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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 06.07.2000
Aktenzeichen: 3 Sa 5/00
Rechtsgebiete: BAT, LBG BW, BVO BW, TVG, LPVG BW, ZPO


Vorschriften:

BAT § 40
LBG BW § 101
BVO BW § 11 Abs. 2
BVO BW § 15 Abs. 1
TVG § 4 Abs. 1
TVG § 4 Abs. 4
LPVG BW § 79 Abs. 3 Nr. 6
ZPO § 97 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
3 Sa 5/00

verkündet am 06. Juli 2000

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 3. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Pfitzer, den ehrenamtlichen Richter Haag und den ehrenamtlichen Richter Rendlen auf die mündliche Verhandlung vom 06. Juli 2000 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 19. Januar 2000 - 2 Ca 431/99 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird für die Klägerin zugelassen. Wert des Gegenstands im 2. Rechtszug: 450,00 DM

Tatbestand:

Zwischen den Parteien besteht Streit darüber, ob die beklagte Anstalt verpflichtet ist, der Klägerin 450,00 DM als Beihilfe anlässlich der Geburt ihrer Zwillinge am 03. Februar 1999 zu bezahlen.

Die Klägerin ist bei der Beklagten in der Abteilung Kinderheilkunde als Erzieherin vom 01. April 1993 bis zum 31. Mai 1999 beschäftigt gewesen. Das Arbeitsverhältnis beruhte auf insgesamt vier zeitlich unmittelbar aufeinander folgenden Arbeitsverträgen, zuletzt auf dem Vertrag vom 03. April 1998, auf Grund dessen das Arbeitsverhältnis vom 01. Juni 1998 bis zum 31. Mai 1999 zum Zwecke der Erziehungsurlaubsvertretung einer anderen Mitarbeiterin befristet war.

In § 2 dieses Arbeitsvertrages (Bl. 27 der Akte des Arbeitsgerichts) haben die Parteien vereinbart:

"Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und diesen ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen mit Ausnahme des Beihilfe-Tarifvertrages vom 26. Mai 1964."

Darüber hinaus sind die Klägerin wie die Beklagte tarifgebunden.

Der auf das Arbeitsverhältnis demnach anzuwendende Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) enthält unter § 40 folgende Bestimmung:

Beihilfen bei Geburts-, Krankheits- und Todesfällen, Unterstützungen

Für die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen sowie von Unterstützungen werden die bei dem Arbeitgeber jeweils geltenden Bestimmungen angewendet. Aufwendungen im Sinne des § 9 der Beihilfevorschriften (Bund) sind nicht beihilfefähig.

Nichtvollbeschäftigte Angestellte erhalten von der errechneten Beihilfe den Teil, der dem Verhältnis entspricht, in dem die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eines entsprechenden vollbeschäftigten Angestellten zu der arbeitsvertraglich vereinbarten durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit steht.

Der Beihilfetarifvertrag vom 26. Mai 1964 wurde von den tarifvertragschließenden Gewerkschaften zum 30. September 1970 gekündigt. Anderweitige tarifliche Abmachungen schlossen die Tarifvertragsparteien seither nicht mehr. Dieser Tarifvertrag (Gemeinsames Amtsblatt S.528) hatte, soweit hier von Interesse, folgenden Wortlaut:

" ... wird

a) für die Angestellten des Landes Baden-Württemberg, deren Arbeitsverhältnisse durch Tarifvereinbarungen zwischen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und den obengenannten Gewerkschaften bestimmt werden,

b) für die unter den Tarifvertrag über die Rechtsverhältnisse der Lehrlinge und Anlernlinge vom 21. September 1961 fallenden Lehrlinge und Anlernlinge in den öffentlichen Verwaltungen und Betrieben des Landes Baden-Württemberg" folgendes vereinbart:

§ 1

Angestellte, Lehrlinge und Anlernlinge erhalten in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen Beihilfen in sinngemäßer Anwendung der für die Beamten des Landes Baden-Württemberg jeweils geltenden Beihilfevorschriften, soweit sie für im Dienst befindliche Beamte vorgesehen sind und im folgenden nicht Abweichungen bestimmt sind.

