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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 11.10.2001
Aktenzeichen: 21 Sa 56/01
Rechtsgebiete: BeschFG, BGB, BetrVG, ZPO, ArbGG


Vorschriften:

BeschFG § 1
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 328
BGB § 328 Abs. 1
BetrVG § 77
BetrVG § 77 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1
ArbGG § 72 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
21 Sa 56/01

verkündet am 11. Oktober 2001

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 21. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Leicht, die ehrenamtliche Richterin Aldinger und den ehrenamtlichen Richter Bopp auf die mündliche Verhandlung vom 11.10.2001 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 20.03.2001 - Aktenzeichen 5 Ca 9661/00 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im zweiten Rechtszug weiter über die Verpflichtung der Beklagten zum Abschluß eines unbefristeten Arbeitsvertrages.

Der am 05.05.1977 geborene Kläger, der gelernter Industriemechaniker ist (vergleiche das Prüfungszeugnis der IHK vom 21.04.1996, ArbG-Akte Blatt 16) schloß mit der Beklagten, einem weltweit operierenden Automobilunternehmen, am 23.11.1998 den aus Blatt 8 der ArbG-Akte ersichtlichen Arbeitsvertrag, demzufolge er im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses bis längstens 22.11.1999 in deren U.er Werk als Mitarbeiter in der Produktion beschäftigt werden sollte. Am 15.11.1999 kamen die Parteien schriftlich (ArbG-Akte Blatt 10) überein, dieses Arbeitsverhältnis gemäß § 1 BeschFG bis zum 30.04.2000 zu verlängern. Am 01.03.2000 wurde auf dieselbe Weise eine nochmalige Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum 22.11.2000 vereinbart (ArbG-Akte Blatt 11).

Unter dem Datum des 24.05.2000 sagte die Leitung des U.er Werkes der Beklagten dem dortigen Betriebsrat im Rahmen eines Informationsgespräches zu, "von den 296 aktuell langfristig befristeten Mitarbeitern alle in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen, bei denen nicht verhaltens- oder leistungsbedingte Gründe dagegensprechen", und dabei "vergleichbar der letztjährigen Praxis" vorzugehen (vergleiche den Protokollauszug ArbG-Akte Blatt 12). Dieser Passus nahm Bezug auf eine am 23.04.1998 abgeschlossene "Betriebsvereinbarung zur Deckung des Personalbedarfes (Arbeiter) im Werk U. in den Jahren 1998 bis 2000", wegen deren Inhaltes auf die Kopie Blatt 13 und 14 der ArbG-Akte verwiesen wird. In einer Anlage dazu (ArbG-Akte Blatt 15) waren Werksleitung und Betriebsrat übereingekommen, dabei den Auswahlkriterien Betriebszugehörigkeit, Metall-Elektroausbildung, persönliche Eignung - Feststellung durch Meister- und Unterhaltspflichten in der genannten Reihenfolge Priorität einzuräumen.

In einer früheren Betriebsvereinbarung vom 07.11.1984 hatten die Betriebspartner unter anderem Folgendes vereinbart:

1. Allgemeine Grundsätze und Geltungsbereiche

...

1.3. Bei personellen Einzelmaßnahmen (Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen) sind die fachliche und persönliche Eignung und - insbesondere bei Auswahlentscheidungen - auch soziale Gesichtspunkte zu berücksichtigen.

2. Stellenbesetzung

2.1. Vorrang der im Unternehmen tätigen Mitarbeiter

Die zu besetzenden Stellen sollen grundsätzlich bereits im Unternehmen tätigen Mitabeitern angeboten werden.

...

2.6. Eignung

...

2.6.2. Die Auswahl muß sachlich begründet sein. Sachliche Gründe sind insbesondere die fachliche Eignung, die tätigkeitsbezogene Erfahrung, die Leistungsbereitschaft sowie die Bereitschaft zur Kooperation i. S. der Leitsätze zur Führung und Zusammenarbeit.

Bei der Beurteilung der fachlichen Eignung sind die durch eine Ausbildung und/oder ent-sprechende anderweitig angeeignete Kenntnisse und Erfahrungen zu berücksichtigen.

...

2.6.5. Bei gleicher Eignung sind für die Entscheidung soziale Gesichtspunkte, insbesondere die Dauer der Betriebszugehörigkeit, maßgebend.

