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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 24.01.2000
Aktenzeichen: 15 Sa 84/99
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, UmwG, BGB, TVG


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 518
ZPO § 519
UmwG § 324
BGB § 613 a Abs. 1
BGB § 613 a Abs. 1 Satz 2
BGB § 613 a Abs. 1 Satz 3
BGB § 613 a Abs. 4
TVG § 4 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
15 Sa 84/99

verkündet am 24.01.2000

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 15. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Braasch, den ehrenamtlichen Richter Kutscherauer und den ehrenamtlichen Richter Hellwig auf die mündliche Verhandlung vom 24.01.2000

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 22. Juli 1999 - Az: 17 Ca 9904/98 - wird auf Kosten der Berufungsführerin als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Differenzbeträge die Auslösung und das Fahrgeld für die Monate April bis Juni 1998 den Kläger Ziffer 1 betreffend bzw. restliche Auslösung für die Monate März bis Juni 1998 den Kläger Ziffer 2 betreffend.

Beide Kläger sind Mitglied der Industriegewerkschaft Metall. Sie sind als Monteure in die Dienste der Firma A. Gebäudetechnik AG, Außenbüro Stuttgart getreten. Diese Firma war Mitglied des Arbeitgeberverbandes der Metallindustrie. Im Zuge eines Betriebsüberganges infolge der Aufspaltung der anstellenden Arbeitgeberin ist das Arbeitsverhältnis der beiden Kläger mit Wirkung vom 01. Juli 1997 auf die Firma A. Gebäudetechnik Süd GmbH - der ursprünglichen Beklagten dieses Verfahrens - übergegangen, welche keinem Arbeitgeberverband angehörte. Während der Beschäftigung bei der ursprünglichen Arbeitgeberin bestimmten sich die Auslösungen und das Kilometergeld nach dem Bundesmontagetarifvertrag (BMTV) in der Fassung vom 06. Oktober 1992. Bestimmend für die Höhe der Auslösungen waren Zeitzonen. Die ursprüngliche Arbeitgeberin schloss zugleich für die vormalige Beklagte, die Firma A. Gebäudetechnik Süd GmbH, und andere abgespaltene Gesellschaften mit der IG Metall am 12. März 1997 eine Vereinbarung über Entschädigung (Auslösungssätze), die am 01. April 1997 nach dem Wortlaut in Kraft getreten ist, jedoch für die Kläger erst ab dem 01. Juli 1998 Anwendung fand. Die Höhe der Auslösungssätze bestimmt sich danach nach sechs Zonen mit Kilometerstaffelungen (Entfernungszonen). In einer weiteren Vereinbarung vom 12. März 1997, welche ebenfalls zwischen der Industriegewerkschaft Metall und der A. Gebäudetechnik AG zugleich für die abgespaltenen Gesellschaften getroffen worden ist, finden sich nachfolgende Regelungen:

1. Das Monatsentgelt oder die monatliche Ausbildungsvergütung der derzeit in einem Arbeits-, Ausbildungsverhältnis mit der A. Gebäudeautomation GmbH und der A. Gebäudetechnik AG Stehenden, ändert sich nach der Neueingruppierung nach den neuen tariflichen Regelungen bis 30.06.1998 nicht. Gleiches gilt für die Arbeitnehmerinnen / Arbeitnehmer des Gebäudemanagements der A. Gebäudeservice GmbH. Bei einem nach der Neueingruppierung niedrigeren Entgelt oder einer niedrigeren Ausbildungsvergütung wird der Unterschiedsbetrag zum Monatsentgelt oder zur monatlichen Ausbildungsvergütung ausgeglichen (Ausgleichszulage). Die Ausgleichszulage kann bei Höhergruppierung und Erhöhung der Leistungszulage angerechnet werden; gleiches gilt bei Tariferhöhungen, jedoch mit der Maßgabe, daß diese nur zur Hälfte angerechnet werden kann. Das neue Monatsentgelt / die neue Ausbildungsvergütung kann ab dem 01.07.1998 um bis zu 6 %, bezogen auf das Monatsentgelt am 01.04.1997, niedriger festgelegt werden.

