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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 09.07.2008
Aktenzeichen: 13 Sa 5/08
Rechtsgebiete: KSchG, ArbGG, BetrVG, ZPO, BGB


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 2
KSchG § 10
KSchG § 17
KSchG § 17 Abs. 1
KSchG § 17 Abs. 2
KSchG § 18
KSchG § 18 Abs. 1
KSchG § 18 Abs. 4
ArbGG § 64 Abs. 2 Buchstabe c
ArbGG § 64 Abs. 6 Satz 1
ArbGG § 66 Abs. 1 Satz 1
ArbGG § 69 Abs. 2
ArbGG § 69 Abs. 3 Satz 2
BetrVG § 102
BetrVG § 113
BetrVG § 113 Abs. 3
ZPO § 519
ZPO § 520
BGB § 613a
Der Begriff "Entlassung" in § 18 Abs. 4 KSchG ist, wie der entsprechende Begriff in § 17 Abs. 1 KSchG, im Sinne der Bedeutung als "Kündigung" zu verstehen.
Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 23.11.2007 (1 Ca 539/06) wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand: Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung der Beklagten zu 1.) wegen beabsichtigter Betriebsstilllegung, einen gegenüber der Beklagten zu 2.) geltend gemachten Anspruch das Arbeitsverhältnis fortzusetzen sowie einen gegen die Beklagte zu 1.) gerichteten Anspruch auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs.

Die am 00.00.1972 geborene, verheiratete und zwei Kindern unterhaltspflichtige Klägerin arbeitet seit dem 15.07.1991 bei der Beklagten zu 1.) beziehungsweise deren Rechtsvorgängerin als Arbeiterin in der Produktion zu einer monatlichen Vergütung von durchschnittlich EUR 3.500,00 brutto.

Die Beklagte zu 1.) betreibt ein Unternehmen, das Gummidichtungen für die Automobilindustrie herstellt. In ihrem Betrieb in B einschließlich einem Betriebsteil in K werden etwa 170 Arbeitnehmer beschäftigt. Mit Schreiben vom 13.06.2006 unterrichtete die Beklagte zu 1.) den bei ihr gebildeten Betriebsrat über eine beabsichtigte Schließung des gesamten Betriebes B in mehreren Teilschritten bis zum 30.06.2007 und die Verlagerung eines Teiles der Produktion in Betriebe anderer Unternehmen der F-Gruppe in Ku/Ungarn (knapp 1000 km entfernt; 470 Beschäftigte) und zur Beklagten zu 2.) nach H (260 km entfernt; 340 Beschäftigte). Ein Ablaufplan über die geplante Maschinenverlagerung mit einhergehendem Personalabbau bis zur endgültigen Schließung der Produktion zum 30.06.2007 wurde dem Betriebsrat vorgelegt. Wegen der Durchführung der beabsichtigten Betriebsschließung führte die Beklagte zu 1.) mit dem Betriebsrat schließlich unter Einschaltung einer Einigungsstelle Verhandlungen, die am 18.10.2006 zum Abschluss eines Interessenausgleichs zur Stilllegung des Betriebes und eines Sozialplans führten.

Mit Schreiben vom 27.11.2006 zeigte die Beklagte zu 1.) nach vorheriger Beteiligung des Betriebsrates bei der Agentur für Arbeit die geplante Massenentlassung an. Ein Bescheid der Agentur für Arbeit erging daraufhin am 11.12.2006. In der Folgezeit kündigte die Beklagte zu 1.) sämtlichen Arbeitnehmern des Betriebes in B und K zum 30.06.2007, so auch der Klägerin mit Schreiben vom 29.11.2006, nach Anhörung des Betriebsrates. Mit Wirkung ab 01.05.2007 übertrug die Beklagte zu 1.) den Betriebsteil in K (Oberflächenbeschichtung; 10 Arbeitnehmer) auf einen ehemaligen Zulieferbetrieb. Mit Wirkung vom 01.06.2007 wurde die Abteilung "Mischerei" einschließlich der dazugehörigen Instandhaltung und Qualitätssicherung (18 Arbeitnehmer) auf die H.er Schwestergesellschaft der Beklagten zu 1.), die Beklagte zu 2.) übertragen.

