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Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 26.10.2005
Aktenzeichen: 17 Sa 56/05
Rechtsgebiete: SGB IV, BGB, StGB, BetrVG, ArbGG, InsO, GmbHG


Vorschriften:

SGB IV § 7 Abs. 1
SGB IV § 7 d
SGB IV § 7 d Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 823
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 826
BGB § 613a Abs. 1 Satz 1
StGB § 263
StGB § 266
StGB § 266 a
BetrVG § 5 Abs. 3
ArbGG § 64 Abs. 1
InsO § 108 Abs. 1
GmbHG § 64 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 17 Sa 56/05

verkündet am 26.10.2005

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 17. Kammer - durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Dr. Auweter, den ehrenamtlichen Richter Gustke und den ehrenamtlichen Richter Wiedemann auf die mündliche Verhandlung vom 26.10.2005

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 07.06.2005 - Az.: 1 Ca 119/05 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt vom Geschäftsführer seiner insolventen Arbeitgeberin Schadensersatz wegen unterlassener Insolvenzsicherung eines Wertguthabens aus einem Altersteilzeitvertrag im Blockmodell.

Der Kläger war vom 01.10.1974 bis zum 30.11.2004 bei der K.GmbH (Insolvenzschuldnerin) beschäftigt. 1984 wurde ihm die Verkaufsleitung übertragen (vgl. Anstellungsvertrag vom 30.01.1984, Abl. 79 ff. der erstinstanzlichen Akte), im März 1997 wurde er in das Geschäftsleitungsbeiratsgremium berufen. Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass der Kläger Leitender Angestellter im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes war. Am 11.12.2002 schlossen der Kläger und die K.GmbH, letztere vertreten durch den Beklagten, einen Altersteilzeitvertrag für die Zeit vom 01.01.2003 bis 31.12.2008 im Blockmodell (Freistellungsphase ab 01.01.2006). Auf die Vereinbarung vom 11.11.2002 (Abl. 11 ff. der erstinstanzlichen Akte) wird Bezug genommen. In § 5 dieser Vereinbarung ist festgehalten, dass die Altersteilzeitvergütung "in Anlehnung an die Betriebsvereinbarung vom 11.09.2000 und den Tarifvertrag der IG Metall" auf 82 % des vorherigen monatlichen Nettoentgelts erhöht wird. Die Betriebsvereinbarung vom 11.09.2000 sieht unter Ziff. 16 vor, dass der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat geeignete Maßnahmen berät und sicherstellt, "dass im Falle der vorzeitigen Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses durch Insolvenz des Arbeitgebers alle bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Ansprüche, einschließlich der darauf entfallenden Arbeitgeberanteile der Sozialversicherung, gesichert sind. Die ausreichende Sicherung dieser Ansprüche lässt sich aufgrund der zu zahlenden Sozialabgaben durch Belege nachweisen" (Betriebsvereinbarung vom 11. September 2000, Abl. 20 ff., 23 der erstinstanzlichen Akte).

Über das Vermögen der K.GmbH wurde am 30.07.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 30.08.2004 zum 30.11.2004 und stellte den Kläger unter Anrechnung von Urlaub und geleisteten Überstunden mit sofortiger Wirkung von der Erbringung zur Arbeitsleistung frei. Im September 2004 erwarb die Firma A.GmbH den Betrieb vom Insolvenzverwalter. Am 12.11.2004 schloss der Kläger mit dem Insolvenzverwalter unter Beteiligung der A.GmbH und einer Firma F.GmbH einen Vergleich, durch den das Arbeitsverhältnis zum 30.11.2004 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von € 44.324,00 beendet wurde. Der Insolvenzverwalter verpflichtete sich, das Arbeitsverhältnis für die Zeit vom 31.07.2004 bis 30.11.2004 auf der Basis eines Vollzeitarbeitsverhältnisses rückabzuwickeln und dem Kläger Auskunft über die Höhe des Wertguthabens aufgrund der erbrachten Arbeitszeit vom 01.01.2003 bis 30.07.2004 zwecks Anmeldung als Insolvenzforderung zu erteilen (Vergleich vom 12.11.2004, Abl. 29 ff. der erstinstanzlichen Akte). Entsprechend dieser Auskunft hat der Kläger einen Anspruch in Höhe von € 131.112,49 zur Insolvenztabelle angemeldet (Schreiben vom 07.04.2005, Abl. 110 f. der erstinstanzlichen Akte).

