Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 10.10.2001
Aktenzeichen: 2 Sa 29/01
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 252
BGB §§ 284 ff.
BGB § 812
BGB § 818
BGB § 932 Abs. 2
BGB §§ 987 ff.
BGB § 987 Abs. 1
BGB § 989
BGB § 990
BGB § 990 Abs. 1
BGB § 990 Abs. 1 Satz 1
BGB § 990 Abs. 1 Satz 2
BGB § 990 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 72 a
ZPO § 97 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
2 Sa 29/01

verkündet am 10. Oktober 2001

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 2. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hensinger, den ehrenamtlichen Richter Löhlein und den ehrenamtlichen Richter Nickelauf die mündliche Verhandlung vom 26.09.2001 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 07.03.2001 - Az.: 2 Ca 8592/00 - wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegenüber dem Beklagten Schadenersatz und Nutzungsentschädigung wegen Weiternutzung eines dem Beklagten überlassenen Firmenwagens nach einer von der Klägerin ausgesprochenen ordentlichen Kündigung geltend.

Der Beklagte war bei der Klägerin auf Grund des Anstellungsvertrages vom 17.11.1988 als Leiter Vertrieb Innendienst beschäftigt. Dem Beklagten wurde auf Grund des Vertrages über die Gestellung eines Firmenwagens vom 27.03.1992 ein Dienstfahrzeug der Marke Mercedes Benz Typ E 220 Limousine, auch zu privaten Nutzung, zur Verfügung gestellt. Bei Erwerb des Fahrzeugs zahlte der Beklagte einen Eigenanteil in Höhe von 3.315,45 DM.

§ 11.1 des Kraftfahrzeug-Überlassungsvertrages lautet:

Die Gebrauchsüberlassung ist an das Anstellungsverhältnis gebunden und endet somit automatisch mit der Beendigung des Anstellungsvertrages.

Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis am 26.11.1997 ordentlich zum 30.06.1998. Die hiergegen vom Beklagten erhobene Kündigungsschutzklage wurde durch das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 11.05.1999 rechtskräftig abgewiesen.

Mit Schreiben vom 18.05.1998 bat die Klägerin den Beklagten, das ihm überlassene Firmenfahrzeug spätestens am 30.06.1998 zurückzugeben. Der Beklagte teilte daraufhin mit Schreiben vom 24.05.1998 mit, er sei auch gern bereit das Fahrzeug käuflich zu erwerben. Die Klägerin wies mit Schreiben vom 04.06.1998 darauf hin, dass die Frage der Übernahme des Firmenwagens erörtert werden könne, dies jedoch in eine Gesamtlösung eingebunden sein sollte. Mit Schreiben vom 15.06.1998 schlug der damalige Prozessbevollmächtigte des Beklagten vor, das Ergebnis des Kammertermins im Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht im August 1998 abzuwarten, um dann eine endgültige Lösung zu finden. Daraufhin forderte die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 24.07.1998 erneut auf, das Fahrzeug bis spätestens 30.07.1998 herauszugeben und wies darauf hin, dass dem Beklagten keineswegs zugesagt worden sei, das Fahrzeug zurückzubehalten zu können. Mit Urteil vom 03.09.1998 wurde festgestellt, dass die Kündigung der Klägerin unwirksam ist. Dagegen legte die Klägerin Berufung ein. Am 11.02.1999 erhielt der Beklagte die Mitteilung, dass die Telefonkarte für das Autotelefon abgemeldet worden sei. Mit Schreiben vom 15.02.1999 erbat der Beklagte ein Angebot, da er an der Übernahme des Geschäftswagens sowie des Diensttelefons interessiert sei. Auf Bitte der Klägerin vom 16.02.1999 ließ der Beklagte das Fahrzeug schätzen. Die Klägerin übernahm die Kosten der Schätzung. Eine Mitteilung über den Schätzpreis erhielt der Beklagte zunächst nicht. Mit Schreiben vom 12.07.1999 forderte die Klägerin sodann das Fahrzeug "letztmalig" bis spätestens 21.07.1999 heraus und wies auf die Geltendmachung von Ersatzforderungen wegen unberechtigter Nutzung seit dem 01.07.1998 hin. Zugleich bat die Klägerin um Mitteilung, ob der Beklagte - im Falle eines beabsichtigten Kaufs - das Fahrzeug zu den sich aus dem Gutachten ergebenden Schätzwert erwerben werde. An den Forderungen wegen entgangener Nutzung ändere ein etwaiger Kauf jedoch nichts.

