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Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 17.01.2001
Aktenzeichen: 3 Sa 34/00
Rechtsgebiete: LuftVG, LuftVZO, BAT, ZPO, SGB VI, AVG, BPolBG, ArbGG


Vorschriften:

LuftVG § 27
LuftVG § 27 Abs. 4
LuftVG § 27 Abs. 4 Nr. 1
LuftVG § 29 c
LuftVZO § 76
BAT § 1 Abs. 1
BAT § 22
BAT § 22 Abs. 2 UA 2 S. 2
BAT § 70
ZPO § 91
ZPO § 256 Abs. 1
SGB VI § 133 Abs. 2
AVG § 9
BPolBG § 3
ArbGG § 72 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
3 Sa 34/00

verkündet am 17. Januar 2001

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg -3.Kammer- durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Höfle, den ehrenamtlichen Richter Späth und die ehrenamtliche Richterin Schaller auf die mündliche Verhandlung vom 17.01.2001

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der beklagten Bundesrepublik wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 17.07.2000 - 15 Ca 11123/98 - abgeändert, soweit es der Klage entsprochen hat; im Umfang der Abänderung wird die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, den Kläger ab 01.01.1996 nach Vergütungsgruppe VIb der Anlage1a zum BAT (B, L) zu vergüten.

Der Kläger war seit 01.03.1981 beim Land Baden-Württemberg angestellt und im "Passagier-Kontrolldienst" am Flughafen Stuttgart eingesetzt. Im Arbeitsvertrag war in landesüblicher Weise die Geltung des BAT und außerdem vereinbart, der Kläger werde übertariflich in Vergütungsgruppe "VII BAT (ohne Bewährungsaufstieg nach Vergütungsgruppe VIb BAT)" eingruppiert.

Mit Wirkung vom 01.01.1994 übernahm die Bundesrepublik Deutschland auf Grund eines Verwaltungsabkommens mit dem Land Baden-Württemberg "am Flughafen Stuttgart die Luftsicherheitsaufgaben gemäß §29c LuftVG", mit deren Wahrnehmung der Bundesgrenzschutz befasst ist (vgl. §4 BGSG). Hinsichtlich der im hier interessierenden Kontrolldienst Beschäftigten bestimmte das Verwaltungsabkommen die Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis mit der Beklagten, wobei - vorliegend von Bedeutung - ggf. übertariflich eine persönliche Zulage in Höhe der etwaigen Differenz zu der vom Land Baden-Württemberg gewährten Vergütung zu zahlen sei (vgl. S.27 der Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 02.09.1999). In der Folge haben die Parteien ihre Beziehungen mit Wirkung zum 01.01.1995 an durch Vertrag vom 02.11.1994 (VA-Bl. 26/27) geregelt. In ihm ist - formularmäßig - die Geltung des BAT vereinbart. Der Vertrag bestimmt in §4

"Die/Der Angestellte im Fluggastkontrolldienst ist übertariflich in der Vergütungsgruppe VIII FG 1 b des Teils I der Anlage 1 a zum BAT eingruppiert.

Die/Der Angestellte hat bereits am zweijährigen Bewährungsaufstieg nach Vergütungsgruppe VII FG 1 c des Teils I der Anlage 1 a zum BAT teilgenommen."

In einer "Tätigkeits-Beschreibung und -Bewertung" "Stand Oktober 1995" ist die Tätigkeit des Klägers in folgende Arbeitsvorgänge mit beigesetztem Anteil der regelmäßigen Arbeitszeit gegliedert (vgl. im einzelnen S.65/69 der Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 02.09.1999):

1. Kontrolle von Personen mittels Handsonden oder Abtasten der Bekleidung des Körpers 36,5 %

2. Kontrolle von Hand- und Reisegepäck, Frachtgut, Fundsachen sowie herrenlosen Gegenständen mit Gepäckstücken mittels Röntgengerät; Untersuchung technischer Geräte einschließlich Funktionsprüfung 24,5 %