Der Kläger hält den Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin dafür verantwortlich, dass eine Insolvenzsicherung des Wertguthabens aus dem Altersteilzeitvertrag nicht erfolgt ist. In Kenntnis der fehlenden Insolvenzsicherung habe dieser den Altersteilzeitvertrag mit dem Kläger nicht abschließen dürfen. Als Schaden beansprucht der Kläger zunächst 18 % des Nettoentgelts für die Zeit vom 01.01.2003 bis 31.07.2004. Zugleich möchte er die Verpflichtung zur Schadensersatzleistung infolge fehlender Insolvenzsicherung für die Zukunft festgestellt haben. Der Beklagte sieht keine Grundlage für eine persönliche Haftung. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Altersteilzeitvertrages habe keiner vorhergesehen, dass etwaige Vergütungsansprüche des Klägers wegen Insolvenz nicht erfüllt werden könnten. Im Übrigen habe der Kläger durch den Vergleich vom 12.11.2004 selbst für eine Beendigung des auf die A.GmbH übergegangenen Arbeitsverhältnisses und damit den Verlust des Wertguthabens gesorgt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat weder eine vertragliche noch eine deliktische Anspruchsgrundlage für gegeben erachtet. Insbesondere stelle § 7 d) SGB IV kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar; die Betriebsvereinbarung vom 11.09.2000 sei ungeachtet der Frage, ob diese als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB in Betracht komme, auf den Kläger nicht anzuwenden, da er Leitender Angestellter war; eine Täuschungshandlung gemäß § 263 StGB habe der Kläger nicht dargelegt; auch eine Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB scheide aus, weil die Verpflichtung zur Insolvenzsicherung keine verselbständigte Vermögensbetreuungspflicht begründe. Deshalb scheide auch eine Haftung gemäß § 826 BGB aus. Ungeachtet dessen habe der Kläger durch den Vergleich vom 12.11.2004 verhindert, dass sein Anspruch auf das Wertguthaben auf die Rechtsnachfolgerin der Insolvenzschuldnerin übergegangen sei. Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil vom 07.06.2004 Bezug genommen.

