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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 23.05.2006
Aktenzeichen: 22 Sa 82/05
Rechtsgebiete: BAT, TVG


Vorschriften:

BAT § 15
BAT § 15 Abs. 1
BAT § 15 Abs. 2
BAT § 15 Abs. 4
BAT § 74 Abs. 2
TVG § 3 Abs. 3
TVG § 4 Abs. 3
TVG § 4 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 22 Sa 82/05

Verkündet am 23.05.2006

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - 22. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Zeiser, den ehrenamtlichen Richter Bauer und den ehrenamtlichen Richter Züfle auf die mündliche Verhandlung vom 23.05.2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 25.05.05, Az.: 2 Ca 32/05, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger macht im Wege der Leistungs- und Feststellungsklage Mehrarbeitsvergütung geltend. Zwischen den Parteien ist streitig die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers.

Der 34-jährige Kläger ist seit 15.09.1997 bei der beklagten Stadt als Schulhausmeister tätig. Die Parteien sind tarifgebunden, es findet der BAT Anwendung.

Der zwischen den Parteien am 06.08.1997 abgeschlossene Arbeitsvertrag enthält folgende Regelung:

§ 2

Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23.02.1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Außerdem finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung. Es gilt insbesondere der Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 zu Nr. 1 SR 2 r BAT (Sonderregelung für Hausmeister).

Der Kläger war bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages tarifgebunden.

Die maßgeblichen tariflichen Vorschriften regeln die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit wie folgt:

§ 15 BAT (alt)

Regelmäßige Arbeitszeit

1. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 38,5 Stunden wöchentlich (...).

2. Die regelmäßige Arbeitszeit kann verlängert werden

a) bis zu 10 Stunden täglich (durchschnittlich 49 Stunden wöchentlich), wenn in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens drei Stunden täglich fällt;

b) bis zu 11 Stunden täglich (durchschnittlich 54 Stunden wöchentlich), wenn in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens drei Stunden täglich fällt;

c) bis zu 12 Stunden täglich (durchschnittlich 60 Stunden wöchentlich), wenn der Angestellte lediglich an der Arbeitsstelle anwesend sein muss, um im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten.

Die Sonderregelung für Angestellte als Hausmeister (SR 2 r BAT) lautet:

Nr.1

Zu §§ 1 und 2 - Geltungsbereich -

Diese Sonderregelungen gelten nur für die beim Bund und im Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder beschäftigten Hausmeister. Im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände können Sonderregelungen für Hausmeister bezirklich vereinbart werden.

Nr. 2 (...)

Nr. 3

Zu § 15 - Regelmäßige Arbeitszeit -

(1) Die regelmäßige Arbeitzeit beträgt durchschnittlich 50 1/2 Stunden wöchentlich.

(2) § 15 Abs. 2 und 4 finden keine Anwendung. Nr. 4

Zu § 17 - Überstunden -

Die über die regelmäßige Arbeitzeit (Nr. 3 Abs. 1) hinaus geleisteten Arbeitsstunden werden zur Hälfte als Überstunden gewertet.

Der Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 zum BAT über Sonderregelungen für Angestellte als Hausmeister gemäß Nr. 1 Satz 2 SR 2 r BAT vom 26.09.1963 - gültig für Baden-Württemberg - lautet auszugsweise wie folgt:

§ 3

Zu § 15 - Regelmäßige Arbeitszeit -

(1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt durchschnittlich 48,5 Stunden wöchentlich.

(2) § 15 Abs. 2 und 4 BAT finden keine Anwendung.

§ 4

Zu § 17 - Überstunden -(1) Die über die regelmäßige Arbeitszeit (§ 3 Abs. 1) hinaus geleisteten Arbeitsstunden werden zur Hälfte als Überstunden gewertet. (...)

§ 6

Inkrafttreten und Laufzeit des Tarifvertrags

(...)

(2) Die Laufzeit dieses Tarifvertrages richtet sich nach § 74 Abs. 2 BAT.

Abweichend von Unterabsatz 1 kann § 3 Abs. 1 mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres, frühestens zum 31. März 1977 schriftlich gekündigt werden.

Am 26.06.1990 sandte die Gewerkschaft Ötv dem Kommunalen Arbeitgeberverband Baden-Württemberg. ein Schreiben folgenden Inhalts - auszugsweise:

Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 zum BAT vom 26.09.1961 (...)

hier: Arbeitzeitregelung - Kündigung des § 3 Abs. 1 zum 30.09.1990

(...)

