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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 22.09.2003
Aktenzeichen: 15 Sa 49/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 626
BGB § 626 Abs. 2
BGB § 622 Abs. 2 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 15 Sa 49/03

verkündet am 22.09.2003

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 15. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Braasch, den ehrenamtlichen Richter Hertel, und den ehrenamtlichen Richter Miller auf die mündliche Verhandlung vom 22.09.2003

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 24. Februar 2003 - Az: 19 Ca 3999/02 abgeändert, soweit der Klage stattgegeben worden ist: Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im zweiten Rechtszug noch um die Frage, ob das Arbeitsverhältnis statt der vom Arbeitsgericht als sozial gerechtfertigt erachteten ordentlichen Kündigung durch die fristlose Kündigung vom 28. März 2002 aufgelöst worden ist.

Der am 26. Januar 1950 geborene Kläger ist verheiratet und einem Kind gegenüber unterhaltspflichtig. Er ist mit Wirkung vom 01. August 1990 als Außendienstmitarbeiter aufgrund des Arbeitsvertrages vom 25. Juni 1990 eingestellt worden. In dem Arbeitsvertrag war unter Ziffer 9 geregelt, Urlaub - auch Teilurlaub - sei in terminlicher Hinsicht abzustimmen und bei der Festlegung des Urlaubstermins sei auf saisonale und branchenbedingte Termine Rücksicht zu nehmen. Urlaub ohne Einwilligung der Firma sei nicht möglich. Der Kläger war als Servicetechniker eingesetzt. Sein Einkommen belief sich auf 3.800,00 €.

Bereits im Dezember 2001 war ein sogenanntes Teammeeting auf den 19. März 2002 anberaumt worden. Der Kläger beantragte am 08. Februar 2002 Urlaub für die Zeit vom 18. März bis 03. April 2002. Dieser Urlaub wurde nicht bewilligt. Der Teamleiter wies den Kläger per E-Mail vom 25. Februar 2002 daraufhin, die Teilnahme an dem Teammeeting sei Pflicht. Er könne Urlaub ab 20. März 2002 genehmigen. Mit seiner E-Mail vom 26. Februar 2002 teilte der Kläger dem Teamleiter mit, er fliege in Urlaub und der Flug sei am 17.03.2002, deswegen könne er nicht erst ab 20.03 in Urlaub gehen. Mit seiner E-Mail vom Folgetag führt der Teamleiter aus:

Hallo C.,

schon seltsam, dass Du in der Zeit, wo ein Meeting stattfindet Urlaub buchst, ohne dass eine Genehmigung meinerseits vorliegt.

Einen Urlaubsschein ausfüllen und wegschicken heisst noch lange nicht, dass der Urlaub genehmigt ist, zumal Du seit unserem Weihnachtsmeeting weisst, dass in dieser Zeit auch ein Meeting stattfindet.

In diesem Meeting geht es um Rentabilität der ST, die speziell bei Dir sehr schlecht ist.

Ich hätte zumindest erwartet, dass Du mit mir darüber sprichst oder mich um o.k. fragst. Es gibt nun mal Regularien, die einzuhalten sind, ob es Dir passt oder nicht. Langsam geht meine Geduld zu Ende.

Der Kläger trat wie beabsichtigt den Urlaub am 18. März 2002 an.

Unmittelbar vor seinem Urlaubsantritt ist der Kläger von einem Teamkollegen auf das Teammeeting angesprochen worden. Dieser erklärte gegenüber seinem Arbeitskollegen, dass er nicht zu dem Teammeeting kommen werde, da er sich im Urlaub befinde. Auf den Einwand des Teamkollegen, der Urlaub sei vom Teamleiter nicht genehmigt, entgegnete der Kläger, er gehe davon aus, ihm sei der Urlaub nur deshalb verweigert worden, weil der Teamleiter ihn nicht leiden könne. Im Übrigen gehe er davon aus, er sei wegen seiner langjährigen Betriebszugehörigkeit im Grunde unkündbar. Aus diesem Grunde wolle er einfach mal abwarten, was der Teamleiter unternehmen werde.