Gegen die dem Kläger am 15.06.2005 zugestellte Entscheidung richtet sich dessen am 06.07.2005 bei Gericht eingegangene und zugleich ausgeführte Berufung, mit der er seinen erstinstanzlich geltend gemachten Schadensersatzanspruch weiterverfolgt. Der Kläger habe durch den Vergleich vom 12.11.2004 nicht den Verlust des Wertguthabens herbeigeführt, weil die Betriebserwerberin nicht für Insolvenzforderungen gehaftet hätte. Die Vergütung für im Blockmodell vorgeleistete Arbeit sei jedoch Insolvenzforderung, auf die voraussichtlich keine bzw. nur eine sehr geringe Zahlung erfolgen werde. Das Arbeitsgericht habe nicht eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass die Insolvenzschuldnerin eine Insolvenzsicherung des Wertguthabens zugesagt habe. Auch für den Kläger habe trotz seines Status als Leitender Angestellter die Betriebsvereinbarung vom 11.09.2000 gegolten. Diese sei nämlich in die Verhandlungen über den Altersteilzeitvertrag einbezogen gewesen. Sie sei ihm als "betriebliches Modell" ausgehändigt worden, nach dem auch sein Altersteilzeitvertrag behandelt werden sollte. Dies ergebe sich auch aus der Inbezugnahme in § 5 des Altersteilzeitvertrages sowie aus dem Antrag der Insolvenzschuldnerin zur Vorabentscheidung gemäß § 12 Abs. 1 Altersteilzeitgesetz 1996 an die Bundesanstalt für Arbeit (vgl. Antrag vom 20.12.2002, Abl. 123 ff. der erstinstanzlichen Akte), welcher auf die Betriebsvereinbarung vom 11.09.2000 Bezug nimmt. Schließlich dürfe der Kläger auch aus Gründen der Gleichbehandlung nicht von bestimmten freiwilligen Leistungen des Arbeitgebers ausgenommen werden. Der Beklagte haftet persönlich, weil er, wissend um seine Verpflichtung einen Insolvenzschutz für Wertguthaben herbeizuführen, dieser Verpflichtung der Insolvenzschuldnerin nicht nachgekommen sei. Nicht aus Nachlässigkeit sei dies unterblieben, sondern weil dem Beklagten die im Jahr 2000 eingeholten Angebote zu teuer gewesen seien. Damit habe er jedoch sämtliche Altersteilzeitbeschäftigten bewusst geschädigt. Der Schaden bestehe bereits darin, dass der zugesagte Vorteil eines Insolvenzschutzes nicht erbracht worden sei. Durch den Abschluss von Altersteilzeitverträgen unter Bezug auf das betriebliche Modell der Betriebsvereinbarung habe der Beklagte die Arbeitnehmer fortlaufend auch über das Vorliegen eines Insolvenzschutzes getäuscht. Denn er habe bei Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung darauf hinweisen müssen, dass ein solcher Insolvenzschutz (noch) nicht bestehe. Vorsorglich beruft sich der Kläger auch darauf, dass § 7d Abs. 1 SGB IV als Schutzgesetz zugunsten des Klägers anzusehen sei. Der Kläger beantragt deshalb:

1. Auf die klägerische Berufung wird das Urteil des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 07.06.2005 aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 21.924,71 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 18.01.2005 zu bezahlen.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger denjenigen Schaden zu ersetzen, der durch die fehlende Insolvenzsicherung des Wertguthabens des Klägers bei der Firma K. GmbH aufgrund erbrachter Arbeitsleistung in der Zeit vom 01.01.2003 bis 30.07.2004 nach dem Altersteilzeitvertrag des Klägers mit der K. GmbH vom 11.12.2002 zukünftig entsteht.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagte beantragt

die Zurückweisung der Berufung.

