUR 1.371,68 brutto (16 x EUR 85,73 brutto) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.06.2006. In dem Verfahren 36 Ca 1064/06 verurteilte das Arbeitsgericht die Beklagte (Ziff. 1) zur Zahlung der restlichen Vergütung für die Monate März 2005 bis einschließlich April 2006 in Höhe von EUR 1.200,22 brutto; im übrigen wies das Arbeitsgericht die Klage wegen des Verfalls der Ansprüche aufgrund der tariflichen Ausschlussfristen ab. Die von der Beklagten (Ziff. 1) hiergegen eingelegte Berufung wies das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 11.05.2007 - 5 Sa 109/06 - zurück. Zur Begründung bezog sich das Landesarbeitsgericht auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in insgesamt 9 Verfahren gegen die Beklagte (Ziff. 1) vom 09.11.2005 (vollständig dokumentiert: 5 AZR 128/05 - AP § 305c BGB Nr. 4). Die Einwendungen der Beklagten (Ziff. 1) gegen die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts erachtete das Landesarbeitsgericht als unbegründet. Mit der Frage, ob die im Arbeitsvertrag der Klägerin vom 21.02.2000 erfolgte Bezugnahme auf die Vergütungsbestimmungen KR der Anlage 1b zum BAT für das Krankenpflegepersonal des öffentlichen Dienstes durch den MTV 2004 und VTV Nr. 1 mit Wirkung vom 01.01.2005 abgelöst worden seien, befasste sich das Landesarbeitsgericht nicht. In anderen Entscheidungen (Urteil vom 26.10.2007 - 5 Sa 10/07 - und Urteil vom 09.10.2007 - 8 Sa 72/06) vertrat das Landesarbeitsgericht hingegen die Auffassung, jedenfalls bei beiderseitiger Tarifgebundenheit habe der betreffende Arbeitnehmer keinen Anspruch mehr auf die Weitergabe der Tariflohnerhöhung nach dem 35. VTV. Denn ab 01.01.2005 richte sich die Vergütung nach dem MTV 2004 und dem VTV Nr. 1.
Im Anschluss an das Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 11.05.2007 (5 Sa 109/06) machte die Klägerin mit Schreiben vom 21.11.2007 erneut eine Vergütungsdifferenz von EUR 85,73 brutto, gestützt auf den MTV 2004 und den VTV Nr. 1, für die Zeit von Mai 2006 bis Oktober 2007 geltend. Nachdem die Beklagte (Ziff. 1) hierauf keine Zahlungen leistete, erhob die Klägerin erneut Klage, nunmehr gegen die Beklagten Ziff. 1 und 2, zuletzt bezogen auf den Zeitraum von Mai 2006 bis Dezember 2007 gegen beide Beklagte als Gesamtschuldner und - aufgrund des Betriebsübergangs auf die Beklagte Ziff. 2 - für die Zeit von Januar 2008 bis August 2008 gegen die Beklagte Ziff. 2. Hierbei stützte die Klägerin - anders als in ihrem Schreiben vom 28.11.2007 - den Anspruch nicht auf den MTV 2004 und den VTV Nr. 1, sondern erneut auf den 35. VTV sowie die hierzu ergangenen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 09.11.2005 und das Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 11.05.2007 (5 Sa 109/06).
Die Klägerin hat zuletzt beantragt:
1. Die Beklagten Ziff. 1 und 2 werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin für Mai 2006 bis Dezember 2007 jeweils restliche Vergütung in Höhe von EUR 85,73 brutto monatlich, insgesamt EUR 1.714,60 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus gemäß § 247 BGB seit jeweiliger Rechtshängigkeit zu bezahlen.
2. Die Beklagte Ziff. 2 wird verurteilt, an die Klägerin für Januar 2008 bis August 2008 jeweils restliche Vergütung in Höhe von EUR 85,73 brutto monatlich, insgesamt EUR 685,84 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit jeweiliger Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben vorgetragen, den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 09.11.2005 könne nicht gefolgt werden. Das Bundesarbeitsgericht habe unter Bezug auf die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB in § 5 Satz 1 des Arbeitsvertrags vom 21.02.2000 eine zeitdynamische Verweisung auf die Vergütungsbestimmungen KR der Anlage 1b zum BAT gesehen. Der 35. VTV sei jedoch wegen Verstoßes gegen das europarechtliche Verbot der Ungleichbehandlung aufgrund des Lebensalters nichtig. Überdies sei der 35. VTV mittlerweile von den Tarifvertragsparteien ohne Nachwirkung aufgehoben worden und damit als Tarifrecht nicht mehr existent.
