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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 28.03.2007
Aktenzeichen: 12 Sa 81/06
Rechtsgebiete: BGB, BAT, BUrlG, TVöD-AT, KSchG, GewO


Vorschriften:

BGB § 626 Abs. 1
BGB § 626 Abs. 2
BAT § 13 Abs. 2
BAT § 37 a
BUrlG § 9
TVöD-AT § 34 Abs. 2 Satz 1
KSchG § 1 Abs. 2
GewO § 106
1. Die außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses setzt voraus, dass der maßgebliche Kündigungsgrund nicht länger als zwei Wochen bekannt ist.

2. Länger zurückliegende Ereignisse (Altfälle) können unterstützend mit herangezogen werden, sofern sie auf der "gleichen Linie" liegen bzw. in einem "inneren Zusammenhang" mit dem eigentlichen Kündigungsgrund stehen.

3. Verneinung eines derartigen inneren Zusammenhangs bei Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten einerseits und Hauptpflichten andererseits.

4. Abgemahnte Altfälle sind ohne einschlägigen Wiederholungsfall regelmäßig kündigungsrechtlich "verbraucht", gleichwohl aber deren Mit-Berücksichtigung bei der unerlässlichen Gesamtbetrachtung im Rahmen der Interessenabwägung.


Tenor:

1. a. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Mannheim vom 11.07.2006 - 12 Ca 100/06 -, soweit die Feststellungsklage abgewiesen wurde abgeändert, im Kostenpunkt aufgehoben und insgesamt zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

b. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung vom 28.02.2006, noch durch die außerordentliche Kündigung vom 28.02.2006 mit sozialer Auslaufrist mit Ablauf des 30.09.2006 aufgelöst wurde.

c. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zum Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Verfahrens als Medizinisch-Technische Assistentin weiterzubeschäftigen.

2. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreites - beide Rechtszüge - trägt die Beklagte.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Mit ihrer seit dem 06.03.2006 anhängigen Klage wehrt sich die Klägerin gegen eine außerordentliche Kündigung vom 28.02.2006.

Die am 15.03.1957 geborene Klägerin lebt von ihrem Ehemann getrennt. Sie ist Mutter zweier Söhne, die zur Zeit der Kündigung 14 und 17 Jahre alt waren.

Seit April 1980 steht sie in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten als Medizinisch-Technische Laborassistentin - zuletzt ab 01.03.1994 - in der kardiologischen Abteilung der I. Medizinischen Klinik der Beklagten. Dem Arbeitsverhältnis ist der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und die ergänzenden oder abändernden Tarifverträge einzelvertraglich zugrundegelegt. Zur Aufgabe der Klägerin gehört es, Elektrokardiogramme (EKG) zu erstellen.

Am 02.12.1997 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin wegen behaupteten genesungswidrigen Verhaltens nach Krankschreibung. Das Arbeitsgericht Mannheim gab mit Urteil vom 08.05.1998 - Az.: 7 Ca 442/97 - der Kündigungsschutzklage statt mit der Begründung, der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden. Die hiergegen eingelegte Berufung wurde vom Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 02.12.1998 - Az.: 12 Sa 90/98 - mit der Begründung zurückgewiesen, trotz der stundenweise durchgeführten Verkaufstätigkeit in einem Fachgeschäft für Kinderspielzeug während der Dauer ihrer Krankschreibung hätten sich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Heilungsprozess verzögert worden sei. Die von der Beklagten eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde zurückgewiesen - Az.: 6 AZN 76/99 -.

Anfang April 2002 begab sich die Klägerin in eine regelmäßige und fortdauernde fachärztliche Behandlung durch den Nervenarzt, Psychotherapeuten und Psychoanalytiker Dr. W. He.

Anfang des Jahres 2004 bat sie das zuständige Jugendamt um Hilfe in Erziehungsfragen. Das Jugendamt beantragte im weiteren Verlauf beim Amtsgericht - Familiengericht - L. die Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes und zur Regelung und Entscheidung in schulischen Angelegenheiten der beiden Söhne der Klägerin.

Am 12.07.2005 führte die Klägerin während der Arbeitszeit über einen Dienstapparat ein etwa 25-minütiges Telefonat mit der Klassenlehrerin eines ihrer Söhne. Im Laufe dieses Gespräches erfuhr die Klägerin, dass der Sohn etwa 30 mal nicht die Schule besucht hatte.

Im Laufes des Jahres 2005 verstarb der Vater der Klägerin, den diese bis dahin teilweise wegen einer Parkinson-Erkrankung gepflegt hatte.

Vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung vom 28.02.2006 hat die Beklagte den Betriebsrat mit dreiseitigem Anschreiben vom 22.02.2006 angehört und auf 14 beigefügte Anlagen-Konvolute verwiesen - vgl. Bl. 1 bis 84 des Anlagenbandes zur erstinstanzlichen Akte -.

Ausweislich dieser Anlagen wirft die Beklagte der Klägerin folgende - im Wesentlichen unstreitige - Vertragsverletzungen vor:

Anlage 1(Blatt 4 bis 21):

Prof. Dr. S., Arzt für Transfusionsmedizin, beschwerte sich mit Schreiben vom 13.11.1986 bei der Personalabteilung über

- inadäquate Bestellpraxis von Patienten,

- Bestellung zu großer Mengen seltener und teurer Testserien,

- bewusste Falschinformation im Zusammenhang mit Vorstehendem,

- Verlust teurer Testserien,

- unterschriftliche Dokumentation tatsächlich nicht durchgeführter Kreuzproben,

- mangelhafte Beherrschung der Gerätewartung,

- mangelhafte Sorgfalt bei Laboranalysen,

- Mängel bei der Qualitätskontrolle, nicht zeitnahe Eintragungen im Prüfungsprotokoll,

- mangelhafte Wartung von Laborgeräten,

- 28%igen Abweichung von einer vorgegebenen Lösungsmenge.

Ähnliche schriftliche Vorwürfe datieren aus dem Zeitraum vom 28.07. 1986 bis zum 04.08.1988.

Anlage 2 (Blatt 22 bis 23):

Am 20.10.1993 sprach die Beklagte der Klägerin eine schriftliche "Missbilligung" unter Androhung arbeitsrechtlicher Maßnahmen aus, weil sie ohne vorherige Genehmigung des Vorgesetzten ihren Arbeitsplatz verlassen hatte, um ein Gespräch mit einem Betriebsratsmitglied zu führen und weil sie in anderem Zusammenhang am 15.09.1993 gegenüber einem Arzt erklärt hatte, dieser hätte "ja Radio hätte hören können, um festzustellen, dass es Staus auf den Brücken zwischen L. und M. gegeben ..." habe.

