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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 09.02.2006
Aktenzeichen: 3 Sa 47/05
Rechtsgebiete: BAT, BGB, EFZG


Vorschriften:

BAT § 37 Abs. 2 Unterabs. 5 Satz 1 Buchst. b
BAT § 37 Abs. 3
BAT § 37 Abs. 7
BAT § 59
BAT § 59 Abs. 1
BAT § 59 Abs. 1 Satz 3
BAT § 59 Abs. 1 Satz 4
BAT § 70
BAT § 71
BAT § 71 Abs. 1
BAT § 71 Abs. 2
BAT § 71 Abs. 2 Unterabs. 5
BAT § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 Buchst. b
BAT § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 Satz 4
BGB § 315
BGB §§ 812 ff.
BGB § 812 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt.
BGB § 814
EFZG § 3
EFZG § 12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 3 Sa 47/05

verkündet am 09. Februar 2006

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 3. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Pfitzer, den ehrenamtlichen Richter Baumhauer und den ehrenamtlichen Richter Buthmann auf die mündliche Verhandlung vom 09. Februar 2006 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 31. August 2005 - 7 Ca 196/05 - teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass in Höhe eines Betrags von 3.863,58 EUR die von der Beklagten gegen die Klägerin erhobene Forderung auf Rückzahlung geleisteter Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 01. Februar bis 30. April 2004 nicht besteht.

2. Ihre weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 43 % und die Beklagte 57 % zu tragen.

4. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Gebührenstreitwert: 6.759,72 EUR

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Klägerin zur Rückzahlung von Krankenbezügen nach § 71 BAT, nachdem ihre teilweise Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 59 Abs. 1 BAT auf eine bestimmte Zeit festgestellt worden war.

Wegen des Sachverhalts in seinen Einzelheiten wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils verwiesen (Bl. 72 bis 75 der Akte des Arbeitsgerichts), aus dem sich die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Tatsachen im Einzelnen ergeben. Von einer Wiederholung wird insoweit abgesehen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass § 71 BAT auf die bei ihr vorliegenden Verhältnisse nicht anwendbar sei, weil sie keine volle Rente erhalte. Außerdem sei der Rückforderungsanspruch der Beklagten nach § 70 BAT verfallen. Darüber hinaus müsse jedenfalls unterschieden werden zwischen den Zahlungen, die vor Zustellung des Rentenbescheids der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Fotokopie Anlage K2 - Bl. 6 ff. der Akte des Arbeitsgerichts) Anfang Februar 2004 und nach diesem Zeitpunkt erfolgt seien. Eine bis zur Abklärung der Frage, in welcher Höhe die Ansprüche der Klägerin mit den Forderungen der Beklagten verrechnet werden könne, anzunehmende Hemmung des Ablaufs der Ausschlussfrist beziehe sich jedenfalls nicht auf die nach diesem Zeitpunkt erfolgten Zahlungen. Darüber hinaus sei eine Rückforderung auch nach § 814 BGB ausgeschlossen.

Die Klägerin hat folgende Anträge gestellt:

1. Es wird festgestellt, dass ein Anspruch der Beklagten auf Rückforderung von Bezügen in Höhe von € 6.759,72 netto nicht besteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 1.200,-- netto zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat im Einzelnen ihre Rechtsauffassung dargelegt, wonach keine Gründe vorlägen, die ihrem Anspruch entgegenstünden, ohne allerdings auf die für die Zeit ab Februar 2004 geleistet Zahlung besonders einzugehen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen, weil sich der Rückforderungsanspruch der Beklagten aus § 71 Absatz 2 Unterabsatz 5 Satz 1 Buchstabe b BAT ergebe. Er sei auch rechtzeitig geltend gemacht.

Wegen seiner Erwägungen im Einzelnen wird auf den Inhalt der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 75 bis 81 der Akte des Arbeitsgerichts) verwiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie weiterhin ihre Klageanträge verfolgt, während die Beklagte um die Zurückweisung der Berufung bittet.

