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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 15.08.2001
Aktenzeichen: 3 Sa 25/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, ArbGG


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 140
BGB § 151 Satz 1
BGB § 157
BGB § 242
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1
BGB § 818 Abs. 3
BGB § 818 Abs. 2
ZPO § 91
ZPO § 269 Abs. 3
ArbGG § 72 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
3 Sa 25/01

verkündet am 15. August 2001

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 3. Kammer - durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Höfle, den ehrenamtlichen Richter Bopst und den ehrenamtlichen Richter Störk auf die mündliche Verhandlung vom 15.08.2001

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 13.03.2001 - 8 Ca 563/00 - abgeändert:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin beansprucht mit der am 24.11.2000 eingereichten Klage nach Klagerücknahme im Übrigen (Sitzungsniederschrift des Arbeitsgerichts vom 13.03.2001, VA-Bl. 26) die Zahlung eines "Weihnachtsgeldes" für das Jahr 2000.

Die Klägerin ist seit 02.03.1998 als Teilzeitkraft bei der Beklagten, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, angestellt. In der Arbeitsvertragsurkunde heißt es:

"Das monatliche Gehalt setzt sich ab 01. März 1998 wie folgt zusammen:

Tarifgehalt der Entgeltgruppe 3/1

Entgelttarifvertrag für die Beschäftigten der Betriebskrankenkassen"

Sodann ist geregelt,

"Bruttogehalt bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 32 Stunden 2.988,00 DM."

In § 8 wird ergänzend auf die gesetzlichen Bestimmungen "und die Tarifverträge Betriebskrankenkassen" verwiesen. Einen (oder mehrere) solcher für diesen Wirtschaftsbereich gibt es nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag der Parteien nicht.

Die Klägerin entband am 27.09.1998 und am 23.11.1999. Sie befindet sich seit 27.09.1998 bis 23.11.2002 im Erziehungsurlaub (jetzt "Elternzeit").

Sie erhielt für 1998 und, wie die Beklagte behauptet, versehentlich für 1999 ein "Weihnachtsgeld".

Dazu bestimmt ein zwischen der Beklagten und "der Mitarbeitervertretung der S.-er BKK" abgeschlossener "Haustarifvertrag"

"§ 15 Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld)

1. Der/Die Beschäftigte erhält in jedem Kalenderjahr ein Weihnachtsgeld in Höhe von 100 v. H. des für den Monat November maßgeblichen Gehaltes nach diesem HTV bzw. bei Auszubildenden der Ausbildungsvergütung. Das Weihnachtsgeld wird mit dem Novembergehalt gezahlt. Bei Eintritt nach dem Monat Januar wird das Weihnachtsgeld anteilig gezahlt.

2. ...

3. ...

4. Ein Rückzahlungsverpflichtung aus (1) und (2) entsteht bei Kündigungen durch Beschäftigte in nachstehenden Fällen und Größenordnungen:

Volle Rückerstattung des Weihnachtsgeldes bei Wirksamwerden der Kündigung vor dem 31.03. des Folgejahres.

Anteilige Rückerstattung des Urlaubsgeldes für den Zeitraum des Wirksamwerdens der Kündigung bis zum Ende des Kalenderjahres unabhängig von der tatsächlichen Urlaubsinanspruchnahme."

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr stehe für das Jahr 2000 das "Weihnachtsgeld" zu. Der Erziehungsurlaub stehe nicht entgegen, denn diese Leistung sei in der Vergangenheit auch den im Erziehungsurlaub befindlichen Mitarbeitern gewährt worden. Diese Behauptung hat sie mit dem Zeugen H. unter Beweis gestellt (VA-Bl. 20), sodann aber auf denselben verzichtet (Sitzungsniederschrift des Arbeitsgerichts, VA-Bl. 26).

Sie hat beantragt,

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 2988,00 brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.012.2000 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat den Klagvortrag bestritten und die Ansicht vertreten, für das Klagbegehren fehle es an einer Rechtsgrundlage.

Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen und dazu tragend erwogen, durch den Abschluss des Haustarifvertrages habe die Beklagte einen Vertrauenstatbestand, nämlich bei den Mitarbeitern den Eindruck geschaffen, es handle sich dabei um rechtlich wirksame Regeln. Daran müsse sie sich nach § 242 BGB (Verbot widersprüchlichen Verhaltens) festhalten lassen.

Mit der Berufung erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Sie hält die Begründung des Arbeitsgerichts für rechtlich nicht zutreffend.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg, Kammern Villingen-Schwenningen, 8 Ca 563/00 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt auch die vom Arbeitsgericht gegebene Begründung. Sie wiederholt die erstinstanzliche Behauptung (Beweis: Zeugnis Hirt) und trägt vor, bis zum Streit der Parteien habe die Beklagte alle Ansprüche aus dem Haustarifvertrag, einschließlich seiner Anlagen, erfüllt.

Ergänzend wird auf die von den Parteien im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze, deren Inhalt mündlich vorgetragen ist, die zu den Akten gegebenen Unterlagen, sie bildeten den Gegenstand der mündlichen Verhandlung, und die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat Erfolg. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Klagbetrag zu bezahlen.

I.

Eine normative Anspruchsgrundlage scheidet für den klagegegenständlichen (Erfüllungs-) Anspruch (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) aus.

1. Der Haustarifvertrag ist nichtig, denn es ist nicht dargelegt oder erkennbar, der unter der Bezeichnung "Mitarbeitervertretung" auftretende Vertragspartner (Personenmehrheit) sei als solcher rechtlich handlungsfähig.

2. Er ist als Tarifvertrag nichtig. Die "Mitarbeitervertretung" ist nicht tariffähig, denn bei ihr handelt es sich - anderes wird von keiner Seite behauptet - nicht um eine Gewerkschaft (§ 2 Abs. 1 TVG); sie ist auch nicht dienstvereinbarungsfähig.

II.

Ebenfalls fehlt es an einer gesamtvertraglichen Rechtsgrundlage.

1. Das Arbeitsgericht hat ausgeführt, die Umdeutung des Haustarifvertrages in eine sogenannte Einheitsregelung sei nicht möglich. Die Berufungsbeantwortung kommt darauf nicht zurück. Dem Arbeitsgericht ist in diesem Punkt auch zuzustimmen.

a) Von vorneherein auszuscheiden hat eine Umdeutung des Vertrages, denkbarerweise in einen solchen zu Gunsten Dritter, denn er enthält auch Pflichten der Arbeitnehmer. Deshalb kommt es nicht darauf an, dass die Nichtigkeit Folge mangelnder Fähigkeit zu rechtsgeschäftlichem Handeln ist, was eine Umdeutung ohnedies ausschließt.

b) In Betracht kommt die Umdeutung der Erklärung der Beklagten, die (als Teilakt) zu dem Haustarifvertrag geführt hat. Das BAG (vom 24.01.1996 - 1 ABR 597/95) hat entschieden, es sei ("ausnahmsweise") möglich, eine derartige, zu einer ausschließ-lich die Erhöhung der bisherigen Vergütung und der Weihnachtsgratifikation begrün-denden Betriebsvereinbarung führenden Erklärung des Arbeitgebers in ein entspre-chendes Angebot an die Arbeitnehmer umzudeuten. Dagegen werden in der Literatur verschiedentlich unter dem Gesichtspunkt der erforderlichen Kongruenz von nichtigem und Ersatzgeschäft Bedenken erhoben. Sie (Stichwort etwa: andere Qualität der Rechtsbindung) gelten auch für die auf den Abschluss eines Tarifvertrags gerichtete Erklärung. Das kann jedoch zu Gunsten der Klägerin vernachlässigt werden, denn auch wenn man diese Möglichkeit an sich für gegeben erachtet, trägt das den Klaganspruch nicht.