2. Für die gewerblichen Arbeitnehmer der o. a. neuen Gesellschaften, die vor der Neustrukturierung Arbeitnehmer der A. Gebäudeautomation oder der A. Gebäudetechnik Aktiengesellschaft waren, gelten zunächst die Regelungen des BMTV - ausgenommen § 4 - anstelle des Tarifvertrages für Auswärtsarbeiten und den betr. Entschädigungen (Auslösungssätze) weiter. In der ersten Hälfte des Jahres 1998 ist die Angleichung dieser Regelung in Richtung der Tarifverträge für Auswärtsarbeiten und über die Entschädigung (Auslösungssätze) zu regeln.

Der Bundesmontagetarifvertrag wurde am 30. Juli 1997 dahingehend geändert, dass die Fernauslösungssätze mit Wirkung vom 01. August 1997 erhöht wurden. Des Weiteren wurden die Auslösungssätze und die Fahrtkosten durch einen Tarifvertrag zum Bundesmontagetarifvertrag vom 17. Dezember 1997 mit Wirkung zum 01. März 1998 geregelt. Die Höhe der Nahauslösungen bestimmte sich nunmehr nach sechs Entfernungszonen. Die Beklagte des Ausgangsverfahrens passte die Auslösungssätze bzw. das Kilometergeld gegenüber den Klägern dieses Verfahrens bereits ab dem Monat März 1998 entsprechend der Änderung durch den Tarifvertrag zum Bundesmontagetarifvertrag an.

Die Kläger haben die Differenzansprüche mit Schreiben vom 25. bzw. 28. Juni 1998 geltend gemacht. Sie begehren die Differenzbeträge zwischen den geleisteten Zahlungen und den Ansprüchen, die sich aus der Anwendung des Bundesmontagetarifvertrages in seiner vormaligen Fassung ergeben. Sie haben die Auffassung vertreten, aus der Ziffer 2 der mit der Industriegewerkschaft Metall getroffenen Vereinbarung folge, dass die Auslösungen und die Kilometergeldansprüche auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der Vereinbarung vom 12. März 1997 geltenden Bundesmontagetarifvertrages abzurechnen seien. Die durch den Änderungstarifvertrag vom 17. Dezember 1997 erfolgte Änderung sei für sie unmaßgeblich. Ziffer 2 der Vereinbarung vom 12. März 1997 beinhalte eine Besitzstandssicherung.

Die Kläger haben beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt zu bezahlen

1. an den Kläger Ziff. 1 DM 321,10 als restliche Auslösung für die Monate April bis Juni 1998, sowie DM 71,16 als restliche Fahrgelder für die Monate April bis Juni 1998,

2. an den Kläger Ziff. 2 DM 249,15 als restliche Auslösung für die Monate März bis Juni 1998, jeweils zuzüglich 4 % Zinsen hieraus seit 01.07.1998.

Die Beklagte, die um die Abweisung der Klage gebeten hat, hat demgegenüber die Auffassung vertreten, der Bundesmontagetarifvertrag gelte nach dem am 12. März 1997 vereinbarten Firmentarifvertrag dynamisch, also in der jeweils gültigen Fassung. Ab dem 01. März 1998 beinhalte der Bundesmontagetarifvertrag neue Auslösungssätze. Die Ziffer 2 der Vereinbarung vom 12. März 1997 habe lediglich eine Absenkung durch den Tarifwechsel mildern wollen und eine Anpassung für das erste Halbjahr 1998 vorgesehen. Die Mitarbeiter hätten für eine Übergangszeit so behandelt werden sollen, als ob hinsichtlich der Montagetätigkeit der Tarifwechsel noch nicht eingetreten sei. Das beinhalte aber, dass Veränderungen dieser tariflichen Regelungen auf die insoweit noch tarifgebundenen Arbeitnehmer anzuwenden seien. Auch spreche die Entstehungsgeschichte dafür, dass eine dynamische Verweisung gewollt gewesen sei.

Das Arbeitsgericht hat der Klage durch sein am 22. Juli 1999 verkündetes Urteil entsprochen und die Berufung dagegen zugelassen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, die Fortschreibung der tarifvertraglichen Ansprüche sei statisch zu verstehen. Den Klägern stünden die geltend gemachten Ansprüche auf Auslösung und Kilometergeld nach den Vorgaben des alten Bundesmontagetarifvertrages zu.