§ 7d SGB IV begründe keine konkrete Verpflichtung des Arbeitgebers, was der inzwischen eingeführte § 8a Altersteilzeitgesetz verdeutliche. Eine Sanktion für die Verletzung der Norm habe der Gesetzgeber nicht vorgesehen. Erst recht könne die Verletzung der Norm keine persönliche Haftung des Geschäftsführers gegenüber den Arbeitnehmern begründen. Die Betriebsvereinbarung vom 11.09.2000 sei in ihrer Gesamtheit nicht Bestandteil des Altersteilzeitvertrags mit dem Kläger geworden. Eine unmittelbar zwingende Geltung für den Kläger sei gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG ausgeschlossen. Entgegen den Ausführungen des Klägers lehne sich der Altersteilzeitvertrag lediglich in einem einzelnen Punkt, nämlich der Aufstockung des Nettoentgelts auf 82 %, an die Betriebsvereinbarung an. Daraus ergebe sich, dass die Betriebsvereinbarung vom 11.09.2000 im Übrigen gerade nicht in den Altersteilzeitvertrag einbezogen werden sollte. Auch sei der Abschluss des Altersteilzeitvertrages mit dem Kläger vom Beklagten an eine Anwaltskanzlei delegiert worden. Dass nur die Vertragsurkunde vom 11.12.2002 und nicht nachträgliche Erklärungen gegenüber dem Arbeitsamt maßgeblich seien, ergebe sich auch aus der Schriftformklausel in Ziff. 16 des Altersteilzeitvertrages. Selbst wenn man jedoch von einer Anwendbarkeit der Betriebsvereinbarung vom 11.09.2000 ausgehen wollte, könne der Vorwurf des Klägers gegen den Beklagten nur dahin gehen, das erarbeitete Wertguthaben nicht insolvenzgesichert zu haben, nicht jedoch, im Rahmen der Vertragsverhandlungen falsche Angaben gemacht zu haben. Daraus ergebe sich aber keine persönliche Haftung des Beklagten, da nicht der Geschäftsführer, sondern die Gesellschaft für diese Verpflichtung hafte. Auch Treu und Glauben geböten hier keinen Durchgriff auf den Beklagten. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Insolvenzschuldnerin in den Jahren 2002/2003 entsprechende Rückstellungen in die Bilanz als Insolvenzsicherung aufgenommen habe. Erst mit der Einführung des § 8a Abs. 1 Satz 2 Altersteilzeitgesetz zum 01.07.2004 gelte dies nicht mehr als geeignetes Sicherungsmittel. Eine Haftung des Beklagten gemäß § 823 in Verbindung mit § 263 StGB scheide aus, weil der Beklagte nie den Vorsatz gehabt habe, den Kläger zu schädigen und auch nicht zugesichert habe, dass eine Insolvenzsicherung bestehe. Im Dezember 2002 sei die Insolvenz der K.GmbH in keiner Weise erkennbar oder vorstellbar gewesen. Der Beklagte bestreitet, dass die Insolvenzsicherung über eine Versicherung im Jahr 2000 an den Kosten gescheitert sei; die entsprechenden Kosten wären angesichts der sonstigen Versicherungskosten, des damaligen Eigenkapitals und des Jahresumsatzes der K.GmbH überhaupt nichts in Gewicht gefallen. Vielmehr hätten noch überhaupt keine konkreten Angebote vorgelegen. Hinsichtlich der Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründung des Klägers vom 05.07.2005 sowie die Berufungserwiderung der Beklagten vom 08.08.2005 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die gemäß § 64 Abs. 1b) ArbGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Dem Kläger stehen Ansprüche gegen den Beklagten nicht zu, weshalb das Arbeitsgericht sowohl den Zahlungs- als auch den Feststellungsantrag des Klägers zu Recht zurückgewiesen hat.

I.

Dem Kläger ist allerdings darin zuzustimmen, dass eventuelle Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten nicht dadurch ausgeschlossen sind, dass der Kläger durch den Vergleich vom 12.11.2004 den Altersteilzeitvertrag vorzeitig beendet und damit den Schadensfall erst herbeigeführt hat. Auch wenn das Arbeitsverhältnis infolge Betriebsübergangs mit der A.GmbH fortbestanden hätte, haftete diese gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in der Insolvenz eingeschränkt nur für Masse-, nicht aber für Insolvenzforderungen gemäß § 108 Abs. 1 InsO. Da das während der Freistellungsphase geschuldete Entgelt Gegenleistung für die bereits während der Arbeitsphase über die verringerte Arbeitszeit hinausgehende Arbeit ist, ist das bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens erarbeitete Wertguthaben (einschließlich der Aufstockungsbeträge) Insolvenzforderung (BAG, Urteile vom 19.10.2004, 9 AZR 645/03, ZIP 2005, 457; 9 AZR 647/03 n.v.). Der Kläger hätte also auch bei Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses sein - im Übrigen hier über den geltend gemachten Anspruch hinausgehendes - Wertguthaben nur als Insolvenzforderung geltend machen können. Wegen der vorzeitigen Beendigung des Altersteilzeitvertrages war dieser rückabzuwickeln mit der Folge, dass dem Kläger wegen der bereits erfolgten Aufstockung des Nettoentgelts sowie der bereits erhöht abgeführten Sozialversicherungsbeiträge im Ergebnis sogar ein geringerer Ausfall entstanden ist.