§ 2

...

Nach § 101 Landesbeamtengesetz Baden-Württemberg (LBG BW) wird Beamten, Ruhestandsbeamten usw. zu Aufwendungen in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen sowie zur Gesundheitsvorsorge Beihilfe gewährt wird, solange ihnen laufende Besoldungs- oder Versorgungsbezüge zustehen. Das Nähere ist durch das Finanzministerium im Einvernehmen mit dem Innenministerium durch Rechtsverordnung zu regeln. In Ausführung des § 101 LBG BW ist die Beihilfeverordnung (BVO) vom 28. Juli 1995 (GBl. S. 432), zuletzt geändert durch Art. 16 Haushaltsstrukturgesetz 1997 vom 16. Dezember 1996 (GBl. S. 776), erlassen worden. Trotz Kündigung des Bh-TV wendete das Land Baden-Württemberg und ihm folgend die beklagte Anstalt die Beihilfevorschriften weiterhin auf alle Arbeitsverhältnisse an, auch soweit sie nach dem 30. September 1970 begründet wurden.

Mit Bekanntmachung des Finanzministeriums vom 04. September 1997 (Gemeinsames Amtsblatt vom 22.10.1997, S.553 ff) wurden unter Bezugnahme auf die Entschließung der Mitgliederversammlung der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder vom 22. April 1997 neue "Hinweise zur Durchführung der Tarifverträge über die Gewährung von Beihilfen an Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Landes" veröffentlicht. Danach dürfen die gekündigten Beihilfetarifverträge nur noch auf solche Arbeitnehmer angewendet werden, deren Arbeitsverhältnisse bereits vor dem 01. Oktober 1997 begründet wurden, solange diese Arbeitsverhältnisse ununterbrochen fortbestehen. Auf nach dem 30. September 1997 begründete Arbeitsverhältnisse sollen danach die Beihilfetarifverträge nicht mehr anzuwenden sein. Das Finanzministerium wies die nachgeordneten Dienststellen an, bei Neueinstellungen einen entsprechenden Hinweis in die Vertragsurkunden aufzunehmen. Mit Rund-Erlass des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg vom 29. September 1997 (Fotokopie Bl. 35/36 der Akte des Arbeitsgerichts) wurden die Körperschaften, Anstalten und Einrichtungen dieses Ministeriums von der Änderung unterrichtet und angewiesen, entsprechend zu verfahren. Dies geschah vorliegend, wie oben ausgeführt, unter § 2 der Vertragsbestimmungen des Arbeitsvertrags.

Mit Schreiben vom 21.06.99 (Bl. 4 der Akte des Arbeitsgerichts) machte die Klägerin ihren Beihilfeanspruch nach § 11 Abs. 2 BVO BW (je 300,00 DM für jedes Kind) abzüglich der Kostendämpfungspauschale nach § 15 Abs. 1 BVO BW in Höhe von 150,00 DM geltend. Der Anspruch ist, von der Verpflichtung der beklagten Anstalt abgesehen, eine Beihilfeleistung überhaupt erbringen zu müssen, dem entstandenen Aufwand und der rechnerischen Höhe nach unstreitig. Unter Hinweis auf die fragliche Bekanntmachung des Finanzministeriums lehnte die beklagte Anstalt jede Beihilfeleistung ab.

Mit der Klage will die Klägerin die Erfüllung dieses Anspruchs erreichen. Sie hat die Auffassung vertreten, ihr stünden Ansprüche deshalb nach dem Beihilfetarifvertrag zu, weil die Beklagte Beihilfeleistungen nicht nur Beschäftigten, die sich auf die tarifliche Nachwirkung des Beihilfetarifvertrages berufen konnten, sondern auch allen anderen Beschäftigten, die erst nach dem 30. September 1970 bei der Beklagten eingetreten seien, gewährt habe. Deshalb ergebe sich ihr Anspruch zumindest aus § 40 BAT, der alle geltenden Beihilferegelungen abdecke. Der nunmehrige Ausschluss später begründeter Arbeitsverhältnisse widerspreche dem bisherigen Handeln der Beklagten, die sich deshalb den Einwand des venire contra factum proprium entgegenhalten lassen müsse.

