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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 12.08.2004
Aktenzeichen: 22 Sa 99/03
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 1
KSchG § 1 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 22 Sa 99/03

Verkündet am 12.08.2004

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - 22. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Kremp, den ehrenamtlichen Richter Bauer und die ehrenamtliche Richterin Weber auf die mündliche Verhandlung vom 12.08.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 30.09.2003, Az.: 3 Ca 314/03, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der ordentlichen betriebsbedingten Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 19.04.2003 zum 31.08.2003 (Bl. 9 d. A).

Der am 05.01.1967 geborene, verheiratete Kläger, der keine weiteren unterhaltsberechtigten Angehörigen hat, war seit 25.09.1997 als Computerverkäufer unter Eingruppierung nach II/IV des arbeitsvertraglichen in Bezug genommenen Manteltarifvertrages für den Einzelhandel in der Filiale G der Beklagten vollzeitig tätig. Die Beklagte betreibt in der ganzen Bundesrepublik zahlreiche Filialen eines Einzelhandelsunternehmens, in dem sie Elektroartikel, darunter auch Unterhaltungselektronik und Computer verkauft. Die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens war unbefriedigend. Aus diesem Grund hat sich die englische K Inc. entschlossen, Ende 2002 ihr Engagement bei der P-Gruppe zu beenden und die Gesellschaftsanteile an die Geschäftsführer M und M W am 16.01.2003 zu verkaufen. Aufgrund ernster wirtschaftlicher Schwierigkeiten entschloss sich die Beklagte zu einer Betriebsänderung, der Anlass eines Interessenausgleichs und Sozialplanes gemäß §§ 112 ff. BetrVG vom 13.02.2003 geworden ist. Nach diesem Interessenausgleich und Sozialplan wird die Betriebsänderung dahingehend umschrieben, dass eine Anzahl von 29 Filialen in Südsüdwest, darunter diejenige in der der Kläger in G bei F beschäftigt gewesen ist, zu "reinen Abverkaufsstellen umgestaltet" werden und einige wenige Filialen auch geschlossen werden sollten. Aufgrund dieser Umgestaltung sollte in einer "durchschnittlichen Filiale nur noch ein Marktleiter sowie neun Mitarbeiter beschäftigt" werden. Allen diesen Mitarbeitern sollte je nach Bedarf die Kassentätigkeit, die Pflege und das Nachfüllen der Waren, die Annahme von Kundengeräten im Rahmen der Gewährleistung bzw. der Kulanz sowie Lagertätigkeiten obliegen. Die Beklagte meint, dass zusammen mit dem Marktleiter neun Mitarbeiter notwendig seien, um das Funktionieren der Abverkaufsstelle innerhalb der Öffnungszeiten zu gewährleisten. Diese Tätigkeit sei im Verhältnis zu den bisherigen im Betrieb stehenden Arbeitsplätzen neu, so dass eine Versetzung im Rahmen des arbeitsvertraglichen Direktionsrechtes nicht möglich sei. Allen Arbeitnehmern würde daher gekündigt, neun Mitarbeiter erhielten nach den nachstehenden Regelungen des Interessenausgleichs keine Beendigungs- sondern eine Änderungskündigung.

In der Filiale in G waren zum Zeitpunkt der Kündigung des Klägers insgesamt 23 Mitarbeiter, den Kläger eingeschlossen, einschließlich zwei in Elternteilzeit befindlichen Mitarbeitern und drei Auszubildende, tätig. Die Beklagte entschloss sich in der Filiale G zunächst dafür, neben dem Markleiter elf Mitarbeiter, mithin also insgesamt zwölf Mitarbeiter weiter zu beschäftigten.

Die Beklagte hat die Arbeitsverhältnisse aller Mitarbeiter mit Ausnahme des Marktleiters und der Auszubildenden gekündigt und hat dreizehn Mitarbeitern einen geänderten Arbeitsvertrag angeboten.