Die Klägerin hat erwidert, soweit sich die Beklagten auf die Nichtigkeit des 35. VTV beriefen, sei darauf hinzuweisen, dass dieser Tarifvertrag nur aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme zur Anwendung komme. Es handele sich insoweit um eine von den Beklagten gestellte allgemeine Geschäftsbedingung. Darüber hinaus gelte § 27 BAT nach § 3 des DSK-Tarifvertrags mit der Maßgabe, dass die Grundvergütung nicht nach Lebensalter, sondern nach Berufsjahren zu bemessen sei. Eine Altersdiskriminierung liege somit nicht vor.
In der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2008 wies das Arbeitsgericht darauf hin, dass aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel in § 5 Satz 1 des Arbeitsvertrags möglicherweise das neue Tarifwerk des öffentlichen Dienstes (TVöD oder TV-L) zur Anwendung komme. Hierzu haben die Beklagten ergänzend vorgetragen, dass sich eine solche dynamische Verweisung auf das neue Tarifwerk in § 5 des Arbeitsvertrags nicht entnehmen lasse. Insbesondere kenne das neue Tarifrecht des öffentlichen Dienstes nicht die in § 5 Satz 1 des Arbeitsvertrags aufgeschlüsselten Vergütungsbestandteile.
Mit Urteil vom 17.09.2008 hat das Arbeitsgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, § 5 Satz 1 des Arbeitsvertrags enthalte eine zeitdynamische Verweisung auf die Vergütungstarifverträge des BAT. Insoweit folge die Kammer der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts in den Entscheidungen vom 09.11.2005. Das gesamte BAT-Regelwerk sei zwischenzeitlich aber abgelöst worden. Die Kammer gehe von eine Ablösung durch den TVöD-VKA und den diesen ergänzenden Tarifverträgen aus. Denn hierbei handele es sich um das Tarifwerk, das die größte Sachnähe zu Pflegeeinrichtungen aufweise. Der TVöD-VKA enthalte keine altersdiskriminierenden Regeln mehr. Aufgrund der Überleitungsbestimmung nach § 4 Abs. 1 TVÜ-VKA stehe der Klägerin das eingeklagte Differenzgehalt zu. Der Anspruch sei auch nicht verfallen.
Gegen das ihnen am 07.10.2008 zugestellte Urteil haben die Beklagten Ziff. 1 und 2 am 17.10.2008 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 08.01.2009 am 19.12.2008 begründet. Sie tragen vor, übereinstimmender Willen der Beklagten Ziff. 1 und der Klägerin sei es beim Abschluss des Arbeitsvertrags gewesen, eine Vergütung zu vereinbaren, die gegolten hätte, wenn beide Parteien dem DSK-TV unterstellt gewesen wären. Es sei das Anliegen der Beklagten Ziff. 1 gewesen, die Klägerin hinsichtlich der Höhe der Vergütung mit den Mitarbeitern der in Rheinland-Pfalz und im Saarland gelegenen Pflegeeinrichtungen gleichzustellen. § 5 des Arbeitsvertrags enthalte somit eine Gleichstellungsabrede. Hieraus folge, dass das Arbeitsverhältnis ab 01.01.2005 nicht mehr dem BAT, sondern dem MTV 2004 unterlegen habe. Nach diesem Tarifvertrag liege die Vergütung zum Teil unterhalb der bisherigen Vergütung. Eine differenzierende Besitzstandsklausel in § 24 MTV federe die Vergütungsdifferenzen nur teilweise ab. Dieses Ergebnis entspreche auch den Urteilen des Landesarbeitsgerichts vom 09.10.2007 - 8 Sa 72/06 - und vom 26.10.2007 - 5 Sa 10/07 . Hätte das Arbeitsgericht dies beachtet, so wäre die Klägerin ab dem 01.01.2005 in die Vergütungsgruppe AP I und ab dem 01.01.2008 in die Vergütungsgruppe AP II eingruppiert, und zwar ab dem 01.03.2006 in Stufe 3 und ab dem 01.03.2008 in Stufe 4. Damit habe ihr eine Vergütung zwischen EUR 1.769,80 brutto und EUR 1.885,45 brutto zugestanden. Eine Verweisung auf das neue Tarifwerk des öffentlichen Dienstes enthalte § 5 des Arbeitsvertrags nicht. Denn dieses Tarifwerk kenne die in § 5 des Arbeitsvertrags aufgeführten Vergütungskomponenten nicht. Auch der Gesichtspunkt der Sachnähe rechtfertige das Auslegungsergebnis des Arbeitsgerichts nicht.
Die Beklagten Ziff. 1 und 2 beantragen:
Das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart, Kammern Ludwigsburg, vom 17.09.2008 - 20 Ca 514/08 - wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, nach den Leitentscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 09.11.2005 enthalte § 5 des Arbeitsvertrags eine zeitdynamische Verweisung auf die Vergütungstarifverträge des BAT. Eine Gleichstellungsabrede liege nicht vor, weil die Beklagte Ziff. 1 niemals Mitglied in einem Arbeitgeberverband gewesen sei. Ihr stehe daher ein Anspruch auf Vergütung in Höhe des Betrages zu, der im 35. VTV als Vergütung in der Stufe KR II/9 einschließlich Ortszuschlag und allgemeiner Zulage ausgewiesen sei. Die Beklagten seien auch nicht Parteien des MTV 2004 und des VTV Nr. 1. Wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt habe, komme mittlerweile das Regelwerk des TVöD-VKA zur Anwendung.