Da sich der Anspruch der Klägerin aus § 40 BAT ergebe, verstoße der vertragliche Ausschluss des Beihilfetarifvertrages zudem gegen § 4 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 TVG. Außerdem verstoße die Beklagte gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, zumal das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei der Beklagten bereits seit dem 01. April 1993, wenn auch auf Grund verschiedener befristeter Verträge, bestanden habe.

Die Klägerin hat folgenden Antrag gestellt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 450,00 nebst 4 % Zinsen hieraus seit Klageerhebung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, auf Grund der in der fraglichen Bekanntmachung des Finanzministeriums zum Ausdruck gebrachten Änderung der bisherigen Handhabung bestehe ein Anspruch der Klägerin nicht.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen (Bl. 59 bis 61 der Akte des Arbeitsgerichts) verwiesen.

Mit Urteil vom 19. Januar 2000 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Es hat in den Entscheidungsgründen (Bl. 61 bis 64 der Akte des Arbeitsgerichts) insbesondere darauf abgehoben, der Beihilfeanspruch ergebe sich über § 40 BAT allenfalls über den gekündigten Bh-TV, der aber auf Grund des Ausschlusses dieses Tarifvertrag bei allen Neueinstellungen für diese den Charakter einer allgemein geltenden Regelung im Sinne des § 40 BAT verloren habe. Auch der Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht verletzt, weil die Regelung in einem neu abgeschlossenen Vertrag abbedungen worden sei. Der Beklagten sei es auch nicht verwehrt, sich auf den Stichtag zu berufen, wenn sie nach Weisung des zuständigen Ministeriums diese Regelung nicht mehr anwende.

Gegen dieses der Klägerin am 08. Februar 2000 zugestellte Urteil hat diese mit am 07. März 2000 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 05. Mai 2000 mit am 28. April 2000 eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

Sie tritt mit im Einzelnen dargelegten Gründen der Auffassung des Arbeitsgerichts entgegen und ist weiterhin der Ansicht, ein Anspruch der Klägers bestehe, weil § 40 BAT auf die jeweils geltenden Bestimmungen bezüglich der Beihilfevorschriften abhöben, die Klägerin auch nicht neu eingestellt, sondern ausweislich ihres Vertrags "weiterbeschäftigt" worden sei und als "geltende Bestimmungen im Sinne des § 40 BAT auch die beamtenrechtlichen Beihilfevorschriften anzusehen seien; schließlich folge der Anspruch wenigstens aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Mit einem völligen Ausschluss der Leistung verstoße die Beklagte gegen ihre Fürsorgepflicht jedenfalls so lange, wie sie noch einer Gruppe von Arbeitnehmern Beihilfe gewähre. Darüber hinaus habe die beklagte Anstalt auch mit der Aufnahme des Ausschlusses des Bh-TV gegen das Mitbestimmungsrecht des Personalrats nach § 79 Abs. 3 Nr. 6 LPVG BW verstoßen.

Wegen ihres weiteren Vortrags wird auf den Inhalt der Berufungsbegründungsschrift vom 27.04.00 (Bl. 13 bis 19 der Berufungsakte) und den Schriftsatz vom 09.05.00 nebst Anlage (Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Januar 2000 - PL 22 K 9/98 - Bl. 29 bis 36 der Berufungsakte) Bezug genommen.

Die Klägerin/Berufungsklägerin stellt folgende Anträge:

1.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 19.01.2000, Aktenzeichen 2 Ca 431/99, wird abgeändert:

2.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 450,00 nebst 4 % Zinsen hieraus seit Klageerhebung zu zahlen.