Im Juli 2000 wurde der anders als Arbeitskollegen seiner Gruppe nicht mit 22, sondern nur mit 19 Arbeitswerten eingestufte und überwiegend an Maschinen (Bearbeitungszentren) mit geringerem Anforderungsniveau ("Heller 1 - 9") eingesetzte Kläger von seinem Meister davon in Kenntnis gesetzt, daß seine Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis von ihm nicht empfohlen werde. Mit Schreiben vom 13.10.2000 (ArbG-Akte Blatt 44) wandte sich der Betriebsrat gegen die daraufhin getroffene und verifizierte Entscheidung der Beklagten, den Kläger nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen.

Mit seiner am 01.12.2000 beim Arbeitsgericht Stuttgart eingereichten Klage verlangt der Kläger, der im Jahr 1999 im Rahmen des innerbetrieblichen kontinuierlichen Verbesserungsprozesses insgesamt sechs nicht als Verbesserungsvorschläge eingereichte Anregungen gegeben und einen von der Beklagten mit DM 200,00 prämierten arbeitsplatzbezogenen Verbesserungsvorschlag gemacht hatte (vergleiche ArbG-Akte Blatt 53), die entfristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den 22.11.2000 hinaus.

Er hat vorgebracht, beim Einstellungsgespräch seien ihm seitens der zuständigen Personalsachbearbeiterin gute Chancen für seine Übernahme eingeräumt worden. Im Herbst 1999 habe sich sein Meister zufrieden über seine Arbeitsleistung geäußert. Konkrete Beanstandungen habe es insoweit zu keiner Zeit gegeben. Abgesehen von den aufgrund dort austretender Waschmitteldämpfe für ihn gesundheitlich unzuträglich gewesenen Arbeitsplätzen Vorkontrolle/Abpressen und Endkontrolle sei er in seinem Bereich universell verwendbar und ausweislich der Übersicht "Rotationsverteilung in Abteilung 1118 c-Schicht" (ArbG-Akte Blatt 45) nicht nur mit einfachen Arbeiten, sondern auch mit solchen an den Bearbeitungszentren betraut worden. Im Zeitpunkt des Ablaufes der letzten Befristung und danach habe die Beklagte in der Motorenproduktion des Werkes U. 74 Arbeitnehmer unbefristet und weitere 100 mit befristeten Arbeitsverträgen eingestellt. Vor dem Hintergrund der Betriebsvereinbarungen und der Absprache zwischen der Werksleitung und dem Betriebsrat vom 24.05.2000, die einen Vertrag zugunsten Dritter darstelle, sei die Beklagte verpflichtet, ihn über den 22.11.2000 hinaus weiterzubeschäftigen.

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt:

1. Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Befristung vom 01.03.2000 nicht zum 22.11.2000 geendet hat.

2. hilfsweise zum Klagantrag Ziffer 1:

Die Beklagte wird verurteilt, das Angebot des Klägers auf Entfristung des am 01.03.2000 vereinbarten Arbeitsverhältnisses anzunehmen.

hilfsweise zu 1 und 2:

Die Beklagte wird verurteilt, das Angebot des Klägers auf Abschluß eines zukünftigen Arbeitsvertrages zu den Bedingungen des Vertrages vom 01.03.2000 unter Anrechnung einer ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit seit 23.11.1998 anzunehmen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat bestritten, daß ihre Personalmitarbeiterin dem Kläger beim Einstellungsgespräch irgendwelche Zusagen gemacht und daß es im Werk U. in der Zeit seit Mitte November 2000 Neueinstellungen gegeben habe, hat für die Klage wegen der ihres Er-achtens nach zu verzeichnenden rechtlichen Unverbindlichkeit der am 24.05.2000 mit dem Betriebsrat getroffenen Absprache keine Anspruchsgrundlage gesehen und im übrigen vorgetragen, daß der Kläger die Kriterien für seine Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nicht erfüllt habe. Trotz von ihr vielfach unternommener Qualifizierungsversuche habe er auch nach der Einarbeitungszeit nur einfache Tätigkeiten durchführen und nicht an den komplexeren Bearbeitungszentren ("Heller 10") eingesetzt werden können. Außerdem habe er, was ihm sein Meister im März 2000 und in der Zeit zuvor des Öfteren vorgehalten habe, häufig während der Arbeitszeit mit seinem Handy telefoniert, wenig Interesse an seiner Arbeit gezeigt und sich weder am kontinuierlichen Verbesserungsprozeß noch an der Reorganisation der Zeitwirtschaft beteiligt.