Auf den Hinweis des Vorsitzenden vom 13.02.2009, zur Frage der Anwendbarkeit des MTV 2004 und des VTV Nr. 1 liege bislang kein ausreichendes Vorbringen vor, haben die Beklagten vorgetragen, nach § 5 des Arbeitsvertrags komme vorliegend das Regelwerk des MTV 2004 zum Tragen. Die Klägerin hat vorgetragen, die Beklagten hätten noch in erster Instanz vorgetragen, dass sie nicht Parteien des MTV 2004 seien. Nun werde das Gegenteil vorgetragen. Der Arbeitsvertrag der Klägerin enthalte eine sogenannte große dynamische Bezugnahmeklausel. Im Rahmen eines Günstigkeitsvergleichs seien, selbst wenn der MTV 2004 zur Anwendung komme, auch abweichende Abmachungen zulässig. Im vorliegenden Fall sei die arbeitsvertragliche Vergütung höher als die tarifliche und damit günstiger. Damit finde die arbeitsvertragliche Regelung Anwendung.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle über die mündlichen Verhandlungen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung der Beklagten ist gemäß § 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG statthaft. Sie ist auch gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden. Mit der Berufung haben die Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts in vollem Umfang angegriffen. Somit ist Gegenstand der Berufung die Differenzvergütungsansprüche von monatlich EUR 85,73 brutto von Mai 2006 bis Dezember 2007, die von den Beklagten Ziff. 1 und 2 gesamtschuldnerisch erfüllt werden sollen (Klageantrag Ziff. 1), sowie die Differenzvergütungsansprüche in gleicher Höhe von Januar 2008 bis August 2008 die von der Beklagten Ziff. 2 im Anschluss an den erfolgten Betriebsübergang am 01.01.2008 erfüllt werden sollen (Klageantrag Ziff. 2).
II.
Die Berufung der Beklagten Ziff. 1 und 2 ist unbegründet, soweit sie sich gegen Ziff. 1 des erstinstanzlichen Urteils richtet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Differenzvergütung von EUR 85,73 brutto für die Zeit von Mai 2006 bis Dezember 2007, also insgesamt EUR 1.714,60 brutto gegen die Beklagten Ziff. 1 und 2 als Gesamtschuldner hat. Der Anspruch folgt aus § 5 Satz 1 des Arbeitsvertrags in Verbindung mit dem 35. VTV.
1. Die Anwendung der Vergütungsbestimmungen des BAT folgt nicht aus einer beiderseitigen Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 1 TVG. Zwar war und ist die Klägerin Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Die Beklagte Ziff. 1 war jedoch nicht tarifgebunden, weil sich der DSK-Tarifvertrag vom 13.09.1990 (ein Firmentarifvertrag zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten Ziff. 1 und der Gewerkschaft ÖTV) sich nicht auf die in Baden-Württemberg gelegenen Einrichtungen erstreckte. Auch aus § 14 des Arbeitsvertrags folgt die Anwendung der Vergütungsbestimmungen des BAT nicht, weil diese Regelung nur eine Bezugnahmeklausel hinsichtlich der Arbeitsbedingungen "im Übrigen" enthält, somit die Vergütungshöhe ausklammert.
2. Eine spezielle arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die Vergütungsbestimmungen KR der Anlage 1b zum BAT ergibt sich jedoch § 5 des Arbeitsvertrags. Die ergibt die Auslegung der Regelung.
a) Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht hat in insgesamt neun Verfahren am 09.11.2005 (vgl. nur BAG 09.11.2005 - 5 AZR 128/05 - AP Nr. 4 zu § 305c BGB) entschieden, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der Beklagten auf der Grundlage der mit ihnen jeweils abgeschlossenen Arbeitsverträge Anspruch auf Weitergabe der Tariflohnerhöhung nach dem 35. VTV zusteht. Diesen Entscheidungen lagen Arbeitsverträge zugrunde, die mit demjenigen der Klägerin identisch waren oder nur geringfügig abweichende vertragliche Formulierungen enthielten. Der Auslegung der Formulararbeitsverträge durch das Bundesarbeitsgericht schließt sich die Kammer in vollem Umfang an. Bei den Regelungen der §§ 5 und 14 des Arbeitsvertrages handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB. Dies ist auch im vorliegenden Verfahren zwischen den Parteien unstreitig. Gemäß § 305c Abs. 2 BGB hat dies zur Folge, dass Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders gehen. In § 5 des Arbeitsvertrages der als Pflegehelferin bei den Beklagten tätigen Klägerin sind die Vergütungsregelungen KR der Anlage 1b zum BAT in Bezug genommen. Die Verweisung auf den DSK-Tarifvertrag betrifft nur die Arbeitsbedingungen "im Übrigen". Die Regelung in § 5 des Arbeitsvertrags kann als statische Festlegung der geschuldeten Vergütung verstanden werden, aber auch als zeitdynamische Verweisung auf die Vergütungsbestimmungen KR. Wortlaut und Zusammenhang der arbeitsvertraglichen Regelung ergeben kein eindeutiges Auslegungsergebnis. Da auch nach Ausschöpfung der anerkannten Auslegungsmethoden nicht behebbare Zweifel bleiben, führt dies nach der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB zu einer Auslegung zu Lasten der Beklagten (vgl. BAG, 09.11.2005 - 5 AZR 128/05 - a. a. O., Rz. 22). Dies hat zur Folge, dass die Klägerin nach § 5 des Arbeitsvertrages in Verbindung mit dem 35. VTV Anspruch auf die geltend gemachten Tariflohnerhöhungen hat. Die Verweisung auf Tarifrecht betrifft nicht nur die Vergütung, sondern auch die Höhe des Ortszuschlags und der allgemeinen Zulage. Insgesamt ergibt sich hieraus eine Vergütungsdifferenz von EUR 85,73 brutto monatlich.
b) Die Einwendungen aus dem Schriftsatz der Beklagten vom 06.05.2008 rechtfertigen keine andere Entscheidung. Da sich verschiedene Kammern des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg bereits vielfach mit diesen Einwendungen auseinandergesetzt haben, fasst die Kammer die maßgeblichen Erwägungen nur kurz zusammen.
aa) Die Beklagten verkennen mit ihrer Berufung auf die Nichtigkeit des 35. VTV bereits, dass dieser Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten nicht normativ, sondern lediglich aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme in § 5 des Arbeitsvertrages zur Anwendung kommt. Insoweit handelt es sich um von der Beklagten Ziff. 1 gestellte allgemeine Geschäftsbedingungen. Die Beklagte Ziff. 1 selbst hat die Regelungen des 35. VTV durch Bezugnahme zum Inhalt der Arbeitsverträge gemacht. Eine Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen schafft lediglich einen Ausgleich für die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch den Klauselverwender, sie dient aber nicht dem Schutz des Klauselverwenders vor den von ihm selbst eingeführten Formularbestimmungen (vgl. BAG 27.10.2005 - 8 AZR 3/05 - AP Nr. 5 zu § 310 BGB, zu II 1 a der Gründe; so auch in einem Parallelverfahren LAG Baden-Württemberg, 23.04.2007 - 15 Sa 116/06 - n. v.).
bb) Die Beklagten verkennen darüber hinaus auch, dass nach § 3 des DSK-Tarifvertrages § 27 BAT mit der Maßgabe gilt, dass die Grundvergütung nicht nach Lebensalter, sondern Berufsjahren zu bemessen ist. In der Rechtsprechung des EuGH ist jedoch anerkannt, dass der Rückgriff auf das Kriterium des Dienstalters in der Regel zur Erreichung des legitimen Zieles geeignet ist, die Berufserfahrung zu honorieren, die den Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten (EuGH 03.10.2006 - C-17/05 - NZA 2006, 1205 ff.).
cc) Soweit sich die Beklagten auf einen Verstoß gegen den aus dem primären europäischen Gemeinschaftsrecht abgeleiteten allgemeinen Gleichheitssatz berufen, übersehen sie, dass Verstöße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus europäischem Gemeinschaftsrecht, aus Artikel 3 Abs. 1 GG oder dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zwar dem zu Unrecht benachteiligten Arbeitnehmer einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit dem begünstigten Arbeitnehmer geben, nicht aber den Arbeitgeber berechtigen, dem begünstigten Arbeitnehmer den Anspruch zu nehmen, der dem benachteiligten Arbeitnehmer vorenthalten worden ist (vgl. BAG 14.12.1993 - 10 AZR 661/92 - AP Nr. 160 zu § 611 BGB Gratifikation, zu II 5 der Gründe). Danach kann sich die Beklagte zur Abwehr der Ansprüche der Klägerin nicht darauf berufen, die durch die Beklagte selbst durch ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen in Bezug genommene Vergütungsordnung verstoße gegen Gleichbehandlungsgrundsätze (vgl. LAG Baden-Württemberg 23.04.2007 - 15 Sa 116/06 - n. v.).