Die Klägerin hat gegen die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses mit einem am 20.12.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Klage erhoben und die Auffassung vertreten, die betriebsbedingte Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Es fehle an einer endgültigen Stilllegungsentscheidung, eine solche habe jedenfalls zum Zeitpunkt der Kündigung noch keine "greifbaren Formen" angenommen. Es handele sich um eine Betriebsverlagerung in Form eines Betriebsübergangs. Die Massenentlassungsanzeige sei fehlerhaft, da dem Betriebsrat nicht ausreichend die Gründe für die beabsichtigte Massenentlassung dargelegt worden seien. Es bestehe ein Anspruch auf Nachteilsausgleich, da die Beklagte zu 1.) zumindest aufgrund der Veräußerung der Betriebsstätte in K und der Gummimischerei vom Interessenausgleich abgewichen sei. Ferner sei der Betriebsrat bei dem Zustimmungsbeschluss nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 29.11.2006 aufgelöst wurde, sondern fortbesteht.

2. Die Beklagte zu 2.) wird verurteilt, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin ab 01.07.2007 unter Anerkennung der Ansprüche der Klägerin aus dem für die Beklagte zu 1.) errichteten Sozialplan im Falle der betriebsbedingten Kündigung fortzusetzen.

3. Die Beklagte zu 1.) wird verurteilt, an die Klägerin eine vom Gericht gemäß § 10 KSchG festzusetzende Abfindung zu zahlen.

Die Beklagten haben erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben ausgeführt, der Geschäftsführer der Beklagten zu 1.) habe mit dem gesetzlichen Vertreter der Alleingesellschafterin und mit dem Chef der E-Produktgruppe in Absprache mit dem Mutterkonzern vor Ausspruch der Kündigung die Entscheidung getroffen, den Produktionsbetrieb in B einschließlich der Verwaltung bis zum 30.06.2007 stillzulegen. Dieser Entschluss habe auch greifbare Formen angenommen und sei umsetzbar gewesen. Die Beklagte zu 1.) habe sich erst im Mai 2007 entschlossen, den Betriebsteil Mischerei an die Beklagte zu 2.) zu veräußern, welche die Mischerei für einen begrenzten Zeitraum weiter betreiben wolle. Einer Sozialauswahl habe es dabei nicht bedurft. Die Verlagerung einzelner Maschinen stelle keinen Teilbetriebsübergang dar. Die Voraussetzungen für einen Nachteilsausgleich lägen nicht vor.

Hinsichtlich des weiteren erstinstanzlichen Vortrags der Parteien wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils (dort Seite 2 bis 9; Akten 1. Instanz Bl. 170 bis 177; I/170-177 gemäß § 69 Abs. 3 Satz 2 ArbGG Bezug genommen).