Mit Datum vom 03.08.1999 machte die Klägerin für den Zeitraum 30.06.1998 bis 31.07.1999 unter Bezugnahme auf die ADAC-Kostentabelle einen Nutzungsausfall von DM 95,-- täglich und insgesamt DM 37.620,-- geltend und teilte den Schätzwert des Kraftfahrzeugs in Höhe von DM 17.600,-- mit. Unter Bewertung des ursprünglichen Eigenanteils des Beklagten mit DM 1.000,-- sollte der Kaufpreis DM 16.600,-- betragen. Der Beklagte wurde aufgefordert, sich bezüglich des Kaufs bis spätestens 10.08.1999 verbindlich zu äußern und in jedem Falle die Nutzungsausfallentschädigung anzuweisen. Der Beklagte übersandte unter dem 09.08.1999 sodann einen Verrechnungsscheck über DM 16.600,-- zur Zahlung des Pkw. Der schriftliche Kaufvertrag wurde seitens der Klägerin unter dem 16.08.1999 unterzeichnet. Am 06.09.2000 forderte die Klägerin den Beklagten vergeblich auf, Nutzungs- bzw. Schadenersatz in Höhe von DM 48.204,-- zu bezahlen.

Die Klägerin hat in der ersten Instanz die Klage über DM 48.204,-- damit begründet, dass der Beklagte den Pkw in der Zeit vom 01.07.1998 bis zum 16.08.1999, also 412 Tage, unberechtigt entzogen habe. Der Herausgabeanspruch sei ihm auf Grund der mehrfachen Aufforderung der Klägerin und des Kraftfahrzeug-Überlassungsvertrages bekannt gewesen. Damit sei der Beklagte zum Ersatz der gezogenen Nutzungen und zu Schadenersatz in Höhe des Mietzinses verpflichtet. Dieser ermittele sich aus der Tabelle von Sanden/Danner/Küppersbusch. Unter Berücksichtigung des Alters des Fahrzeugs und entsprechender Einstufung in eine darunter liegende Klasse sei von DM 117,-- täglich auszugehen.

Der Beklagte hat den Klagabweisungsantrag damit begründet, dass ihm von der Klägerin bereits kurz nach Ablauf der Kündigungsfrist die käufliche Übernahme des Dienstwagens zugesagt worden sei. Die Klägerin habe jedoch den Abschluss eines Kaufvertrages - trotz seiner frühzeitig geäußerten Kaufabsicht - immer wieder hinausgezögert. Im Übrigen sei er bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts immer von der Unwirksamkeit der Kündigung der Klägerin ausgegangen. Schließlich hat der Beklagte die Auffassung vertreten, die Tabelle von Sanden/Danner/Küppersbusch könne für Ansprüche im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis nicht herangezogen werden.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 21.12.2000 seinen ehemaligen Prozessbevollmächtigten den Streit verkündet. Der Streitverkündete Ziff. 3 ist dem Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 05.03.2001 auf Seiten des Beklagten beigetreten.

Das Arbeitsgericht hat in dem am 07.03.2001 verkündeten Urteil den Beklagten verurteilt, an die Klägerin DM 10.395,-- zu zahlen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat insbesondere ausgeführt, dass der Klägerin ein Anspruch auf Nutzungsersatz gemäß §§ 987 Abs. 1, 990 Abs. 1 BGB zustehe. Der Beklagte sei im Zeitraum vom 01.07.1998 bis zum 16.08.1999 unberechtigter Besitzer gewesen. Der Beklagte sei in diesem Zeitraum auch bösgläubig gewesen, da er mehrfach zur Herausgabe des Fahrzeugs aufgefordert worden sei und ihm der Inhalt des Überlassungsvertrages bekannt gewesen sei. Der Beklagte habe deshalb die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Für die Berechnung der Gebrauchsvorteile könne der erzielbare Mietzins herangezogen werden. Der zu ersetzende Gebrauchsvorteil könne jedoch nicht nach der Tabelle von Sanden/Danner/Küppersbusch ermittelt werden, da sich diese Tabelle, die für das Verkehrsunfallrecht entwickelt worden sei, an dem Wert des Gebrauchsvorteils eines kurzfristig und für kurze Zeit beschafften Pkw orientiere. Eine konkrete Schadensberechnung habe die Klägerin nicht schlüssig dargetan. Der Klägerin stehe jedoch eine Nutzungsentschädigung in Höhe des steuerlichen Sachwertbezugs zu. Dieser steuerliche Sachwertbezug betrage DM 770,-- im Monat. Für den Zeitraum von 13,5 Monaten ergebe sich somit eine Nutzungsentschädigung in Höhe von DM 10.395,--. Wegen der weiteren Begründung des Arbeitsgerichts wird auf Seite 4 bis Seite 8 des angefochtenen Urteils (Bl. 201 - 205 der erstinstanzlichen Akte) verwiesen.