Die Beklagte kündigte nach Anhörung des Betriebsrates das Arbeitsverhältnis mit zwei Schreiben vom 28. März 2002 fristlos und hilfsweise ordentlich zum 30. September 2002. Dagegen hat sich der Kläger mit der am 12. April 2002 eingereichten Klage gewandt.

Er hat geltend gemacht, die Kündigung sei unwirksam. Er sei sich der Konsequenz seines Handelns nicht bewusst gewesen, er habe allenfalls mit einer Abmahnung gerechnet. Andere Mitarbeiter hätten ungeachtet der Teammeetings Urlaub erhalten. Er habe erfolglos versucht, seine ab 18. März 2002 geplante Urlaubsreise zu verschieben. Diese sei durch einen Dritten für ihn gebucht worden, der ihn und seine Familie eingeladen habe.

Der Kläger hat beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung vom 28. März 2002 nicht aufgelöst ist, sondern fortbesteht.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 28. März 2002 nicht aufgelöst ist, sondern fortbesteht.

3. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den Ablauf der Kündigungsfrist fortbesteht.

Die Beklagte hat zur Abwehr der Klage im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe durch sein Verhalten deutlich gemacht, er gehe im Hinblick auf seine lange Betriebszugehörigkeit von einer Unkündbarkeit aus. Aus diesem Grunde sei der Ausspruch einer Abmahnung entbehrlich gewesen. Auf dem anberaumten Teammeeting hätten neben allgemeinen Strategieerwägungen die Servicekennzahlen sowie die Rentabilität besprochen werden sollen. Falls die außerordentliche Kündigung nicht gerechtfertigt sei, sei das Arbeitsverhältnis durch die im März eingeworfene ordentliche Kündigung zum 31. Juni 2002 beendet worden.

Das Arbeitsgericht hat durch sein Urteil vom 24. Februar 2003 dahingehend erkannt, das Arbeitsverhältnis sei durch die fristlose Kündigung nicht aufgelöst worden. Im Übrigen hat es den Kündigungsschutzantrag abgewiesen. Die fristlose Kündigung hat es für unwirksam gehalten. Der Beklagten sei es zuzumuten gewesen, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen. Die ordentliche Kündigung sei sozial gerechtfertigt, da eine Selbstbeurlaubung am 18. und 19. März 2002 eine erhebliche Pflichtverletzung bedeutet habe. Eine Abmahnung sei entbehrlich gewesen.

Gegen diese an den Beklagtenvertreter am 24. März 2003 zugestellte Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer am 14. April 2003 eingereichten Berufung. Der Begründungsschriftsatz war an das Landesarbeitsgericht adressiert. Er wurde am 26. Mai an das Arbeitsgericht Stuttgart per Telefax gesandt. Der 24. Mai 2003 fiel auf einen Samstag. Das Original der Berufungsschrift hat das Landesarbeitsgericht am 27. Mai 2003 erreicht.

Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit Verfügung vom 28. Mai 2003 auf den verspäteten Eingang beim Berufungsgericht hingewiesen worden war, hat er mit dem am 06. Juni 2003 eingegangenen Telefax einen Antrag auf Wiedereinsetzung angekündigt. Dazu wird ausgeführt, es gebe die Büroanweisung, wie vor der Übersendung von fristwahrenden Schriftsätzen per Telefax zu handeln sei. Die bei den Prozessbevollmächtigten beschäftigte Sekretärin habe aus unverständlichen Gründen die Anweisung nicht eingehalten. In der Sache rügte die Beklagte die fehlerhafte Interessenabwägung. Sie habe alles ihr Mögliche unternommen, um die vom Kläger angekündigte Selbstbeurlaubung zu vermeiden. Der Kläger habe die offene Konfrontation gesucht. Er habe durch eine Äußerung gegenüber einem Mitarbeiter das Ansehen des Teamleiters zu untergraben versucht. Sie, die Beklagte, komme nicht umhin, an der künftigen Vertragstreue des Klägers zu zweifeln. Soweit der Kläger darauf verweise, andere Mitarbeiter hätten an Teamsitzungen nicht teilgenommen, habe es nur zwei Sonderfälle gegeben. In einem sei ein Arbeitnehmer todkrank gewesen, im anderen sei dem Arbeitnehmer bei seinem Vorstellungsgespräch der Urlaub für einen solchen Termin zugesagt worden.

