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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 21.08.2000
Aktenzeichen: 1 Ta 54/00
Rechtsgebiete: BRAGO, ZPO


Vorschriften:

BRAGO § 28
BRAGO §§ 121 ff.
BRAGO § 126 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt.
BRAGO § 128
ZPO § 92
ZPO § 97 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
1 Ta 54/00

Beschluss vom 21.08.2000

In dem Beschwerdeverfahren

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 1. Kammer - durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Baur ohne mündliche Verhandlung am 21.08.2000 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Beteiligten Ziff. 1 wird die Vergütungsfestsetzung des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 16.06.2000 - 6 Ca 182/00 - abgeändert, soweit der Antrag auf Erstattung der Reisekosten zurückgewiesen wurde:

Über die festgesetzte Vergütung hinaus wird die dem im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe beigeordneten Beteiligten Ziff. 1 aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf weitere 69,97 DM festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Von den Kosten der Beschwerde trägt der Beteiligte Ziff. 1 zwei Drittel, der Beteiligte Ziff. 2 ein Drittel.

Der Gegenstandswert der Beschwerde beträgt 199,89 DM.

Gründe:

I. Der Beteiligte Ziff. 1, der in Buchen seine Anwaltskanzlei betreibt, wurde im Kündigungsschutzverfahren 6 Ca 182/00 vor dem Arbeitsgericht Heilbronn dem Beteiligten Ziff. 3 im Rahmen der diesem bewilligten Prozesskostenhilfe ohne Einschränkung beigeordnet. Nach Abschluss dieses Verfahrens macht der Beteiligte Ziff. 1 u. a. Fahrtkosten zur Wahrnehmung des Termins zur Güteverhandlung in Tauberbischofsheim am 23.05.2000 in Höhe von 34,32 DM und Abwesenheitsgeld in Höhe von 30,00 DM nebst Umsatzsteuer geltend. Außerdem verlangt er die Erstattung der Auslagen in Höhe von 129,92 DM, die ihm durch die Übermittlung von Handelsregistereinträgen durch eine Gesellschaft für Unternehmensinformationen entstanden sind. Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Erstattung dieser Auslagen zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Beschwerde.

II. Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde des Beteiligten Ziff. 1 ist nur zum Teil erfolgreich.

1. Die Beschwerde ist begründet, soweit der Beteiligte Ziff. 1 die Festsetzung der Reisekosten in Höhe von DM 69,97 zur Terminswahrnehmung verlangt.

Bei den geltend gemachten Auslagen nach § 28 BRAGO handelt es sich um Reisekosten, die im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe nur dann nicht zu vergüten sind, wenn sie zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen der Partei nicht erforderlich waren. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weshalb sie zu vergüten sind.

Der Beteiligte Ziff. 1 ist dem Beteiligten Ziff. 3 als Anwalt im Ausgangsverfahren durch Beschluss vom 23.05.2000 beigeordnet worden. Der Bewilligungsbeschluss ist die Kostenentscheidung für die Vergütungsfestsetzung. Folglich muss der Bewilligungsbeschluss eindeutig und umfassend sein und alle den Vergütungsgrund betreffenden Fragen klären. Da der Bewilligungsbeschluss vom 23.05.2000 Einschränkungen nicht enthält, ist die Vergütung im Rahmen der §§ 121 ff. BRAGO festzusetzen.

Das gilt auch im Hinblick auf die vorliegend umstrittenen Reisekosten. Mit der Beiordnung sind die Reisekosten des Beteiligten Ziff. 1 als zur Wahrnehmung der Interessen des Beteiligten Ziff. 3 für erforderlich erachtet worden. Die Beiordnung erfolgte in Kenntnis des Umstandes, dass der Beteiligte Ziff. 1 zur Terminswahrnehmung an den Gerichtsort von auswärts anreisen werde. Die Anreise zum Termin ist deshalb kein Sonderwunsch des Beteiligten Ziff. 3. Eine Beiordnung ohne Einschluss der Wahrnehmung des Termins verfehlt ihre Bedeutung. Die der Höhe nach außer Streit stehenden Reisekosten sind sonach festzusetzen.

