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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 21.11.2005
Aktenzeichen: 15 Sa 95/05
Rechtsgebiete: BetrAVG, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BetrAVG § 1
BetrAVG § 5 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 222 Abs. 2
ZPO § 258
ZPO § 519
ZPO § 520
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 15 Sa 95/05

verkündet am 21.11.2005

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 15. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Braasch, den ehrenamtlichen Richter Theilen und den ehrenamtlichen Richter Thierer auf die mündliche Verhandlung vom 21.11.2005

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 11. Mai 2005 - Az.: 34 Ca 13359/04 - wird auf Kosten der Berufungsführerin als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Höhe der von der Beklagten zu zahlenden Betriebsrente insbesondere, ob Versorgungsleistungen eines französischem Versorgungsträgers angerechnet werden können.

Der im Jahre 1937 geborene Kläger stand vom 01. Juli 1960 bis zum 30. Juni 2000 in den Diensten der Beklagten. Er hat sich insgesamt 135 Monate im Ausland insbesondere in Frankreich aufgehalten. Im Hinblick auf die Entsendung ins Ausland, haben die Parteien am 15. Dezember 1972 eine Ruhegehaltszusage vereinbart, welche den Zusatz beinhaltete:

Wir behalten uns vor, den Teil Ihrer späteren gesetzlichen Rente, der aus Beiträgen der R. gemäß dem französischen Gesetz für Angestellte in gehobener und leitender Stellung herrührt, an Ihrem Ruhegehalt zu kürzen.

In der Folgezeit haben die Parteien weitere Ruhegehaltsverträge abgeschlossen. Einer dieser Verträge, der vom 01. August 1979 datiert, ist zusammen mit einer Vereinbarung bezüglich der "Vertragsbedingungen für Ihre Auslandstätigkeit" vom 19. November 1979 am 01. Februar 1980 unterzeichnet worden. Die weiteren Vertragsbedingungen vom 17. Juli 1980 und 14. März 1986 enthielten nachfolgende Klausel:

Auf Versorgungsleistungen der R. werden etwaige Leistungen einer betrieblichen Altersversorgung der REGE/AV (bzw. RG/AV) angerechnet, soweit diese nicht auf von Ihnen entrichtenden Beiträgen beruhen. Entsprechendes gilt gegebenenfalls für Abfindungs- und Kompensationszahlungen, die Sie bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der RE-GE/AV (bzw. RG/AV) oder einer dritten Stelle erhalten, soweit hierdurch Altersversorgungsleistungen oder -anwartschaften abgegolten werden. Sie verpflichten sich, uns über solche Leistungen unter Vorlage geeigneter Unterlagen unverzüglich zu unterrichten.

Mit der Firma B. , einer Beteiligungsgesellschaft der Beklagten, schloss der Kläger unter dem Datum des 19. Februar 1997 einen neuen Ruhegehaltsvertrag. In diesem war unter § 11 bestimmt:

Außerdem behalten wir uns vor, etwaige Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, die Sie bei Eintritt ihres Versorgungsfalles oder später von einem früheren inländischen oder ausländischen Arbeitgeber, von einem anderen Leistungsträger der betrieblichen Altersversorgung beziehungsweise vom Pensionssicherungsverein, V. , beanspruchen können, auf Ihr Ruhegehalt gemäß § 3 anzurechnen. Eine Anrechnung erfolgt insoweit nicht, als die Versorgungsleistungen auf Beiträgen beruhen, die Sie aus eigenen Mitteln aufgebracht haben.

Auf Wunsch des Klägers sagte die Beklagte ihm am 03. Februar 1998 zu, er werde sein betriebliches Ruhegehalt unmittelbar von ihr, der Beklagten, erhalten. Die Anwartschaft auf betriebliche Ruhegehaltsleistungen bei Ausscheiden aus der Firma B. wurde auf die Beklagte mit Zustimmung des Klägers zurück übertragen.