Gegen dieses der Klägerin am 21.03.2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 23.04.2001, einem Montag, eingelegte und am 21.05.2001 ausgeführte Berufung der Klägerin. Zur Begründung der Berufung trägt die Klägerin insbesondere vor, dass ihr ein Anspruch auf Zahlung von DM 48.204,-- als Nutzungsersatz, Schadensersatz und auch Wertersatz auf Grund ungerechtfertigter Bereicherung zustehe. Von diesem Anspruch mache die Klägerin in der Berufungsinstanz jedoch nur noch einen Betrag in Höhe von insgesamt DM 20.000,-- geltend. Der Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen folge aus §§ 990 Abs. 1 Satz 1, 987 BGB. Der Beklagte sei im fraglichen Zeitraum bösgläubig gewesen, da er Kenntnis von seinem mangelnden Besitzrecht gehabt habe. Für den Nutzungsersatz sei der objektive Mietwert des Pkw heranzuziehen. Dieser ergebe sich aus der Tabelle von Sanden/Danner/Küppersbusch. Der Klägerin stehe auch ein Schadenersatzanspruch aus § 990 Abs. 2, 284 ff. BGB zu. Die Höhe des Schadensersatzanspruches könne nicht auf den steuerlichen Sachbezugswert beschränkt werden. Die Höhe des Schadensersatzes ergebe sich ebenfalls aus der Tabelle von Sanden/Danner/Küppersbusch. Im Übrigen habe die Klägerin den ihr entstandenen Schaden auch konkret dargelegt. Die Klägerin unterhalte ständig einen allgemeinen Fahrzeugpool, auf den für Dienstfahrten ständig zurückgegriffen werde. Wäre das Kfz von dem Beklagten rechtzeitig zurückgegeben worden, wäre es in diesen Fahrzeugpool der Klägerin eingestellt worden. Dieser Fahrzeugpool decke allerdings nicht den täglichen Bedarf an Fahrzeugen der Klägerin. Deshalb würden täglich Pkw für anfallende Dienstfahrten angemietet. Im fraglichen Zeitraum habe die Klägerin täglich mit dem Dienstwagen des Beklagten vergleichbare Kfz zu einem täglichen Mietpreis von DM 80,-- bis 150,-- angemietet. Die Klägerin habe daher im vorliegenden Zeitraum mindestens DM 20.000,-- für Mietkosten aufgewendet. Wegen des weiteren Vorbringens der Klägerin im zweiten Rechtszugs wird auf die in mündlicher Verhandlung Bezug genommenen Schriftsätze vom 21.05.2001 und 31.08.2001 (Bl. 43 - 54, 97 - 105 d.A.) verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

der Beklagte wird, unter Aufhebung und Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Stuttgart insoweit, verurteilt, über die in der ersten Instanz vom Arbeitsgericht Stuttgart zuerkannten DM 10.395,-- nebst 4 % Zinsen hierauf für den Zeitraum 16.08.1999 bis 30.04.2000 und 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2000 weitere DM 9.605,-- nebst 4 % Zinsen hierauf für den Zeitraum 16.08.1999 bis 30.04.2000 und 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2000 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hat auf die Berufung insbesondere erwidert, dass er nicht bösgläubig im Sinne der §§ 987 ff. BGB gewesen sei. Zum einen habe der Beklagte im gesamten Zeitraum mit der Klägerin über den käuflichen Erwerb des Pkw verhandelt. Zum anderen sei der Beklagte bis zum Urteil des Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg am 11.05.1999 von der Unwirksamkeit der Kündigung ausgegangen. Zu diesem Zeitpunkt seien sich die Parteien jedoch einig gewesen, dass der Beklagte den Dienstwagen von der Klägerin kaufen werde. Die Nichtherausgabe des Fahrzeuges habe auf der Beratung seines früheren Prozessbevollmächtigten beruht. Selbst wenn man einen Anspruch der Klägerin gemäß §§ 987, 990 BGB bejahen würde, könne für die Ermittlung des objektiven Werts der Nutzungen nicht auf die Tabelle von Sanden/Danner/Küppersbusch zurückgegriffen werden. Der Beklagte bestreitet auch mit Nichtwissen, dass die Klägerin ständig einen allgemeinen Fahrzeugpool unterhalte und täglich Fahrzeuge für anfallende Dienstfahrten anmiete. Wegen des weiteren Vorbringens der Beklagten in der Berufungsinstanz wird auf den in mündlicher Verhandlung in Bezug genommenen Schriftsatz vom 12.06.2001 (Bl. 78 - 85 d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist fristgerecht eingelegt und ausgeführt worden. Im Übrigen sind Bedenken an der Zulässigkeit der Berufung nicht veranlasst.