Gegen diese am 04. August 1999 zugestellte Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer am 01. September 1999 eingereichten Berufung, die sie mit dem weiteren am 22. September 1999 zum Landesarbeitsgericht gelangten Schriftsatz ausgeführt hat. Die Beklagte macht geltend, unter Berücksichtigung der gewandelten Rechtsprechung sei auch eine hinreichend bestimmte dynamische Verweisung eines Tarifvertrages auf einen anderen Tarifvertrag grundsätzlich zulässig. Die Auslegung der Ziffer 2 der Vereinbarung vom 12. März 1997 ergebe, dass es sich um eine dynamische Verweisung auf den Bundesmontagetarifvertrag in der jeweils gültigen Fassung handle. Die Auslegung habe insbesondere unter Beachtung von Sinn und Zweck der Übergangsregelung, ihrer Entstehungsgeschichte und der praktischen Tarifübung zu erfolgen. Zum Zeitpunkt des Betriebsüberganges habe der Bundesmontagetarifvertrag in der jeweils gültigen Fassung für die Kläger gegolten, da sie tarifgebunden seien. Ohne die Regelung unter Ziffer 2 der Vereinbarung vom 12. März 1997 hätten infolge des Betriebsüberganges die Vorschriften des Firmentarifvertrages unmittelbar gegolten. Während nach der Ziffer 1 jener Vereinbarung für Tarifentgelte eine am bisherigen Tarifgehalt ausgerichtete Ausgleichszahlung definiert worden sei, sei für die Montageregelung keine Stichtagsregelung vereinbart und auch keine Ausgleichszahlung vorgesehen. Durch die Aussetzung des neuen Firmentarifvertrages bis zum 01. Juli 1998 hätten die Mitarbeiter, die bisher den Metalltarifen unterfielen, zunächst vom Tarifwechsel ausgenommen werden sollen. Es sei jedoch kein Grund ersichtlich, warum man diese Mitarbeiter auch noch von den Risiken bzw. Chancen der Veränderung der Metalltarife hätte ausnehmen sollen. Sie habe, soweit bereits im Juli 1997 die Fernauslösungssätze erhöht worden seien, diese auch jeweils gezahlt. Im Übrigen spreche die Entstehungsgeschichte nicht für eine statische Verweisung. Es sei zum damaligen Zeitpunkt bereits über eine Änderung des Bundesmontagetarifvertrages verhandelt worden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 22. Juli 1999 - Az: 17 Ca 9904/98 - abzuändern und die Klagen abzuweisen.

Die Kläger verweisen zur Begründung ihres Zurückweisungsantrags auf die für zutreffend erachteten Erwägungen des Arbeitsgerichts und nehmen auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug.

Zwischenzeitlich sind die Arbeitsverhältnisse auf die Firma A. Gebäudetechnik AG übergegangen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten ist infolge ihrer Zulassung statthaft (§ 64 Abs. 2 ArbGG). Das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht eingelegt und rechtzeitig und ordnungsgemäß ausgeführt worden, so dass es gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 518, 519 ZPO zulässig ist. In der Sache kann es jedoch keinen Erfolg haben.

II.

Die von den Klägern erhobenen, der Höhe nach unstreitigen Ansprüche auf Auslösung und Fahrgeld (Kläger Ziffer 1) bzw. nur auf Auslösung (Kläger Ziffer 2) stehen diesen nach Maßgabe des Bundesmontagetarifvertrages i. d. F. vom 06. Oktober 1992 zu. Daraus, dass, worauf die Beklagte selbst in ihrer Berufungsbegründung hinweist, für einen definierten Übergangszeitraum (bis 30. Juni 1998) die neue Regelung in dem Firmentarifvertrag vom 12. März 1997 die Auslösungssätze betreffend zu Gunsten der aus dem bislang unmittelbar geltenden Verbandstarifvertrag resultierenden Regelung ausgesetzt werden sollte, folgt die Anwendbarkeit der bisherigen verbandstariflichen Regelungen. Während nach der alten Regelung des Bundesmontagetarifvertrages die dort geregelten Zeitzonen die Höhe der Auslösungen bestimmten, sieht sowohl die firmentarifvertragliche Regelung vom 12. März 1997 als auch der Tarifvertrag für Auslösungssätze und Fahrtkosten zum Bundesmontagetarifvertrag vom 17. Dezember 1997 für die Bestimmung der Höhe der Auslösungen Entfernungszonen vor. Da die Entfernungszonenregelung des Firmentarifvertrages für einen definierten Übergangszeitraum für die Kläger nicht zur Anwendung kommen sollte, es vielmehr bei der Zeitzonenregelung verbleiben sollte, kann nicht angenommen werden, dass die Entfernungszonenregelung gemäß dem Tarifvertrag zum BMTV vom 17. Dezember 1997 für den Zeitraum vom 01. März bis 30. Juni 1998, der in dem definierten Übergangszeitraum lag, gelten sollte. Es kann nicht dem Willen der Parteien der Vereinbarung vom 12. März 1997 entsprochen haben, dass Kürzungen der Auslösungen, die erst mit Wirkung vom 01. Juli 1998 auf die Arbeitsverhältnisse Anwendung finden sollten, bereits vor diesem Zeitpunkt gelten sollten, auch wenn sie durch eine Änderung der tarifvertraglichen Regelungen herbeigeführt worden sind, die bis zum Betriebsübergang auf die Arbeitsverhältnisse Anwendung fanden.