aa) Die Umdeutung setzt Unkenntnis von der Nichtigkeit voraus. Denn andernfalls kann sich die Frage, was die Partei bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt hätte, vernünftigerweise nicht stellen. Außerdem bestünde für den durch § 140 BGB bewirkten Schutz der Privatautonomie in solchem Fall kein Anlass. Das Arbeitsgericht hat dazu nichts festgestellt, sondern - in anderem Zusammenhang - die-se Frage in Bezug auf die Beklagte dahinstehen lassen. Eine derartige Kenntnis der Beklagten und/oder der "Mitarbeitervertretung" wird indessen von keiner Seite behauptet; sie ist auch sonst nicht ersichtlich.

bb) Es kommt deshalb darauf an, ob sie die Abgabe eines solchen Vertragsangebots gewollt hätte. Das Arbeitsgericht hat das verneint, und die Klägerin hat solches - auch im zweiten Rechtszug - nicht behauptet.

Schon angesichts der - wie erwähnt - verschiedenen rechtlichen Ebenen ist dem BAG unbedenklich darin zu folgen, dass solches nur "ausnahmsweise" der Fall sein kann, wenn nämlich besondere Umstände darauf hindeuten, der Arbeitgeber habe sich unabhängig von der - hier tariflichen - Regelungsform binden wollen. Solche sind nicht ersichtlich, vielmehr spricht im Streitfall die "Person" des Vertragspartners ("Mitarbeitervertretung") dafür, es sei gezielt - ausschließlich - der kollektivrechtliche Weg beschritten worden.

cc) Deshalb kommt es nicht mehr darauf an, ob man mit dem Arbeitsgericht anzu-nehmen hat, es fehle an der Annahmeerklärung gegenüber der Beklagten, weil bei dieser Gestaltung (nicht nur Verbesserung bereits bestehender Ansprüche) die Voraussetzung nach § 151 Satz 1 BGB nicht gegeben sei.

2. Eine betriebliche Übung - hier in Form einer durch schlüssiges Verhalten geschaffenen Einheitsregelung - liegt gleichfalls nicht vor.

Die Klägerin übersieht: Im Streitfall ist ein, wenn auch nichtiges, Rechtsgeschäft gegeben. Es kann nicht in eine Einheitsregelung umgedeutet (§ 140 BGB) werden (mit dem Begriff der Gesamtzusage wird üblicherweise [Regelfall: Versorgungszusage] ein Unterfall der Einheitsregelung beschrieben; dieser Begrifflichkeit kommt in gegenwärtigem Zusammen-hang keine Bedeutung zu).

Das Institut der Betriebsübung fragt, ob ein bestimmtes, sich wiederholendes ("tatsächli-ches") Verhalten des Arbeitgebers die (rechtliche Qualität) einer Willenserklärung gewonnen, gegebenenfalls welche Inhalt eine solche hat, was sich nach §§ 133, 242 BGB be-stimmt. Demgegenüber ist die Lage im Streitfall eine wesensverschiedene. Bezogen auf den streitgegenständlichen Rechtsfolgenanspruch hat die Beklagte zur Erfüllung des bestehenden, aus § 15 des Haustarifvertrages sich ergebenden ("tariflichen") Anspruchs, solvendi causa, geleistet, und die Klägerin hat die Zahlung - ihrem Vortrag folgend - als Erfüllung dieses ihres (bestehenden) Anspruchs angenommen (§ 363 BGB).