3. Manuelle Nachkontrolle von Hand- und Reisegepäck entsprechend des vorgegebenen Rahmenplans Luftsicherheit 31,0 %

4. Untersuchung technischer Geräte, verdächtiger Substanzen und Gepäckstücke mittels Sprengstoffspürgerät (EGIS-Gerät) 4,0 %

5. Untersuchung von Frachtgut 4,0 %

Die Beschreibung bewertet die Arbeitsvorgänge sämtlich nach Vergütungsgruppe VIII Fallgruppe 1a.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, seine Tätigkeit sei nach Vergütungsgruppe VIb (Fallgruppe 1b) zu bewerten. Denn sie erfordere gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und - wenigstens - zu einem Fünftel selbstständige Leistungen.

Er benötige Kenntnisse des Grundgesetzes, Luftverkehrsgesetzes, des Gesetzes über den Bundesgrenzschutz, des Waffengesetzes, des Sprengstoffgesetzes, des Strafgesetzbuches sowie solche aus dem Gebiet des Verwaltungsrechts und des öffentlichen Dienstrechts, wie - schon - aus dem sogenannten Fortbildungsplan (Anlage 7 zur Klageschrift) folge. Ferner habe er die umfangreiche Dienstanweisung für Fluggastkontrollkräfte (vgl. S. 71/123 der Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 02.09.1999) anzuwenden und müsse die Kontrollgeräte, insbesondere das Sprengstoffspürgerät ("EGIS"-Gerät) handhaben können. Außer dem hierwegen erforderlichen technischen Wissen müsse er den Grundaufbau aller zur Abfertigung gelangenden technischen Geräte kennen, was regelmäßig im Wege der Erfahrung ("Learning by doing") geschehe. Für das Merkmal der Selbstständigkeit spreche das Fortbildungsziel, wonach die sich im Rahmen der Kontrolle ergebenden Eingriffe und Folgemaßnahmen selbstständig durchzuführen seien. Außerdem sei seine besondere Verantwortung und die Auswirkung seiner Tätigkeit auf die Passagiere und die Fluggesellschaften zu bedenken.

Mit Schreiben vom 07.02.1997 beanspruchte der Kläger Höhergruppierung nach "VergGr. VII FGr.1b". Das wurde unter dem 10.12.1997 abgelehnt.

Mit der am 30.12.1998 eingereichten und am 19.01.1999 zugestellten Klageschrift hat er - sinngemäß - den Antrag angekündigt, die Verpflichtung der Beklagten festzustellen, ihn nach VergGr. VII (FGr. 1a, hilfsweise FGr. 1b) zu vergüten. Mit am 08.03.1999 zugestelltem Schriftsatz hat er die Klage um den Antrag erweitert, festzustellen, dass er in VergGr. VIb FGr.1a einzugruppieren sei.

Der Kläger hat nach Klagerücknahme im Übrigen beantragt (vgl. Sitzungsniederschrift vom 17.07.2000 und Sitzungsniederschrift vom 06.04.2000),

Es wird festgestellt, dass die beklagte Bundesrepublik verpflichtet ist, den Kläger ab 1.1.1996 nach der Vergütungsgruppe VIb der Anlage 1a zum BAT zu vergüten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat den Klagevortrag bestritten und behauptet:

Der Kläger müsse zwar sorgfältig arbeiten und zuverlässig sein, jedoch erfordere seine Tätigkeit keine (Fach-)Kenntnisse, die über das hinausgingen, was mit dem Merkmal schwierigerer Tätigkeit verbunden sei.

Die Tätigkeit könne als "vorwiegend mechanisch" bewertet werden. Die Kontrollvorgänge seien ihm im einzelnen vor-beschrieben und vorgegeben, weshalb der gedankliche Aufwand ausgesprochen gering sei. Die rein feststellende Aufgabe erfordere keine - gar rechtliche - Subsumtion. Der Kläger benötige eine gewisse Grundvorstellung hinsichtlich der Bestimmungen nach §§ 27 und 29c LuftVG, von § 76 Luftverkehrszulassungsordnung sowie der Dienstanweisung für Fluggastkontrollkräfte und Rahmenplan Luftsicherheit.