dd) Soweit die Beklagten schließlich einwenden, der 35. VTV sei mit Inkrafttreten des TVöD bzw. des TVL am 30.09.2005 bzw. am 31.10.2006 ohne Nachwirkung außer Kraft getreten (vgl. die Protokollerklärung Nr. 1 zu § 2 Abs. 1 TVÜ-L) hat dieser Umstand für die arbeitsvertragliche Anwendung des 35. VTV keine Bedeutung. Denn im Rahmen einer einzelvertraglichen Bezugnahme bleibt es den Parteien unbenommen, auch auf abgelaufene Tarifbestimmungen zu verweisen (vgl. nur BAG 20.09.2006 - 10 AZR 715/05 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44; BAG 05.06.2007 - 9 AZR 241/06 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 57). Die Bezugnahme auf abgelaufene Tarifbestimmungen kann zwar mit dem Nachteil verbunden sein, dass die Tarifvertragsparteien das Tarifwerk nicht mehr aktualisieren. Wenn dieser Folge nicht durch die Auslegung begegnet werden kann, dass das jeweils aktuelle Tarifwerk Anwendung findet (so im vorliegenden Fall die Auffassung des Arbeitsgerichts), kann dieser Nachteil nur von den Arbeitsvertragsparteien durch Änderung der Bezugnahmeklausel beseitigt werden.
ee) Die Anwendung der Unklarheitenregel ist auch nicht im Hinblick auf das neuere Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 24.09.2008 (6 AZR 76/07 - NZA 2009, 155) ausgeschlossen. Das Bundesarbeitsgericht hatte sich in dieser Entscheidung mit einer umfassenden Verweisung auf den Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundespost in der jeweils geltenden Fassung zu befassen. Es hat hierzu die Ansicht vertreten, die Bezugnahmeklausel erstrecke sich nach dem eindeutigen Auslegungsergebnis auf alle für Arbeiter geltenden Tarifverträge der Deutschen Bundespost. Unter diesen Umständen sei für die Anwendung der Unklarheitenregel kein Raum. Anders verhält es sich im Streitfall. Dieser zeichnet sich dadurch aus, dass der Arbeitsvertrag mehrere aufeinander nicht abgestimmte Verweisungen auf tarifliche Bestimmungen enthält.
3. Die arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Vergütungsbestimmungen KR zum BAT sind nicht mit Wirkung vom 01.01.2005 durch den MTV 2004 und den VTV Nr. 1 abgelöst worden.
a) Das genannte Tarifwerk fand ab 01.01.2005 auf das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten Ziff. 1 kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit Anwendung (§ 3 Abs. 1 TVG). Die Klägerin ist - wie oben ausgeführt - Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft ver.di. Die Beklagte Ziff. 1 war Tarifvertragspartei des MTV 2004 und des VTV Nr. 1. Zwar ergibt sich dies nicht schon aus der Bezeichnung der Vertragsparteien im Kopf der genannten Tarifverträge. Denn hiernach wurden die Tarifverträge auf Arbeitgeberseite von der P.S. abgeschlossen.
In verschiedenen Entscheidungen, beginnend mit dem Urteil vom 17.10.2007 (4 AZR 1005/06 - AP TVG § 1 Nr. 40) hat das Bundesarbeitsgericht jedoch entschieden, dass die von der tarifschließenden Gesellschaft als Konzernmuttergesellschaft abgeschlossene Tarifverträge auch für die Tochtergesellschaften (hier: die Beklagte Ziff. 1) gelten, weil aus der Angabe des Geltungsbereichs in § 1 Ziff. 1 MTV 2004 in Verbindung mit der Anlage A zum MTV 2004 klar erkennbar sei, dass die Konzernmuttergesellschaft die in der Anlage A namentlich genannten Tochtergesellschaften beim Abschluss des Manteltarifvertrags rechtsgeschäftlich vertreten habe. Mit den von der Beklagten Ziff. 1 gegen die Tarifgeltung vorgebrachten Einwendungen hat sich das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg in zahlreichen Entscheidungen (etwa Urteil vom 16.05.2007 - 10 Sa 110/06 - zitiert nach Juris) befasst und hat sie als unbegründet erachtet. Dem schließt sich die Kammer an.
Nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien ist der Manteltarifvertrag und der VTV Nr. 1 zum 31.12.2006 gekündigt worden. Beide Tarifverträge befinden sich somit nach § 4 Abs. 5 TVG im Stadium der Nachwirkung. Dass die Rechtsnormen der Tarifverträge zwischenzeitlich durch eine andere Abmachung ersetzt worden sind, ist nicht vorgetragen worden.
b) Ungeachtet der unmittelbaren Geltung des MTV 2004 und des VTV Nr. 1 bemisst sich die Vergütung der Klägerin auch nach dem 01.01.2005 nach § 5 Satz 1 des Arbeitsvertrags in Verbindung mit dem 35. VTV, weil diese Bestimmungen gegenüber den vorgenannten tariflichen Regelungen für die Klägerin günstiger sind. Entgegen der Auffassung der Beklagten verdrängt somit das seit 01.01.2005 geltende Tarifwerk nicht die infolge arbeitsvertraglicher Bezugnahme geltenden Vergütungsbestimmungen KR zum BAT. Vielmehr ist das Verhältnis der konkurrierenden Vergütungsregelungen nach Maßgabe des Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG zu lösen.