Wegen des Vortrags der Parteien im Einzelnen wird auf den Inhalt ihrer im Berufungsrechtszug vorgelegten Schriftsätze wie auch das angefochtene Urteil Bezug genommen. Wegen der Frage, warum die Beklagte die Vergütung ab Monat Februar 2004 weiterhin bis April 2004 bezahlt hat, erklärt der Beklagtenvertreter, er könne sich das nur dadurch erklären, dass der Vorgang im betrieblichen Bereich liegen geblieben sei.

Entscheidungsgründe:

Die an sich statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist in der Sache nur teilweise gerechtfertigt. Der mit der Klage geltend gemachte Zahlungsanspruch der Klägerin besteht nicht, der von ihr bekämpfte Anspruch der Beklagte besteht nur teilweise nicht.

1. Soweit die Klägerin sich mit der im Hinblick auf das Verlangen der Beklagten ohne weiteres zulässigen negativen Feststellungsklage gegen die Gehaltsrückforderung für die Monate Dezember 2003 und Januar2004 wendet, ist die Klage unbegründet, weil die Forderung tatsächlich besteht und auch rechtzeitig im Sinne des § 70 BAT geltend gemacht ist. Dies betrifft einen Betrag von 2.896,14 EUR. Da die eingeklagten 1.200,00 EUR, die bisher von der Beklagten einbehalten worden sind, diesen Betrag nicht übersteigen, ist deshalb auch die Zahlungsklage in voller Höhe als unbegründet abzuweisen.

a) Für den fraglichen Zeitraum berühmt sich die Beklagte zu Recht der streitbefangenen Forderung. Er ergibt sich aus § 71 Absatz 2 Unterabsatz 5 Satz 1 Buchstabe b BAT. Dass die Bestimmung vom Wortlaut her eingreift, stellt auch die Klägerin nicht in Abrede. Allerdings kann ihrer Meinung nicht gefolgt werden, aus Unterabsatz 4 Buchstabe a dieses Absatzes, der von der vollen Rente spricht, könne geschlossen werden, dass dies auch auf Unterabsatz 5 zuträfe. Dies ist gerade nicht der Fall. Vielmehr wollte der Normgeber gerade in den Fällen, in denen dem Arbeitnehmer bereits ein voller Rentenanspruch, und zwar schon bei Beginn der Arbeitunfähigkeit (vgl. Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT § 37 Rdnr. 196: "Diese Konkurrenzregelung erfasst die Fallgestaltung, dass ein Rentenberechtigter wegen voller Erwerbsminderung [entweder weil das Arbeitsverhältnis nicht nach § 59 BAT endete oder weil er als voll erwerbsgeminderter Rentner eingestellt wurde] in dem Arbeitsverhältnis arbeitsunfähig wird.") zusteht und das Arbeitsverhältnis trotz § 59 BAT nicht aus diesem Grunde endet, den Entgeltfortzahlungszeitraum auf die Dauer von sechs Wochen beschränken. Unterabsatz 4 entspricht insoweit § 37 Abs. 3 BAT, während Unterabsatz 5 der Regelung des § 37 Abs. 7 BAT bezüglich des Zuschusses zum Krankengeld entspricht. Die Fälle des Unterabsatzes 5 haben demgegenüber also die Regelung im Auge, dass wegen der dort genannten (insbesondere) Rentenansprüche das Arbeitsverhältnis ruht oder endet. Dass nach der Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Urteil vom 29. Juni 2000 - 6 AZR 60/99 - AP Nr. 11 zu § 37 BAT) letztere Bestimmung insoweit wegen der zwingenden gesetzlichen Regelung der - jetzt - §§ 3, 12 EFZG - die Mindestdauer von sechs Wochen unangetastet lässt, ändert aber im Übrigen an der Rechtsfolge nichts. Diesen Umstand hat die Beklagte in ihren Berechnungen unstreitig berücksichtigt. Die Klägerin war seit 28. Oktober 2003 arbeitsunfähig krank. Die streitgegenständliche Forderung betrifft den Zeitraum nach dem 08. Dezember 2003.