Wir kündigen daher vorsorglich fristgemäß den § 3 Abs. 1 zum 30.09.1990 und vorsorglich den § 4

Abs. 1 zum 31.12.1990.

Eine neue tarifliche Regelung für Kommunale Arbeitgeber - Baden-Württemberg - kam seither nicht zustande.

Der Kläger hat vorgetragen, nach Kündigung der Sonderregelung der Arbeitszeit für Hausmeister im Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 gelte die Arbeitszeit des § 15 BAT, somit 38,5 Stunden. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme des Bezirkszusatztarifvertrags Nr. 13 sei unwirksam. Nachdem der Kläger erst nach Kündigung des Bezirkszusatztarifvertrags Nr. 13 bei der Beklagten eingetreten sei, gelte für ihn auch die Nachwirkung nicht. Damit sei unmittelbar § 15 BAT anzuwenden. Die Beklagte habe deshalb die über 38,5 Stunden wöchentlich hinaus geleistete Arbeitszeit als Mehrarbeit zu vergüten.

Der Kläger hat beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.150,70 € brutto nebst 5 % Punkten über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit Klagezustellung zu bezahlen, wahlweise dem Kläger 506 Stunden Freizeitausgleich zu gewähren.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger über jede Stunde, die über eine wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Std. hinaus geht, zu vergüten oder wahlweise Freizeitausgleich zu gewähren, soweit es sich nicht um Arbeitszeit zwischen 18.00 Uhr und 22.00 Uhr handelt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 sei auf das Arbeitsverhältnis des Klägers anzuwenden, weil er im Arbeitsvertrag ausdrücklich vereinbart worden sei. Diese arbeitsvertragliche Bezugnahme sei zulässig, da dadurch Regelungen, die aufgrund Nachwirkung auch tariflich geltend würden, zum Vertragsgegenstand gemacht seien. Damit sei gerade nicht zum Nachteil des Klägers von tariflichen Bestimmungen abgewichen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien erster Instanz wird der Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts in Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 25.05.2005 die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, zutreffend sei zwar, dass der Bezirkstarifvertrag Nr. 13 nicht kraft Nachwirkung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finde, da das Arbeitsverhältnis erst im Nachwirkungszeitraum begründet sei. Den tariflichen Regelungen insgesamt sei aber zu entnehmen, dass die Tarifvertragsparteien zumindest im Nachwirkungszeitraum hätten gestatten wollen, von § 15 Abs. 1 BAT abweichende Individualvereinbarungen zu treffen, soweit sie inhaltlich dem jeweiligen Bezirkszusatztarifvertrag entsprächen. Eine solche zulässige Vereinbarung hätten die Parteien vorliegend getroffen, so dass eine Berufung des Klägers auf § 15 Abs. 1 BAT nicht möglich sei. Dass der Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 die zulässige Arbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz überschreite, ergebe nichts anderes, da zum einen die Übergangsregelung des § 25 S. 1 Arbeitszeitgesetz zu beachten sei, im übrigen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die EG-Arbeitzeitrichtlinie vom 04.11.2003 keinen Anspruch auf Einhaltung einer Arbeitszeit von 38,5 Stunden begründe, sich hieraus lediglich die Konsequenz ergebe, dass der Kläger nicht über 48 Stunden hinaus eingesetzt werden dürfe.

Wegen der weiteren Einzelheiten werden die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts vom 25.05.2005 in Bezug genommen (Blatt 133 - 135 der Vorakten).

Gegen dieses, dem Kläger am 10.08.2005 zugestellte Urteil richtete sich die am 06.09.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangene und mit am 10.10.2005 eingegangenen Schriftsatz ausgeführte Berufung des Klägers.