3. Mit der Erwägung des Arbeitsgerichts lässt sich der Klaganspruch nicht rechtfertigen.

Eine nichtige Rechtsregel (Norm) vermag die von ihr bestimmte Rechtsfolge (hier: Erfüllungsanspruch) nicht zu begründen. Vernachlässigt man im Übrigen, dass es sich bei dem Haustarifvertrag nicht um staatlich gesetztes Recht, sondern um Regeln eines Vertrages Privater handelt, denen Normcharakter verliehen ist, und die Streitsache nicht die (Teil-)-Nichtigkeit einer einzelnen, sondern der Gesamtheit eines Normenvertrages betrifft, muss man unterscheiden:

a) Der etwa erforderliche Schutz eines berechtigten Vertrauens in den Bestand einer Norm wird - bezogen auf den Streitfall - im Bereich des bürgerlichen Rechts durch das Recht des Schadenersatzes und das der ungerechtfertigten Bereicherung bewirkt. Ersteres kommt vorzugsweise in Betracht, sofern der Betroffene im Vertrauen auf den Bestand der Regel (des Rechtsgeschäfts) "etwas ins Werk gesetzt" hat. Die zweite Gestaltung gewährt dem gutgläubigen Leistungsempfänger im Rahmen von § 818 Abs. 3 BGB Schutz gegen ein Herausgabeverlangen. Diese Fragen stellen sich vorliegend nicht.

b) Die Unzulässigkeit der Ausübung eines Rechts, weil der Berechtigte sich dadurch in rechtlich zu missbilligender Art und Weise in Widerspruch zu früherem eigenen (tatsächlichen) Verhalten setzt. Das betrifft die Streitsache gleichfalls nicht - eine die Klä-gerin begünstigende bestimmte Auslegung steht in gegenwärtigem Zusammenhang nicht in Rede; die Beklagte hat - nach ihrem Vortrag - stets die Ansicht vertreten, der Klägerin stehe der erhobene Anspruch nicht zu. Erweist sich diese deshalb als zutreffend, weil es (bereits) an einer wirksamen Tarifbestimmung fehlt, vermag das den erhobenen (Erfüllungs-)Anspruch doch nicht zu rechtfertigen. Hinter dieser Erwägung verbirgt sich vielmehr der Gedanke, obwohl für keinen der vom persönlichen Geltungsbereich des Haustarifvertrages erfassten Mitarbeiter ein Anspruch auf das Weih-nachtsgeld bestehe, habe allein die Klägerin diese Leistung nicht erhalten. Das trägt jedoch nicht; sie kann die erstrebte Leistung nicht mit der Begründung beanspruchen, die Beklagte mache (womöglich) von ihrem gegenüber den anderen Betriebsangehörigen bestehenden, schon wegen § 818 Abs. 3 BGB im Ergebnis durchaus zweifelhaften Herausgabeanspruch (§§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1, 818 Abs. 2 BGB), keinen Gebrauch.

III.

Auch ein einzelvertraglicher Anspruch ist nicht gegeben.

Ein solcher könnte allein aus § 8 des Anstellungsvertrages in Verbindung mit § 15 des Hausta-rifvertrages folgen.

1. Zu Gunsten der Klägerin wird unterstellt, die Gattungsbezeichnung "Tarifverträge Betriebs-krankenkassen" umfasse den Haustarifvertrag, wiewohl der dort verwendete Plural ("Betriebskrankenkassen") mit Gewicht darauf hindeutet, gemeint seien Tarifverträge "für" den Wirtschaftsbereich. Demgegenüber wäre - etwa - zu bedenken, dass die Parteien in § 3 "Gehalt/Reisespesen" (VA-Bl. 4) die Anlage 1 "Entgeltregelungen" des Haustarifvertrages diesem Begriff zugeordnet haben.

2. Hiervon ausgehend lässt sich nicht ohne weiteres die Nichtigkeit des Haustarifvertrages einwenden. Denn woher die Einzelvertragsparteien ihr Regelungsgut nehmen, ist grund-sätzlich gleichgültig. Für sie ist in diesem Sinne allein von Bedeutung, ob die Regel als Bestimmung ihres Vertrages wirksam ist oder nicht.

