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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 18.10.2004
Aktenzeichen: 15 Sa 57/04
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 315
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 520 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 15 Sa 57/04

verkündet am 18.10.2004

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 15. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Braasch, den ehrenamtlichen Richter Dr. Hauke und den ehrenamtlichen Richter Völkel auf die mündliche Verhandlung vom 18.10.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 25. Mai 2004 - Az.: 1 Ca 86/04 - wird auf Kosten des Berufungsführers als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der von der Beklagten mit Schreiben vom 10. Februar 2004 wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung erklärten außerordentlichen Kündigung.

Der am 10. August 1969 geborene Kläger türkischer Nationalität, der drei Kindern aus seiner geschiedenen Ehe gegenüber unterhaltspflichtig ist und mit seiner Lebensgefährtin und deren im Jahre 2000 geborenen Kind zusammenlebt, ist auf Grund des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 2. Juli 2001 mit Wirkung vom 01. September 2001 als Maschineneinsteller in die Abteilung 544 Teile- und Baugruppenfertigung von der Beklagten eingestellt worden. Nach Ziffer 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages ist der Kläger verpflichtet, auch andere zumutbare Arbeiten zu verrichten. Die Beklagte ist ein Zulieferunternehmen der Automobil- und Elektroindustrie, welche zwei max. 1,5 km Luftlinie entfernte Werke betreibt. Wegen eines Neuauftrags der Fa. B. , der zur Mitte des Jahres 2004 in die Serienfertigung gehen sollte und für den eine neue Fertigungsanlage angeschafft worden war, war von der im Werk I untergebrachten Kostenstelle 551 Technische Ziehteile ein zusätzlicher Maschineneinsteller angefordert worden. Die Beklagte beteiligte den bei ihr gebildeten Betriebsrat bezüglich der zum 01. Januar 2004 beabsichtigten Versetzung des Klägers zur Kostenstelle 551. Dagegen erhob der Betriebsrat keine Bedenken. Nachdem der Kläger zunächst vom 07. bis 14. Januar 2004 die Arbeit im Werk I aufgenommen hatte, erschien er nach einer Zeit der Arbeitsunfähigkeit im Werk II, wo er vor dem 01. Januar 2004 tätig war, und bot dort seine Arbeitskraft an. Obwohl dem Kläger von zwei Betriebsratsmitgliedern erklärt worden war, er sei nach Ansicht des Betriebsrats zur Verrichtung der angewiesenen Arbeitsleistung verpflichtet und der Personalleiter den Kläger in einem von diesem veranlassten Gespräch mehrfach ultimativ aufgefordert hatte, unverzüglich die Arbeit im Werk I aufzunehmen und der Kläger darauf hingewiesen worden war, er riskiere im Falle einer weiteren Weigerung die umgehende Lösung des Arbeitsverhältnisses, lehnte der Kläger die verlangte Arbeitsaufnahme ab und verließ um 10.00 Uhr das Firmengelände. Ausweislich des von der Beklagte eingereichten an den Betriebsrat gerichteten Anhörungsschreibens hat dieser am 10. Februar 2004 der beabsichtigten Kündigung aus wichtigem Grund, hilfsweise ordentlichen Kündigung zugestimmt. Der Kläger hat sich mit der am 20. Februar 2004 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage gegen die wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung erklärten schriftlichen Kündigung gewandt.

Der Kläger hat beantragt:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 10.02.2004 nicht mit Wirkung des selben Tages aufgelöst wird.

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch das am 25. Mai 2004 verkündete und am 29. Juni 2004 an die Prozessbevollmächtigte des Klägers zugestellte Urteil abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der am 08. Juli 2004 beim Landesarbeitsgericht eingereichten Berufung, die er mit dem am 27. August 2004 als Fax und am 30. August 2004 im Original übermittelten Schriftsatz ausgeführt hat.