Bereits der Umstand, dass für die Tätigkeit des Klägers eine wie immer geartete Aus- oder Vorbildung nicht erforderlich sei, sondern ein (betriebsinternes) Anlernen stattfinde, zeige in Verbindung mit den inhaltlichen und zeitlichen Vorgaben und Zielen des "Fortbildungsplans", dass gründliche Fachkenntnisse nicht erforderlich seien. Das gelte ebenso im Hinblick auf die Bedienung der Kontrollgeräte. Von Erfahrungswissen im Tarifsinne könne nicht gesprochen werden. Dem Kläger zuwachsende Routine erlaube es, die jeweiligen Kontrollvorgänge zügiger abzuwickeln. Jedenfalls seien vielseitige Fachkenntnisse nicht erforderlich und erbringe der Kläger, der im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Abwägungsentscheidungen zu treffen habe, keine selbstständigen Leistungen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage für die Zeit ab 01.08.1996 entsprochen. Der Kläger benötige zwar keine vielseitigen, wohl aber gründliche Fachkenntnisse. Da er sich bewährt habe, sei er nach Ablauf von 9 Jahren in VergGr. VIb (FGr. 2) eingruppiert, doch sei die Ausschlussfrist nach § 70 BAT lediglich für die Zeit ab 01.08.1996 gewahrt.

Mit der Berufung erstrebt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.

Sie rügt im Wesentlichen, das Arbeitsgericht habe den Rechtsbegriff der gründlichen Fachkenntnisse, wenn nicht verkannt, so jedenfalls im Rahmen der subsumierenden Ausführungen verlassen und sei deshalb zu der unzutreffenden Annahme gelangt, die Tätigkeit des Klägers erfordere gründliche Fachkenntnisse. Überdies habe es dessen Arbeitsaufgabe nicht in jeder Hinsicht richtig erfasst. Stelle dieser etwa einen als möglicherweise gefährlich zu qualifizierenden Gegenstand fest, habe er den anwesenden Polizeivollzugsdienst hinzuzuziehen, der das Weitere veranlasse.

Die Beklagte beantragt,

Das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 17.07.2000, Az.: 15 Ca 11123/98 wird abgeändert, und die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil dessen Begründung er sich als zutreffend zu eigen macht.

Das Arbeitsgericht hat die von der Beklagten vorgelegte Personalakte des Klägers verwertet. Es hat sie nach Zustellung des angefochtenen Urteils am 27.09.2000 zurückgegeben.

Ergänzend wird auf die von den Parteien im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze, deren Inhalt mündlich vorgetragen ist, die zu den Akten gegebenen Unterlagen, sie bildeten den Gegenstand der mündlichen Verhandlung, und die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, insbesondere rechtzeitig in der verlängerten Frist ausgeführt. Sie hat Erfolg. Die beklagte Bundesrepublik ist nicht verpflichtet, den Kläger nach VergGr. VIb der Anlage 1a zum BAT zu vergüten.

A.

Die Klage ist in der Fassung, die sie durch den Entscheidungsausspruch des Arbeitsgerichts erfahren hat, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch im Lichte der besonderen Sachentscheidungsvoraussetzungen des § 256 Abs.1 ZPO zulässig.

B.

Die Klage ist nicht begründet.

Als Grundlage für das Klagebegehren kommt allein ein Anspruch aus § 22 BAT in Verbindung mit der Vergütungsordnung in Anlage 1a hierzu in Betracht.

I.

