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Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 31.05.2005
Aktenzeichen: 20 TaBV 3/04
Rechtsgebiete: TV SR TSI, TVG, BetrVG, ERTV-TSI, UmwG, ArbGG


Vorschriften:

TV SR TSI § 54 Abs. 1
TVG § 1
TVG § 3 Abs. 1
TVG § 3 Abs. 3
TVG § 4 Abs. 3
TVG § 4 Abs. 4
TVG § 4 Abs. 5
BGB § 305c Abs. 2
BGB §§ 307 ff.
BGB § 310 Abs. 4 S. 1
BGB § 310 Abs. 4 S. 2 n. F.
BGB § 613a Abs. 1 S. 2
BetrVG § 99 Abs. 3
BetrVG § 99 Abs. 2
BetrVG § 99 Abs. 4
BetrVG § 99 Abs. 1
ERTV-TSI § 10
UmwG § 20 Abs. 1 Nr. 1
UmwG § 2 Abs. 1
ArbGG § 12 Abs. 5 a. F.
ArbGG § 72 Abs. 2 Nr. 1
ArbGG § 92 Abs. 1 Satz 2
ArbGG § 97 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Beschluss

Aktenzeichen: 20 TaBV 3/04

Verkündet am 31.05.2005

Im Beschlussverfahren

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 20. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Augenschein, den ehrenamtlichen Richter Frank und den ehrenamtlichen Richter Scheuble auf die mündliche Anhörung am 12.01.2005

beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ulm - Kammern Ravensburg - vom 10.03.2004 - 7 BV 1/03 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

A.

Die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 1) begehrt die Ersetzung der Zustimmung des in ihrer Niederlassung in F. eingerichteten Betriebsrats, des Beteiligten zu 2, zur Umgruppierung von 38 Arbeitnehmern.

Bei der Arbeitgeberin handelt es sich um die d. S. GmbH, die am 28.11.2001 in die T. I. GmbH umfirmierte, am 11.12.2002 im Wege der Verschmelzung die damalige T. I. GmbH (nachfolgend: T. [alt]) aufnahm und in die Arbeitgeberin umfirmierte.

Bei der Arbeitgeberin gelten seit der Verschmelzung folgende Tarifverträge:

Für den Tarifbereich Nord-Württemberg/Nord-Baden hatte eine Tarifgemeinschaft von Dienstleistungsunternehmen, sämtlich Mitglieder im Verband der Metallindustrie Baden-Württemberg, mit der Industriegewerkschaft Metall am 03.09.1998 und mit der Deutschen Angestellten Gewerkschaft am 10.09.1999 einen Ergänzungstarifvertrag abgeschlossen (nachfolgend: TV-Metall). Dieser Tarifvertrag enthielt Regelungen, die die Flächentarifverträge der Metallindustrie des Tarifgebiets Nord-Württemberg/Nord-Baden ergänzten und teilweise abänderten. Der Ergänzungstarifvertrag galt räumlich und fachlich für die in einer Anlage 2 aufgeführten Betriebsstätten der Unternehmen der Tarifgemeinschaft. Darin waren die Betriebsstätten der Firma D. AG, D. S. GmbH sowie 10 weitere Unternehmen aufgeführt. In Nr. 2 der Anlage 2 war festgehalten, dass die Tarifvertragsparteien Verhandlungen aufnehmen, um binnen zwei Jahren weitere Unternehmen der D. an die Tarifbindung heranzuführen.

Am 20.03.2002 hatte die Firma T. (alt) mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ein Tarifwerk für die bei dieser Firma beschäftigten Arbeitnehmer abgeschlossen (nachfolgend: TV-ver.di). Dieses umfasst einen Manteltarifvertrag (MTV TSI), einen Entgelttarifvertrag (ETV TSI), einen Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV TSI), einen Tarifvertrag über besondere Arbeitsbedingungen (TV SR TSI) sowie weitere Tarifverträge. § 54 Abs. 1 TV SR TSI bestimmt, dass die Arbeitnehmer mit ihrem bisherigen individuellen Jahreszielgehalt in den ERTV T. überführt werden.

Sämtliche Arbeitsverträge der vorliegend betroffenen Arbeitnehmer enthalten sogenannte Tarifbezugnahmeklauseln. Diese lauten bei einem Teil der Arbeitnehmer "Für Ihr Arbeitsverhältnis gilt der Ergänzungstarifvertrag sowie die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie NW/NB bzw. Berlin - je nach den ergänzungstarifvertraglichen Bestimmungen zum Geltungsbereich - soweit diese nicht durch den Ergänzungstarifvertrag (ETV) abgeändert wurden. Die Tarifverträge gelten, solange Sie in einer Gesellschaft der Tarifgemeinschaft, die den Ergänzungstarifvertrag gemäß § 3 Abs. 1 TVG abgeschlossen hat, beschäftigt sind, für das Arbeitsverhältnis in ihrer jeweils gültigen Fassung, wenn nicht abweichende einzelvertragliche Regelungen getroffen sind oder in späteren Abmachungen getroffen werden. Finden in Ihrem Betrieb unterschiedliche Tarifverträge Anwendung, so bezieht sich diese Verweisung auf den für den Betrieb spezielleren (insbes. Branchen-)Tarifvertrag" (im Folgenden: Variante 1) und beim anderen Teil der Arbeitnehmer:

"Im Übrigen finden die gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen, die Betriebsvereinbarungen sowie die Anweisungen der Firma in der jeweiligen Fassung Anwendung" (im Folgenden: Variante 2).