Nach Anhörung des Betriebsrates wurde der Kläger mit Schreiben vom 19.04.2003, zugegangen am 30.05.2003, gekündigt. Die Auswahl des Klägers erfolgte aufgrund einer Auswahlrichtlinie im Sinne des § 95 BetrVG, die ebenfalls Gegenstand der Betriebsvereinbarung vom 13.02.2003 gewesen ist. Wegen der Einzelheiten wird auf Interessenausgleich und Sozialplan vom 13.02.2003 (Bl. 35 - 40 d. A.), sowie die Filialliste (Bl. 41 d. A.), die Betriebsratsanhörung vom 11.04.2003 (Bl. 42 - 44 d. A.), den Personaleinsatzplan der KW 24 in der Filiale G (Bl. 45 d. A.), die Umbauplanung M mit Terminstaffel vom 24.02.2003 (Bl. 46 d. A.) und die Sozialauswahlliste (Bl. 47 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hält mit der am 16.06.2003 eingelangten Klage die Kündigung der Beklagten vom 19.04.2003 für sozial nicht gerechtfertigt.

Dringende betriebliche Gründe lägen nicht vor. Die Beklagte habe in einer Pressemitteilung dargestellt, dass die Finanzierung bis Ende 2004 gesichert sei. Es sei auch unzutreffend, dass unter anderem die Filiale G, in der der Kläger tätig ist, in eine reine Abverkaufsstelle umgestaltet würde. Mit einer Arbeitsanweisung vom 18.07.2003 habe die Beklagte angewiesen, in den umgestellten M wiederum Mikroanlagen, Digitalcameras, Digitalcamcorder, MP3-Player, Walkmans und Espressomaschinen im Regal ausgepackt aufzustellen. Nach wie vor fände eine Kundenberatung im Rahmen der zeitlichen Möglichkeiten statt. Die als notwendig dargestellte Umgestaltung sei lediglich vorgeschoben. Es ginge der Beklagten darum Mitarbeiter zu entlassen, um den Gewinn zu steigern. Es sei unrichtig, wenn die Beklagte behaupte, sie habe neue Arbeitsplätze durch die Umgestaltung geschaffen. Nach wie vor seien nicht nur einfache kaufmännische Tätigkeiten vom Verkaufspersonal und dem Kläger zu verrichten, vielmehr gäbe es auch beratungsintensive Angelegenheiten, wie etwa der Abschluss von Handy-Verträgen. Die Angaben der Beklagten zur Sozialauswahl seien überholt und damit unzutreffend. Die Beklagte habe fälschlicherweise den Kläger statt Herrn R beendigungsgekündigt. Die Betriebszugehörigkeit spräche indes für den Kläger, da Herr R erst am 01.02.2000 eingetreten sei. Der Kläger hätte auch die von Herrn R verrichteten Tätigkeiten durchführen können. Die Beklagte trage auch einen unrichtigen Beschäftigungsstand vor und führe die Mitarbeiter L und B als ausgeschiedene Mitarbeiter, tatsächlich seien diese nach wie vor für die Beklagte tätig, andererseits Frau L seit Juni des Jahres nicht mehr beschäftigt.

Der Kläger hat beantragt:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 19.04.2003 nicht aufgelöst ist, sondern über den Kündigungszeitpunkt hinaus fortbesteht.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, sie habe vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten ihr Verkaufskonzept geändert, wodurch sämtliche Arbeitsstellen entfallen seien. Sie habe das Warensortiment auf die Hälfte reduziert. Es würden keine Fachberater mehr eingesetzt und es gäbe in den Filialen außer dem Marktleiter keine spezialisierten Arbeitsplätze mehr. Alle Arbeitnehmer müssten kassieren, Waren nachfüllen, Lagertätigkeiten ausüben und sofern Zeit bliebe die Kunden beraten. Die aktive Beratung würde entfallen und ein Teil der Ware nicht mehr ausgepackt. Aufgrund dieser Unternehmerentscheidung würden in der Filiale G ab Februar 2003 statt bisher 19 Arbeitnehmer zuzüglich Markleiter und Auszubildende nur noch 11 Arbeitnehmer benötigt. Aufgrund des Interessenausgleiches und der darin vorgegebenen Kriterien habe der Kläger statt anderer vergleichbarer Arbeitnehmer gekündigt werden müssen.