1. Da die tarifrechtliche Geltungsvoraussetzung der Tarifbindung (§§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 Satz 1 TVG) in der Person des Klägers nicht erfüllt ist, kommt es darauf an, ob die Parteien das im Wege der Vereinbarung substituiert haben. Das ist ("formularmäßig") in § 2 der Arbeitsvertragsurkunde geschehen. Davon zu unterscheiden ist die Tarifunterworfenheit, also die Frage, ob das Arbeitsverhältnis der Tarifgebundenen den Geltungsbereich des - hier BAT - unterfällt (§ 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Der persönliche Geltungsbereich dieses Tarifvertrages erfasst Arbeitnehmer, die in einer der Rentenversicherung der Angestellten unterliegenden Beschäftigung tätig sind (§ 1 Abs. 1 BAT). Hiernach kommt es allein auf die durch die Tätigkeit des Mitarbeiters bestimmte objektive Rechtslage und nicht etwa darauf an, wie die Arbeitsvertragsparteien insoweit verfahren und/oder ob der Mitarbeiter ("tatsächlich") in der Rentenversicherung der Angestellten versichert ist oder nicht.

Allerdings kann für Arbeiter im Wege der Vereinbarung der persönliche Geltungsbereich als gegeben mit den tarifrechtlichen Wirkungen begründet werden, jedoch nur, wenn ihre Tätigkeit in der Vergütungsordnung (hier Anlage1a) aufgeführt ist. Daran fehlt es, denn die Vergütungsordnung kennt kein Merkmal eines "Fluggastkontrolleurs". Sie beschreibt aus der Sicht des Klägers insoweit lediglich Anforderungen in subjektiver und/oder objektiver Hinsicht, die erfüllt sein müssen, um den Anspruch auf Vergütung nach einer bestimmten Vergütungsgruppe, hier Vergütungsgruppe VIb, zu begründen.

Außerdem ist der Vertrag nicht dahin zu verstehen, er solle diese Geltungsvoraussetzung ersetzen. Mit anderen Worten: Dem Kläger solle vertraglich die Rechtsstellung eines Tarifunterworfenen eingeräumt werden, ohne Rücksicht darauf, ob er im Sinne der tariflichen Regelung Angestellter sei oder nicht. Die formularmäßige Geltungsvereinbarung des BAT in Arbeitsverträgen eines Arbeitgebers des öffentlichen Dienstes soll nach der ständigen Rechtsprechung des BAG regelmäßig ("lediglich") der tarifrechtlichen Lage einzelvertraglich Verbindlichkeit verschaffen, die für das Arbeitsverhältnis gegeben wäre, wenn (auch) der Arbeitnehmer tarifgebunden wäre. Der persönliche Geltungsbereich des BAT (oder des MTArb) soll ("gerade") nicht verändert werden. Anhaltspunkte, die vorliegend eine andere Auslegung geböten, sind nicht ersichtlich, vielmehr spricht die ausdrücklich erklärte Abweichung von der tariflichen Regel in §4 der Vertragsurkunde für die Annahme, falls die Arbeitsvertragsparteien solches gewollt hätten, würden sie das in der Vertragsurkunde entsprechend zum Ausdruck gebracht haben. Auch aus der beim Abschluss dieses Vertrages gegebenen Interessenlage der Parteien (BGH vom 10.07.1998 - V ZR 360/96) ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Kläger sei nach dem Willen der Arbeitsvertragsparteien als - üblicherweise so bezeichneter - Vertragsangestellter anzusehen.

2. Daher kommt es zunächst weiter darauf an, ob er als Angestellter im Sinn von § 1 Abs.1 BAT zu qualifizieren ist.

Zur Beantwortung der hiernach maßgebenden Frage hat die Rechtsprechung des BAG (etwa vom 04.09.1996 - 4 AZR 168/95) ein mehrstufiges Konkretisierungsverfahren entwickelt. Das wird der Entscheidung zu Grunde gelegt. Hiernach kann der Kläger nicht als Angestellter qualifiziert werden.

a) Er unterfällt dem "insbesondere" - Katalog in § 133 Abs.2 SGB VI nicht.