Das Arbeitsgericht hat durch das am 20.03.2001 verkündete und am 15.05.2001 zugestellte Urteil die Beklagte entsprechend dem Hilfsantrag des Klägers zu 1. und 2. verurteilt, das Angebot des Klägers auf Abschluß eines Arbeitsvertrages anzunehmen, im übrigen aber die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe aufgrund des von der Beklagten dem Betriebsrat des Werkes U. gegenüber am 24.05.2000 formlos abgegebenen Versprechens, von den aktuell langfristig befristeten Mitarbeitern alle, bei denen nicht verhaltens- oder leistungsbedingte Gründe dagegensprächen, in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen, Anspruch darauf, im unmittelbaren Anschluß an den Ablauf des letzten Befristungszeitraumes seines Arbeitsverhältnisses in ein unbefristetes übernommen zu werden. Die betreffende Zusage der Beklagten habe trotz fehlender normativer Wirkungen rechtsverbindlichen Charakter. Sie stelle sich als Regelungsabrede im Sinne eines schuldrechtlichen Vertrages der Betriebspartner zugunsten des darin genannten Kreises der befristet beschäftigten Arbeitnehmer dar, welchem der Charakter eines Vertrages zugunsten Dritter im Sinne von § 328 BGB zukomme.

Der Kläger habe die in der Regelungsabrede an einen Rechtserwerb geknüpften Voraussetzungen erfüllt. Soweit die Beklagte gegen seine Übernahme sprechende leistungs- oder verhaltensbedingte Gründe geltend mache, sei sie nachvollziehbaren Sachvortrag dazu schuldig geblieben. Ihre auf die Zeit vor der letzten Vertragsbefristung begrenzten Beanstandungen der Arbeitsweise und der Führung des Klägers seien substanzlos und ohne Überzeugungskraft, nachdem die am 01.03.2000 vorgenommene Vertragsänderung in voller Kenntnis dieser Beanstandungen erfolgt sei, obwohl sich die Beklagte und der Betriebsrat am 24.05.2000 darauf verständigt hätten, die Übernahmekriterien vergleichbar mit der vorangegangenen Praxis zu handhaben, so daß die vereinbarte Vertragsänderung indiziere, daß sich der Kläger bis dahin ausreichend bewährt habe. Ziffer 2 der vorangegangenen Betriebsvereinbarung vom 23.04.1998 habe nämlich vorgesehen, die Vertragsdauer der derzeit längerfristig beschäftigten Mitarbeiter nur zu verlängern, "sofern die persönlichen und fachlichen Voraussetzungen erfüllt sind".

Die weitergehenden Ansprüche des Klägers hielt das Arbeitsgericht für nicht begründet.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer am 13.06.2001 beim Landesarbeitsgericht eingereichten Berufung, welche sie mit Ablauf der auf fristgerechten Antrag hin verlängerten Frist zur Berufungsbegründung mit Schriftsatz vom 19.07.2001 (LAG-Akte Blatt 11 bis 17) ausgeführt hat. Sie bekämpft die Auffassung des Arbeitsgerichts, daß die mit dem Betriebsrat ihres Werkes U. getroffene Regelungsabrede einen Vertrag zugunsten Dritter, hier des Klägers, beinhalte. Vielmehr entfalte sie schuldrechtliche Wirkungen lediglich zwischen den Betriebspartnern. Es sei deshalb ausschließlich Sache des Betriebsrates, die Einhaltung der getroffenen Regelungsabrede gerichtlich geltend zu machen. Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.02.1991 - 2 AZR 415/90 (= AP Nr. 4 zu § 615 BGB) erschöpfe sich die Wirkung der Regelungsabrede in der Aufhebung der betriebsverfassungsrechtlichen Beschränkung der Rechte des Arbeitgebers, begründe aber keine Rechte im Verhältnis zu den Arbeitnehmern.