II.

Den dem Kläger entstandenen Schaden hat der Beklagte dem Kläger nicht zu ersetzen. Er haftet weder auf Schadensersatz wegen unterlassener Insolvenzsicherung (s.u. II.1. bis 2. a) (3)) noch wegen unterlassener Aufklärung (s.u. II. 2. a) (4) bis 2. b)), noch wegen einer Verletzung der Pflichten aus § 64 Abs. 1 GmbHG (II. 3.).

1. Der Kläger behauptet auch im Berufungsverfahren nicht, dass der Beklagte selbst dem Kläger im Rahmen der Vertragsverhandlungen zum Altersteilzeitvertrag eine Insolvenzsicherung des Wertguthabens zugesagt habe. Damit scheidet eine Vertragsverletzung des Beklagten gemäß § 280 Abs. 1 BGB aus.

2. Deliktische Anspruchsgrundlagen sind im Ergebnis ebenfalls nicht erfüllt.

a) Der Beklagte hat gegenüber dem Kläger kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB verletzt.

(1) § 7 d Abs. 1 SGB IV

Nach dieser Vorschrift treffen die Vertragspartner im Rahmen einer Altersteilzeitvereinbarung gemäß § 7 Abs. 1 a) SGB IV Vorkehrungen zur Erfüllung der Wertguthaben im Insolvenzfall. Eine Sanktion enthält die Vorschrift jedoch nicht. Eine Verpflichtung zur Insolvenzsicherung wurde erst mit Wirkung vom 01.07.2004 in § 8 a Altersteilzeitgesetz festgeschrieben. Auch lässt § 7 d Abs. 1 SGB IV offen, welche Art von Vorkehrungen zu treffen sind. Der Beklagte hat sich hier darauf berufen, die K.GmbH habe Rückstellungen zur Erfüllung der Verpflichtungen aus den Altersteilzeitverträgen gebildet. Dass dies keine geeigneten Sicherungsmittel sind, hat der Gesetzgeber ebenfalls erst mit Wirkung vom 01.07.2004 in § 8 a Abs. 1 Satz 2 Altersteilzeitgesetz festgeschrieben. Insbesondere aber ist Adressat der Vorschrift der Arbeitgeber, nicht jedoch sein Repräsentant. Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers lässt sich deshalb nicht allein darauf stützen, der Arbeitgeber habe eine eventuelle Verpflichtung aus § 7 d Abs. 1 SGB IV verletzt (im Ergebnis ebenso LAG Hamburg, Urteil vom 30.03.2004, 2 Sa 96/03, Juris; LAG Hamm, Urteil vom 06.05.2004, 8 Sa 2220/03, Juris).

(2) Betriebsvereinbarung vom 11.09.2000

Zugunsten des Klägers kann hier unterstellt werden, dass die Parteien des Altersteilzeitvertrages unter partieller Abbedingung der Schriftformklausel die Betriebsvereinbarung vom 11.09.2000 als betriebliches Modell zur Grundlage der Vereinbarung gemacht haben und dass Ziff. 16 dieser Betriebsvereinbarung gegenüber dem Kläger Schutzgesetzcharakter entfaltet. Auch insoweit gilt jedoch, dass der Arbeitgeber und nicht der Beklagte sicherzustellen hatte, dass im Falle der vorzeitigen Beendigung des Altersteilzeitvertrages durch Insolvenz des Arbeitgebers alle bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Ansprüche gesichert sind.

Allein die Verletzung dieser Verpflichtung durch die Arbeitgeberin des Klägers begründet keine persönliche Haftung des Geschäftsführers (LAG Düsseldorf, Urteil vom 10. Dezember 2004, 9 (6) Sa 96/04, Juris).