II.

In der Sache hat die Berufung der Klägerin keinen Erfolg. Das Berufungsvorbringen der Klägerin rechtfertigt nicht die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines höheren Geldbetrages als in der ersten Instanz.

1. Die Klägerin hat aus dem Eigentümer-/Besitzerverhältnis gemäß §§ 987 ff. BGB keinen Anspruch auf Nutzungsentschädigung oder Schadenersatz, da der Beklagte kein bösgläubiger Besitzer gewesen ist.

a) Nach § 990 Abs. 1 Satz 1 BGB haftet der Besitzer dem Eigentümer von der Zeit des Besitzerwerbes an nach den Vorschriften der §§ 987, 989 BGB, wenn er beim Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben war. Der Besitzer ist nicht in gutem Glauben (vgl. § 932 Abs. 2 BGB), wenn ihm der Mangel des Besitzrechtes bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist (Münchener Kommentar - Medicus, BGB 3. Aufl., § 990 Rz. 3). Erfährt der Besitzer später, d.h. nach Besitzerwerb, dass er zum Besitz nicht berechtigt ist, so haftet er in gleicher Weise von der Erlangung der Kenntnis an (§ 990 Abs.1 Satz 2 BGB). Grob fahrlässiges Nichterkennen des mangelnden Besitzrechtes nach Besitzerwerb genügt nicht (Palandt-Bassenge, BGB, 60. Aufl., § 990 Rz. 4 m.w.N.). Kenntnis vom mangelnden Besitzrecht hat, wem bei Rechtskenntnis liquide Beweise für die den Mangel ergebenen Tatsachen vorliegen oder bei zutreffender Tatsachenkenntnis über seinen Rechtsirrtum so aufgeklärt ist, dass ein redlicher und vom eigenen Vorteil nicht beeinflusst Denkender sich der Erkenntnis seiner Nichtberechtigung nicht verschließen würde (BGH, NJW 1969, 2030). Unterlassene Nachforschungen bei aufkommenden Zweifeln über die Besitzberechtigung und billigende Inkaufnahme genügen nicht für die Begründung von Bösgläubigkeit (Palandt-Bassenge a.a.O. § 990 Rz. 5).

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist zunächst festzustellen, dass der Beklagte gemäß § 990 Abs. 1 BGB nach den Vorschriften der §§ 987, 989 BGB nur bei positiver Kenntnis und nicht bei grob fahrlässiger Unkenntnis des mangelnden Besitzrechtes haften würde, da er allenfalls nach Erlangung des Besitzes am Dienstwagen vom Mangel des Besitzrechtes Kenntnis erlangt hat. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagte bis zum 30.06.1998 berechtigter Fremdbesitzer gewesen ist. Auch nach dem 30.06.1998 ist der Beklagte entgegen der Rechtsansicht der Klägerin nicht Eigenbesitzer gewesen (er hat den Pkw nicht als ihm gehörend besessen, vgl. § 872 BGB), sondern unberechtigter Fremdbesitzer. Eine Umwandlung des Fremdbesitzes in Eigenbesitz hat nicht stattgefunden, so dass kein Fall des § 990 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegt.