Die Beklagte beantragt in der Sache,

Das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 24. Februar 2003, Az.: 19 Ca 3999/02, wird abgeändert, soweit das Gericht festgestellt hat, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 28. März 2002 nicht aufgelöst wurde.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger führt im zweiten Rechtszug aus, er habe erstmals am 26. Februar zu erkennen gegeben, er werde sich vorsätzlich vertragswidrig verhalten. Eine angekündigte Pflichtverletzung stehe der Pflichtverletzung als solcher von ihrem arbeitsrechtlichen Unwertgehalt gleich, so dass die Kündigung nicht erst nach der Selbstbeurlaubung gerechtfertigt gewesen sei, sondern bereits mit der angekündigten Pflichtverletzung. Entweder sei die Zweiwochenfrist spätestens am 26. Februar angelaufen oder die Beklagte habe auf die Kündigung verzichtet. Die von der Beklagten dargestellten Einlassungen zeigten, dass er, der Kläger, uneinsichtig und jeder Ermahnung zum Trotz sich entschieden gehabt habe, den geplanten und gebuchten Urlaub anzutreten. Im Rahmen der Interessenabwägung sei entscheidend, dass auch bei früheren Teammeetings nicht alle zum Team gehörenden Mitarbeiter anwesend gewesen seien.

Auch sei zu berücksichtigen, dass das pflichtwidrige Verhalten auf eine einmalige Drucksituation zurückzuführen sei.

Entscheidungsgründe:

I.

1. Die Berufung der Beklagten gegen das dem Kündigungsschutzbegehren des Klägers stattgebende und am 24. März 2003 zugestellte Urteil, soweit dieser die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung geltend gemacht hat, ist statthaft (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 lit. c ArbGG). Das Rechtsmittel der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Ebenso wie die Berufung beim Berufungsgericht einzulegen ist (§ 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 519 Abs. 1 ZPO), ist die Berufungsbegründungsschrift innerhalb der gesetzlichen Frist (§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) beim Berufungsgericht einzureichen. Vorliegend ist das an das Landesarbeitsgericht adressierte Original der Begründungsschrift erst am 27. Mai 2003 beim Berufungsgericht eingegangen. Die Frist zur Begründung der Berufung lief mit dem 26. Mai 2003 ab, denn der 24. Mai 2003 fiel auf einen Sonnabend (§ 222 Abs. 2 ZPO). Die Begründungsschrift ist als Telefax am 26. Mai 2003 an das Arbeitsgericht übermittelt worden. Die Einreichung beim Arbeitsgericht wahrt die Frist nicht.

2. Der Beklagten war auf ihren fristgerechten Antrag hin (§ 234 Abs. 1 ZPO) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da sie ohne ihr Verschulden bzw. ein ihrem Verschulden gleichstehenden Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten verhindert war, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten (§ 233 ZPO). Das Verschulden Dritter, insbesondere das des gut geschulten und gut überwachten Büropersonals eines Rechtsanwalts hindert die Wiedereinsetzung nicht. Die Beklagte hat umfassend vorgetragen und durch Vorlage eidesstattlicher Versicherungen sowohl ihres Prozessbevollmächtigten als auch der bei diesem beschäftigten Rechtsanwalts- und Notargehilfin glaubhaft gemacht, die gut ausgebildete und umfassend eingewiesene Gehilfin, die regelmäßig überprüft worden ist, habe aus nicht erklärlichen Gründen nicht die Anschlussnummer des Landesarbeitsgerichts, sondern die des Arbeitsgerichts herausgesucht und in den Schriftsatz aufgenommen. Bei der Kontrolle, ob die Faxnummer im Sendebericht mit der auf dem Schriftsatz übereinstimmt, sei der Gehilfin nicht aufgefallen, dass auf dem Sendebericht "Arbeitsgericht" ausgedruckt war.

