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Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 19.07.2000
Aktenzeichen: 20 Sa 177/99
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BGB, KSchG, EStG


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 6 Satz 1
ArbGG § 72 a
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 794
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 158
BGB § 613 a
BGB § 626
BGB § 779
KSchG § 9
KSchG § 10
EStG § 3 Ziff. 9
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
20 Sa 177/99

Verkündet am 19. Juli 2000

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg -20. Kammer- durch den Richter am Landesarbeitsgericht Augenschein, den ehrenamtlichen Richter Camerer und den ehrenamtlichen Richter Fischer auf die mündliche Verhandlung vom 19.07.2000 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 12.11.1999 - 4 Ca 367/99 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen, da das Urteil des Berufungsgerichts der Revision nicht unterfällt.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG); sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 518 Abs. 1 und 2, 519 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ZPO) und auch im übrigen zulässig. Sie ist begründet. Die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus Position 2. des am 12.03.1999 vor dem Arbeitsgericht Pforzheim - 4 Ca 514/98 - protokollierten Vergleichs (künftig: Vergleich) ist nicht unzulässig, weil die darin titulierte Abfindung von DM 2.000,-- nach wie vor zur Zahlung offen steht. Die Forderung der Beklagten gegen die Klägerin ist wirksam und bedingungslos zustandegekommen (I.). Sie ist auch nicht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu reduzieren oder gar gänzlich entfallen (II.). Die Zwangsvollstreckungsgegenklage der Klägerin war deshalb unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

I.

1. Die Vereinbarung über das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis aus Anlass einer zuvor ausgesprochenen betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung unter Gewährung einer mehr als 6 Monate über die Kündigungsfrist hinaus gehenden Auslauffrist ist ein Aufhebungsvertrag, für den gesetzliche Vorgaben nicht bestehen. Damit sind die Vertragsparteien nicht gebunden, ob und unter welchen Voraussetzungen der Arbeitnehmer für die Aufgabe des Arbeitsplatzes eine Leistung des Arbeitgebers erhält. Welche Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sein müssen, um den Abfindungsanspruch entstehen zu lassen, richtet sich deshalb nach dem Parteiwillen (vgl. BAG, Urteil v. 26.08.1997 - 9 AZR 227/96 - AP Nr. 8 zu §620 BGB Aufhebungsvertrag).

2. Im Streitfall ist der Abfindungsanspruch gemäß Position 2 des Vergleichs bereits mit Abschluss der Vereinbarung entstanden.

a) Schuldrechtliche Ansprüche entstehen regelmäßig mit Abschluss des Rechtsgeschäfts, durch das die Rechtsbeziehungen der Vertragschließenden geregelt werden (BAG, Urteil v. 13.01.1986 - 2 AZR 771/85 - AP Nr. 57 zu § 613a BGB). Das gilt nur dann nicht, wenn der Entstehungszeitpunkt nach der im Vertrag verlautbarten Interessenlage der Parteien auf einen späteren Termin festgelegt wird (BAG, Urteil v. 26.08.1997 -9 AZR 297/96 - a.a.O. unter 3. der Entscheidungsgründe). Soweit in einer Ausscheidensvereinbarung keine ausdrückliche Regelung getroffen wird, kommt es auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls an (BAG, Urteil v. 26.08.1997 - 9 AZR 227/96 - a.a.O. unter 4.b der Entscheidungsgründe).