Ob und gegebenenfalls welche der betroffenen Arbeitnehmer Mitglied der Gewerkschaft IG Metall und/oder Mitglied der Gewerkschaft ver.di sind, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Die Arbeitgeberin beantragte beim Betriebsrat die Zustimmung zur Umgruppierung der betroffenen Arbeitnehmer in die Vergütungsordnung der TV-ver.di, die der Betriebsrat innerhalb der vereinbarten verlängerten Anhörungsfrist mit der Begründung verweigerte, die betroffenen Arbeitnehmer seien richtigerweise den TV-Metall zuzuordnen und nach der dort vorgesehenen Vergütungsgruppe zu vergüten.

Nach Auffassung der Arbeitgeberin verdrängen die Haus-TV-ver.di die Flächen-TV-Metall kraft des sowohl bei Tarifkonkurrenz als auch bei Tarifpluralität geltenden Grundsatzes der Tarifeinheit und der Spezialität. Aufgrund der lange vor der Verschmelzung abgeschlossenen TV-ver.di liege keine gewillkürte Tarifpluralität vor. Ebenso wenig verändere der Abschluss des Ergänzungs-TV im Regelwerk der TV-Metall deren Charakter als Flächentarifverträge. Überdies seien die TV-ver.di gegenüber den TV- Metall auch inhaltlich stärker auf die Interessen der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer abgestimmt.

Die Arbeitgeberin hat beantragt:

1. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der folgenden Arbeitnehmer mit der Personalnummer in die Vergütungsgruppe:

A., C. 1. 2

A., M. 0. 4

B., M. 1. 4

B., B. 1. 4

B., S. 1. 4

B., N. 0. 4

D., E. 0. 4

D., H. 1. 3

E., G. 1. 5

E., B. 1. 6

F., D. 1. 4

F., M. 1. 4

G., E. 1. 4

H., S. 1. 4

Arbeitnehmer: mit der Personalnummer: in die Vergütungsgruppe:

H., G. 1. 3

H., R. 0. 4

K., E. 1. 4

K., B. 1. 4

M., A. 1. 4

O., R. 1. 4

R., S. 1. 3

R., D. 1. 4

S., C. 0. 4

S., A. 1. 4

S., P. 1. 4

S., J. 0. 4

S., M. 1. 4

S., V. 1. 4

S., M. 1. 3

S., S. 1. 4

S., D. 1. 4

T., D. 1. 4

V., C. 1. 4

W ., T. 1. 4

W ., C. 1. 4

W ., S. 1. 4

H., T. 0. 2

M., H. 0. 2

des zwischen den Antragstellerin und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Entgeltrahmentarifvertrages vom 20.03.2002 wird ersetzt.

2. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der folgenden Arbeitnehmer: mit der Personalnummer: in die Vergütungsgruppe:

S., P. 1. 4

R., D. 1. 4

des zwischen der Antragstellerin und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Entgeltrahmentarifvertrages vom 20.03.2002 wird für den Zeitraum vom 01.01.2003 bis 31.12.2003 ersetzt.

3. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der folgenden Arbeitnehmerin: mit der Personalnummer: in die Vergütungsgruppe:

R., D. 124584 5

des zwischen der Antragstellerin und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Entgeltrahmentarifvertrages vom 20.03.2002 wird für den Zeitraum ab dem 01.01.2004 ersetzt.

Der Betriebsrat hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Er hat gemeint, das Anhörungsverfahren sei noch gar nicht abgeschlossen, solange die Arbeitgeberin nicht mitgeteilt habe, ob und gegebenenfalls welcher Gewerkschaft die betroffenen Arbeitnehmer angehörten. Hinsichtlich der IG Metall-Mitglieder verstieße die Anwendung der TV-ver.di gegen Artikel 9 Abs. 3 GG. Die TV-ver.di seien auch nicht spezieller. Denn aufgrund der Ergänzungs-TV erlangten die TV-Metall nur für bestimmte Unternehmen Geltung, weshalb sie insoweit auch den Charakter von Firme ntarifverträgen besäßen. Inhaltlich seien sie spezieller als die TV-ver.di, weil die dort niedergelegten Arbeitsbedingungen umfassender und auf die Branche und auf die betreffenden Unternehmen zugeschnitten geregelt seien. Die Tarifpluralität sei absichtsvoll und damit gewillkürt herbeigeführt worden, weshalb auch bei Zugrundelegung der vom Betriebsrat abgelehnten Rechtsprechung des BAG die TV-ver.di nicht anwendbar seien. Bezüglich der IG Metall-Mitglieder stünden einer einzelvertraglichen Inbezugnahme der TV-ver.di die §§ 4 Abs. 3 und Abs. 4 TVG entgegen. Insgesamt scheiterten die Bezugnahmeklauseln auch an der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB. Hilfsweise hat sich der Betriebsrat erstmals im Beschlussverfahren auf eine höhere Eingruppierung der Mitarbeiter innerhalb der TV-Metall berufen.

Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Niederschrift über die Anhörungstermine Bezug genommen.

Durch den dem Betriebsrat am 19.03.2004 zugestellten Beschluss vom 10.03.2004, auf den zur näheren Sachdarstellung ebenfalls Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht den Anträgen entsprochen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Zustimmung zur Umgruppierung der betroffenen Arbeitnehmer sei zu ersetzen. Die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats sei zwar zulässig, aber unbegründet. Die Anträge der Arbeitgeberin seien zulässig. Insbesondere sei das Anhörungsverfahren nicht etwa deshalb noch gar nicht abgeschlossen, weil die Arbeitgeberin nicht mitgeteilt habe, welche Arbeitnehmer Mitglieder welcher Gewerkschaft seien. Ungeachtet dessen, ob und gegebenenfalls inwieweit die Arbeitgeberin überhaupt in der Lage gewesen wäre, sich die erforderlichen Kenntnisse zu verschaffen, hätte der Betriebsrat innerhalb der (verlängerten) Frist auf eine aus seiner Sicht unzureichende Unterrichtung hinweisen müssen. Statt dessen habe er jedoch eine unzweifelhaft abschließende Stellungnahme in der Sache abgegeben. Er könne sich deshalb wegen des Zwecks des § 99 Abs. 3 BetrVG und des Gebots der vertrauensvollen Zusammenarbeit im Zustimmungsersetzungsverfahren auf diesen angeblichen Mangel nicht berufen.

Die Zustimmungsersetzungsanträge seien auch begründet. Denn auf die Arbeitsverträge der betroffenen Arbeitnehmer seien die TV-ver.di anwendbar. Das folge aus dem vom BAG vertretenen Prinzip der Tarifeinheit, dem sich das Arbeitsgericht anschließe. Danach könne in einem Betrieb nur ein Tarifvertrag, und zwar der speziellere, tarifvertraglich gelten. Diese in Fällen der Tarifkonkurrenz unvermeidbare Beschränkung sei auch auf die Fälle der Tarifpluralität zu übertragen. Das gebiete die Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Artikel 9 Abs. 3 GG werde dadurch nicht verletzt. Denn jeder Koalition, die durch einen spezielleren Tarifvertrag verdrängt werde, bleibe es unbenommen, ebenfalls einen solchen abzuschließen. Die TV-ver.di stellten als Firmentarifverträge gegenüber den TV Metall die speziellere Regelung dar. Denn dass die Ergänzungs-TV-Metall sich ihrem Geltungsbereich nach nur auf einzelne bezeichnete Unternehmen bezögen, verändere deren rechtliche Einordnung als Verbandstarifverträge nicht. Aufgrund Fehlens hinreichender Anhaltspunkte für ein rein willkürliches oder rechtsmissbräuchliches Verhalten der Arbeitgeberin im Rahmen der Umorganisation/Verschmelzung seien im Betrieb der Arbeitgeberin tarifvertraglich die TV-ver.di als speziellere anwendbar und verdrängten die allgemeineren TV-Metall.

Das gelte auch für Nicht-ver.di-Mitglieder, gleichviel ob sie überhaupt nicht oder sogar bei der IG Metall organisiert seien, aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln. Diese seien sogenannte große dynamische Verweisungsklauseln beziehungsweise Tarifwechselklauseln. Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit könnten die Arbeitsvertragsparteien unabhängig von der Tarifbindung einer oder beider Vertragspartner die Inbezugnahme einzelner Materien oder gar vollständiger Tarifverträge, auch außerhalb des zeitlichen, fachlichen und/oder persönlichen Geltungsbereichs, vereinbaren. Es müsse nur bestimmbar sein, auf welche Tarifnormen/Tarifverträge verwiesen werde. Da die Arbeitsvertragsparteien im Allgemeinen eine Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen anstrebten, bestehe eine Auslegungsregel, dass im Zweifel eine dynamische Verweisung in Form der Gleichstellungsabrede gewollt sei. Hinsichtlich der Bezugnahmeklausel der Variante 2 ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der alleinige Zweck, eine mögliche fehlende Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers zu ersetzen. Daraus folge die Bezugnahme auf die TV-ver.di, wenn diese, wie hier, tarifrechtlich im Betrieb zur Anwendung kämen. Entsprechendes gelte auch bezüglich der Bezugnahmeklausel der Variante 1. Bei dieser ergebe sich die individualrechtliche Geltung der TV-ver.di unmittelbar aus dem Wortlaut des Satzes 3 der Klausel. Die Bezugnahmeklauseln verstießen nicht gegen § 305c Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 310 Abs. 4 S. 2 BGB n. F.. Die Unklarheitenregel komme mangels eines Zweifels hinsichtlich der Bezugnahmeklauseln nicht zum Tragen. Denn eine Gleichstellungsabrede der vorliegenden Art habe lediglich konstitutiv zum Inhalt, die etwa fehlende Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers zu ersetzen. Von solch einer Zwecksetzung müsse der Arbeitnehmer bei einer vom tarifgebundenen Arbeitgeber formulierten Bezugnahmeklausel typischerweise ausgehen.

