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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 03.02.2004
Aktenzeichen: 17 Sa 70/03
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 37 Abs. 6
BetrVG § 37 Abs. 3
BetrVG § 78
BetrVG § 37 Abs. 6 Satz 2
BetrVG § 37 Abs. 3 Satz 3
BetrVG § 37 Abs. 3 Satz 1
BetrVG § 37 Abs. 6 Satz 1
BetrVG § 78 Satz 2
BetrVG § 37 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 17 Sa 70/03

verkündet am 03.02.2004

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 17. Kammer - durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Dr. Auweter, den ehrenamtlichen Richter Dannenmann und den ehrenamtlichen Richter Stillfried auf die mündliche Verhandlung vom 13.01.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 29.08.2003 - Az.: 25 Ca 11157/02 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Freizeitausgleich im Umfang von vier Stunden.

Die seit 14.11.1994 bei der Beklagten mit durchschnittlich 35,68 Wochenstunden beschäftigte Klägerin nahm vom 02. bis 05. Oktober 2001 an einer von beiden Parteien für erforderlich gehaltenen Betriebsräteschulung in L. teil. Die Schulung endete am 05.10.2001 um 12.00 Uhr. Die Klägerin trat die Heimreise um 14.18 Uhr an und erreichte um 18.00 Uhr W.. Für diese Rückreisezeit verlangte sie bezahlten Freizeitausgleich mit Schreiben vom 30.10.2001 (ABl. 14 d. erstinstanzl. Akte) bzw. vom 09.07.2002 (ABl. 15 d. erstinstanzl. Akte), was die Beklagte mit Schreiben vom 10.07.2002 unter Hinweis darauf, dass die Klägerin von Anfang an Vergütung verlangt habe, ablehnte (ABl. 17 d. erstinstanzl. Akte).

Die Beklagte beschäftigt zu 80 % Teilzeitarbeitnehmer mit durchschnittlich 21,5 Wochenstunden. Die Arbeitszeit in der Abteilung Anzeigensatz, der die Klägerin angehört, endet freitags um 12.00 Uhr; in der Druckerei, der Text- und Korrekturabteilung wird freitags zum Teil überhaupt nicht, längstens aber bis 12.00 Uhr gearbeitet. Die Arbeitszeit der Arbeitnehmer in der Rechnungsabteilung, in der Anzeigenabteilung und an der Pforte, das sind weniger als die Hälfte der Arbeitnehmer der Beklagten, endet freitags um 15.00 Uhr. Tarifvertragliche oder betriebliche Regelungen über die Vergütung von Dienstreisezeiten im Betrieb der Beklagten bestehen nicht.

Das Arbeitsgericht hat dem am 23.10.2002 erhobenen Klagantrag,

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Freizeitausgleich im Umfang von vier Stunden zu gewähren,

mit Urteil vom 29.08.2003 stattgegeben und dies im Wesentlichen damit begründet, dass einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer grundsätzlich ein Ausgleichsanspruch gemäß § 37 Abs. 6 i.V.m. § 37 Abs. 3 BetrVG zustehe, wenn er außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit, jedoch innerhalb der Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers an einer Schulung teilnehme. Da die Reisezeit in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang mit der Betriebsratstätigkeit stehe, bestehe auch hierfür der Ausgleichsanspruch. Unerheblich sei, dass die Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers am Freitag um 15.00 Uhr ende, weil maßgeblich insbesondere bei flexiblen Arbeitszeiten das Arbeitszeitvolumen eines Vollzeitarbeitnehmers sei, welches sich in der 40-Stundenwoche auf acht Stunden pro Arbeitstag belaufe. Infolgedessen stehe der Klägerin für den 05.02.2001 ein weiterer Ausgleichsanspruch von vier Stunden zu.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts vom 29.08.2003 Bezug genommen.

Gegen das der Beklagten am 09.09.2003 zugestellte Urteil richtet sich deren am 06.10.2003 eingelegte und mit bei Gericht am 07.11.2003 eingegangenem Schriftsatz ausgeführte Berufung.