Anlage 3 (Blatt 24 bis 34):

Ausweislich eines Aktenvermerks vom 25.11.1997 und einem Schreiben vom 27.11.1997 ging die Klägerin während einer mehrmonatigen orthopädischen Erkrankung stundenweise einer Nebenbeschäftigung in einem Einzelhandelsgeschäft für Spielwaren nach. Deswegen sprach die Beklagte die (vorerwähnte) außerordentliche Kündigung vom 02.12.1997 aus.

Anlage 4 (Blatt 35 bis 51):

Mit Schreiben vom 06.02.2001 beschwerte sich Oberarzt Dr. P. bei der Personalabteilung über die Klägerin wegen

- Nichteinhaltung der Arbeitszeit,

- falscher Ablage von EKG,

- unfreundlichen Umgangstons gegenüber Patienten,

- des Umstandes, dass EKG-Patienten am 25.10.2000 vor verschlossener Tür zirka 10 bis 15 Minuten warten mussten.

Mit Schreiben vom 26.03.2001 verwies die Personalverwaltung auf diese Vorgänge verbunden mit dem Hinweis, von arbeitsrechtlichen Maßnahmen noch einmal abzusehen, aber darauf zu bestehen, dass der unfreundliche Umgangston abzustellen sei; im übrigen betrachtete sie die Angelegenheit als erledigt.

Anlage 5 (Blatt 52, 53):

Mit Schreiben vom 07.05.2001 bestand die Personalverwaltung auf Einhaltung von Arbeitszeiten, die Änderung oder der Tausch von persönlichen Dienstzeiten dürfe nur in Absprache mit dem zuständigen Oberarzt erfolgen.

Anlage 6 (Blatt 54, 55):

Mit schriftlicher "Abmahnung" vom 16.04.2002 sprach die Beklagte der Klägerin eine "Missbilligung" aus, weil sie einige EKG vom 11.03. erst zwei Tage später weitergeleitet habe; hierdurch sei die Möglichkeit einer Gefährdung von Patienten hervorgerufen worden. Für den Fall, dass sich ein ähnlicher Vorfall wiederhole, drohte die Beklagte die Kündigung an.

Anlage 7 (Blatt 56, 57):

Mit schriftlicher Abmahnung vom 22.12.2004 missbilligte die Beklagte, dass die Klägerin zwei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen verspätet im Sinne von § 37 a BAT vorgelegt hatte, weil einer ihrer Söhne als Bote versagt hatte. Bei Wiederholung eines ähnlichen Vorfalls seien arbeitsrechtliche Konsequenzen unvermeidbar.

Anlage 14 (Blatt 58 bis 61):

Am 22.06.2005 führte Oberarzt Dr. H. im Beisein der Leiterin der kardiologischen Ambulanz und eines Betriebsratsmitgliedes mit der Klägerin ein Kritikgespräch wegen

- verspäteten Dienstantritts,

- mangelhafter Vorbereitung von Arbeitsvorgängen in der kardiologischen Ambulanz,

- zu langsamer Erledigung von EKG: anstelle von fünf Minuten benötige sie 8,9 Minuten pro EKG.

Dr. H. betonte die Bereitschaft zu einem Neubeginn, sofern die Klägerin zwölf EKG pro Stunde erledige.

Mit zweiseitigem Schreiben vom 28.06.2005 an die Klägerin fasst er seine Erwartungen zusammen.

Anlage 8 (Blatt 62 bis 68):

- 1. Abmahnung vom 04.07.2005 wegen Nichterfüllung des Arbeitspensums am 06.05. und 09.05.,

- 2. Abmahnung vom 06.07.2005, weil die Klägerin am 06.05. 16 EKG nicht am gleichen Tage auf den Stationen verteilt habe,

- 3. Abmahnung vom 06.07.2005, weil 29 unbearbeitete EKG im sogenannten Datenschutz-Container (Abfall-Container) aufgefunden worden seien, hinsichtlich derer die Klägerin behauptet habe, es habe sich insoweit um sogenannte Doppelanmeldungen ein- und desselben EKG gehandelt.

Anlage 9: (Blatt 69):

Mit Schreiben vom 12.07.2005 erklärte Oberarzt Dr. H. gegenüber der Klägerin, sie unter anderem mehrfach aufgefordert zu haben, "keine privaten Telefonate von Apparaten des Klinikums zu führen".

Anlage 10 (Blatt 71, 72):

Die Personalverwaltung erteilte der Klägerin am 05.08.2005 eine schriftliche "Ermahnung", weil sie am 12.07.2005 (mit Erlaubnis einer - hierzu nicht befugten - Sekretärin) über den Dienstapparat von Dr. Sü. ein privates Telefongespräch mit der Klassenlehrerin eines ihrer Kinder geführt hatte (vgl. oben Anlage 9). Die Beklagte behielt sich vor, bei weiterem Fehlverhalten das Arbeitsverhältnis zu kündigen.

Anlage 11 (Blatt 73 bis 77):

Mit dreiseitigen Schreiben vom 16.01.2006 berichtete Dr. H. der Personalverwaltung über bestimmte "Verhaltensmuster" der Klägerin, nämlich:

- Doppelschreibungen von EKG,

- Nichtbeachtung der Anweisung, EKG an konkrete Anforderungen anzutackern,

- Verstoß hiergegen und anschließende Entschuldigung, der Tacker sei leer gewesen,

- mangelhafte bzw. unterlassene Bereitstellung von Material für den Echo-Raum (Echo-Gel, Wischtücher, Druckerpapier),

- ungenügende Erledigung von EKG mit sinkender Tendenz.

Dr. H. bat die Verwaltung anschließend darum, "nochmals ein freundliches Gespräch mit ihr zu führen, um sie dazu zu bewegen, die wenigen und durch sie sicher leicht zu bewältigenden Aufgaben .... in einer adäquaten Art und Weise zu befolgen."

Ausweislich eines Aktenvermerks vom 27.01.2006 - Abl. 76 - führte Dr. H. im Beisein eines Betriebsratsmitgliedes mit der Klägerin ein Personalgespräch. Der Vermerk hat unter anderem folgenden Inhalt:

"Ohne näher auf die Verfehlungen der jüngsten Zeit einzugehen, wurde das Schreiben der I. Medizinischen Klinik und die im Laufe ihrer Beschäftigung angefallenen Abmahnungen und vielfältigen Beanstandungen zum Anlass genommen, Frau K. nochmals die Brisanz der Situation darzustellen, dass seitens des Arbeitgebers ihr Verhalten nicht länger tragbar ist und sie bei dem nächsten Vorfall mit der Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses rechnen muss. Es wurde ihr letztmalig im Rahmen dieses persönlichen Gespräches nahegelegt, ihr Verhalten zu ändern, da ihr bereits mehrmals in den letzten Jahren die Gelegenheit gegeben wurde und es jedoch immer wieder zu erneuten Beanstandungen gekommen ist.