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen B1, S, H1, M, K1, H2, K2 und P. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle vom 12.10.2007 (I/133-138) und 02.11.2007 (I/152-164) gemäß § 69 Abs. 3 Satz 2 ArbGG Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat mit einem am 23.11.2007 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen. Sie sei zulässig, aber nicht begründet. Die streitgegenständliche Kündigung sei wegen beabsichtigter Betriebsstilllegung zum Zeitpunkt der Kündigung sozial gerechtfertigt. Zu diesem Zeitpunkt hätten ausreichende Anhaltspunkte dafür bestanden, dass der Arbeitsplatz der Klägerin aufgrund Betriebsschließung der Beklagten zu 1.) zum 30.06.2007 entfalle. Dabei komme es nur auf einen entsprechenden Beschluss des Geschäftsführers der Beklagten zu 1.), nicht aber von deren Gesellschafter an. Die beabsichtigte Betriebsschließung habe greifbare Formen durch das Informationsschreiben der Beklagten zu 1.) vom 13.06.2006, der Ablaufplanung für die Maschinenverlagerung, dem Interessenausgleich mit dem Betriebsrat, der Massenentlassungsanzeige gegenüber der Bundesagentur für Arbeit und letztlich im Ausspruch der Kündigungen gegenüber allen Arbeitnehmern gefunden. Es spreche auch nicht gegen eine Betriebsschließung, dass einzelne Maschinen später als ursprünglich geplant verlagert worden sein, zumal die Produktion schließlich tatsächlich zum 30.06.2007 (mit Ausnahme der Abteilung Mischerei und des Betriebsteils K) stillgelegt worden sei. Das Gericht habe nicht zu überprüfen, ob die Schließung betriebswirtschaftlich zweckmäßig gewesen sei. Jedenfalls gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass sie unvernünftig oder willkürlich sei. Anhaltspunkte für einen Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2.) beziehungsweise auf das Unternehmen in Ungarn zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs seien nicht ersichtlich. Die bisherige wirtschaftliche Einheit des Betriebes der Beklagten zu 1.) werde nicht unter Wahrung ihrer Identität fortgeführt. Die Fortführung irgendwelcher Aufträge für Stammkunden durch die Schwestergesellschaften der Beklagten zu 1.) in Ungarn oder in H (Beklagte zu 2.) reiche dazu nicht aus, da im Ergebnis nur einzelne Maschinen (an die Beklagte zu 2.) drei Stück) übertragen worden seien. Dies sei keine wirtschaftliche (Teil-)Einheit. Auch die späteren Teilbetriebsübergänge der Abteilung Mischerei und des Betriebsteils in K ließen die Wirksamkeit der Kündigung unberührt. Ursprünglich habe bei Ausspruch der Kündigungen ein vollständiger Schließungsbeschluss der Beklagten zu 1.), auch bezogen auf die Mischerei und den Betriebsteil K, vorgelegen, wie sich aus der durchgeführten Beweisaufnahme ergeben habe. Erst im Jahr 2007 habe sich die Beklagte zu 1.) zur Übertragung dieser beiden Betriebsteile entschlossen. Eine soziale Auswahl bei der Kündigung habe nicht durchgeführt werden müssen, auch soweit bei der Beklagten zu 1.) in der Forschungsabteilung noch Arbeitnehmer beschäftigt würden. Dort würden zu 90% Tätigkeiten ausgeübt, die spezielle Laborkenntnisse erforderten, die der Klägerin aber fehlten. Damit scheide schon eine Vergleichbarkeit aus, ohne dass es auf die Frage ankomme, ob Labortätigkeiten in der Entwicklungsabteilung sich bezüglich der Betriebshierarchie mit Tätigkeiten in der Produktion vergleichen ließen. Die Kündigung sei auch nicht wegen eines Verstoßes gegen die §§ 17,18 KSchG unwirksam. Der Betriebsrat sei spätestens mit dem Interessenausgleich und Sozialplan im Sine von § 17 Abs. 2 KSchG unterrichtet worden. Die Unwirksamkeit der Kündigung ergebe sich auch nicht aus § 18 Abs. 4 KSchG. Diese Norm müsse teleologisch reduzierend ausgelegt werden. Die Anhörung des Betriebsrates sei gemäß § 102 BetrVG vor Ausspruch der Kündigung erfolgt. Konkrete Einwendungen gegen die Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsanhörung habe die Klägerin nicht erhoben. Der Klägerin stehe auch kein Widereinstellungs- oder Fortsetzungsanspruch zu. Ein Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses der Klägerin mit der Beklagten zu 2.) scheide schon deshalb aus, weil die Kündigung der Beklagten zu 1.) zum 30.06.2007 wirksam gewesen sei. Auch ein Wiedereinstellungsantrag sei unbegründet. Es liege zwar ein Betriebsübergang vor, dieser betreffe aber nicht den Arbeitsplatz der Klägerin, welche nicht in der Mischerei gearbeitet habe. Bei einem Teilbetriebsübergang gingen aber nur die Arbeitsplätze des übernommenen Betriebsteils über. Eine Sozialauswahl finde nicht statt. Es bestehe auch kein Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs gemäß § 113 BetrVG. Ein etwaiges Abweichen vom Interessenausgleich sei weder ursächlich für die ausgesprochenen Kündigungen oder andere wirtschaftliche Nachteile gewesen. Es liege auch kein Fall des § 113 Abs. 3 BetrVG vor. Es sei schon nicht feststellbar, ob der Beschluss über den Interessenausgleich auf Seiten des Betriebsrates (wegen falscher Besetzung) fehlerhaft zu Stande gekommen sei. Ein solcher Fehler stamme allein aus der Sphäre des Betriebsrates. Jedenfalls habe der Arbeitgeber versucht, einen entsprechenden Interessenausgleich zu schließen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Klägerin am 07.12.2007 zugestellt. Hiergegen wendet sie sich mit ihrer Berufung, die am 27.12.2007 (Fax) / 28.12.2007 (Original) beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist und die sie innerhalb verlängerter Frist mit einem am 07.03.2008 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Die Klägerin trägt vor, die Beklagte zu 1.) habe nie ein schlüssiges Stilllegungskonzept vorgelegt. Es werde bestritten, dass im Kündigungszeitpunkt ein solches vorgelegen habe und durchführbar gewesen sei. Der Übergang der Teilbetriebe Mischerei und K noch im Laufe der Kündigungsfrist spreche gegen eine ernsthafte und endgültige Stilllegungsabsicht im Zeitpunkt der Kündigung. Die Beklagte zu 1.) sei ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen, trotz dieser Umstände den ursprünglichen Entschluss zu einer Betriebsstilllegung nachvollziehbar zu machen. Die von der Klägerin benannten und vom Arbeitsgericht vernommenen Zeugen würden die Ansicht der Klägerin bestätigen, dass schon bei Ausspruch der Kündigung eine Übertragung der Mischerei und des Standortes K geplant gewesen sei. Schon die anfänglich geplante Verlagerung von Maschinen zur Beklagten zu 2.) und zu einem Schwesterunternehmen in Ungarn stelle einen Betriebsübergang dar. Jedenfalls habe die Klägerin gegen die Beklagte zu 2.), die die Mischerei übernommen habe, einen Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Es könne nicht maßgeblich sein, ob die Klägerin zufällig in der Mischerei gearbeitet habe oder nicht. Vielmehr müsse eine Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten durchgeführt werden, zumal die Beklagte zu 1.) und die Beklagte zu 2.) demselben Konzern angehörten und die Klägerin auch in der Mischerei hätte eingesetzt werden können. Der Interessenausgleich sei von der Beklagten zu 1.) nicht wirksam abgeschlossen worden, da der Betriebsrat wegen der nicht erfolgten Hinzuziehung eines Ersatzmitglieds nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen sei. Die Beklagte zu 1.) sei von dem Interessenausgleich auch abgewichen, da sie sich nicht an die Zeiten aus dem Maschinenverlagerungsplan gehalten und von ihrer Stilllegungsabsicht bezüglich der Mischerei und des Betriebsteils K abgerückt sei. Schließlich sei die Kündigung außerhalb der von der Bundesagentur für Arbeit freigegebenen Frist (§ 18 Abs. 4 KSchG) erklärt worden. Dies mache die Kündigung unwirksam, da die Beklagte zu 1.) eine erneute Massenentlassungsanzeige unterlassen habe.

