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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 08.07.2004
Aktenzeichen: 11 Sa 6/04
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG


Vorschriften:

BGB § 130 Abs. 1 Satz 2
BGB § 134
BGB § 145
BGB § 613 a
BGB § 613 a Satz 4
BGB § 613 a Abs. 4
ArbGG § 64 Abs. 2 c
ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 66 Satz 1
ArbGG § 66 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 11 Sa 6/04

Verkündet am 08.07.2004

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - 11. Kammer -

durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Bernhard die ehrenamtliche Richterin Kopf-Priebe und den ehrenamtlichen Richter Schelb

auf die mündliche Verhandlung vom 08.07.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach vom 10.12.2003, Az. 2 Ca 256/03, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob das ursprüngliche Arbeitsverhältnis des Klägers bei der P auf die Beklagte übergegangen ist und der Kläger dort beschäftigt werden muss.

Der Kläger war seit 1987 bei der Firma P als Betriebsschlosser tätig. Seine Vergütung belief sich zuletzt auf 2500,00 Euro brutto monatlich. Über das Vermögen der P wurde am 01.04.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet. Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Dr. W, der Streitverkündete. Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung waren bei der Firma P noch zwischen 340 und 398 Mitarbeiter beschäftigt.

Am 14.03.2003 schlossen der Streitverkündete und der Betriebsrat der P eine Betriebsvereinbarung über die Schaffung von Auffangstrukturen, die zugleich ein Interessenausgleich und Sozialplan war. Danach sollten die Arbeitsverhältnisse aller Mitarbeiter zum 13.04.2003 beendet werden. Zu diesem Zwecke wurden zwischen den P- Mitarbeitern, dem Streitverkündeten als Insolvenzverwalter und der Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft m 3-seitige Verträge geschlossen, durch die neben der einvernehmlichen Beendigung der Arbeitsverhältnisse bei der P mit Wirkung zum 14.04.2003 Arbeitsverhältnisse mit der m begründet werden sollten.

Die Beklagte hat sodann durch notariellen Kaufvertrag vom 11.04.2003 mit Wirkung ab 14.04.2003 die wesentlichen sachlichen und immateriellen Betriebsmittel der P vom Insolvenzverwalter und Streitverkündeten käuflich erworben. Dass damit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 613 a BGB erfüllt wurden, ist zwischen den Parteien nicht streitig. Die Beklagte hat ab 14.04.2003 insgesamt 265 frühere P- Mitarbeiter neu eingestellt.