Sie ist der Auffassung, dass die mit der Schulung verbundenen Reisezeiten nicht aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit der Klägerin gelegen haben. Eine über 21,5 Stunden hinausgehende Ausgleichspflicht verstoße gegen § 78 BetrVG insbesondere auch deshalb, weil eine Vergütungspflicht für Reisezeiten bei der Beklagten generell nicht bestehe. Die Beklagte beklagt den "Seminartourismus" unter Hinweis darauf, dass die Wegezeit nicht erforderlich gewesen sei. Schließlich wendet sie ein, der Anspruch sei auch mangels rechtzeitiger Geltendmachung verfallen.

Sie beantragt deshalb

das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 29.08.2003, Az.: 25 Ca 11157/02 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Sie ist der Auffassung, dass es nach dem Willen des Gesetzgebers nicht mehr für sachgerecht angesehen werde, den Teilzeitbeschäftigten ein erhöhtes Freizeitopfer abzuverlangen. Gemäß § 37 Abs. 6 Satz 2 i.V.m. § 37 Abs. 3 BetrVG sei der Klägerin deshalb ein Freizeitausgleich für die innerhalb der Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers liegende Schulung einschließlich der Reisezeit zu gewähren. Dabei sei nicht auf die konkrete Arbeitszeit am Freitag, sondern auf die durchschnittliche, pro Arbeitstag von einem Vollzeitarbeitnehmer zu erbringende Arbeitsleistung abzustellen, weil dieser bei einer verkürzten Arbeitszeit am Freitag von Montag bis Donnerstag mehr arbeiten müsse, um die vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit zu erreichen.

Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die gemäß § 64 Abs. 2 a) ArbGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Umfang von vier Stunden.

1. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Anspruch der Klägerin allerdings nicht gemäß § 37 Abs. 3 Satz 3 BetrVG verfallen. Zwar hat der Arbeitnehmer den Anspruch unverzüglich geltend zu machen. Die Monatsfrist, vor deren Ablauf die Arbeitsbefreiung zu gewähren ist, ist jedoch keine Ausschlussfrist, sondern soll nur zu Gunsten des Arbeitnehmers sicherstellen, dass der Freizeitausgleich auch tatsächlich in zeitlicher Nähe zur betriebsratsbedingten Mehrbelastung des Arbeitnehmers gewährt wird. Kommt es aus anderen als betriebsbedingten Gründen nicht vor Ablauf eines Monats zur Gewährung der Arbeitsbefreiung, so bleibt der darauf gerichtete Anspruch bestehen (GK-Wiese/Weber, BetrVG, 7. Aufl. 2003, § 37 Rnr. 91, 95; EK-Eisemann, 4. Aufl. 2004, § 37 Rnr. 11; Fitting u.a., BetrVG, 21. Aufl. 2002, § 37 Rnr. 104; Richardi, BetrVG, 8. Aufl. 2002, § 37 Rnr. 53). Tatsachen, aus denen sich ergeben könnte, dass der Anspruch verwirkt ist, hat die Beklagte nicht behauptet.

2. Die Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG sind jedoch nicht erfüllt. Gemäß § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist. § 37 Abs. 3 BetrVG gilt gemäß § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG entsprechend für die Teilnahme an Schulungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind.

a) Zwischen den Parteien ist nicht im Streit, dass die Schulung an sich Kenntnisse vermittelte, die für die Betriebsratsarbeit der Klägerin erforderlich waren. Unstreitig

17 Sa 70/03 - 5 - macht die Klägerin den Ausgleichsanspruch auch geltend für Zeiten, die außerhalb ihre individuellen Arbeitszeit liegen, auf die gemäß § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG abzustellen ist (EK-Eisemann, a.a.O., § 37 Rnr. 10; GK-Wiese/Weber, a.a.O., § 37 Rnr. 74). Die Arbeitszeit der Klägerin endet freitags um 12.00 Uhr. Den Ausgleichsanspruch macht sie geltend für die Reisezeit von 14.18 Uhr bis 18.00 Uhr.

b) Die Reisezeit von 14.18 Uhr bis 18.00 Uhr ist jedoch keine Betriebsratstätigkeit im Sinne des § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG.