Die Klägerin beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 23.11.2007, Az.: 1 Ca 539/06 wird abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 29.11.2006 aufgelöst wurde, sondern fortbesteht.

3. Die Beklagte zu 2 wird verurteilt, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger ab 01.07.2007 unter Anerkennung der Ansprüche des Klägers aus dem für die Beklagte zu 1 errichteten Sozialplan im Falle der betriebsbedingten Kündigung fortzusetzen.

4. Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, an den Kläger eine vom Gericht gemäß § 10 KSchG festzusetzende Abfindung zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das erstinstanzliche Urteil. Die Beklagte zu 1.) habe vor Ausspruch der Kündigung die endgültige und vorbehaltlose Entscheidung getroffen, den Betrieb zum 30.06.2007 stillzulegen, was auch die erstinstanzliche Beweisaufnahme ergeben habe. Die Umsetzung dieser Entscheidung habe zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung auch schon greifbare Formen angenommen (Unterrichtungsschreiben vom 13.06.2006, Interessenausgleich und Sozialplan vom 18.10.2006, Anhörung des Betriebsrates, Massenentlassungsanzeige, Maschinenverlagerung). Die Betriebsschließung sei dann auch planmäßig zum 30.06.2007 erfolgt. Insbesondere sei zum Zeitpunkt der Kündigung weder eine Teilbetriebsfortführung noch eine Teilbetriebsveräußerung bezüglich der Mischerei oder des Standortes K geplant gewesen, wie sich auch aus der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ergebe. Im Übrigen sei dort keine Beweislastentscheidung getroffen, sondern eine Beweiswürdigung zu Ungunsten der Klägerin vorgenommen worden. Die Verlagerung einzelner Maschinen der Beklagten zu 1.) zur Beklagten zu 2.) und zu dem Schwesterunternehmen nach Ungarn stelle keinen Betriebsübergang dar. Es handele sich um keinen organisatorisch abgegrenzten und selbständig übergangsfähigen Betriebsteil. Die Maschinen würden an den neuen Standorten auch nicht identitätswahrend als eigenständige Einheiten betrieben. Das Massenentlassungsanzeigeverfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. § 18 Abs. 4 KSchG habe keinen eigenen Anwendungsbereich mehr. Zumindest käme der Beklagten zu 1.) Vertrauensschutz zu. Der Klägerin stehe, schon mangels Kausalität einer etwaigen Abweichung vom Interessenausgleich für die ausgesprochene Kündigung, kein Nachteilsausgleichsanspruch zu. Es liege auch kein Fall des § 113 Abs. 3 BetrVG vor. Die Beklagte zu 1.) habe keine Kenntnis von einer vermeintlich falschen Besetzung des Betriebsrates bei seiner Beschlussfassung gehabt. Jedenfalls habe sie ordnungsgemäß versucht, einen Interessenausgleich abzuschließen. Die Klägerin habe auch keinen Fortsetzungs- oder Wiedereinstellungsanspruch gegen die Beklagte zu 2.), da die Klägerin nicht in dem übertragenen Betriebsteil Mischerei beschäftigt worden sei. Die Beklagte zu 1.) wäre schon im Rahmen ihres Direktionsrechts nicht berechtigt gewesen, die Klägerin in die Mischerei mit körperlich anstrengenderer Tätigkeit zu versetzen. Die Beklagte zu 2.) habe auch ein anzuerkennendes betriebliches Interesse an der Übernahme und Beibehaltung der Mischereibelegschaft gehabt. Die Tätigkeit in der Mischerei sei auch, wie angekündigt, Mitte März 2008 eingestellt worden.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird ergänzend auf die zwischen ihnen in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Klägerin ist statthaft, da sie die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses betrifft, § 64 Abs. 2 Buchstabe c ArbGG. Die Berufung ist auch zulässig. Sie ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO.