Der Kläger hat den 3-seitigen Vertrag am 20.03.2003 unterzeichnet und diesen dem Betriebsrat zur Weiterleitung an den Treuhänder, Rechtsanwalt H, überlassen. Dies erfolgte im Hinblick auf eine entsprechende Aufforderung des Insolvenzverwalters im Schreiben vom 14.03.2003 (Bl. 19 d. erstinstanzl. Akte). Vom Betriebsratsbüro wurde der vom Kläger unterzeichnete 3-seitige Vertrag allerdings nicht an den Treuhänder, sondern vielmehr direkt an den Insolvenzverwalter weitergeleitet. Das in dessen Auftrag von Rechtsanwalt O unterzeichnete Vertragsexemplar ging am 23.06.2003 bei der m ein. Zwischen dem 23.06. und 01.07.2003 unterzeichnete der Vertreter der Firma m sämtliche bei der m eingegangenen 3-seitigen Verträge, auch den des Klägers, nachdem der Treuhänder, jedenfalls nach dem Vortrag der Beklagten, die Zusage eines unbeschränkten Massekredits der P-Gesellschafter als Sicherheit für die Zahlung des noch ausstehenden Teils des Zuschusses akzeptiert hatte. Der Kläger widerrief mit Schreiben vom 02.07.2003 sein Vertragsangebot.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, zum Zeitpunkt der Betriebsübernahme durch die Beklagte habe noch ein wirksames Arbeitsverhältnis mit der Insolvenzschuldnerin bestanden. Ein wirksamer Aufhebungsvertrag im Rahmen des 3-seitigen Vertrages sei nicht zustande gekommen. Das Vertragsangebot des Klägers vom 20.03.2003 sei der Firma m und dem Insolvenzverwalter nicht wirksam zugegangen, weil die Erklärung des Klägers vom 20.03.2003 nicht willentlich in den Verkehr gebracht worden sei. Wenn der Betriebsrat das Angebot des Klägers nicht dem Treuhänder, sondern unmittelbar dem Insolvenzverwalter zur Verfügung gestellt habe, widerspreche dies der Intention der klägerischen Willenserklärung, weil der Treuhänder erst nach Eingang der Anschubsfinanzierung auf seinem Konto oder der Gestellung einer anderweitigen Sicherheit zur Vertragsweitergabe berechtigt gewesen sei. Mit seinem Schreiben vom 02.07.2003 habe der Kläger deshalb vor Zugang seiner Vertragserklärung diese wieder zurückgenommen und die Bindungswirkung beseitigt. Dass der Treuhänder im Übrigen die Massekreditzusage der Gesellschafter als Sicherheit akzeptiert habe, hat der Kläger bestritten und darüber hinaus die Auffassung vertreten, aufgrund der Betriebsvereinbarung sei eine andere als eine selbstschuldnerische Bürgschaft als Sicherheit auch nicht akzeptabel gewesen. Schließlich stellt der Kläger sich auf den Standpunkt, der 3-seitige Vertrag stelle eine Umgehung des § 613 a Satz 4 BGB dar, weil es zwischen Insolvenzverwalter und Beklagten ausgemachte Sache gewesen sei, welche einzelnen Mitarbeiter übernommen würden und welche nicht. Damit sei das Angebot des Insolvenzverwalters nicht auf ein endgültiges Ausscheiden aus dem Betrieb gerichtet gewesen, sondern auf eine Wiedereinstellung.

Der Kläger hat den Antrag gestellt:

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger in ihrem Betrieb in S als Betriebsschlosser zu den Arbeitsbedingungen zu beschäftigen, die zwischen dem Kläger und der P i.L. bis zum 13.04.2003 gegolten haben.

Die Beklagte hat

Klagabweisung

beantragt.

Sie geht davon aus, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der P vor Übergang des Betriebs auf die Beklagte durch Abschluss eines Aufhebungsvertrags im Rahmen des 3- seitigen Vertrags beendet worden ist. An sein entsprechendes Vertragsangebot sei der Kläger mit der Abgabe desselben im Betriebsratsbüro gebunden gewesen. Die Willenserklärung des Klägers sei auch zugegangen, und zwar mit Übergabe bzw. Posteingang beim Insolvenzverwalter, jedenfalls vor dem 23.06.2003. Dass der im 3- seitigen Vertrag vorgesehene Weg des Austauschs der Vertragsurkunden nicht eingehalten worden sei, habe keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Vertragsabschlusses, denn der im Vertrag niedergelegte Weg habe allein dem Schutz des Treuhänders vor Schadensersatzansprüchen gedient. Der Treuhänder sei im Übrigen durchaus berechtigt gewesen, andere Sicherheiten als die der selbstschuldnerischen Bankbürgschaft zu akzeptieren.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Parteienvorbringens wird auf die erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen, insbesondere wird insoweit verwiesen auf den Text der Betriebsvereinbarung über die Schaffung von Auffangstrukturen, die zugleich ein Interessenausgleich und Sozialplan ist (Bl. 43-53 d. erstinstanzl. Akte), und auf den des 3-seitigen Vertrags, den der Kläger am 20.03.2003 unterzeichnet hat (Bl. 55-60 d. erstinstanzl. Akte). Schließlich wird verwiesen auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat einen Beschäftigungsanspruch des Klägers bei der Beklagten abgelehnt, weil das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der P einvernehmlich zum 13.04.2003 aufgehoben worden sei und der Kläger gleichzeitig ein neues Arbeitsverhältnis mit der m mit Wirkung ab 14.04.2003 vereinbart habe. Nach Meinung des Arbeitsgerichts hat der Kläger die auf Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gerichtete Willenserklärung durch Abgabe im Betriebsratsbüro willentlich in den Verkehr gebracht. Das Vertragsangebot sei mit Posteingang beim Insolvenzverwalter auch zugegangen. Auf die Einhaltung des im 3-seitigen Vertrag vorgezeichneten Weges komme es für die Frage der Abgabe der Willenserklärung und deren Zugang nicht an. Ebenso wenig komme es darauf an, ob der Treuhänder sich möglicherweise vertragswidrig verhalten habe. Letzteres betreffe allenfalls das Innenverhältnis der Vertragsparteien, nicht aber die objektiv feststellbare Tatsache der Abgabe und des Zugangs der Willenserklärung. Mit dem Zugang beim Insolvenzverwalter aber sei der Kläger an sein Angebot gebunden gewesen, der Widerruf im Schreiben vom 02.07.2003 habe deshalb keine Wirksamkeit mehr entfalten können.