Selbst wenn man der fehlerhaften Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts folgen wollte, daß eine Regelungsabrede Rechte zugunsten Dritter begründen könne, so müßte sich das Schriftformerfordernis des § 77 Absatz 2 BetrVG darauf erstrecken, wenn der Arbeitnehmer unmittelbare Leistungsansprüche gegenüber dem Arbeitgeber erwerben solle. Dieses Schriftformerfordernis sei vorliegend nicht erfüllt.

Unabhängig davon habe der Kläger die Übernahmekriterien nicht erfüllt. Sie, die Beklagte, habe in ihrem Schriftsatz vom 26.01.2001 auf den Seiten 2, 3 und 4, insbesondere unter 3 a bis 3 e im Einzelnen die im Leistungs- und persönlichen Verhalten des Klägers liegenden Gründe für die Nichtübernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis genannt. Ihr Sach-Vortrag sei hinreichend konkret nachvollziehbar. Zu Unrecht habe hier das Arbeitsgericht die bei der Prüfung der sozialen Rechtfertigung einer Kündigung geltenden Maßstäbe und die Regeln über die Darlegungs- und Beweislast angelegt, während hier die Arbeitgeber-Entscheidung lediglich einer Willkürkontrolle unterliege.

Dementsprechend beantragt die Beklagte im zweiten Rechtszug:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 20.03.2001 - Aktenzeichen 5 Ca 9661/00 - wird abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt in erster Linie das angefochtene arbeitsgerichtliche Urteil und verweist im übrigen auf sein erstinstanzliches Vorbringen.

Ausgangspunkt aller Betrachtungen müsse jenseits abstrakter Rechtsgrundsätze der Inhalt der Regelungsabrede vom 24.05.2000 sein, insbesondere deren Wortlaut. Im ersten Satz werde ausgesagt, daß grundsätzlich alle dort angesprochenen Arbeitsverhältnisse entfristet werden sollten. Diese Zusage sei nicht nur als ein Versprechen gegenüber dem Betriebsrat formuliert; denn im Folgesatz nehme die Beklagte Bezug auf die "letztjährigen Praxis", die auf einer Betriebsvereinbarung basiert habe, aus welcher zweifellos alle Beschäftigten individuelle Rechte hätten herleiten können. Abgesehen von sachlichen Kriterien habe es sich die Beklagte gerade nicht offenhalten lassen, Ausnahmen von der grundsätzlichen Übernahmeverpflichtung zu machen. Die Vertreter der Beklagten hätten auch keine "good-will-Erklärung" gegenüber dem Betriebsrat abgeben, sondern für die einzelnen Beschäftigten Individualansprüche schaffen wollen. Das Einhalten des Versprechens der Beklagten habe deshalb besonderes Gewicht gehabt, weil der Betriebsrat als Gegenleistung zugesagt habe, daß er "die erforderlichen Sondermaßnahmen im Werk Mettingen durch Vorholschichten in S. und bereits geplante Programmsteigerungen unterstützen werde" (Seite 5 des Protokolles der Betriebsausschußsitzung vom 24.05.2000, Anlage K 12, LAG-Akte Blatt 35).

Die Zulässigkeit einer Regelungsabrede mit unmittelbarer Drittwirkung sei nicht prinzipiell ausgeschlossen, erst recht dann nicht, wenn von vornherein eine Betriebsvereinbarung mit dieser Wirkung zulässig gewesen wäre, aus Vereinfachungsgründen aber nicht abgeschlossen worden sei. Vorliegend habe die Beklagte außerdem auf mehreren Betriebsversammlungen ihren grundsätzlichen Willen zur Entfristung der hier maßgeblichen Arbeitsverträge bekräftigt. Damit habe sie eine Gesamtzusage abgegeben, welche der Kläger schon vor Einleitung des Rechtsstreites angenommen habe.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und ihrer Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthafte Berufung (§ 64 Absatz 2 lit. b und c ArbGG) wurde form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist ordnungsgemäß ausgeführt (§§ 66 Absatz 1, 64 Absatz 6 ArbGG, §§ 518, 519 alter Fassung ZPO). Sie ist auch im übrigen zulässig.

II.

Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg; denn das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit überzeugenden Argumenten, welchen sich das Berufungsgericht anschließt, dem zulässigen Hilfsantrag des Klägers zu 1 und 2 entsprochen und die Beklagte verurteilt, das Angebot des Klägers auf Abschluß eines Arbeitsvertrages zu den Bedingungen des Vertrages vom 01.03.2000 unter Anrechung einer ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit seit dem 23.11.1998 anzunehmen.

Die gegen die Erwägungen des Arbeitsgerichts von der Beklagten vorgebrachten Argumente überzeugen nicht.

1. Mit dem Arbeitsgericht und dem Kläger vertritt auch das Berufungsgericht die Auffassung, daß sich aus der zwischen dem Betriebsrat des Werkes U. und den Vertretern der Beklagten unstreitig getroffenen Regelungsabrede vom 24.05.2000 ein Anspruch des Klägers auf Abschluß eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses im Anschluß an das bis zum 22.11.2000 befristete Arbeitsverhältnis ergibt.

Unter einer Regelungsabrede ist eine Einigung der Betriebsparteien zu verstehen, die nicht den Anforderungen einer Betriebsvereinbarung im Sinne des § 77 BetrVG entspricht. Soweit sie schuldrechtliche Vereinbarungen beinhaltet, gelten für ihre Auslegung grundsätzlich die §§ 133, 157 BGB. Danach sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Zudem ist bei der Auslegung der einem Vertragsschluß zugrundeliegenden maßgeblichen Willenserklärungen der wirkliche Wille der Parteien zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdruckes zu haften (§ 133 BGB). Empfangsbedürftige Willenserklärungen - so auch das Angebot eines Arbeitgebers auf Abschluß einer Regelungsabrede und die Annahme eines solchen Angebotes durch den Betriebsrat - sind demnach so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mußte. Bei der Auslegung dürfen nur solche Umstände berücksichtigt werden, die bei Zugang der Erklärung für den Empfänger erkennbar waren; es ist auf seinen "Horizont" und seine Verständnismöglichkeit abzustellen, und zwar auch dann, wenn der Erklärende die Erklärung anders verstanden hat und auch verstehen durfte. Das bedeutet allerdings nicht, daß der Empfänger einer Willenserklärung einfach den für ihn günstigsten Sinn beilegen darf; er ist vielmehr nach Treu und Glauben verpflichtet, unter Berücksichtigung aller ihm erkennbaren Umstände mit gehöriger Aufmerksamkeit zu prüfen, was der Erklärende gemeint hat. Entscheidend ist im Ergebnis nicht der empirische Wille des Erklärenden, sondern der durch normative Auslegung zu ermittelnde objektive Erklärungswert seines rechtsgeschäftlichen Verhaltens (vergleiche hierzu Heinrichs in Palandt, BGB, 60. Auflage, § 133 Randnummern 9 ff. mit weiteren Nachweisen).