Seit dem 01. Juni 2000 bezieht der Kläger ein betriebliches Ruhegehalt, welches sich auf 3.342,57 € belief und daneben eine Rente von der BfA in Höhe von 1.155,-- €. Auf eine entsprechende Anfrage teilte der Kläger mit einer E-Mail vom 09. Juni 2000 mit, er habe keine Anwartschaften auf eine betriebliche Altersversorgung, wohl aber auf staatliche Versorgungsansprüche in Frankreich und Italien. Der Kläger bezieht betriebliche Versorgungsleistungen von französischen Versorgungsträgern. Die Versorgung wird als Cadre-Versorgung bezeichnet. Mit einer Mitteilung vom 28. Mai 2002 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, er werde ab dem 01. Juli 2000 statt der 3.342,57 € nur 2.747,57 € als betriebliche Altersversorgung erhalten, da ein Betrag von 595,-- € im Monat angerechnet werde. Dabei handle es sich um den arbeitgeberfinanzierten Teil der französischen Gesamtrente. Die Beklagte reduziert ab 01. November 2002 das monatliche Ruhegehalt um 882,44 € auf 2.461,15 €. Aufgrund einer Anpassung zum 01. Juni 2003 wurde dieser Betrag um 5,02 % auf 2.585,84 € erhöht.

Die Beklagte hat bei Arbeitnehmern, die vor dem 31. Dezember 1999 in Ruhestand getreten sind, eine Anrechnung, wie sie bei dem Kläger erfolgt, nicht vorgenommen. Eine Anrechnung erfolgt nur bei solchen Arbeitnehmern, die seit dem 01. Januar 2000 in den Ruhestand getreten sind.

Der Kläger wendet sich mit seiner am 17. Dezember 2004 zugestellten Klage und mit der am 04. Mai 2005 zugestellten Klagerweiterung gegen die vorgenommene Kürzung des betrieblichen Ruhegehaltes, weil zum einen keine Rechtsgrundlage für die Anrechnung der Cadre-Rente gegeben und weil zum anderen der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt sei. Er hat gemeint, die französische Cadre-Rente sei keine betriebliche Altersversorgung im Sinne des § 11 des mit der Firma B. abgeschlossene Ruhegehaltsvertrages. Vielmehr handele es sich dabei um eine gesetzliche Rente für alle gehobenen und leitenden Angestellten in Frankreich. Diese Cadre-Rente sei eine gesetzlich abgesicherte, von Privatkassen ausbezahlte Versorgungsrente, in die sowohl die Arbeitnehmer als auch die Arbeitgeber einbezahlten. Er hat die Auffassung vertreten, dem Begriff der betrieblichen Altersversorgung sei die Freiwilligkeit der Leistung durch den Arbeitgeber immanent. Einen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz leitet der Kläger daraus her, dass bei anderen Mitarbeitern entsprechende Anrechnungen nicht erfolgt seien.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 22.039,25 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.407,85 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger beginnend mit dem Monat Juni 2005 eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 3.342,57 € brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat zur Abwehr der Klage insbesondere ausgeführt, der Ruhegehaltsvertrag vom 19. Dezember 1997 habe den Ruhegehaltsvertrag vom 01. August 1979 und dieser den vom 15. Dezember 1972 ersetzt. Aus der Regelung unter § 11 ergebe sich die entsprechende Kürzungsmöglichkeit. Von der Anrechnungsmöglichkeit seien lediglich Versorgungsleistungen ausgenommen, soweit sie auf vom Kläger aus eigenen Mitteln aufgebrachten Beträgen beruhten. Anzurechnen sei der während der Entsendungszeit nach Frankreich erworbene betriebliche Altersversorgungsanspruch, denn die Cadre-Versorgung beruhe auf einer vertraglichen Vereinbarung. Bei der französischen Zusatzrentenversorgung handle es sich um betriebliche Altersversorgung. Die Cadre-Versorgung beruhe auf Beiträgen des französischen Arbeitgebers in Höhe von 1.196,40 € monatlich. Der im Inland erdiente Steigerungsbetrag belaufe sich auf 882,44 €. Auf diesen Betrag sei die Anrechnung begrenzt worden. Eine Gesetz aus dem Jahre 1972 verpflichte alle Arbeitnehmer in Frankreich, die der allgemeinen Sozialversicherung angehörten, zur Pflichtmitgliedschaft in einem System der zusätzlichen Rentenversorgung. Da aber die Rechtsgrundlage ein Tarifvertrag sei, könne die Cadre-Rente nicht der gesetzlichen Sozialversicherung zugerechnet werden. Der Begriff der Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sei so zu verstehen, dass darunter vom Arbeitgeber (mit-) finanzierte Versorgungsleistungen zu fassen seien, bei denen es sich nicht um Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung handele. Die Definition in der Bestimmung des § 1 BetrAVG sei nicht zwingend für die Auslegung des Ruhegehaltsvertrages. Mit dieser Anrechnungsklausel habe verhindert werden sollen, dass ins Ausland entsandte Mitarbeiter besser als Mitarbeiter mit vergleichbarer Versorgungszusage, die während der selben Zeit im Inland arbeiteten, gestellt würden. Das ruhende Arbeitsverhältnis habe auch während der Entsendung zu einer Steigerung der inländischen Ruhegehaltsanwartschaft geführt. Eine willkürliche Ungleichbehandlung sei nicht gegeben. Die von dem Kläger angeführten Mitarbeiter seien vor dem 01. Januar 2000 in den Ruhestand getreten. Erst im Jahre 1999 sei bemerkt worden, dass eine Anrechnung unterblieben sei. Eine rückwirkende Änderung und Rückforderung sei aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht erwünscht. Einer der vom Kläger angeführten Mitarbeiter habe über eine entsprechende Vereinbarung nicht verfügt.