Der Kläger macht geltend, aus seiner Sicht habe das Arbeitsgericht die Vorschrift des § 315 BGB falsch angewandt. Er sei nicht verpflichtet gewesen, die ihm seitens der Beklagten zugewiesene neue Arbeit auf der Kostenstelle 551 im Werk I zu übernehmen. Auf Grund seines beruflichen Leistungsprofils sei er nicht in der Lage, die zugewiesene Arbeit zu verrichten. Die Zuweisung des neuen Arbeitsplatzes sei ausschließlich zur Schikane erfolgt. Es habe sich um eine minderwertige, sein Sozialprestige herabsetzende Arbeit gehandelt. Das Arbeitsgericht habe sich nicht mit seiner Rüge im Hinblick auf die fehlerhafte Betriebsratsanhörung befasst.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 25. Mai 2004 - Az.: 1 Ca 86/04 - abzuändern und der Klage stattzugeben.

Die Beklagte, die um die Zurückweisung der Berufung bittet, verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend. Der Kläger habe keinen lediglich auf die im Arbeitsvertrag benannte Kostenstelle beschränkten Beschäftigungsanspruch ausschließlich auf Einrichtungstätigkeiten an Folgeverbundwerkzeugen erworben. Dort seien nicht nur Tätigkeiten an Folgeverbundwerkzeugen, sondern auch in anderen Fertigungsverfahren und Anlagen durchzuführen. Die vom Kläger im Rahmen der Berufsausbildung zum Werkzeugmacher erworbenen Kenntnisse in der Bedienung von Folgeverbundwerkzeugen seien für die Auslegung des Arbeitsvertrages unerheblich. Der Kläger sei als Maschineneinsteller eingestellt worden. Jeder neu eingestellte Maschineneinsteller müsse bei ihr, der Beklagten, grundsätzlich eine Einarbeitungszeit durchlaufen, deren Dauer von den vorhandenen Vorkenntnissen abhängig sei. Soweit der Kläger erneut darauf abstelle, die Ausübung des Direktionsrechts stelle sich als Schikane dar, lasse der Kläger auch im Berufungsrechtszug einen substanziierten Vortrag vermissen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers gegen das sein Feststellungsbegehren zurückweisende Urteil des Arbeitsgerichts ist statthaft (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 lit. c ArbGG). Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 10. Februar 2004. Das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht eingelegt und rechtzeitig ausgeführt worden. Die somit gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO zulässige Berufung kann jedoch keinen Erfolg haben.

II.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Die Berufungsangriffe rechtfertigen keine Abänderung der angefochtenen Entscheidung (§ 528 ZPO). Wie bereits unter II. 3 des den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückweisenden Beschlusses vom 29. September 2004 ausgeführt, hat das Arbeitsgericht die Klage im Ergebnis zutreffend abgewiesen. Auf die Gründe dieses Beschlusses, denen sich die Berufungskammer anschließt, wird verwiesen.

Im Hinblick auf die Erörterungen in der Berufungsverhandlung sind nachfolgende Hinweise noch erforderlich. Fehl geht die Auffassung, eine Bezugnahme auf das in den im ersten Rechtszug eingereichten Schriftsätzen enthaltene Vorbringen reiche aus. Abgesehen davon, dass eine solche ohnehin unzureichende Bezugnahme in der Berufungsbegründungsschrift nicht enthalten ist, genügt eine bloße Bezugnahme auf die im ersten Rechtszug eingereichten Schriftsätze nicht den nach § 520 Abs. 3 ZPO an die Berufungsbegründung zu stellenden Anforderungen (vgl. BAG, Urteil v. 02. Oktober 1974 - 5 AZR 555/73, AP Nr. 5 zu § 2 LohnFG; BGH, Urteil v. 24. Februar 1994 - VII ZR 127/93, NJW 1994, 1481; LAG Berlin, Urteil v. 10. März 1989 - 6 Sa 112/88 u. 113/88, LAGE § 519 ZPO Nr. 4; BVerfG, Beschluss v. 02. Januar 1995 - 1 BvR 234/94, NJW-RR 1995, 828). Vielmehr muss sich der Berufungskläger inhaltlich mit dem angefochtenen Urteil auseinandersetzen. Der Kläger hätte somit ausführen müssen, warum sein Sachvortrag ausreichend sei und den Schluss auf ein schikanöses Verhalten der Beklagten zulasse. Daran mangelt es vorliegend. Der Kläger verweist nur erneut pauschal dar- auf, die Zuweisung des neuen Arbeitsplatzes im Werk I sei ausschließlich aus Schikane erfolgt.