Die Auslegung einer Regelungsabrede nach diesen Grundsätzen kann - entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten - durchaus ergeben, daß die Betriebspartner die Begünstigung eines Dritten im Sinne des § 328 BGB beabsichtigen und dieser einen un-mittelbaren Leistungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber erwerben soll (so grundsätzlich auch Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 20. Auflage, § 77 Randnummer 187; Kreutz in GK-BetrVG, 6. Auflage, § 77 Randnummer 12; Hanau in RdA 1989, 207, 209). Dem steht nicht entgegen, daß die Schaffung normativer betriebsautonomer Regelungen der schriftformgebundenen Betriebsvereinbarung vorbehalten ist, wohingegen die schuldrechtliche Regelungsabrede grundsätzlich nur Verpflichtungen zwischen den beiden vertragsschließenden Parteien (Arbeitgeber und Betriebsrat) schafft und für die Einzelarbeitsverhältnisse der im Betrieb Beschäftigten erst mit ihrer entsprechenden Umsetzung durch den Arbeitgeber auf individualautonomer, arbeitsvertraglicher Basis relevant wird. Daß die in einer Regelungsabrede vereinbarte Gestaltung der Arbeitsbedingungen sich rechtstechnisch nicht unmittelbar auf den Inhalt der Arbeitsverhältnisse der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer auswirkt, schließt rechtsdogmatisch nicht aus, daß aufgrund der zwischen den Betriebsparteien abgesprochenen Regelungen Ansprüche auf arbeitsvertraglicher Ebene nach den allgemeinen Bestimmungen des Schuldrechts entstehen können. Wenn es nämlich in der Rechtsmacht der Betriebsparteien steht, nach allgemeinen Grundsätzen ein Schuldverhältnis zu begründen, so können sie auch einen Vertrag zugunsten Dritter im Sinne des § 328 Absatz 1 BGB mit der Wirkung schließen, daß ein einzelner Dritter oder eine Gruppe von Dritten das Recht erwerben soll, eine Leistung zu fordern. Selbst wenn eine derartige Regelungsabrede im Grenzbereich bei Begünstigung einer Vielzahl von Arbeitnehmern quasi kollektiv-rechtliche Wirkungen zu entfalten scheint, bewegen sich diese doch ausschließlich auf arbeitsvertraglicher Ebene, ohne in den Funktionsbereich der formgebundenen Betriebsvereinbarung einzugreifen. Nach Auffassung der erkennenden Kammer bestehen keine sachlich zu rechtfertigenden Bedenken, den Betriebsparteien zuzubilligen, im Gewand einer formlosen Regelungsabrede einen Vertrag zugunsten Dritter, insbesondere einzelner oder einer Gruppe von Arbeitnehmern des Betriebes, im Sinne des § 328 Absatz 1 BGB zu schließen, solange der Verpflichtungswille klar und der Kreis der Begünstigten im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestimmt oder bestimmbar ist. Dabei wird man in der Regel davon ausgehen können, daß der zu begünstigende Dritte ein unmittelbares Recht dann erwerben soll, wenn der Vertragsschluß einen Akt der Fürsorge für ihn beinhaltet oder aus sonstigen Gründen ausschließlich in seinem Interesse kontrahiert worden ist (vergleiche Palandt-Heinrichs, ZPO, 60. Auflage, § 328 Randnummer 3).

Daß ein Vertrag zugunsten Dritter in Gestalt einer Regelungsabrede dem Schriftformerfordernis des § 77 Absatz 2 BetrVG unterläge, ergibt sich weder aus dieser Vorschrift noch aus § 328 BGB noch gar aus Sinn und Zweck der Regelungsabrede bzw. der Betriebsvereinbarung (anderer Ansicht Hanau aaO und Kreutzer aaO). Für eine derartige Beschränkung der Betriebsparteien besteht nach Auffassung der Kammer auch kein sachlich gebotener Grund.

Bei Anlegung obiger Kriterien ist die Regelungsabrede vom 24.05.2000 als Vertrag zugunsten Dritter, nämlich 296 im Zeitpunkt 20.04.2000 langfristig befristet beschäftigter Mitarbeiter, unter anderem auch des Klägers, in dem Sinne zu qualifizieren, daß diese Mitarbeiter gegenüber der Beklagten einen unmittelbaren Anspruch auf Abschluß eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses hatten erwerben sollen, wenn nicht verhaltens- oder leistungsbedingte Gründe dagegen sprechen würden. Dies kann unschwer dem Inhalt der im Besprechungsprotokoll des Betriebsausschusses vom 24.05.2000 festgehaltenen Regelungsabrede (Anlage K 4, ArbG-Akte Blatt 12) sowie den konkreten betrieblichen Umständen entnommen werden. Die Personalverwaltung hatte einen weiteren Personalbedarf für das Werk in U. festgestellt und war an der Zustimmung des Betriebsrates zu erforderlichen Sondermaßnahmen, insbesondere auch zur Einführung einer zweiten Samstagsschicht oder Wochenendschicht, interessiert, während dem Betriebsrat im Interesse der längerfristig befristet beschäftigten Arbeitnehmer - wie schon in der Betriebsvereinbarung vom 23.04.1998 (Anlage K 5, ArbG-Akte Blatt 13 und 14) - deren Übernahme in ein Dauerarbeitsverhältnis am Herzen lag. Daraus ist auf die Intention der Betriebsparteien zu schließen, daß den langfristig befristet beschäftigten Mitarbeitern ein einlösbarer eigenständiger Rechtsanspruch eingeräumt werden sollte, zumal bereits 400 vergleichbaren Mitarbeitern aufgrund der Betriebsvereinbarung vom 23.04.1998 ein selbständiger Rechtsanspruch zugebilligt worden war. Der Betriebsrat mußte aufgrund des Versprechens der Beklagten vom 24.05.2000 nicht davon ausgehen, daß er im Streitfall im Interesse der begünstigten Arbeitnehmer ein langwieriges Beschlußverfahren zur Durchsetzung der Regelungsabrede würde führen müssen und damit Sinn und Zweck der getroffenen flexibel gestalteten Vereinbarung konterkariert werden könnte.