Der Arbeitnehmer R habe eine Beendigungskündigung erhalten, weil auch dessen Arbeitsplatz entfallen sei.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 30.09.2003 der Klage stattgegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils vom 30.09.2003 (Bl. 106 - 109 d. A.) Bezug genommen. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Die Berufung meint, das Arbeitsgericht habe übersehen, dass das Unternehmerkonzept der Beklagten gerade nicht darin bestanden habe, lediglich den Personalbestand bei einem sonst gleichbleibenden betrieblichen Ablauf zu reduzieren, sondern dass der Fachmarkt in G in eine Discountfiliale umgestaltet würde. Die Umgestaltung würde dazu führen, dass die bisherigen Arbeitsplätze sämtlich, wie Abteilungsleiter, Hauptkassierer, Kassierer, Lageristen oder Fachberater nicht mehr in dieser Form existieren würden. Nach Abschluss der Umbearbeitung, also etwa ab dem 09.05.2003, gäbe es die Stelle eines Computerverkäufers, wie sie der Kläger eingenommen habe, nicht mehr. Statt dessen habe die Beklagte elf neue Arbeitsplätze geschaffen, die es bisher in der Filiale G noch nicht gegeben habe. Das Arbeitsgericht habe übersehen, dass es der Beklagten überlassen blieb, nachdem sie sämtliche alten Arbeitsplätze beseitigt habe, mit wie vielen neuen Arbeitsplätzen sie beabsichtige, eine Discountfiliale zu betreiben. Dies gehöre zur unternehmerischen Entscheidungsfreiheit, die das Gericht nicht zu überprüfen habe. Der Arbeitsplatz des Klägers sei betriebsbedingt weggefallen, weil es ab Umgestaltung der Filiale, d. h. am 09.05.2003, nicht mehr den Arbeitsplatz eines Computerverkäufers gegeben habe.

Die Beklagte hat im Berufungsrechtszug beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das Urteil 1. Instanz und hat ergänzend ausgeführt, dass das von der Beklagten behauptete unternehmerische Konzept, so denn vorhanden, jedenfalls nicht umgesetzt worden sei. Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Arbeitsabläufe sei nicht eingetreten. Nach wie vor sei es so, dass diejenigen Arbeitnehmer, die früher als Kassierer gearbeitet hätten, auch diese Tätigkeit wiederum ausübten und die Verkäufer noch immer in den Abteilungen arbeiteten, in denen sie auch früher tätig gewesen seien. Desgleichen würden die Lagerarbeiter ausschließlich im Lager arbeiten (Zeugnis der Frau M). Die Filiale in G heiße auch nicht Discountabverkaufsstelle, sondern werde von der Beklagten nunmehr selbst als "Fachmarkt-Discounter" bezeichnet. Die Beklagte habe dem Kläger mit Schriftsatz vom 22.09.2003 mit Zugang am 25.09.2003 eine Tätigkeit als "Verkäufer mit Kassentätigkeit" angeboten. Da der Kläger auch schon früher als Verkäufer eingestellt gewesen sei er nach § 2 des alten Einstellungsvertrages, auch zur Übernahme vergleichbarer Tätigkeiten verpflichtet gewesen sei, es läge also eine inhaltliche Änderung der Tätigkeiten in der fraglichen Filiale nicht vor.

Warum gerade elf Mitarbeiter benötigt würden, habe die Beklagte nicht dargestellt. Unmittelbar nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers seien zwei weitere Verkäufer, die Herrn K und K, sowie eine fest angestellte Aushilfskraft eingestellt worden. Weiterbeschäftigt würde auch der Arbeitskollege R bei der Beklagten. Dies zeige, dass Arbeit nach wie vor vorhanden und selbst durch geleistete Überstunden der verbliebenen Mitarbeiter nicht abdeckt werden könne. Die Kündigung sei daher unverhältnismäßig und damit unwirksam.

Wegen des weiteren Vortrages der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der letzten mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist gemäß § 64 Abs. 2 c ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch form- und fristgerecht unter Beachtung von § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG eingelegt und begründet worden.

Die Berufung ist indes nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 30.09.2003 zu Recht dahingehend entschieden, dass die Kündigung des Klägers vom 19.04.2003 nicht durch dringende betriebliche Gründe gerechtfertigt und damit rechtsunwirksam ist.

Das Berufungsgericht schließt sich den Gründen des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 30.09.2003 vollumfänglich an.