Die Berufung des Betriebsrats auf die Wahl einer falschen Vergütungsgruppe innerhalb des TV-ver.di sei unbeachtlich. Denn dieser Einwand hätte bereits mit der Zustimmungsverweigerung vorgebracht werden müssen. Ein Nachschieben im Zustimmungsersetzungsverfahren sei ausgeschlossen, weshalb die beantragte Zustimmung zur Umgruppierung zu ersetzen sei.

Hiergegen richtet sich die am 16.04.2004 eingelegte und am 21.06.2004 - innerhalb der bis dahin verlängerten Beschwerdebegründungsfrist - begründete Beschwerde des Betriebsrats. Der Betriebsrat bekräftigt seine Rechtsauffassung bezüglich der nicht ordnungsgemäßen, weil nicht vollständigen Unterrichtung durch die Arbeitgeberin, weshalb sich die Anträge als unzulässig erwiesen. Diesen Einwand könne er auch erst im Zustimmungsersetzungsverfahren erheben. Denn insoweit sei nur das Vorbringen weiterer, mit der Zustimmungsverweigerung nicht geltend gemachter Gründe im Sinne des § 99 Abs. 2 BetrVG präkludiert. Im Übrigen liege in der Zustimmungsverweigerung zugleich die konkludente Rüge der nicht ausreichenden Informationserteilung. In der Sache selbst liege im Streitfall gar keine Tarifpluralität vor. Denn hier träfen nach dem Verbandsaustritt der Arbeitgeberin nur noch nachwirkende TV-Metall auf TV-ver.di, an die die Arbeitgeberseite nur einseitig gebunden sei - weil die Arbeitnehmer entweder gar nicht oder gegebenenfalls in der IG Metall organisiert seien - und die die TV-Metall deshalb nicht ablösen könnten. Da gegebenenfalls von einer gewillkürten, weil durch eigenes Handeln der Arbeitgeberin herbeigeführten Tarifpluralität auszugehen sei, müssten die TV-Metall und die TV-ver.di zur Vermeidung eines Eingriffs in die Tarifautonomie nebeneinander bestehen bleiben. Abgesehen davon sei die Tarifeinheit im Rahmen der Tarifpluralität kein Rechtsprinzip, sondern nur ein Auslegungsziel, das hinter der Koalitionsfreiheit zurücktreten müsse. Schließlich seien die TV-ver.di nicht spezieller als die TV-Metall, sondern umgekehrt. Denn die TV-Metall seien nur der Form nach Verbandstarifverträge, weil die Verbände selbst Vertragspartner seien. Inhaltlich handle es sich jedoch nicht um Verbandstarifverträge im Sinne von Flächentarifverträgen, sondern um spezielle unternehmensbezogene Tarifverträge.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Ulm - Kammern Ravensburg - vom 10.03.2004 - 7 BV 1/03 - abzuändern und die Anträge der Arbeitgeberin abzuweisen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde des Betriebsrats zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angegriffenen Beschluss und wiederholt im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen weiterer Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll des Termins zur mündlichen Anhörung Bezug genommen.

B.

Die Beschwerde des Betriebsrats ist statthaft (§ 87 Abs. 1 ArbGG); sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 87 Abs. 2 S. 1 und 2, 66 Abs. 2, 89 Abs. 1 und 2 ArbGG) und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung der im Einzelnen bezeichneten Arbeitnehmer zu Recht gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG ersetzt. Denn auf die Beschäftigungsverhältnisse dieser Arbeitnehmer finden sämtlich die gegenüber den TV-Metall spezielleren TV-ver.di Anwendung. Für die nicht- oder bei ver.di organisierten Arbeitnehmer gilt dies unmittelbar aufgrund der jeweiligen vertraglichen Bezugnahmeklausel, für die (etwa) bei der IG Metall organisierten aufgrund des auch bei Tarifpluralität geltenden Grundsatzes der Tarifeinheit. Das Arbeitsgericht hat sich dabei durchgehend an die vom BAG vertretene und von diesem gegen zahlreiche instanzgerichtliche Entscheidungen und Stimmen in der Literatur verteidigte Rechtsauffassung angeschlossen. Das Beschwerdegericht folgt dieser Ansicht nicht zuletzt aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsprechung. Es schließt sich den Ausführungen des Arbeitsgerichts in den Gründen des angefochtenen Beschlusses vollinhaltlich an und sieht deshalb insoweit zur Vermeidung wortgleicher Wiederholungen von der Wiedergabe der Gründe ab. Die Beschwerde bringt hiergegen im Kern weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht Neues vor. Sie versucht nur vergeblich, ihre Rechtsauffassung anstelle derjenigen des Arbeitsgerichts zu setzen. Dies erfordert nicht eine erneute systematische Darstellung der Obersätze und der Subsumtion, sondern veranlasst lediglich folgende abschließende Bemerkungen:

I.

Zur Zulässigkeit

Dass die Arbeitgeberin dem Betriebsrat nicht mitgeteilt hat, ob und gegebenenfalls welcher Gewerkschaft der jeweils zur Umgruppierung anstehende Mitarbeiter angehört, führt nicht zur Unzulässigkeit des Zustimmungsersetzungsantrags wegen Nichtabschlusses des Anhörungsverfahrens. Denn auf die Frage der Gewerkschaftszugehörigkeit der zur Umgruppierung anstehenden Mitarbeiter kommt es bei der hier vertretenen Lösung nicht entscheidend an.