3. Diese Vertragsbestimmung ist jedoch ("lediglich") als sogenannte Gleichstellungsklausel zu verstehen. Sie soll sicherstellen, dass in ihrem Sachbereich die tariflichen Regeln gelten, die für den Arbeitgeber maßgebend sind; es soll, und zwar die wirkliche, tarifrechtliche La-ge auch einzelvertraglich Geltung haben. Eine solche gibt es - hier von Bedeutung - je-doch nicht; deshalb vermag die Bestimmung des § 8 des Anstellungsvertrages ihre diesbezügliche Funktion - derzeit - nicht zu erfüllen.

4. Außerdem trägt § 15 des Haustarifvertrages den erhobenen Anspruch nicht. Der Wortlaut schließt Mitarbeiter, die sich - während des gesamten Kalenderjahres und für die vorgesehene Bindungsdauer (das ist bis 31.03. des Folgejahres) - im Erziehungsurlaub befinden, nicht aus. Es fehlt ferner - auch darin ist dem Arbeitsgericht zu folgen - an einer (ander-weitigen) Bestimmung die eine Beziehung zur Arbeitsleistung herstellt, gegebenenfalls in Form von Kürzungsregelungen. Der zum Ausdruck gelangte Zweck der (auch) Honorierung erwiesener und zu erweisender Betriebstreue steht dem Anspruch gleichfalls nicht grund-sätzlich entgegen. Andererseits muss im Rahmen der hier anzuwendenden §§ 133, 157 BGB die Interessenlage (auch) der Beklagten bei Abschluss dieser betrieblichen Gestaltung in den Blick genommen werden. Regelmäßig sind die Mitarbeiter das Jahr über sowie im Bindungszeitraum tätig. Selbst wenn sich, etwa als Folge krankheitsbedingter Arbeitsun-fähigkeit, längere Fehlzeiten ergeben, handelt es sich doch stets um ein - bildhaft - "aktives" Arbeitsverhältnis. Allein ein solches hat die Vorschrift vor Augen. Hier liegt es anders: Die Klägerin hat sich dafür entschieden, in dem angeführten Umfang Erziehungsurlaub/Elternzeit zu nehmen. Die beiderseitigen Hauptpflichten aus ihrem Arbeitsverhältnis sind deshalb zufolge eines ausschließlich ihren Lebenskreis und ihr persönliches Interesse betreffenden Sachverhalts, - aus der Sicht der Beklagten - "zwangsweise" suspendiert. Darin liegt einer der wesentlichen Unterschiede zu etwa krankheitsbedingter Leistungsver-hinderung. Ein wohlverstandenes Interesse der Beklagten, die Existenz einer solchen "Ver-tragshülle" zu honorieren, ist nicht behauptet oder erkennbar. Vom Standpunkt der anderen Mitarbeiter aus erscheint diese - ergebnisbezogene - Gleichstellung von Leistung und (derartiger) Nichtleistung eher wertungswidersprüchlich und unbefriedigend. Deshalb ist der Wortlaut der Vorschrift (im Wege teleologischer Reduktion) entsprechend einschränkend auszulegen; Mitarbeiter die während des gesamten Kalenderjahres sich im Erziehungsurlaub/Elternzeit befinden haben keinen Anspruch auf das "Weihnachtsgeld".

Die Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe allen Mitarbeitern, die sich im Erzie-hungsurlaub befunden haben, diese Leistung gewährt, ist unsubstanziiert. Die Beklagte hat diesen Vortrag bestritten mit der Behauptung, ausgenommen die (irrtümliche) Leistung an die Klägerin, sei eine solche nicht erbracht worden. Es oblag nunmehr der Klägerin den oder die anderen Betriebsangehörigen zu bezeichnen, die als "Erziehungsurlauber/innen" Weihnachtsgeld erhalten haben. Daran fehlt es.

Die Kostenentscheidung beruht, soweit in der Sache entschieden wurde, auf § 91 ZPO, im Übrigen aus § 269 Abs. 3 ZPO (Einheit der Kostenentscheidung).

Ende der Entscheidung

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