Die Berufung gibt Veranlassung zu folgenden Ergänzungen:

1. Mit dem Arbeitsgericht geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Beklagte hinreichende dringende betriebliche Gründe, die zu einem Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit des Klägers geführt haben, von der Beklagten nicht ausreichend dargetan sind (§ 1 Abs. 1 u. 2 KSchG).

a) Zwar ist der Berufung zuzugeben, dass die Entscheidung des Arbeitgebers, den Personalbestand auf Dauer zu reduzieren zu den sogenannten unternehmerischen Maßnahmen gehört, die zum Wegfall von Arbeitsplätzen führen kann und den Beschäftigungsbedarf eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfallen lassen kann. Bei Kündigungen aus innerbetrieblichen Gründen, wie vorliegend, muss der Arbeitgeber darlegen, welche organisatorischen oder technischen Maßnahmen er angeordnet hat und wie sich die von ihm behaupteten Umstände unmittelbar oder mittelbar auf die Beschäftigungsmöglichkeit für den gekündigten Arbeitnehmer auswirken (BAG Urt. v. 24.10.1979 - 2 AZR 940/77 - AP Nr. 8; BAG Urt. v. 17.06.1999 - 2 AZR 141/99 - AP Nr. 101 und neuerdings BAG Urt. v. 22.05.2003 - 2 AZR 326/02 - AP Nr. 128 zu § 1 KSchG 1969 - Betriebsbedingte Kündigung.

Der Arbeitgeber darf sich dabei nicht auf schlagwortartige Umschreibungen beschränken, er muss vielmehr seine tatsächlichen Angaben im Einzelnen so substantiieren, dass sie vom Arbeitnehmer mit Gegentatsachen bestritten vom Gericht überprüft werden kann.

Die unternehmerische Entscheidung selbst ist, soweit ist den Berufungsangriffen zu folgen, nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG a. a. O.).

b) Soweit die Beklagte sich darauf beruft, sie habe die unternehmerische Entscheidung getroffen, das Handelsgeschäft in seiner bisherigen Form und der Beschäftigungszahlen stillzulegen und sodann in einer veränderten Form wieder zu "eröffnen", allerdings mit einer geringeren Anzahl von Arbeitnehmern neben dem Filialleiter, nämlich neun oder an anderer Stelle elf Personen und unter Modifizierung der Tätigkeiten der Beschäftigten sowie deren arbeitsvertragliche Bedingungen weiter zu führen, handelt es sich um die Zusammenfassung eines so nicht vorliegenden Tatbestandes.

Die Beklagte hat nicht etwa den Betrieb stillgelegt, sondern diesen - wenn auch unter Modifizierung der Beschäftigungsinhalte des Personals wie auch der inhaltlichen Ausgestaltung des Handelsgeschäftes in einzelnen Bezügen - ohne jede zeitliche oder sachliche Unterbrechung weitergeführt. Hierin kann indes nicht eine Stilllegung des Betriebes gesehen werden, da hierzu schon das notwendige Zeitmoment der Beendigung der Aktivitäten insgesamt fehlt, sondern es handelt sich vielmehr um eine Betriebsänderung in der Form, dass das von der Beklagten betriebene Handelsgeschäft mit einem verringerten Personalbestand weitergeführt werden soll. Die Verringerung des Personalbestandes hat die Beklagte ihrerseits wiederum dadurch gekennzeichnet, dass es keine "Fachberater" mehr geben solle, sondern die Mitarbeiter im Einzelnen jeweils nach dem Erfordernisse des Geschäftes sämtliche Tätigkeiten, von der Lagertätigkeit bis zum Inkasso, aber weiterhin einschließlich der Beratung des Kunden, falls Zeit hierzu bleibt, vorzunehmen haben.

Die Unternehmerentscheidung, die nicht zur Überprüfung der Gerichte zu stehen hat, verhält sich daher dahingehend, dass die Beklagte bestimmte bisher in ihrem Handelsgeschäft ausgeführte Tätigkeiten zurückführen möchte, bzw. nicht mehr oder nicht mehr im bisherigen Umfang durchführen lassen möchte und auf diese Weise erreichen möchte, dass der Personalbestand der Filiale sich auf neun bzw. elf Kräfte reduzieren lässt.

Hierzu erforderlich wäre indes gewesen, dass die Beklagte darlegt, welche organisatorischen oder technischen Maßnahmen sie angeordnet hat, aufgrund derer sich nun tatsächlich unmittelbar oder mittelbar die Beschäftigungsmöglichkeit für den gekündigten Kläger verändert, genauer verringert hat (BAG Urt. v. 17.06.1999 - 2 AZR 141/99 - a. a. O. unt. I. 1 b) d. Grde.).