1. Im Streitfall ist, wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, vom Vorliegen einer Tarifpluralität auszugehen. Denn die Arbeitgeberin ist zum einen kollektivrechtlich an die mit der Verschmelzung auf sie übergegangenen TV-ver.di, die Firmentarifverträge sind, gebunden (vergleiche BAG, Urteil vom 24.06.1998 - 4 AZR 208/97 - AP Nr. 1 zu § 20 UmwG). Des Weiteren finden auf sie kraft ihrer Verbandszugehörigkeit gemäß § 3 Abs. 1 TVG die TV-Metall Anwendung.

2. Entgegen der Auffassung des Betriebsrats steht der Verbandsaustritt der Arbeitgeberin per 30.06.2003 einer Tarifpluralität in der vom BAG verstandenen Sinne nicht entgegen. Zwar liegt nach dem BAG (Urteil vom 28.05.1997 - 4 AZR 546/95 - AP Nr. 26 zu § 4 TVG Nachwirkung) ein Fall der Tarifpluralität nicht vor, wenn ein gemäß § 4 Abs. 5 TVG nachwirkender Tarifvertrag und ein Tarifvertrag aufeinander treffen, an den nur der Arbeitgeber gemäß § 3 Abs. 1 TVG gebunden ist. Der Betriebsrat verkennt jedoch, dass es zur Beurteilung des Verhältnisses des Gegenübertretens der TV-Metall und der TV-ver.di nicht auf den Zeitraum ab dem 01.07.2003, sondern auf den Zeitpunkt der Verschmelzung, also den 11.12.2002, ankommt. Damals wurde mit der Verschmelzung eine beiderseitige Tarifbindung der Arbeitgeberin begründet, die die Arbeitgeberin zum Anlass nahm, die streitgegenständliche Umgruppierung zu betreiben. Der erst danach erfolgte Verbandsaustritt der Arbeitgeberin wirkt sich deshalb hier nicht aus.

3. Für das Vorliegen der Tarifpluralität kommt es nur auf die Tarifbindung des Arbeitgebers an (BAG, Urteil vom 28.05.1997 - 4 AZR 546/95 - a. a. O.). Auf Arbeitnehmerseite genügt die Möglichkeit, dass ein der tarifschließenden Gewerkschaft angehörender Arbeitnehmer im Betrieb beschäftigt ist beziehungsweise beschäftigt werden könnte (BAG, Urteil vom 04.12.2002 - 10 AZR 113/02 - AP Nr. 28 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz). Letzteres ist hier unzweifelhaft der Fall, weshalb die konkrete Tarifbindung der einzugruppierenden Arbeitnehmer dahinstehen kann und die Arbeitgeberin hierzu auch keine Angaben zu machen brauchte.

II.

Zur Begründetheit

1. Bei der beabsichtigten Maßnahme handelt es sich um eine Umgruppierung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG. Unstreitig sind die betreffenden Arbeitnehmer bislang eingruppiert nach § 2 des Ergänzungstarifvertrags-Metall Dieser sah eine Vergütungsgruppenordnung mit insgesamt neun Vergütungsgruppen vor. Die Arbeitgeberin beabsichtigt nunmehr eine Eingruppierung der Arbeitnehmer nach den Maßgaben des § 10 ERTV-TSI. Das dem ETRV-TSI beigefügte Vergütungsgruppenverzeichnis sieht 10 Vergütungsgruppen vor, wobei sich die Eingruppierungsmerkmale von denjenigen des Ergänzungstarifvertrags-Metall deutlich unterscheiden. Hierin liegt eine Umgruppierung, auch wenn damit aufgrund der Bestandsgarantie des § 54 Abs. 1 TV SR T. eine Verringerung des Arbeitsentgelts nicht verbunden ist (vergleiche nur BAG, Beschluss vom 12.06.2003 - 8 ABR 14/02 - EZA § 613a BGB Nr. 10).

2. Auf die im Betrieb F. beschäftigten Arbeitnehmer der Arbeitgeberin finden potentiell zwei Tarifwerke Anwendung.

a) Für die Arbeitsverhältnisse der bei der früheren Firma D. S. GmbH beschäftigten Arbeitnehmer kamen die TV-Metall zur Anwendung.

aa) Diese galten kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit gemäß § 3 Abs. 1 TVG für die Firma D. S. GmbH als Mitglied der Tarifgemeinschaft (Anlage 2 zum Ergänzungstarifvertrag) und die im Unternehmen beschäftigten Mitglieder der Industriegewerkschaft Metall. Die zweifache Umfirmierung änderte an der Tarifgebundenheit nichts. Nach dem Ausscheiden der Arbeitgeberin aus dem Arbeitgeberverband Südwestmetall zum 30.06.2003 blieb die Tarifgebundenheit kraft Nachbindung gemäß § 3 Abs. 3 TVG bestehen.