1. In dem Arbeitsverhältnis zwischen den Klägern und der Firma A. Gebäudetechnik AG, der ursprünglichen Arbeitgeberin, wurden kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit die Auslösungen und das Kilometergeld nach den Bestimmungen des Bundesmontagetarifvertrages i. d. F. vom 06. Oktober 1992 geregelt. Im Zuge eines Betriebsüberganges infolge der Aufspaltung der ursprünglichen Arbeitgeberin, in deren Dienste die Kläger getreten waren, sind die Arbeitsverhältnisse der beiden Kläger mit Wirkung vom 01. Juli 1997 auf die vormalige Beklagte dieses Verfahrens - die Firma A. Gebäudetechnik Süd GmbH - übergegangen. Gemäß § 324 UmwG bleibt durch die Wirkung der Eintragung u. a. einer Spaltung § 613 a Abs. 1 und 4 BGB unberührt. Nach § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB werden die tarifvertraglichen Normen, die die Rechte und Pflichten aus dem im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnisses regeln, zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Damit verlieren kollektiv-rechtliche Normen ihre unmittelbare und zwingende Wirkung und gelten nur noch individual-rechtlich wie sonstige arbeitsvertragliche Regelungen (vgl. Kasseler Handbuch/Hattesen, 2. Aufl., 6.7 Rz. 182). Der Inhalt der ins Arbeitsverhältnis transformierten kollektiv-rechtlichen Regelungen ist somit der Disposition der Arbeitsvertragsparteien entzogen. Änderungen der transformierten kollektiv-rechtlichen Regelungen, die durch die Tarifvertragsparteien nach dem maßgeblichen Zeitpunkt des Betriebsüberganges vorgenommen werden, haben im Verhältnis zwischen dem Übernehmer und den Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis übergegangen ist, keine Wirkung. Die Tarifnormen werden in der Form Inhalt des Arbeitsverhältnisses, in der sie zum Zeitpunkt des Betriebsüberganges galten (vgl. BAG, Urteil v. 13. November 1985 - 4 AZR 309/84, BAGE 50, 158 = AP Nr. 46 zu § 613 a BGB; Urteil v. 01. April 1987 - 4 AZR 77/86, BAGE 55, 154 = AP Nr. 64 zu § 613 a BGB). Somit konnten, da die Arbeitsverhältnisse der Kläger mit Wirkung vom 01. Juli 1997 auf die vormalige Beklagte dieses Verfahrens übergegangen sind, die Rechte und Pflichten bis zum 30. Juni 1998 nicht durch arbeitsvertragliche Vereinbarungen zum Nachteil der Arbeitnehmer geändert werden.