aa) Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei der Verweisungsklausel in § 5 Satz 1 des Arbeitsvertrags nicht um eine Tarifwechselklausel, sondern um eine Klausel, die ausschließlich die Geltung der Vergütungsbestimmungen KR der Anlage 1b zum BAT anordnet. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 30.08.2000 - 4 AZR 581/99, 25.09.2002 - 4 AZR 294/01 und 29.08.2007 - 4 AZR 777/06 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 12, 26 und 61; BAG 22.10.2008 - 4 AZR 784/07 - NZA 2009, 151) kann die Bezugnahme auf das Tarifwerk einer bestimmten Branche über ihren Wortlaut hinaus nur dann als große dynamische Verweisung (= Bezugnahme auf den jeweils für den Betrieb fachlich und betrieblich geltenden Tarifvertrag) ausgelegt werden, wenn sich dies aus besonderen Umständen ergibt. In Abgrenzung zu seiner früheren Rechtsprechung (BAG 04.09.1996 - 4 AZR 135/95 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 5) hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dies gelte jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer nicht tarifgebunden sei und die konkurrierenden Tarifwerke nicht von derselben Gewerkschaft abgeschlossen worden seien.
bb) Im vorliegenden Fall bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, die Verweisungsklausel in § 5 Satz 1 des Arbeitsvertrags als Tarifwechselklausel auszulegen. Die Beklagten haben zwar in der Berufungsinstanz vorgetragen, Zweck der im Arbeitsvertrag an verschiedenen Stellen vorgenommenen Verweisungen auf den DSK-Tarifvertrag und damit auf den BAT sei die beabsichtigte Gleichstellung der in Baden-Württemberg beschäftigten Arbeitnehmer mit den in Rheinland-Pfalz tätigen Arbeitnehmern gewesen. Es lag aber bereits keine Gleichstellungsklausel im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor, weil die Beklagte Ziff. 1 in Baden-Württemberg nie im Sinne des § 3 Abs. 1 TVG tarifgebunden war. Eine Gleichstellungsklausel kann darüber hinaus nicht mit einer Tarifwechselklausel gleichgesetzt werden. Die Gleichstellung soll nur die fehlende Tarifgebundenheit ersetzen. Soll ein Tarifwechsel ermöglicht werden, so erfordert dies die Vereinbarung einer sog. großen dynamischen Verweisungsklausel (= Tarifwechselklausel). Schließlich widerspricht das Vorbringen der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit diametral ihrem Vortrag in den vom Bundesarbeitsgericht am 09.11.2005 entschiedenen Verfahren. Denn in den damaligen Verfahren hatte die Beklagte Ziff. 1 die Auffassung vertreten, § 5 Satz 1 des Arbeitsvertrags enthalte gerade keine dynamische Verweisung auf die Vergütungsbestimmungen KR des BAT, also nicht einmal eine Gleichstellungsklausel.
Eine Tarifwechselklausel folgt auch nicht aus den § 14 Sätze 1 und 3 des Arbeitsvertrags. Hiernach gelten die Bestimmungen des DSK-Tarifvertrags längstens bis zum Zustandekommen eines Tarifvertrags für das jeweilige Tarifgebiet oder die jeweilige Einrichtung. Ab diesem Zeitpunkt gelten dann die Bestimmungen des geschlossenen Tarifvertrags. Dies betrifft dann auch § 9 dieses Arbeitsvertrags. Hierbei handelt es sich um eine Tarifwechselklausel, die sich ausschließlich auf die Arbeitsbedingungen "im übrigen" sowie auf die Kündigungsregelungen in § 9 des Arbeitsvertrags bezieht. Soweit Arbeitsbedingungen speziell in anderen Vertragsbestimmungen geregelt sind, fehlt es an einer Tarifwechselklausel. Dies war auch - folgt man dem Vortrag der Beklagten Ziff. 1 in den vom Bundesarbeitsgericht am 09.11.2005 entschiedenen Fällen - ausdrücklich gewollt. Denn hiernach sollte die Vergütungsregelung eine statische Angabe der konkreten Vergütung enthalten. Jedenfalls führt auch insoweit die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB zu einer Auslegung zu Lasten der Beklagten.