b) Im Streitfall fehlt eine ausdrückliche Regelung über den Entstehungszeitpunkt der Abfindung. Zwar hat das BAG (Urteil v. 29.01.1997 - 2 AZR 292/96 - AP Nr. 131 zu § 626 BGB) den Grundsatz aufgestellt, dass der Aufhebungsvertrag in der Regel konkludent unter der aufschiebenden Bedingung steht, dass das Arbeitsverhältnis bis zum vereinbarten Auflösungszeitpunkt fortgesetzt wird, weshalb der Aufhebungsvertrag - einschließlich einer darin vereinbarten Abfindung - gegenstandslos wird, wenn eine ausserordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis vor dem vorgesehenen Auflösungszeitpunkt auflöst. Im Streitfall bedarf es keiner Entscheidung ob dieser Auffassung im Ausgangspunkt zu folgen ist. Denn hier liegt eine Sachverhaltskonstellation vor, die jedenfalls so erheblich von jener in der o.g. Entscheidung des BAG abweicht, dass auch das BAG selbst keinen auflösend bedingten Aufhebungsvertrag angenommen hätte. Dies ergibt die Auslegung des Vergleichs vom 12.03.1999.

aa) Der Vergleich ist, wie sich aus der Stellung im Gesetz ergibt, ein schuldrechtlicher Vertrag (allgemeine Auffassung, vgl. Palandt-Sprau, BGB, 58. Aufl., § 779 BGB Randnr. 1a). Er ist deshalb gemäß §§ 133, 157 BGB so auszulegen, wie der jeweilige Erklärungsempfänger die Willenserklärung des jeweiligen anderen nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (ständige Rechtsprechung, vgl. BGHZ 103, 280). Bei der Auslegung dürfen nur solche Umstände berücksichtigt werden, die bei Zugang der Erklärung für den Empfänger erkennbar waren (BGH NJW 1988, 2879). Auf seinen "Horizont" und seine Verständnismöglichkeit ist die Auslegung abzustellen, und zwar auch dann, wenn der Erklärende die Erklärung anders verstanden hat und auch verstehen durfte. Das bedeutet allerdings nicht, dass der Empfänger der Erklärung einfach den für ihn günstigsten Sinn beilegen darf. Er ist nach Treu und Glauben verpflichtet, unter Berücksichtigung aller ihm erkennbarer Umstände mit gehöriger Aufmerksamkeit zu prüfen, was der Erklärende gemeint hat (BGH NJW 1981, 2296). Entscheidend ist aber im Ergebnis nicht der empirische Wille des Erklärenden, sondern der durch normative Auslegung zu ermittelnde objektive Erklärungswert seines Verhaltens (BGHZ 36, 33; § Palandt-Heinrichs, BGB, 58. Aufl., § 133 Randnr.. 9).

Trotz des in § 133 BGB enthaltenen Verbots der Buchstabeninterpretation hat die Auslegung vom Wortlaut der Erklärung auszugehen (BGHZ 121, 16). Maßgebend ist im Zweifel der allgemeine Sprachgebrauch (BGH LM [C] Nr. 17 zu § 133 BGB), bei Texten, die sich an Fachleute richten, die fachsprachliche Bedeutung (BGH NJW-RR 1994, 1109), bei Begriffen, die in dem beteiligten Verkehrskreis in einem bestimmten Sinn verstanden werden, diese Bedeutung (BGH NJW-RR 1995, 364). Ein besonderer Sprachgebrauch des Erklärenden ist zu berücksichtigen, bei empfangsbedürftigen Erklärungen aber nur dann, wenn er dem Erklärungsempfänger bekannt oder erkennbar war (Palandt-Heinrichs, a.a.O. § 133 Randnr.. 14). Ähnlich wie bei der Gesetzesauslegung sind auch bei rechtsgeschäftlichen Texten der sprachliche Zusammenhang der Erklärung (grammatikalische Auslegung) und die Stellung der auslegungsbedürftigen Formulierung im Gesamtzusammenhang des Textes (systematische Auslegung) zu berücksichtigen (BGH NJW 1957, 873).