Hintergrund für diese Regelung ist die Tatsache, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ab Rentenbeginn nach § 59 Absatz 1 Satz 3 und 4 BAT bis zum 30. Juni 2004, dem Ablauf der befristet gewährten Rente, "mit allen Rechten und Pflichten" geruht hat. Diese Bestimmung ist wirksam, wie das Bundesarbeitsgericht schon mehrfach erkannt hat, soweit ersichtlich zuletzt mit Urteil vom 23 Juni 2004 (7 AZR 440/03 - AP TzBfG § 17 Nr. 5). Der Ausnahmetatbestand des Absatzes 3 lag bei der Klägerin nicht vor, weil sie nicht in der Lage war, bei der Beklagten unter den dort genannten Bedingungen weiterzuarbeiten. Jedenfalls ist nicht vorgetragen, dass die Klägerin einen Antrag nach dieser Bestimmung gestellt hätte. Wenn aber das Arbeitsverhältnis ruht, fehlt es auch an einem Rechtsgrund für die während des Ruhezeitraums gewährte Entgeltfortzahlung. Ohne die Regelung (hier:) des § 71 Absatz 2 Unterabsatz 5 BAT wäre der Arbeitgeber auf die Rückforderung der überzahlten Bezüge nach Bereicherungsrecht wegen nachträglichen Wegfalls der Rechtsgrundlage beschränkt. Einen Rechtsgrund zugunsten der Klägerin gäbe es nicht. Der Regelungsgehalt des § 71 Absatz 2 Unterabsatz 5 Satz 1 und 2 BAT liegt nun nicht darin, dass der Klägerin etwas genommen würde, was ihr sonst zustünde, sondern betrifft im Eigentlichen nur die Frage, inwieweit die bereits ohne Rechtsgrund erfolgte Entgeltfortzahlung mit den Versorgungsansprüchen der Klägerin verrechnet werden kann, damit die durchzuführenden Operationen einer finanziellen Abwicklung der Folgen einer nicht sicher vorhersehbar geänderten Rechtslage für die Vergangenheit und der darauf beruhenden (dreiseitigen) Leistungsbeziehungen möglichst vereinfacht werden. Dem Arbeitgeber wird erspart, die Überzahlung direkt beim Arbeitnehmer (voll) zurückfordern zu müssen, der seinerseits noch Leistungen des Rentenversicherungsträgers zu beanspruchen hat. Dass dies hier in Bezug auf die Leistung der Bundesversicherungsanstalt für die Zeit vom 01. Juli 2002 bis 30 Juni 2004 nicht mehr möglich war, ändert aber an der Bestimmung nichts, dass die zu Unrecht geleistete Entgeltfortzahlung als Vorschuss auf die Versorgungsansprüche gilt. Aus der Regelung des Unterabsatzes 4, der einen völlig anderen Sachverhalt betrifft, kann die Klägerin deshalb nichts für sich herleiten.

Dass § 71 Abs. 2 Unterabsatz 5 BAT auch nicht in Teilen unwirksam ist, soweit von der Frage des § 12 EFZG abgesehen wird, entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die vom Arbeitsgericht zitiert, von der Klägerin aber in der Berufung nicht weiter berücksichtigt worden ist. In der auch vom Arbeitsgericht zitierten Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 30. September 1999 (6 AZR 130/98 - AP Nr. 1 zu § 71 BAT) werden diese Fragen abgehandelt. So hat das Bundesarbeitsgericht unter 2. der Entscheidungsgründe insbesondere zur Frage eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG und unter 3. gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ausführlich Stellung genommen. Hierauf wird Bezug genommen. Auch im Urteil vom 29. Juni 2000 (aaO.) hat das Bundesarbeitsgericht zur insoweit inhaltsgleichen Regelung des § 37 Abs. 2 Unterabsatz 5 Satz 1 Buchstabe b BAT in der bis zum 30. April 1994 geltenden Fassung keine rechtlichen Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Regelung erhoben. Die Klägerin mag sich insoweit mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts abfinden. Wenn das Arbeitsverhältnis ruht, wogegen die Klägerin nichts vorgebracht hat, ist nicht ersichtlich, wieso der Gleichbehandlungsgrundsatz tangiert sein soll, wenn daraus die rechtlichen Folgerungen gezogen werden. Die Klägerin muss dabei berücksichtigen, dass sie den Antrag auf Feststellung der Erwerbsminderung gestellt hat und sich deshalb über die Rechtsfolgen hätte im Klaren sein müssen.