(3) § 266 StGB

Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass die Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten nicht von § 266 StGB erfasst wird (Lackner/Kühl, StGB 25. Auflage 2004, § 266 Rn 11). Dies ergibt sich im Umkehrschluss aus § 266 a StGB (LAG Hamm, Urteil vom 06.05.2004, a.a.O.).

(4) § 263 StGB

§ 263 StGB als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB setzt die Verwirklichung einer Täuschungshandlung durch den Beklagten voraus. Da der Kläger selbst nicht davon ausgeht, dass der Beklagte dem Kläger bei Abschluss des Altersteilzeitvertrages vorgespiegelt habe, es bestehe eine Insolvenzsicherung, kommt nur die Täuschung durch Unterlassen einer Aufklärungspflicht in Betracht. Eine solche Aufklärungspflicht lässt sich jedoch nur aus einer Garantenstellung herleiten, für die hier keine Anhaltspunkte bestehen.

(a) Denn zwischen dem Kläger und dem Beklagten bestand kein die Aufklärung gebietendes besonderes Vertrauensverhältnis. Der Geschäftsführer einer GmbH nimmt, wenn er für diese in Vertragsverhandlungen eintritt, grundsätzlich nur das normale Handlungsvertrauen in Anspruch, für dessen Verletzung der Vertragspartner, also die GmbH einzustehen hat (BGH, Urteil vom 06.06.1994, II ZR 292/91, NJW 1994, 2220). Ein darüber hinausgehendes besonderes Vertrauensverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten ist nicht ersichtlich.

Allerdings wird vertreten, dass die der GmbH obliegenden Aufklärungspflichten auch von ihrem Geschäftsführer als deren "Repräsentant" erfüllt werden müssen, wenn dem Vertragspartner unbekannte Umstände vorliegen, die diesem nach Treu und Glauben bekannt sein müssten, weil sie sein Verhalten bei den Vertragsverhandlungen wesentlich beeinflussen (Staudinger/ Oechsler, Großkommentar zum BGB, November 2002, § 826 Rn 299), bzw. wenn das geforderte Tun einem sittlichen Gebot entspricht (BGH, Urteil vom 10.07.2001, VI ZR 160/00, LM BGB § 826 (A) Nr. 15, NJW 2001, 3702). Im vorliegenden Fall ergibt sich jedoch keine Garantenstellung daraus, dass die K.GmbH aufgrund der Betriebsvereinbarung vom 11.09.2000 sicherzustellen hatte, dass die Ansprüche des Klägers insolvenzgesichert sind. Die Betriebsvereinbarung schreibt den Betriebspartnern nämlich nicht vor, wie und bis wann dieser Insolvenzschutz ausgestaltet werden sollte, so dass dem Beklagten nicht vorgeworfen werden kann, den Abschluss einer Insolvenzversicherung aus Kostengründen abgelehnt zu haben. Der Beklagte musste den Kläger deshalb nicht darüber aufklären, dass eine solche Insolvenzsicherung nicht bestand.

(c) Eine Aufklärungspflicht wird auch bejaht, wenn der Geschäftsführer weiß oder wissen muss, dass er zur Erfüllung der begründeten Vertragspflicht wegen Zahlungsunfähigkeit nicht in der Lage sein wird. Hierfür bestanden jedoch bei Abschluss des Altersteilzeitvertrages im Dezember 2002 keine Anhaltspunkte.

b) Auch eine Haftung gemäß § 826 BGB scheidet deshalb aus. Auf II.2. a) (4) der Gründe wird Bezug genommen.

3. Dass der Beklagte die ihm gemäß § 64 Abs. 1 GmbHG obliegende Verpflichtung, unverzüglich nach Zahlungsunfähigkeit Insolvenzantrag zu stellen, verletzt habe, hat der Kläger im vorliegenden Verfahren nicht behauptet. Eine Haftung gemäß § 823 Abs. 2 in Verbindung mit § 64 Abs. 1 GmbHG scheidet deshalb ebenfalls aus.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Revision wurde gemäß § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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