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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 17.09.2009
Aktenzeichen: 3 Sa 15/09
Rechtsgebiete: TV-L


Vorschriften:

TV-L § 16 Abs. 2 Satz 2
TV-L § 16 Abs. 2 Satz 3
TV-L § 16 Abs. 2 Satz 4
Die unterschiedliche Behandlung der Anrechnung der Zeiten einschlägiger Berufserfahrung beim selben Arbeitgeber und bei fremden Arbeitgebern nach § 16 Absatz 2 Sätze 2 und 3 TV-L verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.

Bei vorbehaltlosem Abschluss eines Arbeitsvertrages ergibt sich kein Anspruch aus § 16 Absatz 2 Satz 4 TV-L, weil in diesem Fall der Personalbedarf ohne Berücksichtigung vorheriger Tätigkeitszeiten gedeckt werden konnte.


Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 22.10.2008 - 14 Ca 2955/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die zutreffende Stufenzuordnung nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und damit über die Höhe des Arbeitsentgeltes des Klägers.

Wegen des erstinstanzlichen unstreitigen und streitigen Vorbringens der Parteien einschließlich ihrer Rechtsansichten wird auf den nicht angegriffenen Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Bezug genommen und verwiesen.

Mit Urteil vom 22.10.2008 hat das Arbeitsgericht den auf Feststellung der Vergütungspflicht des beklagten Landes ab 07.09.2007 nach Stufe 4, hilfsweise Stufe 3 der unstreitigen Entgeltgruppe 13 gerichteten Antrag des Klägers abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat die Auffassung vertreten, der Kläger erfülle lediglich die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L. Die Tarifregelung des § 16 Abs. 2 TV-L verstoße nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, denn sie sei durch die typisierende Annahme eines Erfahrungsvorsprungs der Beschäftigten mit Vordienstzeiten beim Land als bisherigen Arbeitgeber sachlich gerechtfertigt. Auch die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L seien nicht gegeben, da sich auf die dem Kläger übertragene Stelle weder zuwenig noch keine anderen qualifizierten Bewerber beworben hätten.

Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Bezug genommen und verwiesen.

Gegen das dem Kläger am 28.11.2008 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts legte der Kläger mit beim Berufungsgericht am 18.12.2008 eingegangenem Schriftsatz Berufung ein und führte sie mit am 12.01.2009 eingegangenem Schriftsatz aus.

Der Kläger rügt insbesondere eine fehlerhafte Rechtsanwendung des Arbeitsgerichts.Er meint, die förderlichen Vordienstzeiten des Klägers hätten gemäß § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L berücksichtigt werden müssen, denn der Kläger sei zur Deckung des Personalbedarfs eingestellt worden. Darüber hinaus lägen Zeiten einschlägiger Berufserfahrung im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 TV-L vor, die auch insoweit zu berücksichtigen seien, als sie bei einem anderen Arbeitgeber erworben wurden. Für eine Differenzierung zwischen Angestellten, die ihre einschlägigen Berufserfahrungen bei demselben und solche die diese bei anderen Arbeitgebern erworben haben, bestehe kein sachlicher Grund.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 22.10.2008 - 14 Ca 2955/08 - zu ändern und festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger mit Wirkung vom 07.09.2007 der Stufe 4, hilfsweise 3, der Entgeltgruppe 13 zuzuordnen und dem Kläger entsprechend höhere Vergütung und höhere Jahressonderzahlung für das Jahr 2007 zu bezahlen.

Das beklagte Land beantragt die Zurückweisung der Berufung und verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung seiner erstinstanzlichen Rechtsansicht.

Wegen des zweitinstanzlichen Vortrages der Parteien in seinen Einzelheiten wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze (Kläger vom 12.01.2009, beklagtes Land vom 10.03.2009) verwiesen.

Entscheidungsgründe: I.

Die statthafte, frist- und formgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die Klage ist jedoch unbegründet, da eine Anspruchsgrundlage für eine höhere Stufenzuordnung nicht gegeben ist.

1. Der eventual-kumulierte Klageantrag ist als so genannter Eingruppierungsfeststellungsantrag im öffentlichen Dienst nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zulässig (z. B. 06.06.2007 - 4 AZR 456/06 - ZTR 2008, 156 ff. m. w. Nw.). Gegen seine Zulässigkeit bestehen auch insoweit keine Bedenken, als er eine Stufenzuordnung zum Gegenstand hat (BAG 26.06.2008 - 6 AZR 498/07 - ZTR 2008, 547 f.).