Nach der Ermittlung des Wortsinnes sind in einem zweiten Auslegungsschritt die außerhalb des Erklärungsaktes liegenden Begleitumstände in die Auslegung einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (BGH DB 1975, 442). Bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen sind aber nur die Umstände zu berücksichtigen, die dem Erklärungsempfänger bekannt oder erkennbar waren. Als auslegungsrelevante Begleitumstände kommen neben der Verkehrssitte vor allem die Entstehungsgeschichte des Vertrags oder Rechtsgeschäfts, Äußerungen der Parteien über den Inhalt des Rechtsgeschäfts, die von den Parteien in ihrer Geschäftsverbindung herausgebildeten Usancen, der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck und die bestehende Interessenlage in Betracht (Palandt-Heinrichs, a.a.O. § 133 BGB Randnrn.. 15 ff.).

bb) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Abfindung gemäß Position 2. des Vergleichs nicht aufschiebend bedingt vereinbart worden.

Der Vergleich der Parteien lautet, soweit hier interessierend, wie folgt:

"1. Die Parteien stellen außer Streit, daß das Arbeitsverhältnis aufgrund einer ordentlichen fristgerechten betriebsbedingten Kündigung der Beklagten vom 11.11.1998 zum 31.07.1999 enden wird.

2. Die Beklagte wird der Klägerin bei Ausscheiden eine Sozialabfindung in Höhe von DM 2.000,00 (in Worten: Zweitausend) entsprechend §§ 9, 10 KSchG, 3 Ziff. 9 EStG auszahlen."

aaa) Aus dem Wortlaut des Vergleichs kann nicht auf eine aufschiebende Bedingung im genannten Sinne geschlossen werden (vgl. ober unter I.2.b)).

bbb) Eine solche ergibt sich erst recht nicht aus den mit heranzuziehenden Umständen des Streitfalls, nachdem die über die ordentliche Kündigungsfrist hinausgehende lange soziale Auslauffrist unstreitig ausschließlich auf nachhaltiges Betreiben der Beklagten zurückging und nur in deren Interesse lag. Insoweit könnte, wenn überhaupt, allenfalls daran gedacht werden, dass die Parteien stillschweigend eine Beendigung gerade durch den von der Klägerin veranlassten betriebsbedingten Grund und nicht etwa durch noch vor Ablauf des Beschäftigungsverhältnisses eintretende personen- oder verhaltensbedingte Gründe vereinbart haben. An diesem Erfordernis fehlte es im Streitfall nicht. Denn die Eigenkündigung der Beklagten geht direkt auf die betriebsbedingte Kündigung der Klägerin zurück: Hätte die Klägerin der Beklagten nicht gekündigt, wäre diese nicht auf Arbeitssuche gegangen und hätte nicht die Anschlussbeschäftigung gefunden, die sie zum Arbeitsantritt vor Ablauf der Auslauffrist und damit zur Eigenkündigung zum Zwecke der Abkürzung der Auslauffrist gezwungen hat.

ccc) Unbeschadet dessen scheidet eine auflösende Bedingung, dass die Abfindung nur bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.07.1999 zur Auszahlung kommt, auch noch aus einem weiteren Grund aus: Eine aufschiebende Bedingung im Sinne von § 158 BGB setzt eine auch tatsächlich bestehende subjektive Ungewissheit beider Vertragsparteien über den Eintritt der rechtsgeschäftlich vereinbarten Bedingung voraus (BAG, Urteil v. 2608.1997 -9 AZR 227/96 - a.a.O.). Für entsprechende Zweifel einer oder gar beider Parteien bezüglich der Durchführung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.07.1999 sind jedoch keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich.

II.

Durch die Eigenkündigung der Beklagten vom 21.05.1999 und deren Ausscheiden bereits zum 30.06.1999 ist auch die Geschäftsgrundlage für den Vergleich nicht entfallen.