Das Arbeitsgericht hat auch keine Umgehung des § 613 a Absatz 4 BGB gesehen. Unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 10.12.1998 hat es ausgeführt, nur dann könnten Aufhebungsverträge wegen objektiver Gesetzesumgehung nichtig sein, wenn aufgrund einer Zusage des Betriebsübernehmers gegenüber dem früheren Betriebsinhaber, dass nahezu alle Arbeitnehmer eingestellt werden, der Abschluss der Aufhebungsverträge für die Arbeitnehmer kein Risikogeschäft mehr darstellte. Hiervon könne jedoch vorliegend nicht ausgegangen werden, weil die Beklagte bei Weitem nicht alle Arbeitnehmer eingestellt habe und das Risikogeschäft, die Neueinstellung betreffend, sich gerade beim Kläger auch realisierte.

Mit seiner am 19.01.2004 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen und am 03.03.2004 vor Ablauf der verlängerten Begründungsfrist begründeten Berufung gegen das ihm am 19.12.2003 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts verfolgt der Kläger sein Begehren auf Beschäftigung bei der Beklagten weiter. Er wiederholt dabei im Wesentlichen seine Rechtsauffassung, das Arbeitsverhältnis sei auf die Beklagte übergegangen, weil ein Aufhebungsvertrag zwischen dem Kläger und der P zuvor nicht zustande gekommen sei. Insoweit habe es bereits an der wirksamen Abgabe eines Vertragsangebots gefehlt, ein solches sei auch nie zugegangen, weil der Betriebsrat als Bote ohne Botenmacht gehandelt habe, als er vertragswidrig die vom Kläger unterzeichnete Urkunde des 3- seitigen Vertrages nicht an den Treuhänder, sondern an den Insolvenzverwalter weiterleitete. Eine Bindungswirkung des Angebots des Klägers sei deshalb nicht eingetreten, weshalb es mit Schreiben vom 02.07.2003 rechtswirksam habe widerrufen werden können. Die Voraussetzungen, unter denen eine Vertragsannahme überhaupt hätte erfolgen dürfen, seien im Übrigen nie eingetreten, da der Treuhänder nicht berechtigt gewesen sei, eine andere als eine befristete selbstschuldnerische Bürgschaft als Sicherheit zu akzeptieren. Schließlich bleibt der Kläger bei seiner Auffassung, dass der 3-seitige Vertrag wegen Verstoßes gegen § 613 a BGB unwirksam sei. Tatsächlich habe bereits lange vor Unterzeichnung der 3-seitigen Verträge festgestanden, welche Arbeitnehmer die Beklagte übernehmen wollte und welche nicht.

Der Kläger stellt den Antrag:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach vom 10.12.2003 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger in ihrem Betrieb in S als Betriebsschlosser zu den Arbeitsbedingungen zu beschäftigen, die zwischen dem Kläger und der P i. L. bis zum 13.04.2003 gegolten haben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Argumentation des Klägers für unzutreffend, weil der Betriebsrat sehr wohl berechtigt gewesen sei, das Angebot des Klägers an den Insolvenzverwalter weiterzuleiten, der gegenteilig beschriebene Weg im 3-seitigen Vertrag sei ausschließlich zum Schutze des Treuhänders und für diesen aufgezeichnet worden. Das Vertragsangebot sei dem Insolvenzverwalter auch zugegangen und zwar jedenfalls vor dem 23.06.2003, weshalb der Widerruf vom 02.07.2003 nicht mehr habe wirksam werden können. Der Treuhänder sei auch durchaus berechtigt gewesen, andere Sicherheiten als eine Bankbürgschaft zu akzeptieren, dies ergebe sich bereits aus der ausdrücklichen Regelung in § 4 Ziff. 4.1 der Betriebsvereinbarung, in der das Wort "insbesondere" zweifelsfrei deutlich mache, dass die Bürgschaft nicht die einzig mögliche Sicherheit gewesen sein kann, die die Vertragspartner zulassen wollten.