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei der Cadre-Rente handle es sich um eine kapitalgedeckte Versorgungsleistung, zu deren Beitragszahlung nach dem französischem Recht sowohl die Arbeitgeber als auch die Arbeitnehmer verpflichtet seien. Die Freiwilligkeit der Beitragszahlung allein sei kein Wesensmerkmal der betrieblichen Altersversorgung. Der in dem Ruhegehaltsvertrag 1997 verwandte Begriff der betrieblichen Altersversorgung sei dahin auszulegen, dass damit eine freiwillige kapitalgedeckte betriebliche Altersversorgung gemeint sei. Die Parteien hätten einen deutschen Rechtsbegriff verwandt, der sich nicht ohne weiteres auf das französische System der Altersversorgung übertragen lasse. Eine Anrechnung von umlagefinanzierten Leistungen sei jedoch nicht gemeint gewesen. Ob eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung vorliege, könne dahingestellt bleiben.

Gegen dieses am 11. Mai 2005 verkündete und am 09. Juni 2005 an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten zugestellte Urteil wendet sich diese mit ihrer am 11. Juli 2005 als Fax und am Folgetag im Original eingereichten und vor Ablauf der auf den fristgerechten Antrag hin verlängerten Frist zur Berufungsbegründung ausgeführten Berufung. Die Beklagte macht geltend, die Tatsache, dass die Teilnahme an der französischen Cadre-Versorgung auf gesetzlicher Grundlage basiere und die Versorgung selbst jeweils tarifvertraglich geregelt sei, stehe einer Einstufung als betriebliche Altersversorgung nicht entgegen. Unzutreffend sei die Annahme des Arbeitsgerichts, nur die freiwillige kapitalgedeckte betriebliche Altersversorgung unterfalle dem in § 11 des Ruhegehaltsvertrages 1997 benutzten Begriff. Die Beklagte verweist darauf, dass auch nach dem geltenden inländischen Recht eine betriebliche Altersversorgung im Umlageverfahren mitfinanziert werden könne. Darüber hinaus trägt sie zur Praxis im Hinblick auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung bei Auslandsentsendungen erweiternd vor. Versorgungsanwartschaften des deutschen Mitarbeiters würden auch während der Zeit seiner Entsendung ins Ausland weiterhin anwachsen. Die Versorgungszusagen ausländischer Gesellschaften seien, soweit dies rechtlich möglich sei, stets so gestaltet, dass sie die aus Deutschland entsandten Mitarbeiter nicht erfassen würden. Die vereinbarten Anrechnungsklauseln sollten sicherstellen, dass für Zeiten der Auslandsentsendung keine doppelte betriebliche Altersversorgung entstehe. In Frankreich werde auf verpflichtender Basis eine betriebliche Altersversorgung gewährt. Bei der Cadre-Versorgung würden einem Arbeitnehmer Versorgungsleistungen von seinem Arbeitgeber aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses versprochen. Bis zum Ende der siebziger Jahre seien die Anrechnungsklauseln länderspezifisch gestaltet worden. Der Ruhegehaltsvertrag aus dem Jahre 1972 sei mit einer standardisierten Anrechnungsklausel bei einer Entsendung nach Frankreich verbunden gewesen. Die anschließend verwandte Generalklausel zur Erfassung der im Ausland erworbenen betrieblichen Altersversorgungsanwartschaften sei allgemein aufgestellt worden. Mit ihrer Anrechnungsklausel im Vertrag aus dem Jahre 1997 habe sie keineswegs die Anrechnung anderer Versorgungsanwartschaften bzw. Versorgungsleistungen als mit der Anrechnungsklausel aus dem Vertrag 1972 vornehmen wollen. Da entsandte deutsche Mitarbeiter keine weiteren freiwilligen betrieblichen Versorgungsleistungen einer französischen Gesellschaft des B. erhalten würden, sei es keinesfalls Sinn und Zweck der Anrechnungsklausel gewesen, ein eventuell über die Cadre-Versorgung eintretende weitere Versorgung auszuschließen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 11. 