b) Aus dem sogenannten Berufsgruppenverzeichnis, das trotz nunmehr fehlender Ermächtigungsgrundlage nach wie vor als Erkenntnisquelle herangezogen wird, kommt ersichtlich lediglich AXVIII Nr.2 in Betracht. Das sind im "sonstigen Sicherheitsdienst Tätige, sofern sie nach der Verkehrsanschauung, insbesondere im Hinblick auf ihre denjenigen der zu 1 Genannten gleichstehenden Aufgaben und Kenntnisse, als Angestellte gelten." Es ist nicht behauptet oder sonst ersichtlich, es habe sich im Bezug auf den vorliegend interessierenden Personenkreis eine solche Verkehrsanschauung gebildet. Dagegen spricht, dass die Art der Aufgabe mit dem Beruf eines Polizeibeamten im Sinne von Nr.1 a.a.O. (siehe §9 AVG; vgl. auch §3 BPolBG in Verbindung mit der Bundeslaufbahnverordnung) nicht vergleichbar ist und die hier interessierenden Kenntnisse schon ansatzweise nicht mit denen eines solchen Bediensteten derart in Übereinstimmung gebracht werden können, dass sie eine - bildhaft gewendet - gleichsam verwandtschaftliche Nähe aufwiesen.

c) Ferner ist der Kläger nicht mit dem befasst, was gemeinhin mit Büro-Arbeit beschrieben zu werden pflegt, und was die Verkehrsanschauung regelmäßig als Angestelltentätigkeit ansieht, auch wenn sie "einfacherer" Natur ist. Ordnet man sie - als Gegensatz zur kaufmännischen und zur "büromäßigen" Tätigkeit verstanden - als technische Arbeit ein, rechtfertigt sich keine andere Beurteilung. Dem Kläger obliegt - vom Element der Kenntnisse abgesehen - keine leitende, planende oder die Tätigkeit anderer kontrollierende Aufgabe, überdies wird er im Sinne der herkömmlichen Unterscheidung "körperlich" und nicht gedanklich tätig. Im wesentlichen fühlt er Personen manuell oder vermittels eines "Spür"-Gerätes ab und blickt vermittels eines Röntgenkontrollgeräts "in das Innere" von Reise- und Handgepäck.

Es ist deshalb als Arbeiter anzusehen.

II.

Der Anspruch auf Vergütung nach VergGr. VIb ist auf der Grundlage des Klagevortrags, der sich die vom Arbeitsgericht gegebene Begründung als zutreffend zu eigen gemacht hat, nur dann gegeben, wenn er in VergGr. VII (FGr.1b) Teil I der Anlage1a zum BAT eingruppiert ist. Merkmale aus den besonderen Teilen dieser Vergütungsordnung kommen, auch im Wege lückenfüllender Auslegung (BAG vom 21.06.2000 - 4 AZR 931/98), nicht in Betracht; zudem befasst sich der Klagevortrag mit solchen nicht.

1. Das wiederum setzt voraus, dass zeitlich wenigstens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die das Merkmal dieser Vergütungsgruppe erfüllen. Als Arbeitsvorgang ist dabei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht anzusehen, eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbstständig zu bewertende Arbeitseinheit, der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit des Angestellten.

2. Das Arbeitsgericht ist von einem einheitlichen Arbeitsvorgang ausgegangen, und die Berufung bemerkt dazu, das entspreche einer natürlichen Betrachtungsweise.

Dem kann nicht gefolgt werden. Dem Kläger obliegen verschiedene Kontrollaufgaben. Er übt sie nicht einer sachgerechten Verwaltungsübung gemäßen Organisation zufolge (als Einheit) in einem Folgeablauf aus. Diese Tätigkeiten sind vielmehr tatsächlich voneinander getrennt, und der Kläger nimmt stets lediglich eine von ihnen wahr, während die anderen Aufgaben gleichzeitig oder in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang von anderen Personen erledigt werden.