Eine Umgehung des § 613 a BGB sei im Aufhebungs- und Arbeitsvertrag zwischen Kläger, Insolvenzverwalter und m schon deshalb nicht zu sehen, weil die Beklagte lediglich 260 der ursprünglich 398 P-Mitarbeiter eingestellt habe, also rd. 65 Prozent der ursprünglichen Belegschaft der Firma P, womit durchaus für die ehemalige P-Belegschaft ein Risikogeschäft hinsichtlich ihrer Einstellung bestanden habe. Der vom Kläger vorgelegte Schichtplan April 2003 einer einzigen Abteilung der P sei, unter Berücksichtigung der letztlich übernommenen 65 Prozent der früheren P-Belegschaft, nicht aussagekräftig. Dem Kläger jedenfalls sei keine Einstellungszusage gemacht worden, auf eventuelle Einstellungszusagen gegenüber anderen komme es nicht an.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Parteienvorbringens wird auf die Berufungsbegründung und die Berufungserwiderung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 64 Abs. 2 c ArbGG statthafte, form- und fristgerecht unter Beachtung des § 66 Abs. 1, Satz 1 und 2 ArbGG, eingelegte und begründete und damit insgesamt zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen die Klage auf Beschäftigung des Klägers zu den Arbeitsbedingungen, die zwischen ihm und der Firma P ursprünglich bestanden haben, abgewiesen.

Auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils wird vollumfänglich verwiesen, nur im Hinblick auf die Einwendungen des Klägers in der Berufungsbegründung ist Folgendes auszuführen:

1. Der Kläger will einen Beschäftigungsanspruch im Rahmen eines auf die Beklagte übergegangenen Arbeitsverhältnisses geltend machen. Er beruft sich insoweit auf die Regelung des § 613 a BGB. Danach tritt ein Arbeitgeber in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeeitsverhältnisse ein, wenn ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf ihn übergeht. Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass die Beklagte den Betrieb der Firma P i.Ins. vom Insolvenzverwalter, dem Streitverkündeten, käuflich erworben hat und dass dadurch ein Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB erfolgte. Streitig zwischen den Parteien ist lediglich, ob infolge dieses Betriebsübergangs das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der P auf die Beklagte übergegangen ist. Dies hängt allein davon ab, ob zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs, also am 14.04.2003, noch ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der P bestand oder ob es zuvor durch Aufhebungsvertrag beendet wurde. Maßgeblich ist folglich allein, ob der 3-seitige Vertrag zwischen dem Kläger, dem Streitverkündeten als Insolvenzverwalter in der Insolvenz der Firma P und der Beschäftigungsgesellschaft m wirksam zustande gekommen ist, wobei im Hinblick darauf, dass ein 3-seitiger Vertrag vorliegt und eine Aufspaltung in getrennte vertragliche Regelungen nach der Interessenlage ersichtlich ausscheidet, für das Wirksamwerden des Vertrages, das Vorliegen dreier Vertragserklärungen erforderlich ist, während die zeitliche Reihenfolge der Erklärungen allerdings keine Bedeutung hat.

Der Kläger hat am 20.03.2003 das Angebot zum Abschluss des 3-seitigen Vertrags und damit auch des Vertrags auf Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses mit der Firma P zum 13.04.2003 unterzeichnet. Er hat darüber hinaus gemäß der entsprechenden Bitte des Insolvenzverwalters die unterzeichnete Vertragserklärung dem Betriebsrat ausgehändigt, der diese an den Treuhänder weiterleiten sollte. Damit hat der Kläger seine Vertragserklärung in den Rechtsverkehr gegeben, also im Rechtssinne abgegeben.