II.

Die Berufung der Klägerin ist aber nicht begründet. Ebenso wie das Arbeitsgericht ist die erkennende Berufungskammer der Überzeugung, dass die Beklagte im Zeitpunkt des Zugangs der streitgegenständlichen Kündigung die unternehmerische Entscheidung getroffen hatte, den Betrieb in B ebenso wie den dazugehörigen Betriebsteil in K zum 30.06.2007 stillzulegen und die Produktion von Gummidichtungen einschließlich Oberflächenbeschichtung und Mischerei aufzugeben. Zutreffend hat das Arbeitsgericht unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung auch dargestellt, dass eine derartige Unternehmerentscheidung die zum Wegfall aller Arbeitsplätze führt, die Voraussetzungen für ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG erfüllt und daher die Kündigung der Klägerin sozial gerechtfertigt ist. Die Kündigung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als unwirksam. Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 2.) kein Anspruch auf "Fortsetzung" des Arbeitsverhältnisses zu. Ebenso wenig kann die Klägerin von der Beklagten zu 1.) Zahlung eines Nachteilsausgleichs verlangen.

1. Zu Recht hat das Arbeitsgericht aufgrund der im maßgeblichen Zeitpunkt der Kündigung vorhandenen Gegebenheiten den Schluss gezogen, dass die Beklagte zu 1.) die Produktion von Gummidichtungen einstellen, ihren Betrieb in B beziehungsweise K somit gänzlich stilllegen wollte und diese beabsichtigte Betriebsstilllegung schon greifbare Formen angenommen hatte. Auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts im angegriffenen Urteil (dort Seite 13 bis 24; I/181-192) wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen. Die folgenden Ausführungen dienen lediglich der Ergänzung.

a) Nachdem die Beklagte zu 1.) den Betriebsrat bereits am 13.06.2006 über die beabsichtigte Betriebsschließung unterrichtet hatte, danach über Monate sowohl mit dem Betriebsrat, als auch später mit der Einigungsstelle verhandelt hat, im Zusammenhang damit sodann einen Interessenausgleich und einen Sozialplan abgeschlossen hat, einen Maschinenverlagerungsplan aufstellte, einzelne Maschinen schon abtransportierte, gegenüber der Agentur für Arbeit eine Massenentlassungsanzeige abgab und schließlich allen Arbeitnehmern zum 30.06.2007 gekündigt hat, besteht für die Kammer keinerlei Zweifel, dass dem ein entsprechender Beschluss des Geschäftsführers der Beklagten zu 1.) zugrunde lag. Dem wiederholt vorgetragenen Einwand der Klägerin, die Beklagte zu 1.) habe kein schlüssiges Stilllegungskonzept vorgelegt und eine beabsichtigte Stilllegung sei bezogen auf den Zeitpunkt der Kündigung nicht durchführbar gewesen, kommt keine Bedeutung zu. Ein die Kündigung sozial rechtfertigender Grund liegt in der durch den Geschäftsführer der Beklagten zu 1.) getroffenen Stilllegungsentscheidung vor Ausspruch der Kündigung. Eine solche lag nach Auffassung der Kammer aufgrund der geschilderten Umstände, die "greifbare Formen" einer solchen Entscheidung in einer ganzen Reihe von Aspekten bietet, vor. Es ist kein Grund ersichtlich, warum es zur Durchführung dieser Entscheidung kein "schlüssiges Konzept" gegeben habe oder warum diese nicht durchführbar gewesen sein soll, zumal die Stilllegung der Produktion tatsächlich auch - wie geplant - zum 30.06.2007 stattgefunden hat. Dies wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass ein kleiner Teil der Arbeitnehmer aufgrund späterer Teilbetriebsveräußerungen auch noch nach dem 30.06.2007 gearbeitet hat. Diese Tätigkeiten fanden jedenfalls nicht im Rahmen von Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 1.) statt, die ab 30.06.2007 keinen Produktionsbetrieb mehr unterhalten hat. Diese hatte ursprünglich beschlossen, ihre Produktion vollständig einzustellen und dies auch durchgeführt.

b) Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zu 1.) sich zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung noch vorbehielt ihren Betrieb oder Teile des Betriebes im Wege eines Betriebsüberganges zu veräußern, zu übertragen oder selbst fortzuführen.

aa) Der bereits ursprünglich geplante Verkauf einzelner Maschinen von der Beklagten zu 1.) an das Schwesterunternehmen in Ungarn beziehungsweise an die Beklagte zu 2.) stellen keinen Betriebsübergang im Sinne von § 613 a BGB dar. Auch hier nimmt das Landesarbeitsgericht ausdrücklich gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts im angegriffenen Urteil (dort Seite 16 bis 18; I/184-186). Dabei ist nochmals unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Urteile vom 16.02.2006, 8 AZR 204/05, AP Nr. 300 zu § 613a BGB und 8 AZR 211/05, AP Nr. 301 zu § 613a BGB), der sich die erkennende Kammer anschließt, darauf hinzuweisen, dass Voraussetzung eines Teilbetriebsübergangs ist, dass die übernommenen Betriebsmittel bereits bei dem früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils hatten und der Erwerber gerade die wesentlichen Betriebsmittel des Betriebsteils übernimmt. Ist die Hauptbelegschaft nicht übernommen worden, stellt dies eine starke Veränderung der organisatorischen Abläufe dar, die die Wahrung der Identität für einen Betriebsübergang ausschließt. Vorliegend gibt auch der Vortrag der Klägerin nicht zu erkennen, dass die nach Ungarn und nach H verkauften Maschinen bei der Beklagten zu 1.) die Qualität eines Betriebsteils gehabt hätten. Auch die Klägerin legt nicht die Weiterbeschäftigung der "Hauptbelegschaft" dar. Somit ist auch nicht zu erkennen, dass die Erwerber der Maschinen einen organisatorisch im Wesentlichen unveränderten, abgrenzbaren ehemaligen Betriebsteil der Beklagten zu 1.) weiterführen würden.

bb) Soweit später im 2. Quartal 2007 eine Teilbetriebsveräußerung und somit nicht die Stilllegung der Oberflächenbeschichtung in K und der Mischerei erfolgt sind, ist davon auszugehen, dass die Entscheidung dazu abweichend von der noch bei Kündigungsausspruch maßgeblichen Planung erst ab Februar 2007 (K) beziehungsweise Mitte Mai 2007 (Mischerei) getroffen wurde. Dies hat die Beklagte im Einzelnen unter Darlegung der konkreten Umstände und Motive nachvollziehbar vorgetragen und durch die von ihr benannten Zeugen bewiesen, ohne dass die Aussagen der von der Klägerin benannten Zeugen dies hätten in Zweifel ziehen können. Insoweit bezieht sich das Landesarbeitsgericht auf die vom Arbeitsgericht durchgeführte Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen B1, S, H1, M, K1, H2, K2 und P (Protokolle vom 12.10.2007; I/133-138 und 02.11.2007; I/152-164) sowie die vom Arbeitsgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung (vgl. angegriffenes Urteil, dort Seite 18 bis 22; I/186-190) festgestellten Tatsachen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Arbeitsgericht ist nach umfangreicher Beweisaufnahme und gründlicher Beweiswürdigung überzeugend und widerspruchsfrei zur Auffassung gelangt, dass die Aussage der vernommenen Zeugen ergebe, dass der Entschluss zur Veräußerung der Betriebsteile K und Mischerei erst Monate nach Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung erfolgt ist. Dieses Ergebnis macht sich die erkennende Kammer zu eigen. Die Angriffe der Klägerin hiergegen sind ohne Bedeutung und versuchen lediglich den Aussagen der Zeugen einen anderen Bedeutungsinhalt abzuringen, als sie zutreffend vom Arbeitsgericht zu Grunde gelegt wurden. Dies hat die Kammer nicht überzeugt. Vielmehr schließt sich die Kammer dem Arbeitsgericht an und sieht den Umstand eines erst späteren Entschlusses der Beklagten zu 1.) zu den Teilbetriebsveräußerungen als bewiesen an. Dass der von der Klägerin weiter benannte Zeuge I1 nicht hat vernommen werden müssen, hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend dargelegt (vgl. Seite 22 des Urteils; I/190).

c) Die Kündigung ist auch nicht wegen mangelhafter sozialer Auswahl sozial nicht gerechtfertigt. Zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung gab es keine anderen, mit der Klägerin vergleichbaren Arbeitnehmer, denen nicht gekündigt worden wäre. Auch die Klägerin kann keinen Arbeitnehmer benennen, der sozial weniger schutzwürdig aber nicht gekündigt worden wäre.