Der Kläger ist der Ansicht, der Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 könne auf das Arbeitsverhältnis des Klägers keine Anwendung finden. Da der Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 lediglich eine übergeordnete Regelung der Arbeitszeit, nämlich § 15 BAT (alt), abändere, existiere nach Ablauf der Rechtsnormen des Bezirkszusatztarifvertrags Nr. 13 eine andere Regelung im Sinne des § 4 Abs. 5 TVG, die dann zur Anwendung kommen müsse. Es sei deshalb davon auszugehen, dass der Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 nicht nachwirke, vielmehr auf das Arbeitsverhältnis die Rechtsnormen des § 15 Abs. 1 BAT Anwendung finde. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien im Nachwirkungszeitraum gestatten wollten, von § 15 Abs. 1 BAT abweichende arbeitsvertragliche Abmachungen zu gestatten. Die Sonderregelung für Angestellte als Hausmeister SR 2 BAT enthalte als bundesweiter Tarifvertrag eine Öffnungsklausel zur Vereinbarung von Sonderregelungen durch einen bezirklichen Tarifvertrag, nicht jedoch durch eine arbeitsvertragliche Regelung. Da die arbeitsvertragliche Änderung der Arbeitszeitregelung auch nicht zu Gunsten des Arbeitnehmers erfolgt sei, sei sie wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 3 TVG unwirksam und damit § 15 Abs. 1 BAT anzuwenden.

Der Kläger beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.150,70 € brutto nebst 5 % Punkten über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit Klagezustellung zu bezahlen, wahlweise dem Kläger 506 Stunden Freizeitausgleich zu gewähren.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger über jede Stunde, die über eine wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Std. hinaus geht, zu vergüten oder wahlweise Freizeitausgleich zu gewähren, soweit es sich nicht um Arbeitszeit zwischen 18.00 Uhr und 22.00 Uhr handelt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die mit Klageantrag Ziff. 2 erhobene Feststellungsklage sei unzulässig wegen der Subsidiarität gegenüber einer Leistungsklage. Im übrigen ist die Beklagte der Ansicht, eine Gesamtbetrachtung der Regelungen des Bezirkstarifvertrages Nr. 13 zeige, dass die Tarifvertragsparteien im Falle der Kündigung des Bezirkstarifvertrags nicht die allgemeine Regelung des § 15 Abs. 1 BAT an die Stelle des gekündigten Bezirkstarifvertrags hätten treten lassen wollen und damit sein Nachwirken hätten verhindern wollen. Wäre ein Rückgriff auf § 15 Abs. 1 BAT möglich, so bestünde für Hausmeister lediglich eine lückenhafte Arbeitszeitregelung. Nachdem die Gewerkschaft ötv den Bezirkstarifvertrag nur - zulässigerweise - teilweise gekündigt habe, sei ein Rückgriff auf § 15 Abs. 2 BAT, welche Arbeitszeitverlängerung bei Anfall von Arbeitsbereitschaft regele, nicht möglich, da insoweit der Bezirkstarifvertrag weiterhin Sperrwirkung entfalte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den gesamten Akteninhalt samt Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte form- und fristgerecht eingelegte und ausgeführte, somit zulässige Berufung ist nicht begründet.

Die mit der Berufung vorgebrachten Gründe rechtfertigen eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung nicht.

Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Weder führt die von der Gewerkschaft ötv im Jahr 1990 ausgesprochene Teilkündigung des § 3 Abs. 1 Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 zur nunmehrigen Anwendung des § 15 Abs. 1 BAT auf nach Beendigung des Tarifvertrags eintretende tarifgebundene Arbeitnehmer noch ergibt sich solches aus dem Umstand, dass die in § 3 Abs. 1 Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 für Hausmeister vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit von 48,5 Stunden gegen Art. 6 Nr. 2 EGRL 104/93 verstößt.

Vielmehr findet aufgrund zulässiger Individualvereinbarung im Arbeitsvertrag der Parteien auf das Arbeitsverhältnis des Klägers § 3 Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 wie auch dessen § 4 weiterhin Anwendung.

1. Die von der Gewerkschaft ötv im Jahre 1990 ausgesprochene Teilkündigung des § 3 Abs. 1 Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 ist zulässig. In § 6 dieses Tarifvertrages ist ausdrücklich ein Teilkündigungsrecht für § 3 Abs. 1, erstmals zum 31.03.1977 vereinbart. Damit ist klargestellt, auf welche Teile des Bezirkszusatztarifvertrags sich das Teilkündigungsrecht beziehen soll, dieses Teilkündigungsrecht ist somit zulässig (BAG v. 03.12.1985, - 4 ABR 60/85 -, AP-Nr. 2 zu § 74 BAT).

Damit gilt § 3 Abs. 1 Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 nach Ablauf der Kündigungsfrist, bei Geltung des Bezirkszusatztarifvertrags im übrigen, nur noch kraft Nachwirkung.