Frau K. äußerte daraufhin, dass sie den Anweisungen ihrer Vorgesetzten nachkommen würde. Von der Unterzeichnerin wurde hierauf am Beispiel der Anweisung, keine Privatgespräche von Dienstapparaten aus zu führen, verdeutlicht, dass sie sich trotz mehrfacher Hinweise durch die Vorgesetzten immer wieder darüber hinweggesetzt hat ..."

Anlage 12 (Blatt 78, 79):

Oberarzt Dr. B. berichtete der Personalabteilung mit Schreiben vom 03. und 14.02.2006 unter anderem:

"Während einer TEE-Untersuchung am 31.01.2006 gemeinsam mit Herrn Dr. Kä. hat Frau K. während der Untersuchung (Patient in Dormicum-Sedierung) auf einen privaten Anruf auf ihrem Handy reagiert und ein privates Telefongespräch geführt".

Er wies auf ein "Personalgespräch am 01.02.2006" hin, wonach "... Privatgespräche während der Arbeitszeit ..." nicht mehr toleriert würden. Die Klägerin habe zunächst "private Telefongespräche" bestritten, später aber zugegeben.

Anlage 13 (Blatt 82, 83):

Mit zwei weiteren Schreiben vom 16. und 17.02.2006 berichtete Dr. B. der Personalverwaltung, dass die Klägerin am 16.02. gegen 15.30 Uhr vom Telefon im Untersuchungsraum "Echo 1" ein nichtdienstliches Gespräch mit einem Betriebsratsmitglied des Klinikums L. geführt und anschließend gegen 16.00 Uhr (Dienstende) den hiesigen Betriebsrat aufgesucht habe, sich seit dem 17.02. in psychiatrischer Behandlung befinde und deswegen bis zum 10.03. krankgeschrieben sei.

Der Betriebsrat stimmte - in Kenntnis dieser Anlagenkonvolute - der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung mit Schreiben vom 27.02.2006 zu mit dem Hinweis, sich auf die Vorwürfe ab dem Jahr 2004 konzentriert zu haben - Abl. 85 -.

Die außerordentliche Kündigung vom 28.02.2006 ging der Klägerin noch am gleichen Tage zu.

Ab dem 17.02.2006 war die Klägerin erneut arbeitsunfähig krank. Seit dem 01.03.2006 befand sie sich in psychiatrischer Behandlung. Die Klinik F.- Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie - attestierte am 18.04. folgendes Krankheitsbild:

"Oben genannte Patientin befindet sich seit 01.03.06 in psychiatrischer Behandlung in unserer Tagesklinik. Die Aufnahme erfolgte unter der Diagnose einer Anpassungsstörung mit depressiver agitierter Symptomatik bei histrionischer Persönlichkeitsstruktur.

Der psychische Aufnahmebefund war geprägt durch ungebremsten Redefluss, Agitiertheit, Affekt-Labilität mit Wut und Weinausbrüchen, impulsive Gefühlsäußerungen bis hin zum Erregungszustand. Frau K. wirkte unkonzentriert, zerfahren, war nicht in der Lage, Affekte und Unruhe unter Kontrolle zu halten.

Bei eskalierten Konflikten mit Kollegen und Vorgesetzten hatten sich hoher Spannungspegel und großer Leidensdruck aufgebaut, die Patientin erlebte sich in ihren Nöten alleingelassen, durch chronische Stresssituation und Ungerechtigkeiten am Arbeitsplatz überfordert.

Das Denken war in starrer Weise auf Problemsituationen eingeengt, ließ wenig Raum für flexible Sichtweisen und mögliche Problemlösungen. Produktiv psychotische Symptomatik war nicht feststellbar. Zu Suicidalität war sie glaubhaft distanziert.

Unter therapeutischen Bedingungen wurde zwischenzeitlich eine gewisse Beruhigung und Entspannung wiedererlangt, jedoch noch keine hinreichende Stabilität. Eine längerfristige psychotherapeutische Behandlung ist indiziert."

Zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz - 11.07.2006 - nahm die Klägerin einmal wöchentlich eine Gesprächstherapie wahr.

Die Klägerin hat vor dem Arbeitsgericht im Wesentlichen vorgetragen:

Am 12.07.2005 habe die Klassenlehrerin eines ihrer Söhne sie angerufen, weil dieser etwa 30 Tage mit unbekannten Aufenthalt verschwunden sei und nicht die Schule besucht habe. Aufgrund der damit verbundenen Aufregung könne sie nicht bestätigen, ob das Gespräch, wie von der Beklagten behauptet, 25 Minuten betragen habe.

Am 31.01.2006 sei sie vom Jugendamt auf ihrem privaten Handy angerufen worden; sie habe das Gespräch erst nach Beendigung der TEE-Untersuchung eines Patienten angenommen, es aber sofort mit dem Hinweis beendet, später zurückzurufen. Das Jugendamt habe Wert darauf gelegt, sie wegen der besonderen Erziehungsprobleme jederzeit auf diese Weise erreichen zu können.

Am 16.02.2006 habe sie mit dem ihr bekannten Betriebsratsvorsitzenden des Klinikums L. telefoniert, um ein arbeitsgerichtliches Urteil zu erhalten, aus dem sich ergebe, dass Krankheitstage nicht auf den Urlaub angerechnet werden dürften. Hierfür sei Anlass gewesen, dass ihre Vorgesetzte, Frau W., dies im Zusammenhang mit zwei während ihres Februar-Urlaubs aufgetretenen Krankheitstagen (vgl. oben Anlage 12) gleichwohl habe tun wollen.

Bei Anhörung des Betriebsrates habe die Beklagte gegen den Grundsatz der Vertraulichkeit der Personalakte verstoßen, weil ohne gezielte Selektion und unkommentiert große Teile ihrer Personalakte in Fotokopie dem Anhörungsbogen beigefügt worden seien. In Bezug auf die außerordentliche Kündigung vom 02.12.1997 habe die Beklagte wider besseres Wissen tatsächlich nicht existente Vertragsverstöße -nämlich genesungswidriges Verhalten im Krankenstand - unterstellt, obwohl das Landesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 02.12.1998 (AZ: 12 Sa 90/98) zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die orthopädischen Beschwerden einer lediglich stundenweise durchgeführten Arbeitsaufnahme als Verkäuferin von leichten Spielwaren nicht entgegengestanden hätten.

Dem Betriebsrat seien Unterlagen vorgelegt worden, vor deren Aufnahme in die Personalakte sie nicht informiert worden sei.