2. Der Kläger kann vom beklagten Land ab 07.09.2007 auf der Grundlage des § 16 Abs. 2 TV-L keine höhere Vergütung als nach Stufe 2 beanspruchen. Dafür liegen die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Satz 4 und § 16 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit Satz 2 TV-L nicht vor. Eine Anspruchsgrundlage für eine Stufenzuordnung höher als Stufe 2 besteht nicht. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund der Bezugnahme in § 2 des Arbeitsvertrages vom 07.09.2007 der Tarifvertrag im öffentlichen Dienst der Länder vom 12.10.2006 Anwendung.

b) § 16 TV-L hat, soweit vorliegend von Interesse, folgenden Wortlaut:

Stufen der Entgelttabelle

(1) Die Entgeltgruppen 9 bis 15 umfassen fünf Stufen und die Entgeltgruppen 2 bis 8 sechs Stufen. Die Abweichungen von Satz 1 sind im Anhang zu § 16 geregelt.

(2) Bei der Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. Verfügen Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber, erfolgt die Stufenzuordnung unter Anrechnung der Zeiten der einschlägigen Berufserfahrung aus diesem vorherigen Arbeitsverhältnis. Ist die einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber erworben worden, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2, bzw. - bei Einstellung nach dem 31. Januar 2010 und Vorliegen einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens drei Jahren - in Stufe 3. Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.

Protokollerklärungen zu § 16 Abs. 2:

1. Einschlägige Berufserfahrung ist eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogenen entsprechenden Tätigkeit.

2. Ein Berufspraktikum nach dem Tarifvertrag über die vorläufige Weitergeltung der Regelungen für die Praktikantinnen/Praktikanten gilt grundsätzlich als Erwerb einschlägiger Berufserfahrung.

3. Ein vorheriges Arbeitsverhältnis im Sinne des Satzes 2 besteht, wenn zwischen dem Ende des vorherigen und dem Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses ein Zeitraum von längstens sechs Monaten liegt; bei Wissenschaftlerinnen/Wissenschaftlern ab der Entgeltgruppe 13 verlängert sich der Zeitraum auf längstens 12 Monate.

(...)

(3) 1 Die Beschäftigten erreichen die jeweils nächste Stufe - von Stufe 3 an in Abhängigkeit von ihrer Leistung gemäß § 17 Abs. 2 - nach folgenden Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber (Stufenlaufzeit);

- Stufe 2 nach einem Jahr in Stufe 1,

- Stufe 3 nach zwei Jahren in Stufe 2,

- Stufe 4 nach drei Jahren in Stufe 3,

- Stufe 5 nach vier Jahren in Stufe 4 und

- Stufe 6 nach fünf Jahren in Stufe 5 bei den Entgeltgruppen 2 bis 8. 2 Die Abweichungen von Satz 1 sind im Anhang zu § 16 geregelt.

(...)

(5) 1 Zur regionalen Differenzierung, zur Deckung des Personalbedarfs, zur Bindung von qualifizierten Fachkräften oder zum Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten kann Beschäftigten abweichend von der tarifvertraglichen Einstufung ein bis zu zwei Stufen höheres Entgelt ganz oder teilweise vorweg gewährt werden. 2 Beschäftigte mit einem Entgelt der Endstufe können bis zu 20 v. H. der Stufe 2 zusätzlich erhalten. 3 Die Zulage kann befristet werden. 4 Sie ist auch als befristete Zulage widerruflich.

c) Danach wurde der Kläger bei seiner Einstellung gemäß § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L zutreffend der Stufe 2 zugeordnet und entsprechend vergütet.

aa) Eine höhere Stufenzuordnung ergibt sich nicht aus § 16 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Ziffer 3 der Protokollerklärung zu § 16 Abs. 2 TV-L. Der Kläger verfügt nicht über die für die Stufen 3 bzw. 4 geforderte Dauer der Berufserfahrung beim selben Arbeitgeber, also bei dem beklagten Land.

bb) Die unterschiedliche Behandlung von gewonnener Berufserfahrung beim selben Arbeitgeber nach § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L und bei fremden Arbeitgebern nach § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L verstößt, wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.