Allerdings tritt die Bindung an den Antrag gemäß § 145 BGB erst mit dem Wirksamwerden der Erklärung, also ihrem Zugang ein. Der Zugang erfolgte nicht bereits mit der Übergabe an den Betriebsrat, da dieser nicht den vereinbarten Weg der Weitergabe an den Treuhänder wählte, sondern unmittelbar dem Insolvenzverwalter die vom Kläger unterzeichnete Vertragsurkunde übergab. Insoweit stand die Wirksamkeit des Vertragsangebots des Klägers in Abhängigkeit davon, dass der Treuhänder seinem Prüfungsauftrag nachkam und die Finanzierbarkeit des 3-seitigen Vertrags bestätigte. Auch unter Berücksichtigung dessen aber ist die Vertragserklärung des Klägers zugegangen und damit wirksam geworden jedenfalls mit Unterzeichnung des Vertrags durch die weiteren Vertragspartner, die hierzu jeweils im körperlichen Besitz der Vertragserklärung des Klägers waren. Da zu diesem Zeitpunkt auch der Treuhänder die ihm angebotenen Sicherheiten akzeptiert hatte und die Bedingungen der Weitergabe erfüllt waren, ist spätestens mit Schlussunterzeichnung der Vertragsurkunde auch die Vertragserklärung des Klägers den übrigen Beteiligten des 3-seitigen Vertrages zugegangen.

Die Letztunterzeichnung des 3-seitigen Vertrages durch den Vertreter der Beschäftigungsgesellschaft m erfolgte zwischen dem 23.06. und dem 01.07.2003. Damit war die Vertragserklärung des Klägers spätestens am 01.07.2003 dem letzten Vertragspartner zugegangen, wobei es auf die Reihenfolge nicht ankommt. Der Treuhänder hatte bereits zuvor, nämlich am 23.06.2003, den unbeschränkten Massekredit der P-Gesellschafter als Sicherheit akzeptiert. Damit lagen alle Voraussetzungen vor, die nach dem 3-seitigen Vertrag selbst und seinem Begleitschreiben an den Kläger das Zustandekommen des Vertrags bewirkten. Dagegen erfolgte der Widerruf des klägerischen Vertragsangebots erst mit Schreiben vom 02.07.2003, zu einem Zeitpunkt also, als nach § 145 BGB das Angebot bereits wirksam geworden war. Somit ging der Widerruf ins Leere und konnte keine Rechtswirksamkeit entfalten.

Entgegen der Auffassung des Klägers sind die Voraussetzungen für den Zugang seiner Vertragserklärung erfüllt, auch wenn der Treuhänder "lediglich" den unbeschränkten Massekredit der P-Gesellschafter als Sicherheit akzeptierte. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass die in § 5 Ziff. 5.1 der Betriebsvereinbarung angesprochene befristete selbstschuldnerische Bürgschaft nur eine mögliche Sicherungsform darstellte, die es dem Treuhänder nicht untersagte, auch andere Sicherungen zu akzeptieren. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 4 Ziff. 4.1 der Betriebsvereinbarung, wo es heißt, dass der Treuhänder berechtigt ist, statt des Geldbetrags für die Forderung Sicherheit, insbesondere eine Bankbürgschaft zu akzeptieren.

Selbst wenn der Treuhänder die Erklärung gegenüber Insolvenzverwalter und insbesondere Beschäftigungsgesellschaft, er akzeptiere den Massekredit der P- Gesellschafter als Sicherheit, nicht bereits am 23.06.2003 mitgeteilt hätte, hätte die Widerrufserklärung des Klägers im Schreiben vom 02.07.2003 sein Vertragsangebot nicht beseitigt. Richtig ist zwar, dass gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB die abgegebene Erklärung durch rechtzeitigen Widerruf beseitigt werden kann. Die Vorschrift des § 130