Die Klägerin kann auch aus der Regelung des § 71 Abs. 2 Unterabsatz 5 Satz 4 BAT nichts für sich herleiten. Das Ermessen des Arbeitgebers ist bei der Frage, ob und in welcher Höhe er überzahlte Krankenbezüge zurückverlangt, nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht nach § 315 BGB gebunden (vgl. das vorstehend zitierte Urteil vom 30. September 1999 - 6 AZR 130/98 - aaO.; unter 5 der Gründe). Unter diesem Gesichtspunkt kann die Klägerin demnach ebenfalls keine Einwendungen gegen die Forderung der Beklagten erheben.

b) Dieser Anspruch ist auch nicht nach § 70 BAT verfallen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob in der Bezügemitteilung für Monat Juni 2004, die der Klägerin zeitnah zugegangen sein soll, bereits eine ausreichende Geltendmachung des Anspruchs liegt. Unstreitig ist die Forderung jedenfalls mit Schreiben vom 03.09.04 (Fotokopie Anlage K1 - Bl. 5 der Akte des Arbeitsgerichts) geltend gemacht worden. Die Beklagte erhielt erst mit Schreiben der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 15.07.2004 (Fotokopie Anlage B5 - Bl. 39 der Akte des Arbeitsgerichts) die Mitteilung, dass die Erstattungsforderung der Beklagten nicht berücksichtig werden könne. Erst mit Zugang der Mitteilung wurde die Frist des § 70 BAT in Lauf gesetzt (vgl. BAG, Urteil vom 30. September 1999 - aaO., unter 6. der Gründe). Die vorliegende Fallgestaltung entspricht der, über die auch das Bundesarbeitsgericht zu befinden hatte. Erst mit der Mitteilung des Trägers der Rentenversicherung entsteht Klarheit über die Höhe des Rückforderungsanspruchs. Damit ist die auf diesen Zeitraum bezogene Klage vom Arbeitsgericht zu Recht abgewiesen worden.

2. Begründet ist die Feststellungsklage hingegen, soweit sie den für die Zeit ab 01. Februar 2004 geltend gemachten Anspruch betrifft. Insoweit beruft sich die Beklagte nämlich zu Unrecht auf § 71 Abs. 2 BAT. Für die Sachlage, die ab Kenntnis der Beklagten vom Rentenbescheid zugunsten der Klägerin bestand, ist § 71 Abs. 2 Unterabsatz 5 BAT nicht einschlägig. Deshalb gilt insoweit die erbrachte Entgeltfortzahlung nicht als Vorschuss auf die in dieser Bestimmung erwähnten Versicherungsleistungen.