Die Beklagte/Berufungsbeklagte stellt den Antrag:

I. Die Berufung der Klägerin vom 23.02.2000 gegen das Urteil des ArbG Ulm vom 19.01.2000, Az.: 2 Ca 431/99, wird zurückgewiesen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil und tritt zusätzlich dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 31. Januar 2000 entgegen, wonach die Aufnahme der Ausnahmeregelung im Arbeitsvertrag ohne Zustimmung des Personalrats dessen Mitbestimmungsrecht gemäß § 79 Abs. 3 Nr. 6 LPVG BW verletze. Wegen ihres Vortrags im Übrigen wird auf die Berufungsbeantwortungsschrift vom 05.06.00 nebst Anlagen (Bl. 40 bis 51 der Berufungsakte) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die an sich statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat nach diesseitiger Auffassung die Klage zu Recht abgewiesen. Der geltend gemachte Anspruch besteht nicht. Eine vom Wortlaut ausgehende sowie am erkennbaren Sinn und Zweck wie auch der Tarifsystematik orientierten objektiven Auslegung des § 40 BAT führt zum Ergebnis, dass auf das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin keine Beihilfevorschriften unmittelbar Anwendung finden (zu 1.). Deshalb konnte die beklagte Anstalt auf Weisung des zuständigen Ministeriums einseitig eine neue Beihilferegelung für die Arbeitnehmer einführen, die über die tarifvertraglichen Verweisungsvorschriften auf das Arbeitsverhältnis mit den Arbeitnehmern, mit denen aufgrund Tarifgebundenheit oder aufgrund einzelvertraglicher Inbezugnahme die Geltung der fraglichen Vorschriften vereinbart war, mit der Maßgabe auf die Arbeitsverhältnisse Anwendung findet, dass in neu begründeten Arbeitsverhältnissen keine Beihilfeansprüche entstehen (zu 2.). Damit verstößt die beklagte Anstalt auch nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz oder gegen Fürsorgepflichten (zu 3.). Eine etwaige Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Personalrats im Hinblick auf § 79 Abs. 3 Nr. 6 LPVG BW hat für dieses Ergebnis keine Bedeutung (zu 4.).

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 15. Juli 1993 - 6 AZR 401/92 - nicht amtlich veröffentlicht) bezieht sich § 40 BAT als reine Verweisungsnorm nur auf bereits vorhandene Beihilferegelungen des tarifgebundenen Arbeitgebers, ergreift dagegen nicht gleichzeitig auch die beamtenrechtlichen Grundvorschriften, aus denen das Beihilferecht als Konkretisierung der Fürsorgepflicht des öffentlichen Dienstherrn gegenüber seinen Beamten abgeleitet wird. Maßgeblich ist nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts, dass beim Arbeitgeber "die Bestimmungen des Bh-TV auch auf Arbeitsverhältnisse tatsächlich angewendet werden, für die dieser Tarifvertrag nicht kraft Nachwirkung gilt. Damit ist der Bh-TV auch für diese Arbeitsverhältnisse eine bei der Beklagten 'geltende Bestimmung' im Sinne des § 40 BAT. Für diesen Begriff ist nicht die Rechtsqualität der Vorschrift, auf die verwiesen wird, entscheidend, sondern allein ihre rechtliche Geltung, die auch durch eine tatsächliche Anwendung begründet werden kann, die, wie hier, über den Gleichbehandlungsgrundsatz im Außenverhältnis Ansprüche entstehen lässt". Ein unmittelbarer Zugriff des § 40 BAT auf beamtenrechtliche Normen scheidet deshalb aus.