2. Zutreffend gehen sowohl das Arbeitsgericht wie die Parteien davon aus, dass eine nachwirkende tarifliche Regelung auch bei Tarifbindung keine Anwendung findet für solche Arbeitverhältnisse, die erst nach Beendigung des Tarifvertrags gemäß § 3 Abs. 3 TVG begründet worden sind (BAG v. 03.12.1985 a. a. O.).

Damit findet auf das Arbeitsverhältnis des Klägers, da dieses erst nach Ablauf des Tarifvertrages begründet worden ist, § 3 Abs. 1 Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 nicht im Wege der Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 TVG Anwendung.

3. § 3 Abs. 1 Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 findet allerdings Anwendung auf das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund zulässiger individualrechtlicher Vereinbarung im Arbeitsvertrag der Parteien. Entgegen der Auffassung des Klägers findet auf das Arbeitsverhältnis des Klägers § 15 Abs. 1 BAT keine Anwendung.

3.1 Mit der Sonderregelung 2 r BAT haben die Tarifvertragsparteien für den Bereich der Hausmeister eine die allgemeine Arbeitszeitregelung des § 15 BAT ablösende Vereinbarung getroffen. In dieser Sonderregelung ist unter Nr. 1 eine Öffnungsklausel für den Bereich kommunaler Arbeitgeber zum Abschluss bezirklicher Vereinbarungen enthalten.

In Ausfüllung dieser Öffnungsklausel ist für den Bereich Baden-Württemberg der Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 zum BAT vereinbart worden.

Sowohl in der Sonderregelung Nr. 2 r wie im Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 weichen die Tarifvertragsparteien vom System des BAT ab. Der BAT legt in § 15 Abs. 1 eine allgemein geltende regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit fest. Er eröffnet sodann in § 15 Abs. 2 BAT die Möglichkeit der Verlängerung dieser Arbeitszeit auf durchschnittlich 49 Stunden bis durchschnittlich 60 Stunden wöchentlich je nach dem Umfang regelmäßig anfallender Arbeitsbereitschaft. Der Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 dagegen, wie schon die Sonderregelung 2 r zum BAT, pauschaliert für Hausmeister die Arbeitsbereitschaft und setzt demgemäß für Hausmeister eine erhöhte regelmäßige Arbeitszeit von durchschnittlich 48,5 Stunden wöchentlich fest. Konsequenterweise schließt § 3 Abs. 2 Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 die Anwendung der § 15 Abs. 2 und Abs. 4 BAT aus.

Damit aber wird ersichtlich, dass § 3 Abs. 1 Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 und § 15 Abs. 1 BAT nicht wechselseitig austauschbare Regelungen sind, da sie sich in unterschiedlichen Systemen befinden.

3.2 Mit der zulässigen Teilkündigung des § 3 Abs. 1 Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 gilt die dort geregelte regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit lediglich noch kraft Nachwirkung. Weiterhin gilt allerdings der in § 3 Abs. 2 Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 vereinbarte Ausschluss von § 15 Abs. 2 und 4 BAT.

Würde nunmehr - wie der Kläger meint - an die Stelle des § 3 Abs. 1 Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 der § 15 Abs. 1 BAT treten, so hätte dies das Ergebnis, dass jedenfalls nach BAT (alt) der Kläger als Hausmeister eine wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden zu leisten hätte, ohne dass die im BAT begleitend vorgesehenen Möglichkeiten der Arbeitszeitverlängerung bei Anfall von Arbeitsbereitschaft realisierbar wären. Insoweit findet auf die tarifgebundenen Parteien nach wie vor § 3 Abs. 2 Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 Anwendung.

Eine Auslegung der tariflichen Vereinbarungen ergibt, dass vorliegend jedenfalls die Arbeitszeitregelungen des BAT (§ 15 Abs. 1 BAT alt) keine Anwendung findet.

3.3 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teiles eines Tarifvertrages den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Dabei ist zunächst vom Tarif-Wortlaut auszugehen. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne an Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Über den reinen Tarif-Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, sofern und soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen, weil nur daraus und nicht aus einzelnen Tarifnormen auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen und nur bei Nichtberücksichtigung des tariflichen Gesamtzusammenhangs der Sinn und Zweck der Tarifnormen zutreffend ermittelt werden kann. Sofern im Einzelfall dennoch Zweifel bestehen, kann zur Ermittlung des wirklichen Willens der Tarifvertragsparteien auch auf weitere Kriterien wie die Tarifgeschichte, die praktische tarifliche Übung und die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages zurückgegriffen werden (BAG v. 24.11.2004, unter II. a der Gründe, n. v.; BAG v. 20.04.1994, AP-Nr. 11 zu §§ 22, 23 BAT Zulage unter II. 1 der Gründe).