Der Ablauf stellt sich nach der auf eigenen Erfahrungen der Kammermitglieder beruhenden Kenntnis regelmäßig so dar:

Der Flugpassagier zeigt zunächst am "Eingang" des fraglichen Flughafenbereichs dem Kontrolleur A das "Ticket" vor. Wird es nicht beanstandet, darf er den hier interessierenden örtlichen Bereich betreten. Dort legt er das sogenannte Handgepäck auf das zu einem (Röntgen-)Kontrollgerät führende (Förder-)Band ab. Dieses wird sodann vom Kontrolleur B in Lauf gesetzt und das Gepäckstück unter währender Kontrolle durch das Gerät hindurch geführt. Entsprechend wird mit Mänteln, Jacken und ähnlichen Bekleidungsteilen verfahren, wobei in den hierfür benützten Plastikbehälter auch der sogenannte Tascheninhalt (Schlüsselbund, Münzgeld u. a.) gelegt wird. Diese Gegenstände werden von dem Kontrolleur C überprüft. Der Fluggast selbst stellt sich einer weiteren Person D, welche die sogenannte Personenkontrolle vornimmt. Sodann begibt er sich zu seinem Handgepäck sowie den in den Plastikbehälter gelegten weiteren Gegenständen und hat einer abermals weiteren Kontrollperson E - gegebenenfalls - ein mitgeführtes "technisches Gerät" (z. B. Fotoapparat, Kamera) vorzuführen.

Jede dieser Tätigkeiten hat ihr eigenständiges Ergebnis, nämlich die Kontrolle von Handgepäck, Kleidung und Tascheninhalt, "technischem Gerät" und Person des Fluggastes. Diese Trennung, die etwa zwischen der des Handgepäcks am Monitor und der manuellen Nachkontrolle durch die Dienstanweisung "zwecks Verantwortungsabgrenzung strikt einzuhalten ist" (S. 110 der Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 02.09.1999) entspricht zudem schon deshalb vernünftiger Verwaltungsübung, weil sie eine bei derlei Aufgaben regelmäßig beschleunigend wirkende Aufteilung bewirkt. Diese "Aufgaben" stellen unterschiedliche Anforderungen an den Mitarbeiter - nach dem Vortrag des Klägers erfordert etwa die Arbeit mit dem Sprengstoffspürgerät "EGIS" besondere Kenntnisse und ist schwieriger; bei der Kontrolle von Frachtgut ist man nicht mit Fluggästen befasst - und sind auch eigenständiger Bewertung zugänglich. An dieser tarifrechtlichen Würdigung ändert der Umstand nichts, dass die Gesamt-Tätigkeit des Klägers einem übergeordneten Sicherheitsziel zu dienen bestimmt ist; sie wird vielmehr dem von den Tarifvertragsparteien verfolgten Regelungszweck einer gewissermaßen analytischen Arbeitsbewertung gerecht.

Hiervon ausgehend erscheint die Aufgliederung entsprechend der im Tatbestand angeführten Tätigkeitsbeschreibung als zutreffend. Die dort beigesetzten Zeitanteile hat der Kläger nicht in Zweifel gezogen.

III.

Das Merkmal der gründlichen Fachkenntnisse haben die Tarifvertragsparteien im Klammerzusatz bei VergGr. VII FGr.1b dahin definiert: Erforderlich sind nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen usw. des Aufgabenbereiches.

1. a) Unter Fachkenntnissen ist damit die Gesamtheit der Kenntnisse des Angestellten zu verstehen, die er benötigt, um die ihm übertragene Aufgabe ordnungsgemäß erledigen zu können. Hierzu kann auch sogenanntes Erfahrungswissen gehören, mag der Mitarbeiter es selbst erworben haben oder es ihm von einem anderen vermittelt worden sein.

b) Als gründlich sind solche Fachkenntnisse, da diesem Begriff primär ein qualitatives und damit notwendig einhergehend auch ein gewisses quantitatives Element innewohnt, anzusehen, wenn sie nicht nur oberflächlicher Art sind und ihr Ausmaß nicht ganz unerheblich ist.

c) Diese Kenntnisse müssen schließlich erforderlich sein. Der Angestellte muss ihrer also bedürfen, um seine Aufgabe ordnungsgemäß erledigen zu können.

Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

2. Der Kläger legt nicht dar, für welchen der vorgenannten Arbeitsvorgänge er was an Fachkenntnissen benötigt. Indessen kann auch das zu seinen Gunsten vernachlässigt werden, ohne dass sich das Ergebnis änderte.

Nach § 22 Abs.2 UA 2 S.2 BAT sind Arbeitsvorgänge insoweit zusammen zu beurteilen, wenn die Feststellung, ob die Anforderung eines Tarifmerkmals erfüllt ist, in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge getroffen werden kann. Das kommt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch in Hinsicht auf das Merkmal der gründlichen Fachkenntnisse in Betracht (etwa vom 24.08.1983 - 4 AZR 32/81). Das wird der Entscheidung des Streitfalls - umstandlos - zu Grunde gelegt, gleichwohl ist dieses Merkmal nicht erfüllt.

Vom Arbeitsgericht, dessen Begründung sich der Kläger als zutreffend zu eigen gemacht hat, ist angeführt, der Kläger müsse die Vorschriften der §§ 27 und 29c Luftverkehrsgesetz kennen. Dafür wird jedoch - auch durch den Kläger - keine Begründung gegeben. Es kann allenfalls angenommen werden, dem Kläger müsse bekannt sein, dass in dem nicht allgemein zugänglichen Bereich des Flughafens Stuttgart die in §27 Abs.4 LVG aufgeführten Gegenstände nicht ohne behördliche Erlaubnis mitgeführt werden dürfen, (was seit langem allgemeinkundig ist). Hinsichtlich der Bestimmung des § 29c LVG handelt es sich um das (Tatsachen-)Wissen, die Luftfahrtbehörde sei befugt, Personen den Zutritt zu den nicht allgemein zugänglichen Bereichen des Flughafens zu verwehren oder sie daraus zu verweisen, sofern sie die Berechtigung dazu nicht nachweisen oder die Durchsuchung mitgeführter Gegenstände ablehnen oder die in § 27 Abs. 4 Nr. 1 LVG aufgeführten und sonstige zu "Angriffen" einsetzbare Gegenstände "nicht zurücklassen". Im Übrigen handelt es sich lediglich um die Kenntnis dessen, was der Kläger praktisch zu tun und wie er sich zu verhalten hat. Die Dienstanweisung stellt in diesem Sinne nicht eine lediglich Handreichung, sondern - bildhaft - eine Gebrauchsanweisung (etwa Handhabung des Sprengstoffdetektionsgeräts, S. 111/112 der Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 02.09.1999) dar oder enthält weitgehend aus der Sache folgende, unmittelbar einsichtige, in diesem Sinne Selbstverständlichkeiten (z.B. Verhalten gegenüber Fluggästen, sachgerechte Durchsuchung einer Person).

Wesentlich ist in diesem Zusammenhang der wiederholte Hinweis der Dienstanweisung, im Zweifel sogleich den anwesenden Polizeivollzugsdienst zu verständigen, der dann die Aufgabenerfüllung übernimmt.