bb) Für die in der früheren Deutschen Angestellten Gewerkschaft organisierten Arbeitnehmer der Firma D. S. GmbH galt der Ergänzungstarifvertrag aufgrund eines Vertragsschlusses vom 09.09.1999. Als Rechtsnachfolgerin der Deutschen Angestellten Gewerkschaft ist somit auch die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Tarifpartei des Ergänzungstarifvertrags.

cc) Auf die nicht organisierten Arbeitnehmer fanden die TV-Metall aufgrund der unterschiedlichen Bezugnahmeklauseln in den Arbeitsverträgen Anwendung.

b) Auf die Arbeitsverhältnisse der bei der Firma T. (alt) beschäftigten Arbeitnehmer fanden hingegen die zwischen diesem Unternehmen und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di abgeschlossenen TV-ver.di Anwendung. Aufgrund der Verschmelzung der Firma T. (alt) auf die Firma T. I. GmbH (die umfirmierte Firma D. S. GmbH) wurde das zweitgenannte Unternehmen Tarifvertragspartei der Firmentarifverträge. Dies ergibt sich aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG.

Für den Fall der Verschmelzung im Wege der Neugründung hat das Bundesarbeitsgericht (Urteil v. 24.06.1998 - 4 AZR 208/97 - a. a. O.) entschieden, dass ein Firmentarifvertrag aufgrund der gesetzlich angeordneten Gesamtrechtsnachfolge uneingeschränkt auf den neu gegründeten Rechtsträger übergeht. Der Firmentarifvertrag wirkt daher kollektiv fort; § 613a Abs. 1 S. 2 BGB findet daneben keine Anwendung.

Das Bundesarbeitsgericht hat diese Rechtsauffassung bislang lediglich für den Fall der Verschmelzung im Wege der Neugründung vertreten (BAG, Urteil vom 24.06.1998 - 4 AZR 208/97 a. a. O.). Es gibt jedoch keinen sachlichen Grund, den hier vorliegenden Fall der Verschmelzung durch Aufnahme anders zu behandeln. Die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG gilt für beide Arten der Verschmelzung im Sinne des § 2 Abs. 1 UmwG. Die Geltung des Firmentarifvertrags beschränkt sich zwar zunächst auf diejenigen Arbeitnehmer, die zuvor ein Arbeitsverhältnis mit dem übernommenen Rechtsträger hatten (Däubler-Lorenz, TVG, § 3 Rn. 180; Däubler, RdA 1995, 136, 140; Wiedemann-Oetker, TVG, 6. Auflage, § 3 Rn. 154; Willemsen/Hohenstatt/Schweibert, Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen, Teil E Rn. 74). Findet jedoch im übernehmenden Rechtsträger ein Verbandstarifvertrag Anwendung, so stellt sich die Frage, ob im übernehmenden Rechtsträger künftig zwei Tarifwerke gelten oder nur eines. Dies ist keine Frage des Umwandlungsrechts, sondern eine solche des Tarifrechts (LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.02.2005 - 4 TaBV 2/04 -).

3. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 05.09.1990 - 4 AZR 59/90 - AP Nr. 19 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz; Urteil vom 20.03.1991 - 4 AZR 455/90 - AP Nr. 20 § 4 TVG Tarifkonkurrenz; Urteil vom 26.01.1994 - 10 AZR 611/92 - AP Nr. 22 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz; Urteil vom 04.12.2002 - 10 AZR 113/02 - a. a. O.) sind die Fälle der Tarifpluralität ebenso wie diejenigen der Tarifkonkurrenz nach dem Prinzip der Tarifeinheit im Regelfall dahingehend aufzulösen, dass nur der speziellere Tarifvertrag zur Anwendung kommt. Dies ist der Tarifvertrag, der dem Betrieb räumlich, fachlich und persönlich am nächsten steht und deshalb den Erfordernissen und Eigenarten des Betriebs und der dort tätigen Arbeitnehmer am besten gerecht wird. Zur Begründung hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, der Grundsatz der Tarifeinheit habe zwar im Tarifvertragsgesetz keinen Niederschlag gefunden, folge aber aus den übergeordneten Prinzipien der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Denn die Anwendung mehrerer Tarifverträge in einem Betrieb führe zu praktischen, kaum lösbaren Schwierigkeiten. Wenn dadurch für Arbeitnehmer, die nicht Mitglied der Gewerkschaft seien, die den spezielleren Tarifvertrag abgeschlossen habe, ein "tariffreier Raum" entstehe, so sei dies hinzunehmen.

Im Schrifttum ist die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nahezu durchweg auf Ablehnung gestoßen. Die Praktikabilitätsüberlegungen des Bundesarbeitsgerichts könnten keine Rechtsfortbildung begründen. Die Rechtsprechung bedeute einen Eingriff in die kollektive Koalitionsfreiheit derjenigen Gewerkschaft, deren Tarifvertrag verdrängt werde (vergleiche neben den Nachweisen im angegriffenen Beschluss etwa noch Wiedemann-Wank, a.a.O., § 4 Rn. 275 ff. Däubler-Zwanziger, a. a. O.§ 4 Rn. 940 ff. Löwisch/Rieble, TVG, 2. Auflage, § 4 Rn. 132 ff.; Kempen-Zachert, TVG, 3. Aufl., § 3 Rz. 137)). Für die Geltungsbereichsstreitigkeiten der Sozialkassen des Baugewerbes hat das Bundesarbeitsgericht neuerdings an seiner Rechtsprechung nicht mehr festgehalten (BAG, Beschluss vom 13.05.2004 - 10 AS 6/04 - zitiert nach JURIS; ebenso LAG Hessen, Urteil vom 14.07.2003 - 16 Sa 530/02 - NZA-RR 2004, 649).