2. Die Kündigung ist nicht wegen Verstoßes gegen §§ 17, 18 KSchG rechtsunwirksam.

a) Die Beklagte zu 1.) hat das notwendige Konsultationsverfahren mit dem Betriebsrat gemäß § 17 Abs. 2 KSchG im Rahmen der Interessenausgleich- und Sozialplanverhandlungen durchgeführt. Dies hat bereits das Arbeitsgericht (vgl. Seite 24 des angegriffenen Urteils; I/192) klargestellt, ohne dass die Klägerin in der Berufungsinstanz erhebliche Einwendungen dagegen vorgetragen hätte.

b) Die von der Beklagten zu 1.) erstattete Massenentlassungsanzeige vom 27.11.2006 genügt den gesetzlichen Anforderungen. Dies wird auch von der Klägerin nicht substantiiert in Frage gestellt. Die Beklagte zu 1.) konnte die Entlassungen, somit nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG, Urteil vom 23.03.2006, 2 AZR 343/05, NZA 2006, 971 ff.) die Kündigungen, - also auch die Kündigung der Klägerin - unmittelbar nach der Anzeige aussprechen. Einer vorherigen Zustimmung durch die Bundesagentur für Arbeit bedurfte es dafür nicht, denn die Sperrfrist des § 18 Abs. 1 KSchG bezieht sich auf die Wirkung der Kündigung, nämlich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und nicht auf die Kündigungserklärung (so zutreffend EuGH, Urteil vom 27.01.2005, C 188/03, NZA 2005, 213 ff, zu Art. 4(1) der RL 98/59 EG, in dem wie in § 18 Abs.1 KSchG auf das Wirksamwerden der Entlassungen abgehoben wird).

c) Ganz davon abgesehen, liegt eine Zustimmung zu der Kündigung hier auch vor. Die Bundesagentur für Arbeit hat mitgeteilt, dass die beabsichtigten Entlassungen gemäß der Anzeige vom 27.11.2006 erfolgen können, also der in der Anzeige vom 27.11.2006 unter Ziff. 31 genannte Kündigungstermin vom 29./30.11.2006 eingehalten werden kann. Diese Zustimmung konnte nach § 18 Abs. 1 KSchG auch rückwirkend bis zum Tage der Antragstellung erteilt werden.

d) Soweit die Bundesagentur für Arbeit in dem Bescheid vom 11.12.2006 Beginn und Ende der Entlassungssperre festhält und einer Verkürzung der Entlassungssperre nicht zustimmt, lehnt sich die Agentur für Arbeit offensichtlich an die zitierte EuGH-Entscheidung an. Gemeint sind nicht die beabsichtigten Kündigungserklärungen, sondern die Rechtswirkungen dieser Kündigungserklärungen, nämlich die rechtliche Beendigung der Arbeitsverhältnisse. Dies ergibt sich bereits daraus, dass unter Ziff. 2 geregelt ist, dass Entlassungen erst nach Ablauf der (durch die Kündigung in Lauf gesetzten) Kündigungsfristen, zulässig sind und unter Ziff. 1 festgehalten ist, dass für die Anzeige der Beklagten nach geltender Rechtslage eine Verkürzung der Entlassungssperre nicht erforderlich ist, obwohl die Kündigungen der Beklagten für den 29./30.11.2006, also innerhalb der Sperrzeit, vorgesehen waren.

e) Die Beklagte war nicht nach § 18 Abs. 4 KSchG gehalten, eine erneute Entlassungsanzeige vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erstatten. Wenn man den in § 17 Abs. 1 KSchG verwendeten Begriff der Entlassung - wie inzwischen das Bundesarbeitsgericht - als "Kündigung" versteht, kann auch der in § 18 Abs. 4 KSchG nochmals verwendete Begriff der Entlassung nur als Kündigung und nicht im Sinne der früheren Rechtsprechung als Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis verstanden werden. Unter der Durchführung der Entlassungen sind daher die Kündigungserklärungen zu verstehen, denn Weiteres ist danach nicht durchzuführen, da die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses unmittelbar aus der erklärten Kündigung folgt. Die 90-Tage-Frist gilt somit für die Kündigungserklärungen, auf die tatsächliche Beendigung der Arbeitsverhältnisse kommt es nicht mehr an (so zutreffend: HaKo/Pfeiffer 3. Aufl. § 18 KSchG Anm. 19; APS/Moll 3. Aufl. Anm. 38, 40 zu § 18 KSchG; im Ergebnis ebenso jedoch mit anderer Begründung KR/Weigand 8. Aufl. Anm. 34 zu § 18 KSchG, Erfurter Kommentar/Kiel 8. Aufl. Anm. 14 zu § 18 KSchG; aA von Hoyningen-Huene/Link KSchG 14. Aufl. § 18 Anm. 23, Thüsing/Laux/Lembke KSchG § 18 Anm. 24).

3. Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 2.) kein Anspruch auf "Fortsetzung" des Arbeitsverhältnisses zu. Auch insoweit nimmt das Landesarbeitsgericht zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Urteil des Arbeitsgerichts (dort Seite 25 f.; I/193 f.) Bezug.

a) Eine "Weiterbeschäftigung" bei der Beklagten zu 1.) und damit auch bei der Teilbetriebsübernehmerin, der Beklagten zu 2.), etwa nach den Grundsätzen des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts (vgl. AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die von der Beklagten zu 1.) zum 30.06.2007 ausgesprochene Kündigung wirksam ist.

b) Auch ein "Wiedereinstellungsanspruch" der Klägerin gegenüber der Beklagten zu 2.) scheidet aus. Wenn nicht der gesamte Betrieb, sondern nur ein Betriebsteil oder eigenständiger Bereich übernommen wird, kommt es entscheidend darauf an, dass der Arbeitnehmer dem übertragenen Betriebsteil oder Bereich angehört, damit sein Arbeitsverhältnis gemäß § 613a BGB auf den Erwerber übergeht (BAG, Urteil vom 25.09.2003, 8 AZR 446/02, AP BGB § 613 a Nr. 256; BAG, Urteil vom 13.02.2003, 8 AZR 102/02, AP BGB § 613a Nr. 245 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 6; BAG, Urteil vom 13.11.1997, 8 AZR 375/96, BAGE 87, 120 = AP BGB § 613a Nr. 170 = EzA BGB § 613a Nr. 156; BAG, Urteil vom 21.01.1999, 8 AZR 298/98, in juris; EuGH 07.02.1985 - Rs 186/83 - Slg. 1985, 519, 528 Nr. 16 (Botzen); Annuß BB 1998, 1582, 1586). Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben. Die auf die Beklagte zu 2.) übergegangene Mischerei stellt eine organisatorische Einheit dar, wodurch erst überhaupt die Möglichkeit eines Teilbetriebsübergangs im Sinne von § 613a BGB gegeben ist. In der Mischerei hat die Klägerin nie gearbeitet. Es ist auch aus anderen Umständen nicht erkennbar, dass die Klägerin in irgendeiner nachvollziehbaren Form (auch) der Mischerei zugeordnet gewesen wäre. Dass einzelne Arbeitnehmer aus der Produktion vorübergehend auch einmal in der Mischerei eingesetzt worden sein sollen, besagt nichts über eine entsprechende Zuordnung der Klägerin, die dort gerade nicht gearbeitet hat.

4. Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 1.) kein Nachteilsausgleichsanspruch gemäß § 113 BetrVG zu. Auch insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in der angegriffenen Entscheidung (dort Seite 26 f.; I/194 f.) gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen. Ein "Abweichen" der Beklagten zu 1.) vom Interessenausgleich - unbeschadet der Frage ob solches überhaupt vorliegt - durch Änderungen im Zeitplan der Maschinenverlagerung oder die spätere Übertragung von Betriebsteilen hat weder zu Entlassungen von Arbeitnehmern (§ 113 Abs. 1 BetrVG) noch zu anderen wirtschaftlichen Nachteilen (§ 113 Abs. 2 BetrVG) geführt. Auch ein Anspruch aus § 113 Abs. 3 BetrVG ist nicht gegeben. Weder ist feststellbar, dass der Beschluss des Betriebsrates über den Interessenausgleich fehlerhaft zustande gekommen ist. Auch wenn dieses der Fall wäre, würde der Fehler allein aus der Sphäre des Betriebsrates stammen. Jedenfalls hätte der Arbeitgeber einen entsprechenden Interessenausgleich im Sinne von § 113 Abs. 3 BetrVG "versucht".

III.

Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen, da die Auslegung des § 18 Abs. 4 KSchG grundsätzliche Bedeutung hat.

Ende der Entscheidung

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