2. Die individual-rechtliche Veränderungssperre gilt nach § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB dann nicht, wenn das Arbeitsverhältnis beim Betriebserwerber von einem anderen dort geltenden Tarifvertrag erfasst wird. Liegen die neuen kollektiv-rechtlich geltenden Regelungen bereits beim Betriebsübergang vor, ist damit die Anwendung des § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Finden Tarifnormen kollektiv-rechtlich erst einige Zeit nach dem Betriebsübergang Anwendung, verdrängen sie die nach § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB individual-rechtlich weiter geltenden Regelungen des anderen Tarifvertrages (vgl. BAG, Urteil v. 20. April 1994 - 4 AZR 342/93, AP Nr. 108 zu § 613 a BGB; Kasseler Handbuch/Hattesen, a. a. O., Rz. 201). Bei der Vereinbarung über die Entschädigung (Auslösungssätze) vom 12. März 1997, welche am 01. April 1997 in Kraft getreten ist, handelt es sich um einen Firmentarifvertrag. Er ist auf der einen Seite von der IG Metall, der die Kläger kraft Mitgliedschaft angehören, und auf der anderen Seite von der früheren Arbeitgeberin zugleich für die vormalige Beklagte des vorliegenden Rechtsstreits abgeschlossen worden. Die darin enthaltenen Regelungen, insbesondere die nach Entfernungszonen gestaffelten Auslösungssätze, die zu einer Kürzung der Auslösungen führen sollten, sollten für die Kläger jedoch erst ab dem 01. Juli 1998 Anwendung finden, so dass keine Verdrängung der bisher maßgeblichen Regelungen eintreten sollte. Dementsprechend haben die Tarifvertragsparteien unter Ziffer 2 der weiteren Vereinbarung vom 12. März 1997 bestimmt, dass für die gewerblichen Arbeitnehmer der neuen Gesellschaften und damit auch der vormaligen Beklagten dieses Rechtsstreits, die vor der Neustrukturierung Arbeitnehmer u. a. der A. Gebäudetechnik AG - der Arbeitgeberin, die die Kläger eingestellt hatte - waren, zunächst die Regelungen des BMTV - ausgenommen § 4 - anstelle des Tarifvertrages über Auswärtsarbeiten und Entschädigung (Auslösungssätze) weiter gelten sollten. Weiter ist dort bestimmt worden, in der ersten Hälfte des Jahres 1998 sei die Angleichung dieser Regelung (sic. Fortgeltung) in Richtung der Tarifverträge für Auswärtsarbeiten und über die Entschädigung (Auslösungssätze) zu regeln. Damit haben die Parteien der Vereinbarung vom 12. März 1997 eine Regelung in Aussicht genommen. Die Bestimmungen, deren Anwendbarkeit die Beklagte bejaht, weil ihrer Auffassung nach Ziffer 2 der Vereinbarung vom 12. März 1997 eine dynamische Verweisung auf den BMTV in seiner jeweiligen Fassung beinhaltet, rühren jedoch nicht von den Parteien her, die die Vereinbarung vom 12. März 1997 abgeschlossen haben. Die vormalige Beklagte - auf die das Arbeitsverhältnis mit Wirkung vom 01. Juli 1997 übergegangen ist - gehörte keinem Arbeitgeberverband an, so dass Regelungen eines Verbandstarifvertrages keine in Aussicht genommene Regelung im Sinne der Ziffer 2 Satz 2 der Vereinbarung vom 12. März 1997 darstellen kann. § 613 a Abs. 1 Satz 4 BGB kommt, da ein Firmentarifvertrag am 12. März 1997 abgeschlossen worden ist, nicht zur Anwendung.