(1) Die Tarifvertragsparteien haben bei der tariflichen Normsetzung den Gleichheitssatz des Artikels 3 Abs. 1 GG zu beachten (BAG 29.01.2008 - 3 AZR 214/06 - ZTR 2008, 377 bis 379, zu B I 1 b aa der Gründe). Die durch Artikel 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit und die sich daraus ergebende Tarifautonomie werden durch kollidierendes Verfassungsrecht eingeschränkt (BVerfG 27.04.1999 - 1 BvR 2203/93 - NJW 1999, 3033 ff., zu B II 1 c aa der Gründe). Kollidierende, verfassungsrechtlich begründete Positionen können sich insbesondere aus den Grundrechten der normunterworfenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ergeben. Das Grundrecht des Artikels 9 Abs. 3 GG und die Grundrechte der vom Tarifvertrag erfassten Personen begrenzen sich wechselseitig. Die Abwägung ist ein Problem der so genannten praktischen Grundrechtskonkurrenz (BAG 29.01.2008 - 3 AZR 214/06 - a. a. O., zu B I 1 b aa der Gründe). Den Tarifvertragsparteien steht dabei allerdings ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Sie brauchen nicht die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung zu wählen. Es genügt vielmehr, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund besteht. Die Grenzen der Gestaltungsfreiheit sind insbesondere dann überschritten, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (BVerfG 28.01.2003 - 1 BvR 487/01 - NJW 2003, 737 ff., zu B I der Gründe). Es muss mit anderen Worten ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Differenzierung fehlen, es sich also um eine Regelung handeln, die unter keinem sachlich vertretbaren Gesichtspunkt gerechtfertigt erscheint, so dass die Unsachlichkeit der getroffenen Regelung evident ist (BAG 30.10.2008 - 6 AZR 682/07 - EzA-SD 2008, Nr. 23,10 bis 11, zu II 2 c aa der Gründe).

(2) Hieran gemessen verstößt die tarifvertragliche Regelung nicht gegen Artikel 3 Abs. 1 GG. Die unterschiedliche Behandlung der Anrechnung der Zeiten einschlägiger Berufserfahrung nach den Sätzen 2 und 3 des § 16 Abs. 2 TV-L ist sachlich motiviert und damit willkürfrei.

Mit der Regelung berücksichtigen die Tarifvertragsparteien zum einen, dass bei typisierender Betrachtung einschlägige berufliche Erfahrungen bei einem anderen Arbeitgeber zwar nützlich und förderlich sein können, bei einer Tätigkeit beim selben Arbeitgeber aber regelmäßig die spezifischen Kenntnisse der Betriebsabläufe und der organisatorischen Strukturen und Bedingungen hinzutreten (s. auch LAG Baden-Württemberg 04.12.2008 - 3 Sa 17/08 - zu 2 der Gründe). Dem steht nicht entgegen, dass diesen zusätzlichen Kenntnissen bei einzelnen Berufsgruppen, wie zum Beispiel bei Lehrern, keine hohe Bedeutung zukommen mag. Im Rahmen des den Tarifvertragsparteien zustehenden weiten normativen Gestaltungsspielraumes kommt es nicht darauf an, dass sie jeder von dem konkreten Tarifvertrag erfassten Berufsgruppe, geschweige denn jedem Einzelfall gerecht werden, sondern dass sie aus typischen Geschehensabläufen ihre innere Rechtfertigung beziehen. Insofern besteht diesbezüglich ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Regelungsbedürftigkeit des Sachverhaltes wie auch ein Handlungsermessen bezüglich der konkret zu treffenden Maßnahme seitens der Tarifvertragsparteien.

Neben der typischerweise gegebenen Erlangung spezifischer Kenntnisse beim selben Arbeitgeber, kommt in der stärkeren Berücksichtigung der Berufserfahrung bei demselben Arbeitgeber aber auch die Wertschätzung der damit verbundenen bisherigen Betriebstreue durch die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck. Hierbei handelt es sich um einen sachlichen Differenzierungsgesichtspunkt, der objektiv geeignet ist, innerhalb der Belegschaft des bisherigen Arbeitgebers bei Vorliegen einschlägiger Berufserfahrung die Flexibilität der Mitarbeiter zu fördern und eine Personalentwicklung zu ermöglichen. Insoweit berücksichtigt die tarifliche Regelung auch einen Schutz der beim selben Arbeitgeber erworbenen Besitzstände. Dem steht auch nicht entgegen, dass aufgrund der Protokollerklärung zu § 16 Abs. 2 TV-L dieser Besitzstandsschutz auch noch eine begrenzte Zeit nach der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gewährt wird. Eine solche zeitliche Verklammerung ist dem Arbeitsrecht auch sonst bei der Bestimmung eines nachwirkenden Besitzstandsschutzes nicht fremd, wenn trotz einer Unterbrechung das neue Arbeitsverhältnis in einem engen sachlichen Zusammenhang mit dem früheren Arbeitsverhältnis steht (vgl. bspw. zu § 1 Abs. 1 KSchG, BAG 20.08.1998 - 2 AZR 76/98 - NZA 1999, 481).

d) Auch aus § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L erwächst dem Kläger kein Anspruch.