2. An einer entsprechend schlüssigen Darstellung der Beklagten fehlt es. Die Beklagte hat im Berufungsrechtszug auf entsprechende Einwendungen des Klägers eingeräumt, dass im Markt auch nach wie vor Fachberatungsleistungen der Kundschaft zu erbringen seien. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus dem als offenkundige, allgemeinkundige Tatsache (§ 291 ZPO) verwertbaren Internetauftritt der beklagten Partei, bei dem es zum Stand vom Ende Juni 2004 unter anderem heißt, dass die Beklagte "Fachberatung" erbringt, einen Lieferservice, einen Installationsservice, einen Reparaturservice, Entsorgungsservice und Umtauschservice anbietet und an mehreren Stellen ihres Internetauftritts, beispielsweise unter Fachberatung angibt "Sie fragen - wir antworten. Ob es um technische Daten, Lieferzeit, Einbau, Größe geht. Bei uns erfahren Sie: Nicht in Fachchinesisch, sondern höflich, kompetent ... in unseren Märkten." Andererseits hat der Kläger auch bisher diejenigen Arbeiten nach seinem nicht bestrittenen Vortrag in der letzten mündlichen Verhandlung verrichtet, die die Beklagte künftig den Mitarbeitern zusätzlich auftragen möchte, nämlich etwa das Auspacken der Ware, die Warenpflege, Aufstellung der Ware, Lagerarbeiten und das Kassieren. Zu entsprechenden Tätigkeiten war der Kläger im Übrigen auch nach § 2 seines Anstellungsvertrages verpflichtet gewesen.

Dass die Beklagte ihre unternehmerische Entscheidung nicht durchgehend umgesetzt hat, zeigt auch der im Berufungsrechtszug vom Kläger unbestritten vorgetragene Umstand, dass die Beklagte nach wie vor eine grundlegende Änderung der Arbeitsabläufe und der Zuordnung der Tätigkeit nicht vorgenommen hat. Der Kläger hat unwidersprochen behauptet, dass es nach wie vor so sei, dass diejenigen, die früher als Kassierer gearbeitet hätten, diese Tätigkeit bisher ausführten und etwa auch die Lagerarbeiter ausschließlich im Lager weiter arbeiteten.

Das fehlende schlüssige Konzept der Beklagten zeigt sich auch darin, dass in ihrer ursprünglichen Konzeption, wie sie sich aus dem Interessenausgleich und Sozialplan vom 13.02.2003 ergibt, vorgesehen hatte, dass die jeweiligen Filialen neben dem Verkaufsleiter mit neun Mitarbeitern (als Vollzeitstellen) zu führen seien. Im vorliegenden Rechtsstreit trägt sie indes vor, dass sie "elf neue Arbeitsplätze", die es in G in dieser Form noch nicht gegeben habe, geschaffen hätte. Auch diese Zahl scheint indessen nicht etwa als fixe unternehmerische Entscheidung auf eine bestimmten Personalbestand ins Auge gefasst gewesen zu sein, da die Beklagte dem Vortrag des Klägers im zweiten Rechtszug (Schriftsatz vom 15.01.2004, Bl. 23) nicht entgegengetreten ist, dass zwei neue Verkäufer in der Filiale G unmittelbar nachdem das Anstellungsverhältnis des Klägers gekündigt worden ist eingestellt wurden, nämlich die Herren K und K. Hierbei handelt es sich, wie die Personalliste vom 13.06.2003 (Bl. 47 d. A.) ausweist, um zwei ehemalige Auszubildende, die nach der Personalauswahlliste unstreitig lebensaltersjünger und betriebszugehörigkeitsjünger sind als der Kläger. Nimmt man diese Weiterbeschäftigten hinzu, so müsste mithin die Filiale der Beklagten nicht mit neun, auch nicht mit elf, sondern offenkundig mit dreizehn Mitarbeitern neben dem Filialleiter fortgeführt worden sein.

Unter diesen Umständen lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte hinreichend dargetan hat, dass die konkrete Beschäftigungsmöglichkeit des Klägers entfallen ist.

Der Berufung war daher mit der sich aus § 97 ZPO ergebenden Kostenfolge der Erfolg zu versagen.

Die Revision wurde nach § 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen.



Ende der Entscheidung

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