Die Ausnahmevorschrift des § 126 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. BRAGO ist vorliegend entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht einschlägig.

Es erscheint schon fraglich, ob § 126 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. BRAGO dem Grundsatz nach auf das arbeitsgerichtliche Verfahren anwendbar ist, weil diese Vorschrift von der Zulassung eines Rechtsanwalts bei einem bestimmten Gericht ausgeht (vgl. hierzu für das Verfahren vor den Sozialgerichten: SG Siegen, JurBüro 1987, 1374). Wird diese Frage gleichwohl bejaht, so betrifft sie den Fall, dass ein Rechtsanwalt beigeordnet wird, der bei dem Prozessgericht nicht zugelassen ist und am Gerichtsort auch nicht wohnt. In diesem Fall liegen die Gründe für die Notwendigkeit einer Reise zum Gerichtsort und für die dadurch bedingten Mehrkosten nicht in der Person des Rechtsanwalts und dessen Zulassung bei einem bestimmten Gericht, denn dieser hat keine Veranlassung, nur an einem Ort zu wohnen, an dem sich ein Gericht befindet, bei dem er zugelassen ist. Vielmehr sind die Mehrkosten bedingt durch die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts in dem Bewilligungsbeschluss, mag dieser zu Recht oder zu Unrecht ergangen sein (vgl. Riedel-Sußbauer, BRAGO, 9. Aufl., § 126, Rz. 16). Wird sonach vom Gericht ein auswärtiger Rechtsanwalt beigeordnet, dann kommt in dem Beiordnungsbeschluss ersichtlich zum Ausdruck, dass das Gericht die Beiordnung gerade dieses Rechtsanwalts für sachdienlich und deshalb für notwendig gehalten hat; Reisen zum Gericht können dann nicht als überflüssig bezeichnet werden (BAG AP Nr. 2 zu § 126 RAGebO).

Soll diese vergütungsrechtliche Konsequenz vermieden werden, so darf der nicht gerichtsansässige Anwalt entweder überhaupt nicht oder nur mit seinem Einverständnis, dass im Verhältnis zu einem gerichtsansässigen Anwalt keine Mehrkosten geltend gemacht werden, beigeordnet werden. Das ist vorliegend jedoch gerade nicht erfolgt, weshalb die Beschwerde insoweit begründet ist.

2. Die Auslagen für die Übermittlung von Handelsregistereinträgen sind dagegen nicht zu vergüten. Insoweit ist die Beschwerde unbegründet.

Auch im Beschwerdeverfahren vermochte der Beteiligte Ziff. 1 nicht schlüssig zu begründen, auf Grund welcher konkreter Umstände die Einholung der Informationen zur Klageerhebung erforderlich gewesen ist. Der Beteiligte Ziff. 3 war länger als ein Jahr bei der Beklagten im Ausgangsverfahren beschäftigt. Er hat nicht vorgetragen, dass er gleichwohl nicht in der Lage war, seinen Arbeitgeber so hinreichend zu individualisieren, um eine Klage zweifelsfrei zustellen zu können. Der Beteiligte Ziff. 3 hat seinen Wohnsitz am Ort des Firmensitzes seines früheren Arbeitgebers. Bei dieser Sachlage erweist sich die Einholung der Kosten verursachenden Informationen nicht als einsichtig und somit als überflüssig. Die Beschwerde ist deshalb insoweit ohne Erfolg.

III. Die Kostenfolge beruht auf §§ 92, 97 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert der Beschwerde entspricht dem Betrag, um den sich der Beteiligte Ziff. 1 mit der Beschwerde verbessern will.

Ende der Entscheidung

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