Da die Prozessbevollmächtigten durch die umfassende Büroanweisung eine wirksame Ausgangskontrolle sichergestellt haben, waren sie nicht über die wirksam angeordnete Ausgangskontrolle durch das Büropersonal hinaus verpflichtet, selbst die Auswahl der richtigen Empfängernummer und den Sendebericht der Faxübermittlung zu überprüfen (vgl. BAG, Urteil v. 21. September 2000 - 2 AZR 163/00 -, BAGE 95, 365 = AP Nr. 70 zu § 233 ZPO 1977; BGH, Beschluss v. 20. Dezember 1999 - II ZB 7/99, NJW 2000, 1043).

Da somit der verspätete Eingang der Berufungsbegründungsschrift beim Landesarbeitsgericht weder von der Beklagten noch von ihren Prozessbevollmächtigten zu vertreten ist, war die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

II.

Die somit zulässige Berufung ist in der Sache begründet. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts ist das Arbeitsverhältnis nicht erst durch die hilfsweise ordentliche Kündigung, sondern bereits durch die fristlose Kündigung vom 28. März 2002 aufgelöst worden.

1. Wie das Arbeitsgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen hat, stellt eine Selbstbeurlaubung eine erhebliche Pflichtwidrigkeit dar. Tritt ein Arbeitnehmer eigenmächtig einen vom Arbeitnehmer nicht genehmigten Urlaub an, so verletzt er seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Ein solches Verhalten ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung (§ 626 BGB) darzustellen. Hat der Arbeitgeber die Urlaubsgewährung ausdrücklich abgelehnt, liegt regelmäßig sogar eine beharrliche Arbeitsverweigerung vor (vgl. BAG, Urteil v. 20. Januar 1994 - 2 AZR 521/93, AP Nr. 115 zu § 626 BGB; Urteil v. 16. März 2000 - 2 AZR 75/99, AP Nr. 114 zu § 102 BetrVG 1972; Urteil v. 23. Januar 2001 - 9 AZR 287/99, BAGE 97, 23 = AP Nr. 1 zu § 81 SGB IX).

a) Wie der Kläger in der Berufungsbeantwortungsschrift selbst ausführt, hat er erstmals am 26. Februar 2002 zu erkennen gegeben, er werde sich vorsätzlich vertragswidrig verhalten. Allerdings bedarf es keiner Unterstellung der Sachverhaltsdarstellung der Beklagten. Wie sich aus den zur Gerichtsakte gereichten E-Mails, die zwischen dem Kläger und seinem Vorgesetzten gewechselt worden sind, ergibt, hatte der Vorgesetzte aus näher angeführten Gründen nicht den auch für den 19. März 2002 beantragten Urlaub bewilligt, da auf diesen Tag das Teammeeting terminiert war. Mit seiner Antwort vom 26. Februar 2002 hat der Kläger es abgelehnt, erst am 20. März 2002, wie angeboten, den Urlaub anzutreten.

Allerdings kann der Schlussfolgerung des Klägers, die angekündigte Pflichtverletzung stehe der Pflichtverletzung als solcher von ihrem arbeitsrechtlichen Unwertgehalt gleich, so dass die erklärte Kündigung nicht erst nach der Selbstbeurlaubung gerechtfertigt gewesen sei, sondern bereits mit der angekündigten Pflichtverletzung, schwerlich gefolgt werden. Ebensowenig wie die Androhung einer Kündigung bereits eine Kündigung beinhaltet, steht die Androhung einer Pflichtverletzung einer solchen gleich. Kündigungssachverhalt, auf den die Beklagte die erklärte Kündigung stützt, ist die erfolgte Selbstbeurlaubung durch den Kläger. Ob die Ankündigung einer Selbstbeurlaubung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen könnte, kann dahingestellt bleiben. Die erfolgte Selbstbeurlaubung stellt einen anderen, selbstständigen Lebenssachverhalt dar. Deshalb geht auch die Auffassung des Klägers fehl, die Beklagte habe darauf verzichtet, wegen der angekündigten nachhaltigen Pflichtverletzung eine außerordentliche Kündigung auszusprechen, deshalb sei sie gehindert, die nachfolgende Umsetzung der angekündigten Pflichtverletzung zur Rechtfertigung der erklärten außerordentlichen Kündigung heranzuziehen.