05. 2005 - Az.: 34 Ca 13359/04 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der um die Zurückweisung der Berufung bittende Kläger macht geltend, die Cadre-Versorgung sei eine für alle der allgemeinen Sozialversicherung angehörenden Arbeitnehmer verpflichtend. Wesensmerkmal der deutschen betrieblichen Altersversorgung sei die Freiwilligkeit der vom Arbeitgeber gegebenen Zusage. § 11 des Vertrages aus dem Jahre 1997 normiere drei Leistungsträger. Mit "anderen Leistungsträgern" seien nur inländische Leistungsträger gemeint. Der Vertrag aus dem Jahr 1979 habe keine Anrechnung einer ausländischen Altersversorgung vorgesehen. Er habe, wenn er nicht für zwölf Jahre ins Ausland gegangen wäre, statt der geleisteten 265,-- € der französischen Sozialversicherung eine wesentlich höhere Rentenanwartschaft bei der BfA erwerben können.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das dem Begehren des Klägers stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts vom 11. Mai 2005 ist statthaft (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 lit. b ArbGG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt unzweifelhaft den gesetzlichen Grenzwert. Das Rechtsmittel ist für die Beklagte form- und fristgerecht eingelegt und vor Ablauf der auf den fristgerechten Antrag hin verlängerten Frist zur Berufungsbegründung ordnungsgemäß ausgeführt worden, sodass es gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520, 222 Abs. 2 ZPO zulässig ist.

Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Anträgen des Klägers im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

II.

1. Der Kläger kann nach den vertraglichen Regelungen die für die in der Vergangenheit liegenden Monate November 2002 bis November 2004 sowie für die Monate Januar bis Mai 2005 den jeweiligen monatlichen Kürzungsbetrag in Höhe von 881,57 € zu Recht beanspruchen. Auch die im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 260 ZPO) für die Zeit ab Juni 2005 erhobene Klage ist begründet. Bei dem Anspruch auf eine monatliche Betriebsrente handelt es sich um eine wiederkehrende Leistung, so dass nach § 258 ZPO auch wegen der erst nach Erlass des (arbeitsgerichtlichen) Urteils fällig werdende Leistungen Klage auf künftige Entrichtung erhoben werden konnte. Der Kläger war nicht gehalten, die nach Erlass des angefochtenen Urteils bis zur Verkündung des Berufungsurteils fällig gewordenen monatlichen Betriebsrentensprüche mit einem gesonderten Antrag geltend zu machen.

2. Der Beklagten ist es nach den zwischen den Parteien getroffenen Absprachen verwehrt, das betriebliche Ruhegehalt, welches der Kläger zunächst ab 01. Juli 2000 in Höhe von 3.342,57 € bezogen hat, zu kürzen. Weder die Kürzung um den arbeitgeberfinanzierten Anteil der französischen Cadre-Rente, wie sie zunächst von der Beklagten vorgenommen worden ist (vgl. Schreiben vom 28. Mai 2002) noch die weitergehende Kürzung ab 01. November 2002 ist von den unter § 11 des Ruhegehaltsvertrages vom 19. Dezember 1997 vorbehaltenen Anrechnungsmöglichkeiten gedeckt.

a) Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, durch die Regelungen im Ruhegehaltsvertrag vom 19. Dezember 1997 seien vorausgegangene Absprachen den selben Gegenstand betreffend ersetzt worden. Die Beklagte hat sich nach der maßgeblichen vertraglichen Abrede vorbehalten, etwaige Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, die der Kläger bei Eintritt des Versorgungsfalles oder später von einem früheren in- oder ausländischen Arbeitgeber bzw. von einem anderen Leistungsträger der betrieblichen Altersversorgung beanspruchen kann, anzurechnen. Bei der Cadre-Rente handelt es sich nach den von der Beklagten selbst vorgelegten Erläuterungen nicht um eine betriebliche Altersversorgung im Sinne der Vertragsklausel. Nach dem französischen System wird die Pflichtgrundrente um die zusätzliche Pflichtaltersversorgung ergänzt. Hinzutreten kann auf freiwilliger Basis eine zusätzliche Altersversorgung (vgl. auch Kessler, DRV-Schriften Band 51 S. 198ff.).

b) Der in dem vom Kläger mit der Fa. B. im Jahre 1997 abgeschlossenen Ruhegehaltsvertrag verwendete Begriff der "betrieblichen Altersversorgung" ist im Lichte der im deutschen Recht geläufigen Begrifflichkeit auszulegen. Nach § 1 BetrAVG in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung handelt es sich bei der betrieblichen Altersversorgung um eine Leistung, die den Versorgungszwecken Alter-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung dient und dem Arbeitnehmer aus Anlass des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt worden ist (vgl. ErfK/Steinmeyer, 5. Aufl., 200 BetrAVG § 1 Rz. 2). Die betrieblichen Altersversorgung kann nach dem BetrAVG in fünf Durchführungswegen verwirklicht werden, in dem der Arbeitgeber entweder eine unmittelbare Versorgungszusage gewährt oder die Versorgungsleistung von einem rechtlich unselbständigen vom Arbeitgeber dotierten Leistungsträger gezahlt wird (vgl. Höfer, Private und betrieblichen Altersversorgung zwischen Sicherheit und Selbstverantwortung, Gutachten E für den 65. Deutschen Juristentag 2004 unter E 41). Historisch handelte es sich dabei um ein grundsätzlich arbeitgeberfinanziertes System. Eine - seit dem 01. Januar 1999 gesetzlich geregelte - Ausnahme stellt nunmehr die arbeitnehmerfinanzierte betriebliche Altersversorgung in Gestalt der Entgeltumwandlung dar (vormals: § 1 Abs. 6 BetrAVG; nunmehr: § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG).

Zu den Merkmalen einer betrieblichen Altersversorgung gehören das Versprechen einer Leistung zum Zwecke der Versorgung, ein den Versorgungsanspruch auslösendes Ereignis wie Alter, Invalidität oder Tod sowie die Zusage an einen Arbeitnehmer durch einen Arbeitgeber aus Anlass des Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 3 AZR 641/88, BAGE 65, 215 = AP Nr. 11 zu § 1 BetrAVG Lebensversicherung; Urteil vom 10. März 1992 - 3 AZR 153/91, AP Nr. 17 zu § 1 BetrAVG Lebensversicherung; Urteil vom 03. November 1998 - 3 AZR 454/97, BAGE 90, 120 = AP Nr. 36 zu § 1 BetrAVG). Bei einer Versorgungszusage verspricht der Arbeitgeber, Leistungen im Falle des Alters, der Invalidität oder des Todes entweder unmittelbar oder mittelbar zu erbringen. Fehlt es an einer Zusage oder bedarf es einer solchen schon deswegen nicht, weil das Arbeitsverhältnis unabhängig vom Willen der Vertragsparteien einer Pflichtaltersversorgung unterfällt, ist ein Fall der betrieblichen Altersversorgung im Sinne der Vertragsklausel nicht gegeben. Vom Begriff der Zusage werden Versorgungsvereinbarungen zwischen den Arbeitsvertragsparteien, zwischen den Betriebs-wie auch den Tarifvertragsparteien erfasst (Blomeyer/Otto, BetrAVG, 3. Aufl., § 1 Rz. 31f.). Die sogenannte Cadre-Versorgung beruht nicht auf einer Zusage in diesem Sinne.