Die Kündigung sei auch deswegen unwirksam, weil angesichts einer erfolgversprechenden psychiatrischen Behandlung keine Wiederholungsgefahr bestehe.

Die Klägerin hat beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die mit Schreiben der Beklagten vom 28.02.2006 ausgesprochene fristlose Kündigung nicht aufgelöst ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieses Rechtsstreites als Medizinisch-Technische Assistentin weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.

Sie hat behauptet, das Telefongespräch vom 12.07.2005 mit der Klassenlehrerin des Sohnes habe tatsächlich 25 Minuten gedauert. Trotz mehrfacher Abmahnungen habe die Klägerin am 16.02.2006 erneut während der Dienstzeit ohne triftigen Grund ein privates Telefongespräch geführt, dies nachdem die Beklagte einen am 15.02. für den 17.02.2006 gestellten Urlaubsantrag abgelehnt habe.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 11.07.2006 der Feststellungsklage teilweise entsprochen, indem es die außerordentliche Kündigung vom 28.02.2006 in eine solche mit sozialer Auslauffrist zum 30.09.2006 umgedeutet hat. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Kündigungsgrund an sich für die außerordentliche Kündigung liege in einer beharrlichen Missachtung des mehrfach ausgesprochenen Verbotes, während der Dienstzeit private Telefongespräche mittels Dienstapparat zu führen.

Die auszugsweise Verwertung von Teilen der Personalakte stelle keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Vertraulichkeit dar. Vor Aufnahme der maßgeblichen Vorgänge in die Personalakte sei der Klägerin gemäß § 13 Abs. 2 BAT rechtliches Gehör gewährt worden. Der unterlassene Hinweis auf die in allen Instanzen erfolgreiche Kündigungsschutzklage nach Ausspruch der außerordentlichen Kündigung vom 02.12.1997 stelle keine vorsätzliche Unterdrückung maßgeblich entlastender Umstände dar, habe die Beklagte doch zutreffend darauf hingewiesen, dass der Klägerin ein relevanter Vertragsverstoß nicht habe nachgewiesen werden können.

Bei Abwägung der langen Betriebszugehörigkeit der Klägerin gegen die einzelnen Vertragsverstöße habe nicht nur auf das vertragswidrige und zudem abgemahnte Telefonverhalten abgestellt werden müssen, sondern auch auf die weiteren Vertragsverstöße der vorangegangenen 20 Dienstjahre.

Zu Lasten der Klägerin sei gewertet worden, dass sie sich am 16.02.2006 in keiner Notsituation befunden habe, die es erfordert hätte, die begehrte juristische Auskunft noch während der Arbeitszeit über ein Diensttelefon anzufordern. Angesichts der kurze Zeit vorher erteilten Abmahnung vom 12.07.2005 und des mündlichen Verwarnungsgespräches vom 27.01.2006 habe eine beharrliche Pflichtverletzung vorgelegen, die trotz der psychiatrischen Behandlung auf Wiederholungsgefahr schließen lasse. Es seien keine Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass die von der F. Klinik diagnostizierte Anpassungsstörung mit depressiv agitierter Symptomatik die Steuerungsfähigkeit der Klägerin beeinträchtigt habe.

Aus sozialen Gesichtspunkten sei die Beklagte jedoch gehalten, eine Auslauffrist im Umfang der tariflichen Kündigungsfrist zu wahren; die Klägerin benötige diesen Zeitraum, um den Vater ihrer Söhne dazu anzuhalten, seiner gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung nachzukommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die sie wie folgt begründet:

Die in den Anlagen wiedergegebenen Vorwürfe seien teilweise unsubstantiiert und nicht nachvollziehbar. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der Anlage 4 - Beschwerde von Oberarzt Dr. P. -. Die dort geschilderten "Unzulänglichkeiten" seien nicht nachvollziehbar und nicht erwiderungsfähig.

Hinsichtlich der Anlage 6 - schriftliche Abmahnung vom 16.04.2002 - sei die vorangegangene schriftliche Stellungnahme des Klägervertreters vom 04.04.2002 dem Betriebsrat vorenthalten worden:

Darin sei das Vorliegen einer schweren Verfehlung in Abrede gestellt worden, sodann habe die Klägerin sich für eine verzögerte Weiterleitung von EKG entschuldigt und im übrigen darauf hingewiesen, dass sie "psychisch am Ende" gewesen sei angesichts einer Parkinson-Erkrankung des von ihr bis zum Jahr 2005 gepflegten Vaters.

Hinsichtlich des in der Anlage 7 gemachten Vorwurfes, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verspätet vorgelegt zu haben, führt sie aus, sich auf ihren Sohn H.-J. verlassen zu haben. Zur damaligen Zeit habe das Jugendamt ein Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls eingeleitet, welches sich bis nach Ausspruch der Kündigung hingezogen habe; erst am 31.08.2006 sei ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht hinsichtlich ihrer beiden Söhne entzogen worden - Beschluss des Amtsgerichtes, Az.: 5 c F 322/04 -. Der am 18.01.1989 geborene Sohn H.-J. habe sich in einem sogenannten Mutter-Sohn-Konflikt befunden. Er sei seit April 2006 in der Obhut der Evangelischen Diakonie. Er sei internetsüchtig, schwänze ständig die Schule und habe Alkohol- und Drogenprobleme. Auch der am 26.02.1992 geborene G.-M. habe notorisch die Schule geschwänzt.

Ihr Ehemann habe sie weder bei der Erziehung der Kinder, noch bei der Pflege des im Jahr 2005 verstorbenen Vaters entlastet. Die Ehe sei seit langem gescheitert, sie lebe von ihm getrennt. Diese mehrfache familiäre Belastung habe sich auch auf ihre Arbeitsleistungen ausgewirkt, es bestehe jedoch keine Wiederholungsgefahr, weil sie sich bereits seit Anfang April 2002 in erfolgversprechender psychotherapeutischer Behandlung bei Nervenarzt Dr. He. befinde.

Die in der Anlage 8 zitierte erste "Abmahnung" vom 04.07.2005 sei keine solche im Rechtssinne. Ähnliches gelte hinsichtlich des Schreibens von Oberarzt Dr. H. vom 12.07.2005 (Anlage 9). Es enthalte allenfalls ein erstmals ausgesprochenes Verbot von privaten Telefonaten mittels Dienstapparat, Anlass hierfür sei das vorangegangene Telefonat mit Klassenlehrerin Pu. gewesen. Auch das Schreiben der Personalverwaltung vom 05.08.2005 sei keine rechtstechnische Abmahnung, weil anders bezeichnet; maßgeblich sei ihre Sicht als Erklärungsempfängerin.