Die genannte tarifliche Regelung beruht ersichtlich darauf, dass der Arbeitgeber bis zum genannten Zeitpunkt, zu dem er vom Rentenbescheid Kenntnis erlangt, davon ausgehen muss, dass das Arbeitsverhältnis noch fortbesteht und auch nicht ruht, dass er also seiner Leistungspflicht nach § 71 Abs. 1 BAT nachzukommen hat. Da der Arbeitgeber erst mit Kenntnisnahme vom Rentenbescheid Klarheit darüber bekommt, dass seine Leistungspflicht rückwirkend entfallen ist und kein Entgeltfortzahlungsanspruch bestand, sahen die Tarifvertragsparteien hierin offenbar einen Grund zur Regelung der Frage, wie mit der Tatsache, dass der Arbeitnehmer anstelle eines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Leistungen aus der Rentenversicherung erhält, umzugehen ist. Nur für den Zeitraum, der vor Kenntnis des Arbeitgebers vom Rentenbescheid liegt, besteht ein Bedürfnis für eine Regelung in diesem Sinne. Nach diesem Zeitpunkt weiß der Arbeitgeber, dass er nicht mehr zur Zahlung von Entgelt verpflichtet ist. Für diesen Zeitraum gibt es sonach kein Bedürfnis, eine Verrechnungsmöglichkeit in Bezug auf die Versicherungsansprüche zu regeln. Denn der Arbeitgeber kann ab Fälligkeit der nächsten Teilleistung diese Leistung einstellen. Die Tarifparteien haben auch die für die Zeit vor Kenntnis vom Rentenbescheid getroffene Regelung nicht auf den nachfolgenden Zeitraum erstreckt. Dafür gibt es weder im Hinblick auf den Wortlaut noch auf den Regelungszweck irgendwelche Anhaltspunkte oder Notwendigkeiten. Soweit die Tarifbestimmung allgemein von überzahlten Beträgen spricht, ist ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, dass es sich um die Zeit handelt, zu der der Arbeitgeber noch keine Kenntnis vom Rentenbescheid hatte. Insoweit ist der Regelungsgehalt auf den Zweck der Regelung zu begrenzen, für den nachträglichen Wegfalls des Rechtsgrunds der Leistung Vorsorge zu treffen. Für die Regelung von Überzahlungen im Zeitraum nach diesem Ereignis gibt es weder einen Sinn noch ein Bedürfnis. § 71 Abs. 2 Unterabsatz 5 Buchst. b BAT ist ersichtlich eine Komplementärvorschrift zu § 59 BAT und regelt die Rechtsfolgeseite des beendeten oder ruhenden Arbeitsverhältnisses in Bezug auf geleistete Vergütung.

Die Beklagte hatte am 02. Februar 2004 von dem ergangenen Rentenbescheid Kenntnis erlangt (Fotokopie des Bescheids mit Eingangsstempel der Beklagten Anlage B4 - Bl. 38 der Akte des Arbeitsgerichts). Ihr war demnach bekannt, dass sie die Vergütung für Monat Februar 2004 nicht mehr zu entrichten hatte. Der Zeitabstand bis zur Auszahlung der Vergütung für Monat Februar war auch ausreichend lang, um die Leistung zurückzuhalten. Wenn der Arbeitgeber vom Rentenbescheid Kenntnis erlangt, kann er ohne weiteres für die Zukunft seine Leistungen einstellen. Für diesen Zeitraum gibt es kein Bedürfnis für eine Regelung im Sinne des § 71 Abs. 2 Unterabsatz 5 BAT. Da der Arbeitgeber weiß, dass es keinen Rechtsgrund mehr für die Entgeltfortzahlung gibt, ist er für die Frage, was mit überzahlten Leistungen zu geschehen hat und wie er sie wieder zurückerhält, nicht schutzbedürftiger als in jedem Falle einer Lohnüberzahlung auch. Diese Sachlage unterfällt ersichtlich nicht mehr dem Regelungsbereich der genannten Tarifnorm, in der es darum geht, was mit solchen Leistungen zu geschehen hat, für die im Nachhinein die Rechtsgrundlage entfallen ist. Für die Vergütungsleistungen, die erst nach dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme vom Rentenbescheid fällig würden und ausgezahlt werden, hat es somit bei einem Bereicherungsanspruch nach §§ 812 ff. BGB sein Bewenden. Insoweit ist der von der Klägerin bereits im ersten Rechtszug verfolgten Rechtsauffassung zu folgen. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 25. Februar 1993 (6 AZR 334/91 AP Nr 10 zu § 37 BAT) bezieht sich auch nicht auf die hier vorliegende Sachlage, dass noch nach Kenntnis von der Rentenzahlung Entgeltfortzahlung erbracht wird.