1. Geschäftsgrundlage sind nach ständiger Rechtsprechung des BGH (BGHZ 25, 390 [392]) und des BAG (Urteil v. 04.12.1997 - 2 AZR 140/97 - AP Nr. 4 zu § 1 KSchG 1969 Wiedereinstellung) die bei Abschluss des Vertrages zu Tage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen einer Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien hierauf aufbaut. Die Geschäftsgrundlage ist daher einerseits vom einseitig gebliebenen Motiv und andererseits vom Vertragsinhalt (Bedingung, Rechtsgrund) zu unterscheiden. Von einem Fehlen oder einem Wegfall der Geschäftsgrundlage kann nur bei kumulativem Vorliegen von 3 Voraussetzungen ausgegangen werden (vgl. dazu Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 242 BGB Randnrn. 125 ff. m.w.N.):

(1) Nur eine wesentliche Änderung der Geschäftsgrundlage rechtfertigt eine Anpassung. Wo die Wesentlichkeitsgrenze jeweils zu ziehen ist, hängt von der Art des Vertrags und der aufgetretenen Störung ab.

(2) Auch wesentliche Änderungen der Verhältnisse begründen kein Recht auf Anpassung des Vertrags, wenn sich durch die Störung ein Risiko verwirklicht, das eine Partei zu tragen hat. Wo die Risikosphären der Parteien gegeneinander abzugrenzen sind, ergibt sich aus dem Vertrag, dem Vertragszweck und dem anzuwendenden dispositiven Recht.

(3) Rechte wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage bestehen nur, wenn der von der Störung betroffenen Partei die unveränderte Vertragserfüllung nicht mehr zugemutet werden kann. Wo die Grenze der Zumutbarkeit verläuft, hängt von der Art des Vertrages und der aufgetretenen Störung ab.

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Geschäftsgrundlage im Streitfall nicht weggefallen.

a) Das Arbeitsgericht geht zutreffend davon aus, dass die gemeinsame Vorstellung beider Parteien, auf denen ihr Geschäftswille aufbaut, ein Ausscheiden der Beklagten zum 31.07.1999 aus Anlass der betriebsbedingten Kündigung der Klägerin vom 11.11.1998 war. Grundlage für die Klägerin war, die Unsicherheit hinsichtlich ihrer zukünftigen Personalplanung zu beenden. Diese ist mit Abschluss des Vergleichs beseitigt worden. Als Gegenleistung hierfür ist der Beklagten eine von dieser zum Zwecke des Erreichens einer 2-jährigen Beschäftigungsdauer bei der Klägerin gewünschte lange Auslauffrist und eine deshalb betragsmäßig geringe Abfindung zugebilligt worden (zum insoweit bestehenden Gegenseitigkeitsverhältnis der beiden Pflichten vgl. BAG, Urteil v. 29.01.1997 -2 AZR 292/96 - a.a.O. unter II.4.b)aa) und bb) der Entscheidungsgründe).

b) In diese gemeinsamen Vorstellungen hat die Beklagte durch die Eigenkündigung vom 21.05.1999 zum 30.06.1999 in zweierlei Hinsicht eingegriffen: Das Arbeitsverhältnis endete damit einen Monat früher und nicht mehr durch den Vergleich, sondern aufgrund der Eigenkündigung.

c) Die Geschäftsgrundlage des Vergleichs hat sich damit jedoch nicht in einem solchen Maße verändert, dass Leistung und Gegenleistung nicht mehr in dem zuvor vereinbarten Verhältnis stünden und die vertragliche Absprache nach den Regeln über den Wegfall oder die Änderung der Geschäftsgrundlage anzupassen wäre.