Das dreiseitige Schreiben von Dr. H. vom 16.01.2006 (Anlage 11) beinhalte lediglich eine Aneinanderreihung nicht nachvollziehbarer Vorwürfe. Die Bezeichnung "Verhaltensmuster" lasse nicht erkennen, was im Einzelnen gegenüber der Personalverwaltung geschildert werde. Der einzige erkennbare Zweck habe in ihrer Diskreditierung gelegen.

Das Kritikgespräch vom 27.01.2006 habe zwar auch Privat-Telefonate zum Gegenstand gehabt, aber dies sei nicht der Gesprächsschwerpunkt gewesen.

Es sei nur beispielhaft auf das Telefonat vom 12.07.2005 mit der Klassenlehrerin hingewiesen worden. Da keine einschlägigen Sachverhalte angesprochen worden seien, sondern nur Allgemeines, komme auch diesem Gespräch ein rechtstechnischer Abmahnungscharakter nicht zu.

Hinsichtlich des Handy-Vorfalls vom 30.01.2006 trägt sie vor, dass das Jugendamt ihre ständige Erreichbarkeit für erforderlich gehalten habe und dass dieser kurze Kontakt, den sie sofort beendet habe, erst nach Beendigung der Untersuchung erfolgt sei. Erst am 13.02.2006 habe Oberarzt Dr. B. ihr jedwede private Handynutzung im Klinikum untersagt.

Sie habe zwar am 16.02.2006 (vgl. Anlage 13) mit einem Betriebsratsmitglied des Klinikums L. telefoniert, aber es müsse auch berücksichtigt werden, dass sie an sich an diesem Tag noch arbeitsunfähig krank gewesen sei. Während ihres Urlaubes vom 06. bis 10.02.2006 habe sie am 09.02.2006 starkes Fieber gehabt und sei deswegen bis zum 17.02. arbeitsunfähig krankgeschrieben worden. Noch am gleichen Tage habe sie - was unstreitig ist - die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an die Beklagte gefaxt. Gleichwohl sei sie wegen eines Personalengpasses am 13.02. wieder zur Arbeit erschienen, dies, obwohl sie weiterhin krank gewesen sei. Frau W. von der Personalverwaltung habe ihr bedeutet, dass entgegen der Regelung von § 9 BUrlG die beiden Kranktage nicht gutgeschrieben würden. Um dies zu widerlegen, habe sie Herrn Ko. (Vorsitzender des Betriebsrates des Klinikums L. und ehemaliges Betriebsratsmitglied des hiesigen Klinikums) gegen Ende der Arbeitszeit angerufen und ein einschlägiges Urteil erbeten.

Bereits zum Zeitpunkt dieses Telefonates sei sie psychisch erkrankt gewesen, was durch die spätere Diagnose der Klinik F. vom 01.03.2006 bestätigt worden sei. Sie führe mittlerweile gewissenhaft ihre Therapie durch. Infolge der Entscheidung des Jugendamtes vom 31.08.2006 habe sich auch die familiäre Situation spürbar entspannt, sodass Rückfälle, die sich auf ihre Arbeitsleistungen auswirken könnten, nicht mehr zu befürchten seien.

Die Klägerin hält die außerordentliche Kündigung für unverhältnismäßig in Ansehung ihrer langen Betriebszugehörigkeit, ihrer Unterhaltspflichten gegenüber zwei Kindern und den geschilderten familiären Problemen.

Die Klägerin beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichtes Mannheim vom 11.07.2006 - Az.: 12 Ca 100/06 - wird abgeändert, soweit die Klage abgewiesen wurde.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch die mit Schreiben der Beklagten vom 28.02.2006 ausgesprochene außerordentliche Kündigung mit Ablauf der Auslauffrist am 30.09.2006 aufgelöst wurde.

3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieses Rechtsstreites als Medizinisch-Technische Assistentin weiterzubeschäftigen.

4. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte beantragt:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das vorgenannte Urteil abgeändert: Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

2. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit es die Klage abgewiesen hat.

Insbesondere bestreitet sie, dass bereits im Zeitpunkt des Zuganges der außerordentlichen Kündigung eine positive Prognose hinsichtlich der psychischen Erkrankung der Klägerin begründet gewesen sei.

Sie greift das Urteil jedoch mit ihrer Berufung an, soweit eine soziale Auslauffrist mit der angeblichen Notwendigkeit einer Überbrückungszeit begründet wurde. Angesichts des bisherigen Fehlverhaltens der Klägerin sei ihr eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze samt ihrer Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufung der Klägerin ist begründet.

a. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 28.02.2006 scheitert an den tatsächlichen Voraussetzungen von § 34 Abs. 2 Satz 1 TVöD-AT. Danach können Arbeitsverhältnisse von Beschäftigten, die das 40. Lebensjahr vollendet haben und für die die Regelungen des Tarifgebiets West Anwendung finden, nach einer Beschäftigungszeit von mehr als 15 Jahren durch den Arbeitgeber nur aus einem wichtigen Grund gekündigt werden. Diesen besonderen Kündigungsschutz genießt die Klägerin.

Gemäß § 626 Abs. 1 BGB setzt ein derartiger wichtiger Grund Tatsachen voraus, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

Zunächst bedarf es danach eines wichtigen Grundes "an sich", der in einem zweiten Überprüfungsschritt infolge einer Abwägung der gegenseitigen Interessen schwerer wiegt als das Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers. Im Rahmen dieser Abwägung ist auch zu überprüfen, ob der Arbeitnehmer in der Vergangenheit in ähnlichem Zusammenhang bereits förmlich abgemahnt worden war und ob es einen "einschlägigen" Wiederholungsfall ebenfalls von einigem Gewicht gab.

Gemäß § 626 Abs. 2 BGB kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.

Vorfälle, die länger als zwei Wochen dem Kündigungsberechtigten bekannt sind, können daher nicht berücksichtigt werden und scheiden bereits als Kündigungsgrund "an sich" aus.

Bildet ein sich länger hinziehendes, immer wieder in Erscheinung tretendes vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers den wichtigen Grund, ist die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nur dann gewahrt, wenn während der letzten beiden Wochen vor Zugang der Kündigung dem Arbeitgeber Vorfälle bekannt geworden sind, die "ein weiteres und letzten Glied in der Kette der Ereignisse bilden, die zum Anlass der Kündigung genommen werden". In diesem Fall kann der Arbeitgeber unterstützend auf frühere Ereignisse zurückgreifen. Verfehlt wäre es jedoch, allein schon in einem behaupteten Vertrauensverlust und einer entsprechenden notorischen hartnäckigen Unwilligkeit des Arbeitnehmers zur korrekten Zusammenarbeit ohne diese Einschränkung einen bis zu der fristlosen Kündigungen anhaltenden Dauerzustand zu erblicken, der die Kündigung rechtfertigen könnte. Ob ein Vertrauensverlust oder eine fehlende Bereitschaft des Arbeitnehmers zur Zusammenarbeit vorliegt, ist eine Schlussfolgerung, die im Rahmen der Interessenabwägung aufgrund bestimmter Tatsachen vorzunehmen ist.