c) Wie die Beklagte selbst ausführt und durch die Vorlage der deutschen Fassung des Überblicks über das französische System der gesetzlichen Pflichtaltersversorgung untermauert hat, unterfällt die sogenannte Cadre-Rente nicht dem im Ruhegehaltsvertrag verwendeten Begriff der betrieblichen Altersversorgung. Danach existiert in Frankreich neben einer Grundversorgung durch die Sozialversicherung eine verpflichtende Zusatzrentenversorgung. Diese wird im Wesentlichen durch zwei Zusatzversorgungssysteme durchgeführt. Dem einem System (ARRCO) unterfällt die allgemeine Belegschaft, von dem anderen System (AGIRC) werden die Führungskräfte erfasst. Die Beitragszahlung erfolgt sowohl durch den Arbeitgeber wie auch durch den Arbeitnehmer. Die Beiträge für Führungskräfte errechnen sich hinsichtlich des Systems AGIRC aus dem oberhalb der gesetzlichen Bemessungsgrenze liegenden Teil der Vergütung, bezüglich des Systems ARRCO aus dem Teil des Gehalts, der innerhalb der Bemessungsgrenze liegt. Die Träger der zusätzlichen Pflichtaltersversorgung wurden zwar durch Tarifverträge oder durch von beiden Sozialpartnern unterschriebene Verträge begründet. Ein staatliches französisches Gesetz aus dem Jahre 1972 verpflichtet alle Arbeitnehmer, die der allgemeinen Sozialversicherung angehören, zu einer Pflichtmitgliedschaft in dem System der zusätzlichen Pflichtaltersversorgung. Sind jedoch alle Arbeitnehmer, die der allgemeinen Sozialversicherung angehören, von Gesetzes wegen zur Mitgliedschaft verpflichtet, können sie sich also von Rechtswegen dem angeführten System nicht entziehen, schließt dies eine Zusage seitens des Arbeitgebers aus. Soweit die Beklagte darauf abstellt, die Träger der Zusatzversorgung seien durch Tarifverträge gegründet worden, kommt es darauf nicht an. Entscheidend ist, wie die Beklagte selbst ausführt, dass der Kläger während der in Frankreich zurückgelegten Beschäftigungszeiten pflichtversichert war und aus diesem Grunde für ihn auch eine Pflichtmitgliedschaft in dem Zusatzversorgungssystem bestand.

d) Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, der Begriff der "Leistungen der betrieblichen Altersversorgung" unter § 11 des Ruhegehaltsvertrages vom 19. Dezember 1997 sei so zu verstehen, dass darunter vom Arbeitgeber (mit-)finanzierte Versorgungsleistungen zu fassen seien, bei denen es nicht um Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung handle. Dem steht jedoch sowohl der Begriffsinhalt der "Betrieblichen Altersversorgung" - wie ausgeführt - entgegen als auch die im vorausgegangenen Ruhegehaltsverträgen verwendeten Anrechnungsklauseln.

Ausweislich der Ruhegeldzusage vom 15. Dezember 1972 hatte sich die Beklagte damals vorbehalten, den Teil der späteren gesetzlichen Rente, der aus Beträgen der R. (= R. ) gemäß dem französischen Gesetz für Angestellte in gehobener und leitender Stellung herrührte, am Ruhegehalt des Klägers zu kürzen. Damit ist in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der im Jahre 1972 durch Gesetz angeordneten Pflichtmitgliedschaft in dem System der zusätzlichen Rentenversorgung von der damals wie heute möglichen Anrechnung gemäß § 5 Abs. 2 BetrAVG Gebrauch gemacht worden. Dementsprechend hat die Beklagte auch dem Kläger mit Schreiben vom 28. Mai 2002 mitgeteilt, sie rechne den Teil der französischen Rente an, der durch den Arbeitgeber finanziert worden sei. Diesen Teil hat sie mit 595,-- € brutto im Monat errechnet. Durch die Anrechnung sollte der Anspruch auf betriebliche Altersversorgung auf 2.747,57 € brutto im Monat reduziert werden. Für die in der Vergangenheit ab 01. Juli 2000 darüber hinaus erfolgten Zahlungen sollte eine Verrechnung mit künftigen Rentenzahlungen erfolgen. Auch in dem weiteren Schreiben vom 30. Oktober 2002 hat die Beklagte ausgeführt, der Kläger solle "eine monatliche Bruttorente in Höhe von 2.416,15 € unter Berücksichtigung der in Frankreich erworbenen Cadre-Versorgung" erhalten. Wenn die Beklagte in ihrer Klagerwiderung geltend macht, die Cadre-Versorgung sei vereinbarungsgemäß angerechnet worden, so enthält zwar vormals die Ruhegeldzusage aus dem Jahre 1972 eine solche Anrechnungsvereinbarung nicht jedoch der Ruhegehaltsvertrag vom 19. Dezember 1997. In dieser maßgeblichen Vertragsklausel war gerade nicht Bezug genommen worden auf den vom Arbeitgeber finanzierten Teil der gesetzlichen Rente.