Die Verweisungsnorm ist nicht so ausgestaltet, dass das für die Beamten geltende Recht entsprechend auch auf die Angestellten und Arbeiter anzuwenden wäre. Hätten dies die Tarifvertragsparteien gewollt, hätten sie dies, wie dies in anderen Bereichen (vgl. nur etwa § 11 oder § 14 BAT) geschehen ist, klar vereinbaren und die beamtenrechtlichen Vorschriften für entsprechend anwendbar erklären müssen. Daran fehlt es vorliegend jedoch, wobei wohl auch dem Umstand Rechnung getragen worden sein mag, dass es Arbeitgeber gibt, die unter die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes fallen, aber nicht zugleich Dienstherren von Beamten sind. Dass die für Beamte geltenden Beihilferegelungen nicht unmittelbar über § 40 BAT Inhalt des Tarifvertrags werden und damit als Tarifnormen auf das Arbeitsverhältnis einwirken, folgt bereits aus dem Wortlaut der Tarifbestimmung, wonach es sich um Regelungen handeln muss, die bei dem Arbeitgeber jeweils gelten. Damit muss es sich um arbeitsrechtliche Bestimmungen handeln, weil hier die Stellung eines Arbeitgebers und nicht die eines Dienstherrn angesprochen ist. Deshalb haben die Tarifvertragsparteien auch in Ausfüllung der Tarifnorm auf Landesebene einen diesbezüglichen Tarifvertrag geschlossen, der seinerseits erst das auf die Beamten bezogene dienstrechtliche Regelungswerk für die Arbeitsverhältnisse der Angestellten für entsprechend anwendbar erklärte. Die Regelungen der Beihilfevorschriften ihrerseits betreffen vom Geltungsbereich her nur die Dienstverhältnisse der Beamten usw., nicht aber den gesamten öffentlichen Dienst (vgl. §1 Abs. 2 BVO BW). Durch eine bloße Bezugnahme auf eine Regelung, die sich nach ihrem Geltungsbereich nur auf Beamte erstreckt, wird diese Regelung nur mit diesem Geltungsbereich erfasst und ist damit gerade nicht auf Arbeitsverhältnisse anwendbar. Nach der Struktur des §40 BAT bedarf es einer verbindenden Brücke, die den persönlichen, auf die Beamten usw. beschränkten Geltungsbereich der Beihilfevorschriften auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeiter und Angestellten ausdehnt. Damit handelt es sich bei den Beihilfevorschriften der BVO BW per se nicht um Vorschriften, die bei dem Arbeitgeber gelten. Die Tarifvertragsparteien wollten ersichtlich nicht auf anderweitige Rechtsbeziehungen abstellen, die der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes auf anderen Gebieten seines Handelns (als Dienstherr, als Träger staatlicher fürsorgerischer Leistungen), aber dann nicht als Arbeitgeber, erbringt. Wenn dies so ist, scheidet aber ein unmittelbarer Geltungsgrund der für die Beamten geltenden Beihilfevorschriften über die Verweisung nach § 40 BAT aus.

Eine unmittelbare Anwendung der Beihilfevorschriften des Landes Baden-Württemberg über § 40 BAT kommt deshalb in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht in Betracht.

2. Demnach wurden von § 40 BAT nur die bisher vom Land Baden-Württemberg ohne rechtliche Verpflichtung auch für Arbeitsverhältnisse, die nach Kündigung des Bh-TV im September 1970 geschlossen und deshalb auch nicht von dessen Nachwirkung (§ 4 Abs. 5 TVG) erfasst waren, angewandten Regelungen des Bh-TV in Bezug genommen. Es handelt sich insoweit um eine Einheitsregelung, die Inhalt der Arbeitsverträge wurde. Dies gilt auch für die Beklagte, die ihre Vergütung nach den beim Land Baden-Württemberg geltenden Regeln ausrichtet. Damit hatte § 40 BAT die Funktion einer tariflichen Flankensicherung für die Fälle, in denen sich der Arbeitgeber etwa im Einzelfall von der Anwendung der Beihilferegelungen hätte lossagen wollen, obwohl er sie allgemein anwandte. Handelte es sich aber um eine vom Arbeitgeber selbst gesetzte Einheitsregelung, so konnte er sie zwar nicht im Hinblick auf die bestehenden Arbeitsverhältnisse einseitig wieder beseitigen. Jedoch war dies ohne weiteres für die neu zu begründenden Arbeitsverhältnisse möglich. Denn insoweit bestanden ja noch keine vertraglichen Bindungen. Die vom Arbeitgeber angewandte Beihilferegelung hat damit seit der Bekanntmachung der Hinweise des Finanzministeriums einen neuen Inhalt bekommen, nämlich den, dass unter die bisherige Beihilferegelung nur diejenigen Arbeitsverhältnisse fallen, die zu dem fraglichen Zeitpunkt bereits begründet waren. Insoweit handelt es sich um eine Besitzstandswahrung, weil der Arbeitgeber in diese einheitliche Zusage weder einseitig eingreifen konnte noch eine Änderung im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten erreichen wollte. Diese Regelung mit diesem neuen Inhalt (Beihilfe nur für die Altverhältnisse, keine Beihilfe für die Neuverhältnisse) wird jetzt von § 40 BAT in Bezug genommen und gilt mit diesem Inhalt für alle Arbeitsverhältnisse, gleichgültig, ob Tarifbindung besteht oder ob der BAT nur auf Grund einzelvertraglicher Inbezugnahme gilt. Der Arbeitgeber wendet den Bh-TV damit zwar weiterhin an, aber mit der genannten Einschränkung, die ebenfalls Inhalt der vom Arbeitgeber angewandten Beihilferegelungen ist. Damit ist bei Arbeitsverhältnissen, die nach dem 30. September 1997 neu begründet wurden, also auch bei dem der Klägerin, die Anwendung des Bh-TV nicht mehr Vertragsinhalt geworden, und zwar gleichgültig, ob in dem Arbeitsvertrag die Anwendung dieses Tarifvertrags, wie hier bei der Klägerin, ausdrücklich ausgenommen wurde oder nicht.