Es ist nicht aufgezeigt, um welche (sonstige) Richtlinien es sich handelt, noch weniger ist dargetan, warum welche diesbezügliche Kenntnis für die Tätigkeit des Klägers erforderlich ist. Ob er über eine "gewisse Grundkenntnis" des Polizeirechts verfügt, ist unerheblich. Wesentlich ist, ob Kenntnisse in dieser Hinsicht für seine Tätigkeit erforderlich sind. Das ist nicht dargetan und erschließt sich auch nicht aus dem Aufgabengegenstand. Der "Fortbildungsplan" betrifft das Anlernen der Kontrollkräfte. Die Grundeinweisung besteht im Kern darin, den Mitarbeiter mit seinem künftigen Arbeitsplatz - räumlich und ablaufmäßig - vertraut zu machen. Das hat mit Fachkenntnissen im hier interessierenden Sinn nichts zu tun, denn auch der ausgebildete Fluggastkontrolleur muss sich bei Einsatz auf einem anderen Flughafen mit den Örtlichkeiten, der Ablauforganisation u. a. vertraut machen, muss sich mithin zunächst in den neuen Arbeitsplatz hineinfinden. Die praktische Unterweisung stellt die Einübung der auszuführenden Einzeltätigkeiten "unter Anleitung von erfahrenen Fluggastkontrollkräften" dar. Es handelt sich mithin um die praktische Anwendung der geschehenen "theoretischen" Anleitung und die Grundlegung des für die auch quantitativ ordnungsgemäße Arbeitsleistung erforderliche erste Routine. Vom öffentlichen Dienstrecht abgesehen, das im Hinblick auf das Binnen-Rechts- und Pflichtenverhältnis zwischen dem Mitarbeiter und dem Arbeitgeber angesprochen wird, befasst sich der Einweisungslehrgang in rund 105 Unterrichtsstunden mit praxisbezogener Konkretisierung der beiden vorangeführten Bestimmungen des Luftverkehrsgesetzes. Der Mitarbeiter wird mit Gegenstand und Ziel seiner Aufgabe vertraut gemacht und soll "wissen", dass die Kontrollmaßnahmen, die ihm - soweit erforderlich - abverlangt werden, eine hinreichende Rechtsgrundlage haben. Um seine Arbeit ausführen zu können, benötigt der Kläger nicht, wie er aus dem Unterrichtsstoff des "Fortbildungsplanes" herleitet, Kenntnisse des Grundgesetzes, des Gesetzes über den Bundesgrenzschutz, des Waffengesetzes, des Sprengstoffgesetzes oder des Strafgesetzbuchs. Was er mit Fachlehrgänge für die eingesetzten Kontrollgeräte beschreibt, ist die Einweisung in die eher einfache Bedienung (unter anderem) des Geräts "EGIS".

3. Der Hinweis darauf, der Kläger müsse sorgfältig und genau arbeiten, ist in gegenwärtigem Zusammenhang tarifrechtlich unerheblich. Das bildet keine tarifliche Qualifikationsanforderung, sondern den Inhalt seiner arbeitsvertraglichen Leistungspflicht; es ist seine Arbeitsaufgabe, den Monitor "sorgfältig" zu beobachten und die Fluggäste "genau" abzutasten. Der tarifrechtliche Begriff der Verantwortlichkeit wird - wie sich begründungslos erschließt - missverstanden. Die Folgen einer Vertragsverletzung können unter Umständen durchaus schwerwiegend sein, indessen kommt es für die tarifliche Bewertung auf die im erörterten Sinn Qualität der geschuldeten Arbeitsleistung (§ 611 BGB, § 22 BAT), nicht aber auf die Folgen von Vertragsverstößen an. Überdies wirkt das Kontrollsystem präventiv: Weil es vorhanden ist, schreckt es ab.

Erwägungen zu der Vorstellung des Klägers, seine Arbeit sei nicht "gerecht" bewertet, bilden nicht den Gegenstand gerichtlicher Entscheidung.

Auf das weitere Merkmal der Bewährung muss sonach nicht eingegangen werden. Indessen erscheint dieser Hinweis zweckmäßig:

Schriftlich geltend gemacht wurde der Anspruch auf Vergütung nach VergGr. VIb BAT erstmals mit dem Klageerweiterungsschriftsatz vom 01.03.1999, der der Beklagten am 08.03.1999 zugestellt wurde. Diese Geltendmachung wahrt die tarifliche Ausschlussfrist (§ 70 BAT) lediglich für nach dem 08.09.1998 fällig gewordene Ansprüche.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs.2 Nr. 1 ArbGG. Im Hinblick darauf, dass - wie in der mündlichen Berufungsverhandlung erklärt - bei verschiedenen Gerichten noch insgesamt 327 weitere Verfahren mit nämlichem Streitgegenstand rechtshängig sind.

Ende der Entscheidung

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