Nicht die Ergebnisse einer solchen Würdigung, sondern die Vorgänge selbst, die eine solche Beurteilung rechtfertigen, sind die maßgebenden Tatsachen im Sinne des § 626 Abs. 2 BGB (so nahezu wörtlich BAG, 17.08.1972, Az.: 2 AZR 359/71 unter II. 2. c. am Ende der Entscheidungsgründe = AP Nr. 4 zu § 626 BGB Ausschlussfrist).

Im Einzelfall kann die inhaltliche Bewertung, was als "weiteres und letztes Glied in der Kette der Ereignisse" zu verstehen ist, schwierig sein.

Bei sogenannten echten Dauertatbeständen ist dies ohne weiteres der Fall, wenn fortlaufend neue Tatsachen eintreten, die zu weiteren Störungen der betrieblichen Abläufe führen, etwa andauerndes unentschuldigtes Fehlen oder eigenmächtige Verlängerung nicht genehmigten Urlaubs, weil sich hier ein und dasselbe Grundmuster einer Vertragsverfehlung allein durch Zeitablauf fortlaufend verstärkt.

So liegt der Fall hier jedoch nicht.

Derartige einheitliche Verhaltensweisen mit Fortsetzungszusammenhang sind jedoch anders zu beurteilen als punktuelle Vorfälle von jeweils unterschiedlicher Natur, die sich nicht ohne Weiteres als Intensivierung und Wiederholung eines gleichartigen Vertragsverstoßes bewerten lassen.

So liegt der Fall hier.

Verfristete und unverfristete punktuelle Vorfälle müssen zu einander in einem "inneren Zusammenhang" stehen (BAG, 10.04.1975, Az.: 2 AZR 113/74 unter 4. der Entscheidungsgründe = AP Nr. 7 a. a. O.).

Begründet hat dies das Bundesarbeitsgericht damit, dass durch das Hervorheben von "Belanglosigkeiten" aus neuester Zeit, die mit den verfristeten Kündigungssachverhalten in keinem inneren Zusammenhang stehen, die Möglichkeit geschaffen werden könnte, ohne Rücksicht auf § 626 Abs. 2 BGB eine fristlose Kündigung noch auf Vorfälle zu stützen, mit denen der Kündigende schon lange ausgeschlossen ist. Der Zweck der Ausschlussfrist würde auf diese Weise vereitelt werden können.

(Daher wurde zum Beispiel ein derartiger innerer Zusammenhang zu Recht verneint im Falle einer Zuständigkeitsüberschreitung im Zusammenhang mit der Begebung von Postschecks einerseits und einer Indiskretion durch Öffnung fremder Post andererseits (BAG, AP Nr. 7 a. a. O.).)

Auf eine gewisse Gleichartigkeit kommt es auch an bei Prüfung der Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung, die, insbesondere bei steuerbarem Arbeitnehmerverhalten, eine erfolglose Abmahnung zur Voraussetzung hat (BAG, 04.06.1997, Az.: 2 AZR 526/96 = AP Nr. 137 zu § 626 BGB). Wurde der Arbeitnehmer förmlich abgemahnt, ist damit zunächst der konkret gerügte punktuelle Sachverhalt als Kündigungsgrund verbraucht, es sei denn, danach sei ein einschlägiger Wiederholungsfall aufgetreten.

Daher muss auch der Wiederholungsfall ein vertragswidriges Verhalten zum Gegenstand haben, welches mit dem zuvor abgemahnten Verhalten zumindest auf der "gleichen Ebene" liegt bzw "gleichgelagert" ist, nicht aber notwendigerweise völlig gleichartig sein muss (vgl. dazu KR-Fischermeier, 8. Aufl., § 626 BGB Rndz. 327ff; Sibben, NZA 1993 S. 583 unter II. 1., unter Berufung auf die gefestigte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes in AP Nr. 3 und 9 zu § 1 KSchG, Verhaltensbedingte Kündigung).

Diese Einschränkung hält auch das erkennende Gericht für unerlässlich. Es wäre verfehlt, das Erfordernis der "Gleichartigkeit" gänzlich aufzugeben und gewissermaßen nur auf den "kleinsten gemeinsamen Nenner einer generellen Unzuverlässigkeit" abzuheben (insoweit wohl ablehnend auch Fischermeier a. a. O.). Würde bereits generelle Unzuverlässigkeit mit Gleichartigkeit gleichgesetzt, würde damit im Ergebnis wohl nahezu jeder Verhaltensgesichtspunkt im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG in diese Kategorie fallen. Damit würde im Ergebnis die zweiwöchige Ausschlussfrist von § 626 Abs. 2 BGB sinnentleert.

b. Auch der vorliegende Fall zeichnet sich ausweislich der Anlagen 1 bis 14 der Anlagenkonvolute zum Anhörungsschreiben vom 22.02.2006 gerade dadurch aus, dass an sich verfristete Vorfälle zur Stützung des die Kündigung auslösenden unverfristeten Verhaltens herangezogen werden. Auch kann dieses die Kündigung auslösende Telefonverhalten der Klägerin vom 16.02.2006 keineswegs als völlige "Belanglosigkeit" im Sinne der Formulierung des Bundesarbeitsgerichtes gewertet werden.

Im Gegenteil: die vorsätzliche Missachtung des am 27.01.2006 zum zweiten Mal ausdrücklich unter Kündigungsandrohung ausgesprochene Telefonverbot lässt auf erste Sicht (prima facie) den Unwillen der Beklagten, die Klägerin weiterzubeschäftigen, nur als allzu verständlich erscheinen.

Gleichwohl ergibt eine genauere Betrachtung der Einzelvorgänge, dass die in den Anlagen 1 bis 8 und 14 geschilderten Vorgänge weitgehend, wenn nicht vollständig, in einem anderen inneren Zusammenhang stehen als die anschließenden Vorgänge bis zum Kündigungsausspruch und somit von einander durch eine deutliche - auch zeitliche - Zäsur gekennzeichnet sind. Dies ergibt sich aus Folgendem:

c. Das Telefonat vom 16.02.2006 wurde ersichtlich innerhalb der Zwei-Wochen-Frist vor Kündigungsausspruch geführt. Es steht in einem inhaltlichen Zusammenhang mit dem verfristeten Telefonat vom 12.07.2005. Zum Zeitpunkt dieses ersten Telefonates hatte die Beklagte der Klägerin dies noch nicht förmlich verboten. Erst im Anschluss an das Gespräch war ihr untersagt worden, "private Telefonate von Apparaten des Klinikums" zu führen. Dies ergibt sich aus den Anlagen 9 und 10. Zu Unrecht geht die Klägerin allerdings davon aus, die schriftliche Ermahnung vom 05.08.2005 sei aus der Sicht eines Erklärungsempfängers nicht als förmliche Abmahnung auszulegen. Eine Abmahnung ist inhaltlich dadurch gekennzeichnet, dass ein bestimmtes vertragswidriges Verhalten gerügt wird und dass zusätzlich für den Fall der Wiederholung arbeitsrechtliche Konsequenzen angedroht werden.