Dahingestellt bleiben kann, ob § 16 Abs. 1 Satz 4 TV-L dem Arbeitgeber ein freies Bestimmungsrecht oder aber lediglich einen Ermessensspielraum eröffnet (vgl. LAG Baden-Württemberg 13.02.2009 - 7 Sa 80/08 - zu 3 d der Gründe). Auch wenn § 16 Abs. 1 Satz 4 TV-L eine ermessensgebundene Entscheidung erfordert, kann im vorliegenden Fall ein Ermessensfehlgebrauch nicht festgestellt werden.

§ 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L setzt voraus, dass Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit vorliegen, die für die neue Tätigkeit förderlich sind und die Berücksichtigung dieser Zeiten zur Personalgewinnung erforderlich ist.

Unterstellt werden kann, dass die bisherigen beruflichen Tätigkeiten des Klägers für seine neue Tätigkeit förderlich sind. Die Berücksichtigung der Zeiten seiner vorherigen beruflichen Tätigkeit war aber nicht zur Deckung des Personalbedarfs erforderlich. Im vorliegenden Fall konnte der Personalbedarf bereits ohne Rückgriff auf die Regelung des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L abgedeckt werden, denn der Kläger war zum Abschluss des Arbeitsvertrages vorbehaltlos, auch ohne Berücksichtigung dieser vorherigen beruflichen Tätigkeit, bereit.

Das Erfordernis der zur Deckung des Personalbedarfes motivierten Neueinstellung ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht bereits schon dann erfüllt, wenn es lediglich um die Besetzung freier im Haushaltsplan ausgewiesener Stellen geht. Vielmehr setzt dieses Tatbestandsmerkmal Schwierigkeiten bei der Personalgewinnung voraus. Der Personalbedarf muss andernfalls quantitativ oder qualitativ nicht hinreichend abgedeckt werden können (vgl. BAG 26.06.2008 - 6 AZR 498/07 - ZTR 2008, 547 f., zu II 3 c cc (3) der Gründe; Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen, TV-L, Stand 3/2008, § 16 Randnummer 22). Mit der Regelung soll erreicht werden, etwaigen Personalgewinnungsschwierigkeiten flexibel zu begegnen. Derartige Schwierigkeiten können arbeitsmarktbedingt in bestimmten Tätigkeitsbereichen oder Fachrichtungen, aber auch bei örtlich besonders schwieriger Bewerberlage für bestimmte Aufgaben auftreten (vgl. Durchführungshinweise des Finanzministeriums des beklagten Landes zum TV-L unter Nr. 16.2.6).

Einer (Ermessens-)Entscheidung des beklagten Landes über die Berücksichtigung der vorherigen Tätigkeiten hätte es daher nur bedurft, wenn der Kläger als bestqualifizierter Bewerber nicht bereit gewesen wäre, ohne (teilweise) Berücksichtigung seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit die zu besetzenden Stelle beim O.-H.-Gymnasium in O. zu übernehmen (vgl. BAG 26.06.2008 a. a. O.). Nur in diesem Falle hätte das beklagte Land abwägen müssen, ob die Besetzung der Stelle ohne Abschluss des Arbeitsvertrages mit dem Kläger gefährdet oder nur unter nicht hinnehmbaren Qualitätseinbußen möglich wäre. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L soll lediglich dem Arbeitgeber bei Verhandlungen mit Bewerbern einen größeren Spielraum gewähren, nicht aber einen eigenständigen tariflichen Rechtsanspruch trotz vorbehaltloser Unterzeichnung des Arbeitsvertrags begründen.

Den Fall, dass Arbeitnehmer erst nach der Einstellung feststellen, dass die normale tarifliche Gegenleistung für sie nicht attraktiv genug erscheint, regelt im Übrigen spiegelbildlich § 16 Abs. 5 TV-L, der dem Arbeitgeber unter anderem die Möglichkeit eröffnet, ein bis zu zwei Stufen höheres Entgelt vorweg zu gewähren, um Mitarbeiter im Hinblick auf den sonst schwer abzudeckenden Personalbedarf oder ihre hohe Qualifikation zu halten. Auch insoweit besteht aber kein Rechtsanspruch auf eine Vorweggewährung, es sei denn, es hätte sich durch die Praxis des Arbeitgebers eine Selbstbindung ergeben. Eine solche allgemeine Praxis wurde vom Kläger aber weder hinsichtlich der Regelung des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L noch des § 16 Abs. 5 TV-L behauptet.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Revision folgt aus § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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