Abs. 1 Satz 2 BGB ist jedoch dispositiv, so dass die Änderung auch schon auf den Zeitpunkt der Abgabe des Vertragsantrags vorverlegt werden kann. Die gewählte Vertragskonstruktion des 3-seitigen Vertrags unter Einschaltung eines Treuhänders spricht für den Willen aller drei Vertragsparteien zu einer solchen Bindung. Einerseits sollte das vom Arbeitnehmer abgegebene Vertragsangebot nicht sogleich, sondern erst nach Prüfung bestimmter Voraussetzungen durch den Treuhänder wirksam werden, indem dieser die schriftliche Vertragserklärung weiterleitete und so deren Zugang bewirkte. Andererseits war es ersichtlich für die Entscheidungsfindung der weiteren Vertragsparteien von Belang, ob eine ausreichende Anzahl von Arbeitnehmern sich auf das erarbeitete Sanierungskonzept einließ. Bei einer bloß geringen Beteiligung der Belegschaft gab die gewählte Konstruktion keinen Sinn. Der Kläger selbst hat vorgetragen, die Belegschaft sei quasi unter Druck gesetzt worden, weil seitens des Insolvenzverwalters und der m darauf hingewiesen worden sei, die Betriebsübernahme scheitere, wenn nicht alle Mitarbeiter ihre 3-seitigen Verträge abschlössen. Mit dieser Zielsetzung wäre es nicht vereinbar gewesen, wenn der Treuhänder nach Prüfung der maßgeblichen Voraussetzungen für den Vertragsschluss "grünes Licht" geben und die arbeitnehmerseitigen Vertragserklärungen weiterleiten sollte, jeder einzelne Arbeitnehmer jedoch bis zum Zugang seinen Vertragsantrag frei hätte widerrufen können. Das gilt um so mehr, als mit dem Vollzug der Vereinbarung schon vor dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses begonnen werden sollte. Mit der Unterzeichnung der Vertragsurkunde durch die Arbeitnehmer bzw. deren Herausgabe an den Betriebsrat wurde damit die Vertragserklärung des Klägers in Abweichung von § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB bindend (vgl. auch LAG Hamm 29.10.1998, 8 Sa 2337/97, nach Juris). Dieses bindende Angebot ist unstreitig sowohl von der Beschäftigungsgesellschaft m als auch vom Insolvenzverwalter angenommen worden, weshalb es zum wirksamen Vertragsabschluss kam mit der das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der P beendigenden Wirkung.

Dass damit eine rückwirkende Auflösung des Arbeitsverhältnisses verbunden war, weil das Arbeitsverhältnis am 13.04.2003 enden sollte, der Vertragsschluss aber erst am 01.07.2003 mit Letztunterzeichnung des Vertrags zustande kam, ist unschädlich, denn ein Aufhebungsvertrag kann das Arbeitsverhältnis auch rückwirkend zum vereinbarten Termin auflösen. Dies gilt zumindest dann, wenn das Arbeitsverhältnis bereits außer Vollzug gesetzt war (BAG 10.12.1998, 8 AZR 324/97, DB 1999, 537-539). So aber war es im Falle des Klägers, der ab dem 13.04.2003 vom Insolvenzverwalter nicht mehr beschäftigt wurde.

2. Der 3-seitige Aufhebungs- und Arbeitsvertrag ist auch nicht wegen Umgehung des § 613 a BGB gemäß § 134 BGB nichtig. Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und altem oder neuem Betriebsinhaber sind auch ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes wirksam möglich, wenn sie auf das endgültige Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb gerichtet sind (vgl. BAG 11.12.1997, 8 AZR 694/95; BAG 10.12.1998, 8 AZR 324/97, a.a.O.). Der Kläger selbst hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beklagte schon vorab beabsichtigt habe, ihn nicht weiter zu beschäftigen. Gerade dann aber kann von einer Umgehung des § 613 a BGB nicht ausgegangen werden. Da der Arbeitnehmer im Falle des Betriebsübergangs diesen durch Widerspruch verhindern kann, bleibt ihm immer noch die Möglichkeit, sein Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufzuheben.