(1) Zwar können Wege-, Fahrt- und Reisezeiten, die ein Betriebsratsmitglied zur Erfüllung notwendiger betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben außerhalb seiner Arbeitszeit aufwendet, grundsätzlich einen Anspruch auf Freizeitausgleich gemäß § 37 Abs. 3 BetrVG auslösen, soweit sie mit der Durchführung der entsprechenden Betriebsratstätigkeit in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang stehen. Allerdings dürfen Betriebsratsmitglieder gemäß § 78 Satz 2 BetrVG wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden. Für die Bewertung von Reisezeiten, die ein Betriebsratsmitglied zur Wahrung von Betriebsratstätigkeiten aufwendet, können danach keine anderen Maßstäbe gelten als für Reisezeiten, die ein Arbeitnehmer sonst im Zusammenhang mit der Erfüllung seiner Arbeitspflicht aufwendet. Eine gesetzliche Regelung, nach der Reisezeiten wie vergütungspflichtige Arbeitszeit zu bewerten sind, besteht nicht. Deswegen kommt es auf die maßgeblichen tarifvertraglichen oder betrieblichen Regelungen über die Durchführung von Dienstreisen im Betrieb des Arbeitgebers an (BAG, Urteil vom 16. April 2003, 7 AZR 423/01 unter I 2. der Gründe). Die Klägerin hat im vorliegenden Fall nicht bestritten, dass die Vergütung von außerhalb der Arbeitszeit liegenden Reisezeiten bei der Beklagten vertraglich nicht geregelt ist.

(2) Dem steht nicht entgegen, dass einem (vollzeitbeschäftigten) Arbeitnehmer ggf. die innerhalb seiner Arbeitszeit liegende Reisezeit wie Arbeitszeit vergütet wird. Richtig ist, dass der Änderung des § 37 Abs. 6 BetrVG die Überlegung zu Grunde lag, dass in Folge der fortschreitenden Flexibilisierung der Arbeitszeit die Schulung von Betriebsratsmitgliedern in einem immer größer werdenden Umfang insbesondere für teilzeitbeschäftigte Betriebsratsmitglieder außerhalb ihrer Arbeitszeit erfolgt. Ihnen einen entsprechenden Ausgleichsanspruch zu verwehren, erschien - in Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung (BAG, Urteil v. 05.03.1997, AP Nr. 123 zu § 37 BetrVG 1972) - nicht mehr gerechtfertigt (BTDrucksache 14/5741 S. 41). Der Ausgleichsanspruch nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG knüpft jedoch nicht an die Benachteiligung von teilzeitbeschäftigten Betriebsratsmitgliedern, sondern daran an, ob Betriebsratstätigkeit aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der individuellen Arbeitszeit durchzuführen war.

c) Die Reisetätigkeit liegt hier auch nicht aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit der Klägerin (§ 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG).

(1) Betriebsbedingte Gründe liegen vor, wenn betriebliche Gegebenheiten und Sachzwänge innerhalb der Betriebssphäre dazu geführt haben, dass die Betriebsratstätigkeit nicht während der Arbeitszeit durchgeführt werden kann (BAG, Urteil v. 16.04.2003, 7 AZR 423/01 unter Bezug auf BAG 26. Januar 1994 - 7 AZR 593/92, AP Nr. 93 zu § 37 BetrVG 1972). Die Rückreise von der Schulungsveranstaltung an einem arbeitsfreien Tag fällt dagegen in die Sphäre des Betriebsrats, der den Beschluss gefasst hat, die Klägerin auf eine Schulungsveranstaltung an einem von der Betriebsstätte entfernten Schulungsort zu entsenden (BAG, Urteil vom 19.07.1977, 1 AZR 302/74, AP Nr. 31 zu § 37 BetrVG, DB 1977, 2458). Genauso wenig fällt es in die Sphäre des Arbeitgebers, wenn die Reisezeit, bedingt durch die Entscheidung des Betriebsrats bezüglich Ort und Dauer der Schulung, außerhalb der Arbeitszeit liegt (GK-Wiese/Weber, a.a.O. § 37 Rnr. 87). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Beklagte im vorliegenden Fall Einwände gegen andere Schulungsveranstaltungen erhoben bzw. es unterlassen hat, die Klägerin zu einer anderen Veranstaltung anzumelden.