Bei einer derartigen Sachlage fehlt es an "besonderen Umständen", die ausnahmsweise die Auslegung einer sogenannten kleinen dynamischen Bezugnahmeklausel als Tarifwechselklausel rechtfertigen könnten. Auf die Frage, ob der Arbeitnehmer tarifgebunden ist oder nicht und ob die konkurrierenden Tarifwerke von unterschiedlichen Gewerkschaften geschlossen wurden, kann es jedenfalls bei der vorliegenden Vertragsgestaltung nicht entscheidend ankommen.
cc) Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 29.08.2007- 4 AZR 767/06 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 61 und BAG 22.10.2008 - 4 AZR 784/07 - NZA 2009, 151) ist die Konkurrenz zwischen arbeitsvertraglich in Bezug genommenen tariflichen Regelungen und kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit geltenden Tarifnormen nach dem Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG aufzulösen. Denn hierbei geht es nicht um die Konkurrenz zweier Tarifverträge, sondern um diejenige einer arbeitsvertraglichen Regelung mit einem normativ wirkenden Tarifvertrag. Soweit das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 23.03.2005 (4 AZR 203/04 - AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 29) eine andere Auffassung vertreten hat, hat es sie ausdrücklich aufgegeben.
Das Schrifttum ist der neuen Rechtsprechung gefolgt, hat aber eingewandt, im Allgemeinen werde die Bezugnahmeklausel ergeben, dass die Anwendung des gesamten Tarifvertrags und nicht nur Teile davon gewollt sei (Franzen, RdA 2008, 193, 197; Löwisch/Rieble, TVG, 2. Aufl. § 4 Rz. 265; dazu Bepler, RdA 2009, 65, 75). Regelmäßig solle insgesamt dasjenige Tarifwerk gelten, das tarifrechtlich Anwendung finde. Somit setze sich das normativ wirkende Tarifwerk durch. Nur auf diese Weise lasse sich eine "Rosinenpickerei" vermeiden.
Dem wird man im Allgemeinen durchaus folgen können. Im Streitfall besteht aber die Besonderheit, dass die Beklagte durch die von ihr vorgegebenen Formularverträge gerade die unklare Sachlage geschaffen hat, die das Bundesarbeitsgericht in seinen Entscheidungen vom 09.11.2005 zur Anwendung der Unklarheitenregel bewogen haben. Da die Vergütung im Arbeitsvertrag vom 21.02./22.03.2000 von der Bezugnahmeklausel des § 14 ausdrücklich nicht erfasst ist, ist die Annahme, es solle das in Bezug genommene Tarifwerk insgesamt zur Anwendung kommen, nicht gerechtfertigt.
dd) Die kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme geltenden Vergütungsbestimmungen KR Anlage 1b zum BAT sind für die Klägerin günstiger als die Vergütungsregelungen des MTV 2004 sowie des VTV Nr. 1 vom 24.09.2004. Bei der Anwendung des Günstigkeitsprinzips ist ein sogenannter Sachgruppenvergleich vorzunehmen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Bezugnahmeklausel auf einen Teil des Tarifwerks beschränkt ist (vgl. ErfK-Franzen, 9. Auflage, § 4 TVG Rz 37; Wiedemann/Oetker, TVG, 7. Auflage § 3 Rz 291). Zu vergleichen sind somit die Vergütungsbestimmungen beider Tarifwerke, also die Grundvergütung, der Ortszuschlag und die allgemeine Zulage. Hiernach fällt die Vergütung der Klägerin nach dem MTV 2004 und dem VTV Nr. 1 niedriger aus, insbesondere deswegen, weil für die Berechnung der Bewährungszeit nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum MTV 2004 und VTV Nr. 1 nur ein Zeitraum herangezogen werden kann, während dessen der Tarifvertrag galt (vgl. nur BAG 17.10.2007 - 4 AZR 1005/06 - AP TVG § 1 Nr. 40; BAG 12.12.2007 - 4 AZR 1058/06 - zitiert nach Juris). Demzufolge wäre die Klägerin in der Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2007 in die Vergütungsgruppe AP I eingruppiert. Ihre Grundvergütung beliefe sich in der Stufe 9 auf EUR 1.342,86, während sie in der Vergütungsgruppe KR II/Stufe 9 EUR 1.444,66 brutto beträgt. Ortszuschlag und allgemeine Zulage sind nach beiden Tarifwerken identisch.
c) Auf die vom Arbeitsgericht in den Mittelpunkt der Erörterungen gestellte Frage, ob die Verweisungsklausel des § 5 Satz 1 des Arbeitsvertrags eine Bezugnahme auf die neuen Tarifwerke des öffentlichen Dienstes (ab 01.10.2005: TVöD und ab 01.11.2006: TV-L) umfasst, kommt es im vorliegenden Rechtsstreit nicht an. Denn unabhängig davon, ob man eine etwaige Überleitung in den TVöD oder den TVL nach den §§ 5, 6 TVÜ-Bund, TVÜ-VKA oder dem TVÜ-L vornehmen würde, wäre das bei der Überleitung maßgebende Vergleichsentgelt stets auf der Grundlage der im September 2005 bzw. Oktober 2006 zustehenden Bezüge zu bilden. In den genannten Monaten hätte die Klägerin Anspruch auf eine Vergütung gehabt, die die Tariflohnerhöhungen nach dem 35. VTV einschließt. Die Klägerin wäre einer individuellen Zwischenstufe der Entgeltgruppe zuzuordnen gewesen, aus der heraus der Aufstieg in die nächst höhere reguläre Stufe bzw. eine Tariflohnerhöhung stattgefunden hätte. Eine derartige Erhöhung ihrer Arbeitsvergütung macht die Klägerin jedoch nicht geltend.