Die Unwirksamkeit folgt auch nicht aus der objektiv bezweckten Beseitigung der Kontinuität des Arbeitsverhältnisses bei gleichzeitigem Erhalt des Arbeitsplatzes. Darum geht es vorliegend gerade nicht. Der Kläger wehrt sich nicht gegen die inhaltliche Umgestaltung seines Arbeitsverhältnisses nunmehr bei der Beklagten, er erstrebt vielmehr die Feststellung des Bestands eines Arbeitsverhältnisses als solchem, unbeschadet des mit der früheren Betriebsinhaberin geschlossenen Aufhebungsvertrags. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bietet jedoch lediglich Schutz vor Veränderung des Vertragsinhalts ohne sachlichen Grund (BAG 11.7.1995, 3 AZR 154/95, AP Nr. 56 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel), es gibt jedoch keine Legitimation der Rechtsprechung, § 613 a BGB noch weiter über die Grenzen des Wortlautes hinaus auszulegen und auch die auf tatsächliches Ausscheiden gerichteten Aufhebungsverträge von einem sachlichen Grund abhängig zu machen (BAG 10.12.1998, 8 AZR 324/97, a.a.O.).

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gegen die Beklagte. Ein solcher ergibt sich weder aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.11.1997 (8 AZR 295/95, AP Nr. 169 zu § 613 a BGB), noch aus Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 98/50/EG vom 29. Juni 1998. Danach ist zwar davon auszugehen, dass ein Fortsetzungsanspruch des wirksam vom alten Betriebsinhaber gekündigten Arbeitnehmers auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht nur bei einem infolge Übernahme der organisierten Hauptbelegschaft begründeten Betriebsübergangs, sondern auch bei einem durch spätere Übernahme der materiellen und immateriellen Betriebsmittel begründeten Betriebsübergangs anzunehmen ist, dies gilt aber nicht im Falle des im Insolvenzverfahren vollzogenen Betriebsübergangs. Im Übrigen geht es im Falle des Klägers nicht um einen Fortsetzungsanspruch aus einem aufgrund betriebsbedingter ordentlicher Kündigung beendeten Arbeitsverhältnis, vielmehr ist der Kläger mittels Aufhebungsvertrags bei der P ausgeschieden. Die Richtlinien und § 613 a Abs. 4 BGB aber schützen den Arbeitnehmer lediglich vor einer Kündigung wegen Betriebsübergangs, Aufhebungsverträge hingegen werden weder untersagt noch in ihrer Wirkung eingeschränkt (BAG 10.12.1998, 8 AZR 324/97, a.a.O.).

Dass dem Kläger von der Beklagten kein neues Arbeitsverhältnis angeboten wurde, begründet auch keinen Wegfall der Geschäftsgrundlage. Sollte eine derartige Erwartung des Klägers bestanden haben, wäre sie nicht zur Geschäftsgrundlage geworden, sondern einseitig geblieben. Der Kläger konnte, wie seine Kollegen, allenfalls hoffen, es werde zu einer Einstellung durch die Beklagte kommen. Diese Hoffnung hat der Kläger nach seinem eigenen Vortrag aber von Anfang nicht gehegt, er hat selbst in der Berufungsverhandlung darauf hingewiesen, dass die Signale seines früheren Unternehmens eindeutig in die Richtung gingen, dass er, der Kläger, von der Beklagten nicht übernommen werden würde. Beim Kläger also war noch nicht einmal eine ernsthafte Hoffnung vorhanden, ein Beschäftigungsverhältnis bei der Beklagten eingehen zu können, dies war bereits zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags am 20.03.2003 so und änderte sich nicht in der Folgezeit. Folgerichtig hat der Kläger auch zu keiner Zeit behauptet, es seien ihm Hoffnungen auf die Übernahme gemacht oder gar eine Einstellungszusage erteilt worden. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass der Kläger nicht nur ein Risiko einging, als er den Aufhebungsvertrag unterzeichnete, sondern sich bewusst sein musste, dass dieser zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowohl bei der P als auch bei der Beklagten führte. Dennoch hat er den Aufhebungsvertrag unterzeichnet, er muss sich daran festhalten lassen.

Der mit dem Rechtsmittel unterlegene Kläger trägt die Kosten der Berufung nach § 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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