3.4. Eine Auslegung der tariflichen Regelungen nach diesen Auslegungsregeln ergibt, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien auch bei Teilkündigung der Arbeitzeitregelung der Hausmeister nach § 3 Abs. 1 Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 an deren Stelle nicht § 15 Abs. 1 BAT treten kann.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Tarifvertragsparteien im Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 ein vom System des § 15 BAT abweichendes Arbeitszeitsystem vereinbart haben. Von entscheidender Bedeutung allerdings ist, dass die Tarifvertragsparteien in § 6 des Bezirkszusatztarifvertrags Nr. 13 ein Teilkündigungsrecht lediglich für § 3 Abs. 1, der Regelung der Dauer der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, vereinbart haben. Damit wollten die Tarifvertragsparteien lediglich den Weg öffnen, über eine Änderung der Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit der Hausmeister Verhandlungen führen zu können, ohne aber das System, welches im Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 gewählt worden ist, nämlich pauschalierte Arbeitsbereitschaft in der wöchentlichen Arbeitszeit zu berücksichtigen, zu verlassen. Ein solcher Weg ist allerdings nur gangbar, wenn bei Teilkündigung des § 3 Abs. 1 der Zugriff auf § 15 Abs. 1 BAT weiterhin gesperrt ist, da sonst Ungereimtheiten und Brüche entstehen würden. Damit tritt aus dieser tarifvertraglichen Regelung eindeutig der Wille der Tarifvertragsparteien hervor, dass bei Ausübung des Teilkündigungsrechts gemäß § 3 Abs. 1 Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 § 15 Abs. 1 BAT keine Anwendung finden solle (vgl. BAG v. 14.10.2004, 6 AZR 535/03, n. v.). Es kann ein Mosaik, aus dem ein Stein herausgebrochen ist, nicht wieder hergestellt werden, indem aus einem anderen Mosaik ein Stein herausgebrochen und eingesetzt wird. Dies führt unweigerlich zu Brüchen.

Damit ergibt sich aus erkennbarem Willen der Tarifvertragsparteien, dass bei Teilkündigung des § 3 Abs. 1 Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 13 dieser Tarifvertrag dennoch weiterhin Sperrwirkung gegenüber § 15 Abs. 1 BAT entfaltet.

Da nach alledem für das Arbeitsverhältnis weder eine nachwirkende Arbeitszeitregelung noch eine originär geltende tarifliche Arbeitzeitregelung Anwendung findet, ist es ohne weiteres zulässig, kraft Individualvereinbarung im Arbeitsvertrag die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit zu regeln, jedenfalls für den Fall, dass die Individualvereinbarung inhaltlich mit der nachwirkenden tariflichen Regelung übereinstimmt (vgl. BAG v. 29.01.1975, AP-Nr. 8 zu § 4 TVG Nachwirkung).

4. Dass die im Bezirkszusatztarifvertrag geregelte regelmäßige wöchentliche Arbeitzeit für Hausmeister Art. 6 Nr. 2 EGRL 104/93 widerspricht, kann die Ansprüche des Klägers nicht rechtfertigen. Weder kann im Wege der Schließung einer nachträglich entstandenen Tariflücke eine entsprechende Anwendung des § 15 Abs. 1 BAT in Betracht kommen, noch besteht hieraus ein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung für die über 48 Stunden hinaus erbrachte wöchentliche Arbeitsleistung. Die EGRL 104/93 betrifft den öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutz und sieht bei Verstößen gegen ihre Regelung keine finanziellen Ansprüche vor (BAG v. 14.10.2004, a. a. O.).

Damit durfte die Beklagte aufgrund der für sie unmittelbar geltenden EGRL 104/93 den Kläger zwar nur im Umfang von 48 Stunden wöchentlich zur Arbeitsleistung heranziehen, ohne dass sich ein Verstoß hiergegen vergütungsrechtlich zugunsten des Klägers auswirkt.

Nachdem auch sonstige Anspruchsgrundlagen für das Begehren des Klägers nicht ersichtlich sind, ist die Klage insgesamt unbegründet.

Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Da dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung zukommt, war die Revision zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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