4. Im vorliegenden Fall folgt die erkennende Kammer in Übereinstimmung mit dem ArbG der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach die bestehende Tarifpluralität nach dem Prinzip der Tarifeinheit dahingehend aufzulösen ist, dass nur die spezielleren TV-ver.di Anwendung finden, an die die Arbeitgeberin aufgrund der Verschmelzung gebunden ist. Allerdings reichen Praktikabilitätsüberlegungen für sich allein nicht aus, um den Eingriff in die Koalitionsfreiheit derjenigen Arbeitnehmer zu rechtfertigen, die Mitglied der Industriegewerkschaft Metall sind und deren Tarifverträge verdrängt werden.

a) Aus dem Verschmelzungsvertrag vom 25.10.2002 selbst ergibt es sich, dass die Anwendung mehrerer Tarifverträge in einem Betrieb jedenfalls für einen Übergangszeitraum keine unlösbaren Schwierigkeiten bereitet. Denn in § 5 Abs. 3 des Verschmelzungsvertrags ist geregelt, dass für Arbeitnehmer, die organisatorisch den Buchungskreisen 08 und 10 zugeordnet sind, eine Bereichsausnahme gilt, wonach auf diese Arbeitsverhältnisse nach wie vor die TV-Metall Anwendung finden. Diese Bereichsausnahme haben die Tarifvertragsparteien erst durch eine Änderung des ERTV vom 04.11.2004 mit Wirkung zum 31.12.2004 beseitigt.

b) Langfristig betrachtet ist es jedoch ein berechtigtes Anliegen der Arbeitgeberin, die Arbeitsverhältnisse aller Mitarbeiter des Betriebs in dasjenige Tarifwerk zu überführen, das mit der satzungsmäßig fachnäheren Gewerkschaft ver.di abgeschlossen worden ist. Die Arbeitgeberin ist ein Dienstleistungsunternehmen der EDV-Branche; vom satzungsgemäßen Zuständigkeitsbereich her ist daher die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di die zuständige Gewerkschaft. Dass für zahlreiche Arbeitsverhältnisse das Tarifwerk der Metallindustrie Anwendung fand, erklärt sich allein durch die Herkunft der Firma D. S. GmbH aus dem D.. Obwohl auch dieses Unternehmen ein Dienstleistungsunternehmen war, unterfiel es dem Organisationsbereich der IG Metall. Denn nach § 3 Nr. 1c können Mitglieder der IG Metall auch die Beschäftigten der Betriebe anverwandter Dienstleistungszweige, insbesondere auch der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie der Datenverarbeitung werden. Wie sich auch aus dem beigefügten Organisationskatalog ergibt, handelt es sich hierbei um Betriebe, deren Zweck überwiegend darauf gerichtet ist, die unter den Organisationskatalog fallenden Betriebe bei der Verwirklichung ihrer Zielsetzung zu unterstützen (LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.02.2005 - 4 TaBV 2/04 -).

c) Diese Regelung traf auf die Firma D. S. GmbH zu; bei der Arbeitgeberin ist dies hingegen sehr fraglich (vergleiche LAG Hessen, Beschluss vom 11.03.2004 - 9 TaBV 174/03 -). Einer Aussetzung des Rechtsstreits nach § 97 Abs. 4 ArbGG bedarf es nicht, weil die Frage der Tarifzuständigkeit der IG Metall nicht entscheidungserheblich ist. Im vorliegenden Fall genügt die Feststellung, dass die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di die fachnähere Gewerkschaft ist (LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.02.2005 - 4 TaBV 2/04 -).

5. Die TV-ver.di stellen gegenüber den TV-Metall die speziellere Regelung dar. Denn ein Firmentarifvertrag kann den besonderen Bedürfnissen eines Betriebes weitergehend gerecht werden als ein Branchentarifvertrag (BAG, Urteil vom 20.03.1991 - 4 AZR 455/90 - a. a. O., unter B II 3 der Gründe). Ein materieller Günstigkeitsvergleich zwischen den Tarifwerken scheidet aus (Däubler-Zwanziger, a.a.O., § 4 Rn. 927), zumal es im vorliegenden Fall vom Einzelfall abhängt, ob die TV-ver.di ungünstigere Regelungen enthalten als TV-Metall. Die TV-Metall sind Tarifwerk auch unter Berücksichtigung des Ergänzungstarifvertrags vom 03.09.1998 ein Branchentarifwerk. Der Ergänzungstarifvertrag galt nach seiner Anlage 2 nicht nur für die D. S. GmbH, sondern auch für weitere Unternehmen. Darüber hinaus war der Ergänzungstarifvertrag nach den Nrn. 2 und 3 der Anlage 2 darauf angelegt, dass weitere vergleichbare Unternehmen in den Geltungsbereich einbezogen werden.