e) Ohne Erfolg macht die Beklagte auch geltend, Versorgungsanwartschaften deutscher Mitarbeiter würden auch während der Zeit der Entsendung ins Ausland weiter anwachsen und die vereinbarte Anrechnungsklausel habe sicherstellen sollen, dass es für Zeiten der Auslandsentsendung nicht zu einer doppelten betrieblichen Versorgung des Mitarbeiters komme. Wenn die Beklagte ausführt, Versorgungszusagen ausländischer Gesellschaften des Konzern seien - soweit rechtlich möglich - stets so ausgestaltet, dass diese die aus Deutschland in die ausländische Gesellschaft entsandten Mitarbeiter nicht erfassten, so harmoniert dies damit, dass die Versorgungsanwartschaften von Deutschland ins Ausland entsandter Mitarbeiter auch während der Zeit der Entsendung ins Ausland weiterhin anwachsen. Anders verhält es sich jedoch mit der gesetzlichen Sozialversicherung. Der Kläger hat unbestritten vorgetragen, er würde, wenn er nicht wie geschehen 135 Monate im Ausland für eine Gesellschaft des B. gearbeitet hätte, eine höhere gesetzliche Rente im Inland beanspruchen können. Für die nicht die inländische gesetzliche Rente erhöhenden Beschäftigungszeiten im Ausland erhält der Kläger aufgrund staatlicher Gesetzgebung Versorgungsansprüche in den Staaten, in denen er tätig war. Darauf, ob die Summe der im Ausland erworbenen Versorgungsansprüche aufgrund gesetzlicher Grundlagen und der im Inland geregelten Rente höher ist als der Betrag, den der Kläger vom inländischen Rentenversicherungsträger erhalten würde, wenn er nicht im Ausland tätig gewesen wäre, kommt es nicht an. Die zuletzt das Beschäftigungsverhältnis bestimmende Anrechnungsklausel erlaubt nur die Anrechnung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Dazu zählt die Cadre-Versorgung, welche verpflichtend ist, jedoch nicht. Weder hat sich die Beklagte insoweit unmittelbar verpflichtet noch hat sie eine Leistung zum Zwecke der Versorgung versprochen.

3. Da dem Kläger der erhobene Anspruch schon deswegen zusteht, weil die französische Cadre-Versorgung nicht vom Begriff der betrieblichen Altersversorgung unter Ziffer 11 des Ruhegehaltsvertrages aus dem Jahre 1997 fällt, kommt es auf den weiteren, vom Kläger geltend gemachten rechtlichen Gesichtspunkt nicht an.

III.

1. Da dem Kläger somit ein ungekürztes betriebliches Ruhegehalt gegen die Beklagte zusteht und er die der Höhe nach unstreitig gekürzten Beträge für die Vergangenheit als auch zukünftig monatlich den angeführten Betrag beanspruchen kann, musste das Rechtsmittel der Beklagten ohne Erfolg bleiben, so dass sie gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat.

2. Gegen dieses Urteil findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt. Die Revisionsschrift muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Berufungsurteils, die Revisionsbegründung innerhalb von zwei Monaten nach diesem Zeitpunkt bei dem Bundesarbeitsgericht Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt, Telefax: (03 61) 26 36 - 20 00 eingehen.

Die Revisions- und die Revisionsbegründungsschrift müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.

Ende der Entscheidung

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