Beides ist in dem Schreiben vom 05.08.2005 geschehen. Hieran ändert nichts die Bezeichnung als "Ermahnung". Die Klägerin kann nicht glauben machen, ihr sei als juristischer Laie durch die Fachbezeichnung "Ermahnung" deutlich gemacht worden, dass arbeitsrechtliche Konsequenzen nicht angedroht werden sollten.

Spätestens aber durch das Kritikgespräch vom 27.01.2006 (Anlage 11) wurde deutlich zum Ausdruck gebracht, dass "Privatgespräche von Dienstapparaten" als Vertragsverletzungen gewertet werden und dass die Klägerin bei dem nächsten Vorfall mit einer Kündigung rechnen müsse. Diese mündliche Abmahnung erfuhr aus der Sicht der Klägerin ihre besondere Bedeutung durch die teilnehmenden Personen, nämlich den fachlichen Vorgesetzten Oberarzt Dr. H. und ein Betriebsratsmitglied.

Ein Wiederholungsfall einschlägiger Natur kann jedoch nicht in der Entgegennahme eines Handy-Anrufes am 31.01.2006 erblickt werden, weil die private Nutzung ihres eigenen Telefons nicht ausdrücklich verboten worden war und - soweit ersichtlich - eine derartige Nutzung im Klinikumsbereich mit Ausnahme von Teilbereichen, in denen aus technischen Gründen Funkstörungen vermieden werden müssen, nicht unüblich ist. Erst nach diesem Handy-Gespräch vom 31.01. hat Dr. B. am 01.02.2006 der Klägerin auch sonstige Privatgespräche während der Arbeitzeit verboten.

Das Verbot, Privatgespräche von Dienstapparaten zu führen, erfolgte in Ausübung des Direktionsrechtes gemäß § 106 GewO. Die Beklagte hatte ein berechtigtes Interesse daran, dass bezahlte Dienstzeit nicht zweckentfremdet wird und Dienstapparate nicht unnötig blockiert werden.

Obwohl das Telefonat der Klägerin letztendlich dienstlich veranlasst war, so war es doch ein Privatgespräch. Anders wäre es allenfalls dann gewesen, wenn es mit dem Betriebsrat des Hauses geführt worden wäre.

d. Der gesamte Telefonkomplex vom 12.07.2005, 05.08.2005, 27.01.2006 und 16.02.2006 betrifft die Verletzung einer vertraglichen Nebenverpflichtung.

Dagegen betreffen die Vorfälle aus der Zeit vom 28.07.1986 (Anlage 1) bis zu den Abmahnungsvorgängen vom 04. und 06.07.2005 (Anlage 8) überwiegend die Verletzung arbeitsvertraglicher Hauptpflichten. Fast ausschließlich geht es um verzögerliches oder mangelhaftes Arbeiten im Zusammenhang mit der Erstellung der EKG.

Andersartig sind auch die Vorgänge vom Oktober 1993 (Anlage 2), in denen das unerlaubte Verlassen des Arbeitsplatzes und der verzögerte Dienstantritt gerügt wird; gleiches gilt hinsichtlich des Vorganges vom 07.05.2001 (Anlage 5), der den Tausch von Dienstzeiten ohne Genehmigung des Oberarztes zum Gegenstand hat, ebenso der Vorgang vom Dezember 2004 (Anlage 7), nämlich die verspätete Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Diese Vorfälle aus der Zeit vor der Jahresmitte 2005 betreffen zwar Nebenpflichtverletzungen, sie sind aber nicht auf der gleichen Linie liegend und daher nicht vergleichbar mit dem Telefonkomplex aus der Zeit ab dem 12.07.2005.

e. Im übrigen sind die Vorgänge im Zusammenhang mit den Anlagen 6, 7 und 8 jeweils abgemahnt, ohne dass insoweit einschlägige Wiederholungsfälle aufgetreten wären. Damit sind sie bei isolierter Betrachtung kündigungsrechtlich verbraucht. Im Rahmen einer unerlässlichen Gesamtwürdigung können gleichwohl derartige Vorfälle nicht völlig ausgeblendet werden, obwohl sie, wie oben ausgeführt, nicht auf der gleichen inneren Linie liegen, nicht Bestandteil einer gleichartigen Kette von Ereignissen sind und zudem Alt-Fälle darstellen. So darf nicht völlig ausgeblendet werden, dass die Klägerin insgesamt fünf mal abgemahnt wurde, nämlich im März 2002 wegen EKG-Erstellung (Anlage 6), im Dezember 2004 wegen verspäteter Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Anlage 7), im Juli 2005 erneut im Zusammenhang mit EKG-Erstellungen (die drei Abmahnungen betreffen eigentlich ein einheitliches Gesamtverhalten) und schließlich durch die Abmahnungen vom 05.08.2005 und vom 27.01.2006. (Allerdings kann der Bericht vom 16.01.2006 (Anlage A 11) keinerlei Berücksichtigung finden, weil die Bezugnahme auf bestimmte "Verhaltensmuster" allenfalls früher stattgefundene Vertragsverletzungen memoriert, ohne weiteren Tatsachenvortrag zu enthalten (vgl. insoweit BAG, 17.08.1972 a. a. O.).)

Es wäre aber verfehlt, der Klägerin generelle Abmahnungs-Resistenz zu unterstellen und damit gleichartiges Verhalten zu bejahen; einer derartige Sichtweise ist das Bundesarbeitsgericht (17.08.1972, 10.04.1975 a. a. O.) zu Recht entgegengetreten.