Nach Auffassung der erkennenden Kammer hat die Klägerin nicht schlüssig dargetan, dass der Beklagte nach dem 30.06.1998 positive Kenntnis vom mangelnden Besitzrecht gehabt hat. Zwar ist im Arbeitsvertrag vereinbart, dass die Gebrauchsüberlassung des Dienstwagens mit der Beendigung des Anstellungsvertrages endet. Auch hat die Klägerin mehrmals die Herausgabe des Pkw verlangt. Schließlich hat auch die vom Beklagten erhobenen Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung der Klägerin nicht zu einem Besitzrecht des Beklagten während des Kündigungsschutzprozesses geführt. Das Überlassungsrecht endet nämlich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Hat der Arbeitnehmer eine Kündigung mit der Kündigungsschutzklage angefochten, so gelten für die Rückgabe die Regeln des Weiterbeschäftigungsanspruchs. Folglich hat der Arbeitnehmer den Dienstwagen bei Kündigung zunächst an den Arbeitgeber zurückzugeben. Er kann jedoch Wiedereinräumung des Nutzungsrechts verlangen, wenn das Arbeitsgericht die Kündigung für unwirksam erklärt (vgl. Münchener Handbuch, Arbeitsrecht [Hanau] 2. Aufl., § 70 Rz. 14; Erfurter Kommentar - Preis § 611BGB Rz. 782; Kittner-Zwanziger Arbeitsrecht § 47 Rz. 31).

Gleichwohl rechtfertigt der Sachvortrag der Klägerin nicht die Annahme positiver Kenntnis des mangelnden Besitzrechts beim Beklagten. Bei der Bewertung dieses Tatbestandsmerkmals ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der Beklagte schon vor Ablauf der Kündigungsfrist gegenüber der Klägerin den Wunsch geäußert hat, den Dienstwagen käuflich zu erwerben. Zwar hat die Klägerin daraufhin geantwortet, dass der Verkauf des Dienstwagens in eine Gesamtlösung (des Kündigungsschutzprozesses) eingebunden sein solle und der Beklagte den Dienstwagen keineswegs zurückbehalten könne. Gemäß dem Vortrag der Klägerin ist nach ihrem Schreiben vom 24.07.1998 und nach Ablauf des Kammertermins, der nicht zu einer Regelung des Dienstwagens geführt hat, jedoch bis Februar 1999 nicht mehr über die Herausgabe oder den Verkauf des Dienstwagens gesprochen worden. Mitte Februar 1999 hat die Klägerin dann den Preis des Dienstwagens schätzen lassen um den Verkauf des Pkw vorzubereiten. Obwohl der Beklagte starkes Interesse am Kauf des Kraftfahrzeugs bekundet und die Klägerin sich gegenüber einem Verkauf nicht abgeneigt gezeigt hat, ist ein Schwebezustand von über einem Jahr eingetreten, in dem für den Beklagten nicht erkennbar gewesen ist, ob die Klägerin den Dienstwagen veräußert oder nicht. Dieser Umstand zusammen mit dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten, dass sein damaliger Prozessvertreter ihm geraten hatte, das Fahrzeug nicht herauszugeben, lässt nach Auffassung der Kammer nicht erkennen, dass der Beklagte im fraglichen Zeitraum positive Kenntnis vom mangelnden Besitzrecht gehabt hat. Ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung gemäß §§ 990 Abs. 1 Satz 2, 987 BGB ist deshalb nicht gegeben.

b) Die Klägerin kann auch nicht Schadenersatz gemäß §§ 990 Abs. 2, 284 ff. BGB beanspruchen. Die verschärfte Haftung bei Verzug tritt nur bei Bösgläubigkeit im Sinne des § 990 Abs. 1 BGB ein (BGH, Urteil vom 12.11.1992, NJW 93, 389, 392).

2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen gemäß §§ 812, 818 BGB, da innerhalb des sachlichen Geltungsbereichs der §§ 987 ff. BGB diese Vorschriften grundsätzlich eine abschließende Regelung enthalten und Nutzungsherausgabeansprüche aus §§ 812 ff. verdrängen (BGH, Urteil vom 26.02.1964, BGHZ 41, 157, 158; Palandt-Bassenge a.a.O., vor § 987 Rz. 19 ff. m.w.N.).