Das Arbeitsgericht hat ausgeführt, der Kläger habe dafür keinen hinreichenden Sachvortrag gehalten. Das schriftsätzliche Vorbringen entbehre jeglicher zeitlicher Substanz. Von einer schikanösen Vorgehensweise könne nicht ausgegangen werden. Auch im zweiten Rechtszug lässt der Kläger jegliches konkretisierende Vorbringen vermissen, welches den Schluss zulässt, die mit Zustimmung des Betriebsrats erfolgte Besetzung sei aus Schikane erfolgt. Schikanös handelt derjenige, der einem anderen böswillig Schwierigkeiten bereitet (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch). Der Kläger führt nur aus, er habe zunächst Tiefziehteile verlesen bzw. sortieren müssen und sei nach vier Tagen in eine andere Abteilung geschickt worden, wo er an einer Fräsmaschine habe fräsen müssen. Dabei habe es sich um eine minderwertige, sein Sozialprestige herabsetzende Arbeit gehandelt. Abgesehen davon, dass der Kläger das Vorbringen der Beklagten, die Beauftragung mit dem Fräsen von Kontakten sei mit seinem ausdrücklichen Einverständnis erfolgt, nicht substanziiert bestritten hat, verkennt er, dass Gegenstand des ausgeübten Direktionsrechts die Versetzung zu einer anderen Kostenstelle war. Wenn der Kläger ausführt, die Arbeit an der Fräsmaschine sei eine Tätigkeit, für die es keiner qualifizierten Ausbildung bedürfe und die nicht der im Arbeitsvertrag vereinbarten Eingruppierung entspreche, so ist ihm diese Tätigkeit gerade nicht einseitig zugewiesen worden.

Die übrigen mündlichen Ausführungen des Klägers lassen ebenso wenig den Schluss auf ein schikanöses Verhalten der Beklagten zu. Das Vorbringen der Beklagten, welche Umstände sie veranlasst haben, dem Kläger auf Grund einer Personalanforderung der Kostenstelle Technische Ziehteile dorthin zu versetzen, sind vom Kläger ausdrücklich nicht in Abrede gestellt worden. Sein Hinweis, auch für die Abteilung Teile- und Baugruppenfertigung sei eine neue Fertigungsanlage angeschafft und es seien Arbeitnehmer eingestellt worden, entbehrt einer zeitlichen Konkretisierung, insbesondere dass alle Maßnahmen zeitgleich erfolgt seien. Selbst wenn davon ausgegangen werden könnte, die Maßnahmen seien zeitgleich erfolgt, hinderte dies die Beklagte grundsätzlich nicht daran, dem Kläger eine Tätigkeit in der Kostenstelle Technische Ziehteile zuzuweisen. Allenfalls wären weitere Umstände im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen gewesen. Mangels einer zeitlichen Konkretisierung kommt es jedoch darauf nicht an.

III.

1. Die im Berufungsrechtszug entstandenen Kosten hat der Kläger somit gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen, denn er ist mit seinem Rechtsmittel erfolglos geblieben.

Ein Rechtsmittel ist gegen dieses Berufungsurteil nicht gegeben. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 72 Abs. 2 ArbGG) liegen nicht vor. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht selbstständig durch den Rechtsbehelf der Nichtzulassungsbeschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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