b) Aus der weiteren Einlassung des Klägers ergibt sich, dass ihm gegenüber der Vorwurf der beharrlichen Arbeitsverweigerung gerechtfertigt ist. Wie er selbst ausführt, zeigen seine von der Beklagten dargestellten Einlassungen, dass er uneinsichtig war und er sich jeder Ermahnung zum Trotz entschieden hatte, den geplanten und gebuchten Urlaub am 18. März 2002 anzutreten. Deutlicher kann ein gekündigter Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber geltend gemachte Pflichtverletzung nicht bestätigen.

c) Da Kündigungssachverhalt die tatsächlich erfolgte, vertragswidrige Selbstbeurlaubung ist, begann die Kündigungserklärungsfrist nach § 626 Abs. 2 BGB für die darauf gestützte außerordentliche Kündigung frühestens mit dem Ende der unentschuldigten Fehlzeit (vgl. BAG, Urteil v. 25. Februar 1983-2 AZR 298/81, AP Nr. 14 zu § 626 BGB Ausschlussfrist; Urteil v. 22. Januar 1998 - 2 AZR 19/97, AP Nr. 38 zu § 626 BGB Ausschlussfrist). Selbst unter der Annahme, mit der E-Mail vom 25. Februar 2002 sei dem Kläger ab dem 20. März 2002 Urlaub bewilligt worden, obwohl der Vorgesetzte den für die Zeit vom 18. März bis 03. April 2002 beantragten Urlaub abgelehnt hatte und einen neuen Urlaubsschein erwartete, ist die Frist des § 626 Abs. 2 BGB durch die Kündigung vom 28. März 2002 gewahrt worden. Die Kündigung ist an die Wohnanschrift des Klägers versandt worden. Ein an die Wohnanschrift des Arbeitnehmers gerichtetes Kündigungsschreiben geht diesem auch grundsätzlich dann zu, wenn dem Arbeitgeber bekannt ist, oder er davon ausgehen muss, der Arbeitnehmer halte sich dort in Folge seiner Selbstbeurlaubung nicht auf (vgl. BAG, Urteil v. 02. März 1989 - 2 AZR 275/88, AP Nr. 17 zu § 130 BGB; LAG Baden-Württemberg, Beschluss v. 14. Februar 1990 - 2 Ta 32/89, LAGE § 130 BGB Nr. 13).

d) Eine vorherige erfolglose Abmahnung war vorliegend entbehrlich, weil dem Kläger eine schwere Pflichtverletzung vorzuwerfen ist, deren Rechtswidrigkeit für ihn ohne weiteres erkennbar war. Auch war eine Hinnahme des Verhaltens durch die Beklagte offensichtlich ausgeschlossen (vgl. BAG, Beschluss v. 10. Februar 1999 - 2 ABR 31/98, BAGE 91, 30 = AP Nr. 42 zu § 15 KSchG 1969). Der Kläger hat, wie bereits ausgeführt, am 26. Februar 2002 zu erkennen gegeben, er werde sich vorsätzlich vertragswidrig verhalten. Er war uneinsichtig und hatte sich jeder Ermahnung zum Trotz entschieden, den geplanten und gebuchten, jedoch nicht bewilligten Urlaub am 18. März 2002 anzutreten. Darüber hinaus hat das Arbeitsgericht unangefochten festgestellt, der Kläger habe gegenüber einem Teamkollegen, der ihn auf die fehlende Genehmigung des Urlaubs angesprochen hatte, geäußert, er gehe davon aus, er sei wegen seiner langjährigen Betriebszugehörigkeit im Grunde unkündbar und aus diesem Grunde wolle er einfach einmal abwarten, was der Teamleiter unternehmen werde. Diese Einstellung ließ nicht erwarten, der Kläger werde sich durch eine Abmahnung davon abbringen lassen, die angekündigte Pflichtverletzung zu begehen.