Wenn somit die vorerwähnten Komplexe im Rahmen einer Gesamtwürdigung mitberücksichtigt werden, bedeutet dies nicht, dass damit die zuvor gemachte Differenzierung zwischen Alt-Fällen, einschlägigen Wiederholungsfällen und solchen Fällen, die auf der gleichen Linie liegen müssen, wieder aufgegeben wird. Diese unterschiedlichen Fälle zu gewichten ist Gegenstand der nachstehenden Interessenabwägung.

f. Zur Interessenabwägung:

Die Verneinung eines inneren Zusammenhangs zwischen dem Telefonkomplex einerseits und den zeitlich vorangehenden Vertragsverfehlungen aus der Zeit vor Mitte 2005 bedeutet nicht, dass die alten Vertragsverfehlungen bei einer Gesamtbewertung im Rahmen des wichtigen Grunde völlig außer Betracht bleiben müssen. Zumindest ist das (unter c. erwähnte) abgemahnte Verhalten mit einzubeziehen, nämlich die Vorgänge der Anlage 6 und der Anlage 8, sowie der Anlage 14, welche mit dem Vorgang vom 22.06.2005 ein ähnliches (weil personell ausgestattetes) Kritikgespräch zum Gegenstand hatte wie dasjenige vom 27.01.2006. Diese vier Abmahnungsvorgänge beziehen sich jeweils auf das Leistungsverhalten im Zusammenhang mit der Erstellung von EKG.

Dagegen hat der Vorgang A 3 (fristlose Kündigung vom 02.12.1997) völlig außer Betracht zu bleiben, weil der Klägerin insoweit ein Vorwurf nicht gemacht werden kann.

Der Vorgang der Anlage 7 (verspätete Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG bzw. § 37a BAT) stellt kündigungsrechtlich eine Bagatelle dar, weil die verzögerten Vorlage eine Krankheitsbeweises (im Gegensatz zur unverzüglichen Benachrichtigung von einer Krankheit gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG) relativ bedeutungslos ist. Entscheidend ist, dass der Nachweis überhaupt erbracht wird; bis dahin besteht ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitgebers.

Zu Lasten der Klägerin muss im Zusammenhang mit dem Telefonkomplex gewertet werden, dass die Klägerin zwei Mal förmlich abgemahnt wurde, nämlich am 05.08.2005 und erneut am 27.01.2006 und dass sie sich ohne rational nachvollziehbaren Grund bereits am 16.02.2006 über das Verbot hinweggesetzt hat.

Prima facie (also auf den ersten Blick) durfte die Beklagte subjektiv zur Zeit des Ausspruches ihrer Kündigung vom 28.02.2006 durchaus annehmen, die Klägerin sei überhaupt nicht gewillt, sich ihrem Direktionsrecht zu beugen. Diese Sicht der Dinge berücksichtigt jedoch nicht, dass die Klägerin sich bereits am 16.02.2006 in einem psychisch labilen Zustand befunden hatte, was ja auch Oberarzt Dr. B. in seinem Schreiben vom 17.02.2006 (Anlage 13) mit den Worten angedeutet hatte:

"Frau K. ist heute nicht zur Arbeit erschienen und befindet sich nach unseren Informationen in psychiatrischer Behandlung ...".

Es ist eher unwahrscheinlich, dass, wie von der Beklagten auch nur vermutet, die psychiatrische Auffälligkeit der Klägerin erst am 01.03.2006 plötzlich aufgetreten ist. Das Gericht teilt daher auch nicht die Ansicht, dass im Telefonverhalten vom 16.02. eine bewusste und gewollte Widersetzlichkeit gegenüber der Beklagten zum Ausdruck kam, sondern eher ein irrationaler Handlungsdrang, zumal ein nachvollziehbarer rationaler Grund nicht ersichtlich ist, gerade jetzt und in dieser Weise auf die Weigerung der Beklagten, zwei Urlaubstage wegen Krankheit gutzuschreiben, zu reagieren.

Allerdings ist für die Klägerin entlastend zu berücksichtigen, dass das die Kündigung auslösende Telefonat zwar wegen des externen Gesprächspartners privater Natur war, es aber dennoch einen konkreten dienstlichen Anlass hatte.

Wenngleich in geringerem Maße entlastend ist auch, dass keine erkennbaren Gesichtspunkte dafür vorliegen, die trotz bestehender Arbeitsunfähigkeit einer Anwendung von § 9 BUrlG entgegengestanden haben könnten; insbesondere ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen der Beweiswert der eingereichten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in tatsächlicher Hinsicht erschüttert gewesen sein könnte.

Letztlich zeitigte auch das Telefonat vom 16.02.2006 ebenso wie das vom 12.07.2005 keine besonderen betrieblichen Auswirkungen (abgesehen von der Nichterfüllung der Arbeit während der Gespräche). Wäre konkret zu erledigende Arbeit liegengeblieben, hätte die Beklagte dies in der ansonst geschehenen Art und Weise auch dokumentiert. Das Telefonat vom 16.02.2006 fand überdies eine halbe Stunde vor Dienstschluss, nämlich gegen 15.30 Uhr, statt, also zu einer Zeit, in der üblicherweise in Kliniken die Arbeit an und mit Patienten abflaut.

Andererseits darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass der betriebliche Zweck der Beklagten - die Wiederherstellung und Erhaltung der Gesundheit von Patienten und die Rettung von Menschenleben - ein weitaus höheres Maß an Zuverlässigkeit und psychischer Stabilität von seinen Mitarbeitern erfordert als beispielsweise der eines Produktionsbetriebes von toten Gegenständen oder sonstigen Luxusgütern. Im vorliegenden Fall ist jedoch dieser Zweck durch das Telefonverhalten der Klägerin nicht konkret in Mitleidenschaft gezogen worden. Anders war dies sicherlich noch in Bezug auf die EKG-Vorgänge aus alter Zeit. Diese sind jedoch, wie oben ausführlich dargelegt, abgemahnt und haben sich in letzter Zeit nicht - insbesondere nicht innerhalb offener zweiwöchiger Frist gemäß § 626 Abs. 2 BGB - wiederholt.

Insgesamt wog daher die 25-jährige Dienstzeit der Klägerin, ihr fortgeschrittenes Alter und ihre besondere familiäre Belastung als alleinerziehende Mutter schwerer als das Interesse der Beklagten, gerade wegen des Telefonkomplexes das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist mit sofortiger Wirkung zu beenden.

Im Ergebnis entbehrt die außerordentliche Kündigung vom 28.02.2006 in tatsächlicher Hinsicht des wichtigen Grundes und ist daher unwirksam. Eine Umdeutung in eine ordentliche Kündigung kam wegen einzelvertraglicher Vereinbarung des Ausschlusses der ordentlichen Kündbarkeit nicht in Betracht.

2. Daher besteht auch der - vorliegend von der Beklagten nicht gesondert angegriffene - Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung nach Maßgabe von Ziffer 1. c. des Urteilstenors.

3. Die Berufung der Beklagten - bezogen auf die Gewährung einer sozialen Auslauffrist im Umfang der normalen Kündigungsfrist - hat keinen Erfolg, weil sich aus den vorstehenden Ausführungen zu 1. ergibt, dass ein wichtiger Grund für den Ausspruch der fristlosen Kündigung vom 28.02.2006 nicht gegeben ist.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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