aa) Denn der den Auflösungszeitpunkt im Vergleich überholende Beendigungszeitpunkt der Eigenkündigung der Beklagten geht zum einen adäquat kausal auf die ordentliche betriebsbedingte Kündigung der Klägerin vom 11.11.1998 zurück und hat damit keinen von dieser losgelösten Geschehensablauf in Gang gesetzt. Denn die Beklagte hat sich nur aufgrund der betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung einen neuen Arbeitsplatz gesucht und war gezwungen, diesen schon am 01.07.1999 anzutreten. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt wesentlich von den Urteilen des BAG v. 16.10.1969 (-2 AZR 373/68 - AP Nr. 20 zu § 794 ZPO), 22.01.1981 (-2 AZR 988/78 - n.v.), 11.11.1981 (- 5 AZR 613/79 - n.v.), 29.11.1984 (- 2 AZR 588/83 - n.v.), 25.06.1987 (- 2 AZR 504/86 - NZA 1988, 466), 29.01.1997 (- 2 AZR 292/96 - a.a.O.) und 26.08.1997 (- 9 AZR 227/96 - a.a.O.). In jenen gehen die vorzeitigen Beendigungen allesamt auf Umstände zurück, die mit den dem Aufhebungsvertrag zugrundeliegenden Geschäftswillen der jeweiligen Arbeitgeber in keinerlei Zusammenhang standen (wie etwa Tod oder eine fristlose Kündigung begründendes Verhalten des Arbeitnehmers). Dann kann auch von einer erheblichen Änderung der Geschäftsgrundlage gesprochen werden. Im Streitfall wirkt diese aber im wesentlichen unverändert fort. Das hat das Arbeitsgericht übersehen.

bb) Auch der vorverlagerte Beendigungszeitpunkt ist aus Sicht der Klägerin keine so gewichtige Änderung der Geschäftsgrundlage, dass ihr ein unveränderter Fortbestand des Vergleichs nicht zumutbar wäre. Der Klägerin war vielmehr sehr daran gelegen, sich so früh wie möglich von der Beklagten zu trennen. Die Fortführung des Arbeitsvertrags über die Kündigungsfrist (15.12.1988) hinaus diente unstreitig ausschließlich dem Interesse der Beklagten, sich durch eine dann 2-jährige ununterbrochene Berufstätigkeit bei der Klägerin die Chance auf eine berufliche Fortbildung zu ermöglichen. Dafür hat sie auch Abstriche bei der Abfindung in Kauf genommen. Die Klägerin hat nicht dargetan, sich nach dem Vergleichsabschluss so auf die Fortsetzung der Tätigkeit der Beklagten eingestellt zu haben, dass ihr durch die fristgemäße Eigenkündigung der Beklagten irgendwelche Nachteile entstanden wären (die Klägerin hatte sich zur Begründung der betriebsbedingten Kündigung vom 11.11.1998 auf den gänzlichen Wegfall des Arbeitsplatzes der Beklagten berufen [!]). Die Beklagte hebt deshalb zu Recht darauf ab, dass sie der Klägerin nunmehr gewissermaßen nachträglich noch um einen Monat der Bestandsverkürzung entgegenkommt. Nachdem dies - unter Aufrechterhaltung der klägerischen Motivation für das Versprechen der Abfindung (vgl. oben unter II.2.b)aa)) - jedenfalls im Ergebnis nach wie vor zutrifft, kann die Klägerin die Streichung der Abfindung nicht mit einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses begründen, zumal die Beklagte im Termin zur Berufungsverhandlung unwidersprochen ausgeführt hat, bei einer sofortigen Vereinbarung eines Auflösungszeitpunkts 30.06.1998 sogar noch eine höhere Abfindung hätte erzielen zu können.

cc) Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sind steuerrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Abfindung aus Sicht der Klägerin nicht Geschäftsgrundlage geworden. Die Klägerin hat sich gemäß Position 2. des Vergleichs zur Zahlung eines Betrages von DM 2.000,-- als Abfindung verpflichtet. Ein etwaiges Steuerrisiko trägt damit allein die Beklagte, weshalb sich für die Klägerin selbst bei Verwirklichung desselben kein Anspruch auf Reduzierung, geschweige denn auf gänzliche Beseitigung der Zahlungspflicht bezüglich der DM 2.000,-- ergibt.

Die Klage erwies sich nach alledem als unbegründet, weshalb sie unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils abzuweisen war.

III.

Der in der Hauptsache unterliegenden Klägerin waren gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Ende der Entscheidung

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