2. Das Arbeitsgericht ist zu dem Ergebnis der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung gekommen, weil es angenommen hat, es sei der Beklagten zuzumuten gewesen, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen. Die Beklagte rügt zu Recht, dem Arbeitsgericht sei eine fehlerhafte Abwägung der Interessen der Vertragsparteien unterlaufen. Die vom Arbeitsgericht im Rahmen der Überprüfung der ordentlichen Kündigung bei der vorgenommenen Interessenabwägung berücksichtigten Gesichtspunkte schlagen auch bezüglich der außerordentlichen Kündigung zum Nachteil des Klägers aus.

a) Im Ausgangspunkt ist das Arbeitsgericht zwar zutreffend davon ausgegangen, der Kläger werde durch den Ausspruch einer fristlosen Kündigung sowohl in seiner sozialen als auch in seiner beruflichen Situation hart getroffen. Es hat jedoch nicht berücksichtigt, dass die Beklagte auf die angekündigte Pflichtverletzung den Versuch unternommen hat, diese zu vermeiden. Der Kläger hat, wie die Beklagte zu Recht geltend macht, die offene Konfrontation gesucht. Dies folgt aus den festgestellten Äußerungen des Klägers gegenüber seinem Teamkollegen, der ihn auf die fehlende Genehmigung des Urlaubs hingewiesen hatte. Es lag auch keine willkürliche Urlaubsverweigerung seitens der Beklagten vor, denn dem Kläger war der Termin für das Teammeeting seit dem Dezember des Vorjahres bekannt. Anlässlich dessen sollten allgemeine Strategieerwägungen, die Servicekennzahlen sowie die Rentabilität besprochen werden. Der Kläger kann auch nicht damit gehört werden, bei früheren Teammeetings seien nicht alle zum Team gehörenden Mitarbeiter anwesend gewesen. Nach den eigenen Ausführungen des Klägers haben verschiedene Mitarbeiter krankheitsbedingt an mehreren von ihm genannten Teammeetings nicht teilgenommen. Darauf kann sich der Kläger zweifelsfrei nicht berufen, denn wenn Mitarbeiter erkrankt waren, waren sie an der Erbringung ihrer Arbeitsleistung verhindert, so dass keine Pflicht zur Teilnahme bestand. War einem Teammitglied Urlaub bewilligt worden, nahm dieses berechtigt an der Teamsitzung nicht teil. Dem Kläger war jedoch gerade kein Urlaub bewilligt worden. Hinsichtlich der vom Kläger angeführten Fälle hat die Beklagte substanziiert vorgetragen. Dem ist der Kläger nicht mehr entgegen getreten.

b) Der Kläger kann auch nicht damit gehört werden, sein pflichtwidriges Verhalten sei auf eine einmalige Drucksituation zurückzuführen. Dem Kläger war der auf den 19. März 2002 bestimmte Termin seit Dezember 2001 bekannt. Wenn ein Dritter für ihn und seine Familie die Reise gebucht hat, welche der Kläger nach seinem Vorbringen erfolglos zu verschieben versucht hat, so bestand für ihn unabhängig davon angesichts des umfassenden Systems gerichtlichen Rechtsschutzes kein Recht zur Selbstbeurlaubung (vgl. BAG, Urteil v. 20. Januar 1994 a.a.O.).

c) Schließlich bestanden hinsichtlich der vom Kläger selbst ins Feld geführten Uneinsichtigkeit keine Anhaltspunkte dafür, er werde innerhalb der Kündigungsfrist, wobei die Beklagte nach dem Inhalt des zweiten Kündigungsschreibens vom 28. März 2002 davon ausgegangen ist, die Kündigungsfrist ende mit dem 30. September 2002, keine gleichartige Pflichtverletzung begehen, indem er Weisungen des Arbeitgebers zuwider handelt. Entsprechendes gilt, wenn die gesetzliche Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 2 Nr. 4 BGB zugrunde gelegt wird. Angesichts seiner Beharrlichkeit hat der Kläger keine Gewähr dafür geboten, er werde sich nicht nochmals derart schwerwiegend über ausdrückliche Weisungen hinwegsetzen, wie die Beklagte zutreffend ausführt.

III.

Da der Kläger somit in vollem Umfange mit seiner Klage unterlegen ist, hat er die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Ende der Entscheidung

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