3. Die Klägerin hat jedenfalls keinen höheren Anspruch auf Schadenersatz als der in der ersten Instanz zuerkannte Betrag von DM 10.395,-- aus dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung wegen der unterlassenen Herausgabe des Firmenfahrzeugs nach Ablauf des Arbeitsverhältnisses, da sie einen höheren Schaden nicht schlüssig dargetan hat.

a) Die Klägerin kann keinen abstrakten Schadensausgleich gemäß der Tabelle von Sanden/Danner/Küppersbusch verlangen. Richtig ist zwar der Ausgangspunkt der Rechtsauffassung der Klägerin: In der Literatur besteht überwiegend die Meinung, dass der Arbeitnehmer, dem vertragswidrig ein auch zur Privatnutzung zugesagter Firmenwagen vorenthalten worden ist, seinen Schadenersatzanspruch pauschal unter Hinweis auf die Tabelle von Sanden/Danner/Küppersbusch oder über die ADAC-Kostentabelle berechnen kann (vgl. z.B. Erfurter Kommentar - Preis, 230 BGB § 611 Rz. 784 f.; Nägele, Probleme beim Einsatz von Dienstfahrzeugen, NZA 1997, Seite 1201; Münchener Handbuch, Arbeitsrecht [Hanau] a.a.O. § 70 Rz. 13). Die Nutzungsentschädigung kann danach abstrakt und ohne Rücksicht auf den tatsächlich entstandenen Schaden berechnet werden.

Diese für die Bestimmung des Gebrauchsvorteils eines privat genutzten Dienstwagens entwickelten Berechnungsmethoden können jedoch nicht für die Berechnung des bei Ausfall eines gewerblich genutzten Kfz entstandenen Schadens herangezogen werden (Palandt-Heinrichs a.a.O. Vorbemerkung § 249 Rz. 20 ff.). Der Schaden eines gewerblich genutzten Kfz bemisst sich in der Regel nach dem entgangenen Gewinn im Sinne des § 252 BGB, den Vorhaltekosten eines Reservefahrzeugs oder der Miete eines Ersatzfahrzeugs (Palandt-Heinrichs a.a.O. Vorbemerkung § 49 Rz. 24 a). Der Arbeitgeber, dem der Arbeitnehmer vertragswidrig die Herausgabe des ihm überlassenen Firmenwagens verweigert, kann deshalb in der Regel keinen abstrakten Schadensausgleich nach den oben erwähnten Tabellenwerten vom Arbeitnehmer verlangen. Die Berechnung seines Schadens richtet sich ausschließlich nach § 252 BGB. Obwohl es für die Beurteilung der vorliegenden Berufung nicht ankommt, erlaubt sich die erkennende Kammer den Hinweis, dass bei der Ermittlung des dem Arbeitgeber entstandenen Schadens - entgegen der Rechtsansicht des Arbeitsgerichts - auch nicht auf die steuerlichen Vorschriften für die Behandlung von privat genutzten Dienstfahrzeugen zurückgegriffen werden kann.

b) Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin einen konkret entstandenen Schaden nicht schlüssig dargetan.

Der Ausgangspunkt der Argumentation der Klägerin ist richtig: Wenn sie im fraglichen Zeitraum einen allgemeinen Fahrzeugpool unterhalten hat, so hätten Kosten für die Anmietung von Fahrzeugen gespart werden können, wenn der Beklagte den Dienstwagen zurückgegeben hätte. Der von der Klägerin pauschal gehaltene und vom Beklagten bestrittene Vortrag lässt jedoch nicht erkennen, dass der Klägerin im fraglichen Zeitraum höhere Kosten als DM 10.395,-- entstanden sind.

Aus den von der Klägerin vorgelegten Listen über Anmietungen von Fahrzeugen (Anlage K 9) geht lediglich hervor, dass die Firmen Europcar in Hamburg und Republic Industries in Mörfelden-Walldorf in erheblichem Umfang Rechnungen erstellt haben. Obwohl der Vortrag der Klägerin vom Beklagten bestritten worden ist, hat sie lediglich eine einzige Rechnung der Firma Europcar vom 26.02.1999 über DM 504,-- (inkl. Mehrwertsteuer!) vorgelegt. Aus dem Vortrag der Klägerin und den vorgelegten Listen werden indes die für die Bestimmung eines konkreten Schadens maßgeblichen Daten nicht ersichtlich. Es sind nicht angegeben: Die Zeitpunkte/der Zeitraum der einzelnen Mietverträge, die Art des Pkw's, der Einsatzort der gemieteten Fahrzeuge (in engem räumlichen Bereich von Kornwestheim?). Die Höhe der konkreten Mietkosten, die die Klägerin in der Berufungsinstanz mit DM 21.600,-- angegeben hat, wird aus diesen Listen jedenfalls nicht ersichtlich.

III.

1. Da somit die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben konnte, hat sie die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

2. Ein Rechtsmittel ist gegen dieses Berufungsurteil nicht gegeben. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Auf § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

Zurück