Zu Recht hat deshalb das Arbeitsgericht festgestellt, daß die Beklagte aufgrund der Absprache vom 24.05.2000 verpflichtet war, den dort genannten 296 Mitarbeitern entsprechende Angebote auf Abschluß eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses zu unterbreiten, und der Kläger spiegelbildlich dazu einen Anspruch auf Abschluß eines demo-entsprechenden Arbeitsvertrages erworben hat. Nachdem der Kläger bereits mit Schreiben vom 15.11.2000 an den Vorstandsvorsitzenden Schrempp der Beklagten und später konkludent mit seiner Klage vom 29.11.2000 seinerseits ein Angebot auf Abschluß eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses im Anschluß an das bis zum 22.11.2000 befristete Arbeitsverhältnis abgegeben hatte, war die Beklagte zu verurteilen, dieses Angebot des Klägers unter Anrechnung einer ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit seit dem 23.11.1998 anzunehmen.

2. Soweit die Beklagte hiergegen einwendet, leistungs- oder verhaltensbedingte Gründe hätten einer Übernahme entgegengestanden, teilt auch das Berufungsgericht die Auffassung des Arbeitsgerichts, daß die Beklagte einen nachvollziehbaren substantiierten und überzeugenden Tatsachenvortrag dazu schuldig geblieben ist. Aus dem unstreitigen im Betriebsausschußprotokoll vom 24.05.2000 festgehaltenen Inhalt der Regelungsabrede folgt, daß grundsätzlich alle 296 längerfristig befristet beschäftigten Mitarbeiter in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis hätten übernommen werden sollen, wenn nicht verhaltens- oder leistungsbedingte Gründe dagegen sprachen. Aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis und der negativen Formulierung der anspruchsausschließenden Umstände ist zu schließen, daß diejenige Partei, welche sich auf letztere berufen will, für ihr Vorliegen auch darlegungs- und beweisbelastet sein sollte. Dabei wollten die Betriebspartner erkennbar im Wege der formlos getroffenen Regelungsabrede quasi die in den Vorjahren geübte Praxis der Übernahme befristet beschäftigter Arbeitnehmer in ein Arbeitsverhältnis von unbestimmter Dauer fortsetzen, ohne erneut eine förmliche Betriebsvereinbarung auszuhandeln und abzuschließen. Dies erhellt aus der Zusicherung der Personalverwaltung, "vergleichbar der letztjährigen Praxis, die Kriterien nicht zu verschärfen". Mit dem Verweis auf die zuvor geübte Praxis haben die Betriebspartner aber auch die inhaltlichen Kriterien für die einer Übernahme entgegenstehenden Gründe festgelegt.