6. Entgegen der Auffassung des Betriebsrats steht der Anwendung des Prinzips der Tarifeinheit im Streitfall nicht etwa das Vorliegen einer gewillkürten Tarifpluralität, also einer Tarifflucht, entgegen.

a) Von einem derartigen Fall wäre etwa auszugehen, wenn der Arbeitgeber die Geltung eines Branchentarifvertrags dadurch zu unterlaufen versuchte, dass er einen Firmentarifvertrag mit einer Kleingewerkschaft abschließt. Verfügte diese Kleingewerkschaft nur über wenige Mitglieder im Betrieb, so würde dies dazu führen, dass in die Koalitionsfreiheit der Mehrheit der Arbeitnehmer durch die Verdrängung des Branchentarifvertrags eingegriffen würde.

b) Ein vergleichbarer Fall ist hier jedoch nicht gegeben.

aa) Sowohl die TV-Metall als auch die TV-ver.di sind jeweils mit Großgewerkschaften abgeschlossen, deren "Mächtigkeit" nicht in Frage steht.

bb) Es liegt zwar auf der Hand, dass die Vorgehensweise der Arbeitgeberin "zielgerichtet" in dem Sinne war, dass eine Harmonisierung der Arbeitsbedingungen angestrebt wurde (Klinkhammer/ Welslau, Festschrift für Schwerdtner, S. 291). Diese Zielsetzung ist jedoch legitim.

cc) Dadurch wird allerdings auf die bisherigen Mitglieder der Industriegewerkschaft Metall ein gewisser Druck ausgeübt, sich der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di anzuschließen. Es stellt aber jedenfalls keinen gravierenden Eingriff in die individuelle Koalitionsfreiheit der betroffenen Arbeitnehmer dar, wenn sie sich statt der einen Großgewerkschaft einer anderen Großgewerkschaft anschließen müssen, um nicht auf den Status eines unorganisierten Arbeitnehmers zurückgeworfen zu werden (vgl. Schliemann, NZA 2000, Sonderbeilage zu Heft 24, S. 32; Kania, DB 1996, 1921, 1922).

dd) Von einer Tarifflucht kann schließlich auch deshalb keine Rede sein, weil die TV-ver.di keine durchweg ungünstigeren Arbeitsbedingungen vorsehen als die TV-Metall (LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.02.2005 - 4 Ta 2/04 -).

7. Die mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di abgeschlossenen TV-ver.di gelten für die Mitglieder dieser Gewerkschaft gemäß § 3 Abs. 1 TVG kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit.

Für die Mitglieder der Industriegewerkschaft Metall und die nichtorganisierten Arbeitnehmer finden die TV-ver.di aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln Anwendung.

a) Die Sätze 1 und 2 der Bezugnahmeklausel der Variante 1 enthalten eine Verweisung auf die TV-Metall. Satz 3 der Variante 1 erfasst ausdrücklich den Fall der Tarifpluralität. Die Verweisung soll sich nämlich auf den für den Betrieb spezielleren Tarifvertrag beziehen, falls in dem Betrieb unterschiedliche Tarifverträge Anwendung finden. Es handelt sich um eine einzelvertragliche Vereinbarung, die dem Prinzip der Tarifeinheit Geltung verschafft, also um eine besondere Ausprägung einer Tarifwechselklausel (vergleiche hierzu BAG, Urteil vom 16.10.2002 - 4 AZR 467/01 - AP Nr. 22 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag). In diesem Sinne ist auch die Bezugnahmeklausel der Variante 2 zu verstehen.

b) Gegen die Bezugnahmeklauseln bestehen keine rechtlichen Bedenken. Sie verstoßen nicht gegen die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB. Wenn Satz 3 der Variante 1 bestimmt, dass im Falle einer Tarifpluralität der speziellere Tarifvertrag Anwendung finden solle, so ist dies derjenige Tarifvertrag, der den Betrieb räumlich, fachlich und persönlich am nächsten steht. Dies gilt auch für die Bezugnahmeklausel der Variante 2. Regelmäßig lässt sich dieser Tarifvertrag unschwer ermitteln. Als Globalverweisung auf den spezielleren Tarifvertrag unterliegen die Bezugnahmeklauseln keiner Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB. Nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB unterliegen Tarifverträge keiner Inhaltskontrolle. Gleiches gilt für eine Globalverweisung auf einen Tarifvertrag. Denn der Tarifvertrag, auf den einzelvertraglich umfassend Bezug genommen wird, unterliegt der gleichen Richtigkeitsgewähr, wie bei einer Geltung kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit. Dies gilt jedenfalls dann, wenn auf einen einschlägigen Tarifvertrag umfassend verwiesen wird (LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.02.2005 - 4 Ta 2/04 -; Lakies, AR- Blattei, SD 35, Rn. 88 ff.; Witt, NZA 2004, 135; Haußmann, Festschrift für Schwerdtner, S. 89; Däubler/Dorndorf, AGB - Kontrolle im Arbeitsrecht, § 310 Rn. 44 ff.).

C.

Das Verfahren ist gemäß § 12 Abs. 5 ArbGG a. F. gerichtskosten- und -gebührenfrei.

D.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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