(2) Die Klägerin kann einen Anspruch auch nicht daraus herleiten, dass gemäß § 37 Abs. 3 Satz 2 BetrVG betriebsbedingte Gründe vorliegen, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Dadurch hat nur der nach der bisherigen Rechtsprechung und Literatur ohnehin weitgehend anerkannte Fall unterschiedliche Arbeitszeiten, nicht aber jede Überschreitung der persönlichen Arbeitszeit zu Betriebsratszwecken eine Regelung gefunden (GKWiese/ Weber, a.a.O., § 37 Rnr. 81 f.). Die Betriebsratstätigkeit muss nämlich auch nach § 37 Abs. 3 Satz 2 BetrVG innerhalb der betrieblichen Arbeitszeit liegen (Richardi, a.a.O., § 37 Rnr. 48). Darüber hinaus ist die ggf. unterschiedliche Arbeitszeit der Betriebsratsmitglieder nicht ursächlich für die Lage der mit der Schulung verbundenen Reisezeit.

(3) Die Klägerin kann einen Freizeitausgleichsanspruch schließlich nicht darauf stützen, dass die mit der Schulung verbundene Reisezeit wegen der Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung außerhalb ihrer persönlichen Arbeitszeit lag (§ 37 Abs. 6 Satz 2 BetrVG). Das Gesetz nennt für die Bewertung, ob Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung vorliegen, keine Bezugspunkte. Besonderheiten liegen vor, wenn etwas vom Üblichen abweicht. Die Kammer hatte nicht abschließend darüber zu befinden, ob zur Feststellung der Besonderheiten auf die Betriebsüblichkeit oder auf die Arbeitszeitgestaltung als solche abzustellen ist, weil hier nach beiden Betrachtungsweisen Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung nicht vorliegen. Betriebsüblich ist die Lage der Arbeitszeit in der Abteilung, in der die Klägerin beschäftigt ist, freitags bis 12 Uhr festgelegt. Über die Hälfte der Arbeitnehmer der Beklagten arbeiten freitags nach 12 Uhr nicht mehr. Dass außerdem ein Teil der Mitarbeiter längstens bis 15.00 Uhr arbeitet, ändert daran nichts. In einem Betrieb können grundsätzlich mehrere betriebsübliche Arbeitszeitgestaltungen vorliegen (in Bezug auf den Umfang jedenfalls: BAG, Urteil vom 23.06.1996, 1 ABR 13/96, AP Nr. 68 zu § 87 BetrVG 1972 - Arbeitszeit, NZA 1997, 274). Was die Dauer der Arbeitszeit anbelangt, wird zwar allgemein vertreten, dass für die Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung von der betrieblichen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten auszugehen sei, weshalb die Beschäftigung von Arbeitnehmern in Teilzeit eine Besonderheit sei (Fitting, a.a.O., § 37 Rnr. 189). Davon kann man aber unter dem Aspekt der Betriebsüblichkeit dann nicht ausgehen, wenn der Betrieb wie im vorliegenden Fall die Beklagte 80 % Teilzeitarbeitnehmer beschäftigt. Aber auch die Arbeitszeitgestaltung als solche weicht jedenfalls in Bezug auf die Lage der Arbeitszeit nicht von sonst allgemein üblichen Formen ab. Es ist jedenfalls nicht unüblich, dass je nach Branche an einem Nachmittag in der Woche nicht oder nur verkürzt gearbeitet wird.

Ungeachtet dessen wäre der Ausgleichsanspruch der Klägerin aber in diesem Fall unter Einbeziehung der Arbeitsbefreiung nach § 37 Abs. 2 BetrVG pro Schulungstag auf die Arbeitszeit eines in Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmers begrenzt. Diese umfangmäßige Begrenzung des Ausgleichsanspruchs soll nach der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucksache 14/5741 a.a.O.) verhindern, dass an einer Schulung teilnehmende teilzeitbeschäftigte Betriebsratsmitglieder besser gestellt werden als ihre in Vollzeit beschäftigen Kollegen im Betrieb. Unstreitig endet die Arbeitszeit auch der Vollzeitkräfte in dem Bereich, in dem die Klägerin beschäftigt ist, jedoch um 12.00 Uhr. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist dabei nicht auf die durchschnittliche Arbeitszeit einer Vollzeitkraft pro Arbeitstag abzustellen. Nach dem Gesetzeswortlaut ("pro Schulungstag") ist Anknüpfungspunkt der jeweilige Schulungstag. Im Hinblick auf § 78 BetrVG ist es aber auch geboten, auf einen vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten abzustellen.

Die Klage war deshalb abzuweisen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Kammer hat die Revision gemäß § 72 Abs. 2 Satz 1 ArbGG zugelassen.



Ende der Entscheidung

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