Es kann nun für die Frage der Ausschlussfrist auf sich beruhen, dass der Lauf der Ausschlussfrist des § 70 BAT hinsichtlich der für die Monate Februar bis April 2004 erbrachten Leistung mit dem auf den jeweiligen Fälligkeitstermin (§ 36 Abs. 1 Satz 1 BAT) folgenden Tag begann und dass es insoweit für die Bezifferung der Forderung seitens der Beklagten nicht erforderlich war, die Mitteilung der Bundesversicherungsanstalt abzuwarten. Denn eine Verrechnung kam insoweit von vornherein nicht in Betracht. Sie musste die unnötige Überzahlung in voller Höhe von der Klägerin zurückfordern. Eine Geltendmachung müsste demnach hier bereits in der Bezügemitteilung für Monat Juni 2004 gesehen werden können, damit der Beklagten auch der Rückzahlungsanspruch für Monat Februar 2004 erhalten geblieben wäre. Hierauf kommt es aber nicht an, weil der Anspruch schon dem Grunde nach nicht bestand und es deshalb gleichgültig ist, ob er auch verfallen wäre.

Zwar liegen nach allem die Voraussetzungen des § 812 Abs. 1 Satz 2, 1. Alternative BGB für einen Rückzahlungsanspruch vor. Denn die Klägerin hat ohne Rechtsgrund Entgeltfortzahlung für die fraglichen Monate erhalten. Jedoch muss sich die Beklagte wegen der Leistungen für die genannten Monate § 814 BGB entgegenhalten lassen. Denn sie hat trotz Kenntnis davon, dass die bislang angenommene Leistungspflicht entfallen ist, weiterhin Leistungen erbracht. Da sich die Klägerin nicht erst in der Berufungsbegründung, sondern schon im ersten Rechtszug auf diese Bestimmung berufen hat, hätte die Beklagte schon dort, jedenfalls aber mit der Berufungsbeantwortung einen Sachverhalt vortragen müssen, aus dem sich hätte ergeben können, dass die Leistung nicht mit ihrer Kenntnis im Sinne des § 814 BGB erfolgt ist. Auf diesen Punkt ist die Beklagte aber zu keinem Zeitpunkt eingegangen. Angesichts der Einwendungen der Klägerin hätte dies bereits im ersten Rechtszug, mindestens aber in der Berufungserwiderung erörtert werden müssen. Die Erklärung des Bevollmächtigten des Beklagten betrifft nur eine mögliche Sachgestaltung. Ein substanziierter Vortrag, weshalb nicht von der Kenntnis der Beklagten auszugehen sein soll, liegt nicht vor. Deshalb ist ohne weiteres davon auszugehen, dass die Leistung mit ihrer Kenntnis im Sinne dieser Rechtsnorm erfolgte. Für die Erklärung eines Vorbehalts der Rückforderung gibt es keine Anhaltspunkte. Dann besteht aber nach § 814 kein Rückforderungsanspruch aus § 812 BGB. In diesem Punkt ist die Berufung der Klägerin mithin erfolgreich, weil die Klage begründet ist. Der von der Beklagten behauptete Anspruch besteht in diesem Umfang nicht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Mit Rücksicht auf § 63 Abs. 2 GKG ist der Gebührenstreitwert nach Abschluss der Instanz festzusetzen. Hierfür ist in Übereinstimmung mit der Streitwertfestsetzung des Arbeitsgerichts der Betrag maßgebend, der von der negativen Feststellungsklage erfasst wird, und zwar ohne Kürzung. Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch wirtschaftliche Teil-Identität des Werts der Zahlungsklage mit dem Wert der Feststellungsklage angenommen, sodass sich der Streitwert durch sie nicht erhöht.

Ende der Entscheidung

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