3. Soweit die vormalige Beklagte darauf verweist, der in der Ziffer 2 Satz 1 der Vereinbarung vom 12. März 1997 verwandte Begriff "BMTV" ohne weitere Angaben könne vom Wortlaut her sowohl als dynamische als auch statische Bezugnahme ausgelegt werden, jedoch spreche der Sinn und Zweck des Inhalts der Vereinbarung für eine dynamische Verweisung, vermag nicht zu überzeugen. Zwar gilt der Grundsatz, dass im Falle der Verweisung in einem Arbeitsvertrag auf einen zwar im Übrigen genau bezeichneten Tarifvertrag, für den jedoch eine Datumsangabe fehlt, im Zweifel anzunehmen ist, dass der Tarifvertrag in seiner jeweils gültigen Fassung Anwendung finden soll (vgl. BAG, Urteil v. 20. März 1991 - 4 AZR 455/90, BAGE 67, 330 = AP Nr. 20 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz). Vorliegend ist die Verweisung jedoch nicht in einem Arbeitsvertrag, sondern in einer (schuldrechtlichen) Abrede tariffähiger Parteien enthalten. Diese haben unter dem Datum des 12. März 1997 eine normative Regelung bezüglich der Auslösungssätze geschaffen, die in Abkehr von der verbandstariflichen Regelung die Zeitzonenregelung durch die Schaffung von Entfernungszonen ersetzt hat. Diese neue Entfernungszonenregelung sollte für die Kläger jedoch in Abweichung von § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB erst ab dem 01. Juli 1998 zur Anwendung kommen. Wenn nun nach Abschluss der Vereinbarungen vom 12. März 1997 durch die verbandsrechtliche Regelung vom 17. Dezember 1997 bereits mit Wirkung vom 01. März 1998 für die Nahauslösungen Entfernungszonen maßgeblich sein sollten, entspricht es weder dem Sinn und Zweck der Vereinbarung vom 12. März 1997 noch dem mutmaßlichen Willen der Parteien der Vereinbarung, dass eine Ersetzung bereits vor dem 01. Juli 1998 eintreten sollte. Die Partner der Vereinbarung vom 12. März 1997 haben die Kürzung der Auslösungen, wie sie gemäß den Regelungen im Firmentarifvertrag vom 12. März 1997 ab dem 01. April 1997 gemäß § 4 Abs. 1 TVG an sich eingetreten wäre, bis zum 30. Juni 1998 ausgesetzt. Dann entsprach es aber nicht ihrem mutmaßlichen Willen, dass die ausgesetzte Regelung durch eine ähnliche Regelung, die von anderen Tarifvertragsparteien zwischenzeitlich geschaffen worden war, vor dem vereinbarten Zeitpunkt ersetzt werden sollte. Dem steht nicht entgegen, dass unter Ziffer 1 der Vereinbarung vom 12. März 1997 zur Milderung der eintretenden Verluste bei den Tarifentgelten eine am (bisherigen) Tarifentgelt bezogen auf den Stichtag 01. April 1997 ausgerichtete Ausgleichszulage definiert worden ist. Während nach der Ziffer 1 die neuen tariflichen Regelungen die Eingruppierungen betreffend sogleich Anwendung finden sollten, das tatsächliche Monatsentgelt bzw. die monatlichen Ausbildungsvergütungen jedoch in der bisherigen Höhe gezahlt werden sollten, sollten die Auslösungssätze weiter gelten, wobei in der ersten Hälfte des Jahres 1998 eine Angleichung geregelt werden sollte.

4. Aus der Entstehungsgeschichte kann die Beklagte nichts für sich herleiten. Wenn sie geltend macht, zum gleichen Zeitpunkt sei bereits über eine Änderung des BMTV zwischen der Gewerkschaft und den Metallarbeitgebern verhandelt worden, so dass offenkundig Anlass bestanden hätte, eine gegebenenfalls gewollte Lösung von der Tarifdynamik auch zum Ausdruck zu bringen, so richtet sich dieses Argument gegen sie selbst. Infolge der Aussetzung der Entfernungszonenregelung bis zum 30. Juni 1998 hätte in die Vereinbarung vom 12. März 1997 aufgenommen werden müssen, dass die Aussetzung dann nicht gelten solle, wenn der BMTV zu einem früheren Zeitpunkt geändert werden sollte.

5. Schließlich kann der Hinweis der Beklagten auf die ergänzend heranzuziehende Tarifübung ihrem Rechtsmittel nicht zum Erfolg verhelfen. Soweit ein Änderungstarifvertrag zum BMTV ab 01. August 1997 unter anderem Erhöhungen der Fernauslösungen vorsah und die Beklagte seit dieser Zeit an den in der Vereinbarung vom 12. März 1997 (nicht 1999!) definierten Mitarbeiterkreis diese erhöhten Fernauslösungen bezahlt hat, kann es sich dabei durchaus um eine Verkennung der Rechtslage handeln. Zudem unterscheidet sich eine Erhöhung der Fernauslösungen von einem Systemwechsel bei der Ermittlung der Nahauslösungen von den Zeit- zu den Entfernungszonen.

III.

1. Da das Rechtsmittel der Beklagten somit keinen Erfolg hat, hat sie gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

2. Gegen dieses Urteil findet die Revision für die Beklagte an das Bundesarbeitsgericht statt. Die Revisionsschrift muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Berufungsurteils, die Revisionsbegründung innerhalb eines Monats nach Einlegung der Revision bei dem

Bundesarbeitsgericht Hugo-Preuß-Platz 1 99084 Erfurt

eingehen.

Die Revisions- und die Revisionsbegründungsschrift müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.

Ende der Entscheidung

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