d) Von Mai 2006 bis einschließlich Dezember 2007 stehen der Klägerin somit 20x EUR 85,73 brutto, somit EUR 1.714,60 brutto, zu. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB. Die Beklagte Ziff. 2 schuldet die Differenzvergütung als Betriebserwerber gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Beklagte Ziff. 1 haftet daneben gemäß § 613a Abs. 2 Satz 1 BGB als Gesamtschuldner. Der Anspruch ist nicht gemäß § 70 Satz 2 BAT verfallen. Zwar hat die Klägerin die streitgegenständlichen Ansprüche erst mit Schreiben vom 28.11.2007 geltend gemacht. Bereits die im Vorprozess am 29.05.2006 eingereichte Klage genügte jedoch zur Wahrung der Ausschlussfristen.
III.
Die Berufung der Beklagten Ziff. 2 ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Ziff. 2 des erstinstanzlichen Urteils richtet. Die Beklagte Ziff. 2 ist verpflichtet, der Klägerin für die Monate Januar 2008 bis einschließlich August 2008 EUR 685,84 brutto zu bezahlen.
1. Der Anspruch ergibt sich aus § 5 Satz 1 des Arbeitsvertrags in Verbindung mit dem 35. VTV. Insoweit wird auf die Ausführungen zu 1. verwiesen.
2. Der Anspruch ergibt sich aber auch aus den §§ 12, 13 des MTV 2004 in Verbindung mit dem VTV Nr. 1. Selbst man also der unter II. vertretenen Auffassung nicht folgen wollte, hätte die Klägerin jedenfalls ab 01.01.2008 Anspruch auf die geltend gemachten Differenzvergütungen.
a) Die genannten Tarifverträge befinden sich seit 01.01.2007 im Stadium der Nachwirkung. Aufgrund des Betriebsübergangs von der Beklagten Ziff. 1 auf die Beklagte Ziff. 2 am 01.01.2008 ist der Inhalt der Tarifnormen jedenfalls nach § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses geworden. Mit Wirkung zum 01.01.2008 ist die Klägerin auch auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Berechnung der Bewährungszeiten (vgl. nur BAG 17.10.2007, a.a.O. und BAG 12.12.2007, a.a.O.) in die Vergütungsgruppe AP II aufgestiegen. Die Einstufung der Klägerin in die Stufe 9 des VTV Nr. 1 blieb nach § 24 Ziff. 1 a bestehen. Die gegenteilige Rechtsauffassung der Beklagten, Vorbeschäftigungszeiten bei anderen Unternehmen als bei der P.S. oder einer ihrer Tochtergesellschaften seien nicht zu berücksichtigen, lässt sich mit der Besitzstandsregelung des § 24 Ziff. 1 a des Manteltarifvertrags nicht in Einklang bringen. Auch wenn diese Bestimmung keine umfassende Besitzstandswahrung hinsichtlich der bisherigen Vergütung gewährleistet (hierzu LAG Berlin-Brandenburg 06.03.2008 - 26 Sa 322/07 - zitiert nach Juris; LAG Baden-Württemberg 09.10.2007 - 8 Sa 72/06 - zitiert nach Juris), stellt sie doch sicher, dass denjenigen Angestellten, deren Stufung nach Berufsjahren bzw. Lebensalter erfolgte, die bisherige Stufung erhalten bleibt. Im Falle der Klägerin ist dies die Stufe 9.
b) Hiernach beläuft sich die Gesamtvergütung der Klägerin ebenfalls auf EUR 2.008,84 brutto, woraus die eingeklagte Vergütungsdifferenz von EUR 85,73 brutto monatlich folgt. Die Verzinsung richtet sich ebenfalls nach den §§ 288, 291 BGB.
IV.
Die Beklagten haben nach § 97 Abs. 1 in Verbindung mit § 100 Abs. 4 ZPO die Kosten der Berufung zu tragen. Die Kostenentscheidung erster Instanz wurde ergänzt. Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Der vorliegende Fall unterscheidet sich vom Entscheidungsfall des Bundesarbeitsgerichts vom 22.10.2008 (4 AZR 784/07) dadurch, dass die Klägerin Mitglied in der tarifschließenden Gewerkschaft ist und beide Tarifwerke von derselben Gewerkschaft geschlossen wurden.
Ende der Entscheidung
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