Daß in diesem Sinne verhaltens- oder leistungsbedingte Gründe in der Person des Klägers einen Übernahmeanspruch entfallen ließen, hat die Beklagte in der Tat nicht schlüssig und überzeugend aufgezeigt. Die Beklagte hatte nämlich im Geltungsbereich der noch bis 31.12.2000 laufenden Betriebsvereinbarung vom 23.04.1998 das zunächst bis zum 30.04.2000 befristet abgeschlossene Arbeitsverhältnis mit dem Kläger bis zum 22.11.2000 verlängert. Daraus folgt - worauf das Arbeitsgericht überzeugend hin-gewiesen hat - indiziell, daß die von der Beklagten im vorliegenden Verfahren an-geführten Defizite des Klägers im Leistungs- und Ordnungsverhalten nicht so gravierend sein können, daß sie einer Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entgegenstehen, nachdem sich die von der Beklagten beschriebenen betrieblichen Episoden zum überwiegenden Teil bereits vor der Verlängerung des Arbeitsvertrages am 01.03.2000 zugetragen hatten, danach aber keine weiteren relevanten Ereignisse ein-getreten sind. Nach Ziffer 2 der Betriebsvereinbarung vom 23.04.1998 sollten die Verträge längerfristig beschäftigter Mitarbeiter nur dann auf einen planerisch absehbaren Zeitraum verlängert werden, sofern die persönlichen und fachlichen Voraussetzungen erfüllt seien. Daraus folgt nun die Vermutung, daß der Kläger diese Voraussetzungen erfüllt hatte, andernfalls sein Vertrag nämlich nicht hätte verlängert werden dürfen. Daß die Beklagte die von ihr mitgetragene Betriebsvereinbarung nicht eingehalten oder den Vertrag des Klägers wider besseres Wissen über seine mangelnden persönlichen und fachlichen Voraussetzungen verlängert hätte, hat sie selbst nicht behauptet. Daß der Kläger nach der Verlängerung seines Arbeitsvertrages im März 2000 bei der Montage eines Schlußdeckels in der Nähe von Waschmaschinen umkippte, dies mit den dort auftretenden Dämpfen in Verbindung brachte und den Wunsch äußerte, nicht an diesem Arbeitsplatz arbeiten zu müssen, läßt aber keinen Sachgrund erkennen, der einer unbefristeten Weiterbeschäftigung im Wege stünde. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger - wie die Beklagte andeuten will - lediglich eine Ohnmacht vorgetäuscht hätte, um seinen Einsatz an einem ungeliebten Arbeitsplatz zu unterbinden, sind nicht dargelegt worden.

Soweit dem Kläger ferner vorgeworfen wird, er habe keinerlei Interesse an Themen wie dem kontinuierlichen Verbesserungsprozeß (KVP) und der Reorganisation der Zeitwirtschaft (REZEI) sowie an einer Gruppensprechertätigkeit gezeigt, lassen sich daraus noch keine relevanten Defizite ableiten, die gegen eine Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis sprechen würden. Zum einen ist anzumerken, daß sich das dem Kläger vorgeworfene Desinteresse nicht erst seit März 2000 gezeigt haben dürfte; unzufrieden mit ihm war man offenbar schon zuvor, ohne daß dies aber der Vertragsverlängerung bis 22.11.2000 hinderlich gewesen wäre. Zum anderen zeigen die vom Kläger mit dem Anlagenkonvolut K 9 (ArbG-Akte Blatt 46 bis 52) vorgelegten Schriftstücke, daß er - wenn auch erfolglos - darum bemüht war, Verbesserungsvorschläge anzubringen. Daß er nicht als Gruppensprecher aktiv geworden ist, kann man ihm kaum vorwerfen, wenn er nicht zum Gruppensprecher gewählt oder ernannt worden ist. Schließlich kann nicht jedes Mitglied einer Gruppe Gruppensprecher sein. Im übrigen läßt der Vortrag der Beklagten Anhaltspunkte dafür vermissen, wie die betriebliche Normalität beschaffen ist, insbesondere welches Leistungsniveau vergleichbaren Mitarbeitern abverlangt wird und welches Engagement diese im Vergleich zum Kläger zeigten.

Nach allem teilt auch das Berufungsgericht die Beurteilung des Arbeitsgerichts, daß die gegen die Übernahme des Klägers sprechenden leistungs- oder verhaltensbedingten Gründe nicht substantiiert und überzeugend dargestellt worden sind. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten war die von ihr getroffene Personalentscheidung, den Kläger nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen, nicht lediglich auf ein Willkürverhalten oder Unbilligkeit hin zu überprüfen, sondern festzustellen, ob rechtsvernichtende Tatsachen vorlagen, welche den Anspruch des Klägers auf eine Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ausschließen könnten. Den Maßstäben dieser Prüfung ist die Beklagte jedenfalls nicht gerecht geworden.

Der Berufung der Beklagten konnte nach allem kein Erfolg beschieden sein.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO. Danach fallen die Kosten eines erfolglosen Rechtsmittels derjenigen Partei zur Last, die es eingelegt hat. Dies ist vor-liegend die Beklagte.

2. Die Zulassung der Revision zum Bundesarbeitsgericht für die Beklagte beruht auf § 72 Absatz 2 Nr. 1 ArbGG; denn der Rechtssache kommt im Hinblick auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine formlose Regelungsabrede einen Vertrag zugunsten Dritter beinhalten kann, grundsätzliche Bedeutung zu.

Ende der Entscheidung

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