Der Arbeitgeber wird also nicht auf Dauer und Ewigkeit über § 40 BAT, solange diese Vorschrift gültig ist, an die Anwendung der Beihilfevorschriften gebunden, wenn er nur in den "Alt"-Arbeitsverhältnissen diese Regelungen noch anwendet. Der persönliche Geltungsbereich dieser Regelungen ist durch den Arbeitgeber eingeschränkt, so dass sich die vom Land Baden-Württemberg angestrebte Wirkung über den Verweis des § 40 BAT ohne weiteres einstellt. Bei dieser Sachlage hat ein ausdrücklicher Ausschluss der Anwendung des Bh-TV nur noch deklaratorische Bedeutung. Die Einheitsregelung wird Vertragsinhalt nur in der zum Einstellungszeitpunkt geltenden Fassung, so dass die Klägerin nicht in deren persönlichen Geltungsbereich fällt.

Daran ändert sich vorliegend auch nichts dadurch, dass die Klägerin in mehreren nahtlos aneinander anschließenden befristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigt war und die Parteien in § 1 des Arbeitsvertrags vom 04.04.1998 die "Weiterbeschäftigung" der Klägerin vereinbart haben. Diese Weiterbeschäftigung als tatsächliches Ereignis erfolgte auf Grund einer neuen rechtlichen Grundlage, nicht auf einer Verlängerung des bis zum 31. Mai 1998 geltenden Arbeitsvertrags. Für die Abgrenzung zwischen einer bloßen Veränderung eines bestehenden Vertrags und der Neubegründung eines Vertragsverhältnisses sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgende Gesichtspunkte maßgeblich: "Von einem Annex-Vertrag ist nur auszugehen, wenn die Parteien dem letzten Arbeitsvertrag keine eigenständige Bedeutung beimessen, sondern durch ihn den bisherigen Vertrag nur hinsichtlich seines Beendigungszeitpunktes modifizieren wollen. Hierzu reicht nicht schon aus, dass der letzte und der vorletzte Arbeitsvertrag in ihren Bedingungen bis auf den Zeitpunkt der Befristung übereinstimmen oder dass die zu erfüllende Arbeitsaufgabe die gleiche bleibt. Vielmehr müssen neben diesen Voraussetzungen weitere Umstände vorliegen, damit aus dem Abschluss des befristeten letzten Arbeitsvertrages nicht geschlossen werden darf, der vorherige Arbeitsvertrag sei in seinen Wirkungen beseitigt worden. Solche besonderen Umstände liegen vor, wenn durch den Anschlussvertrag eine verhältnismäßig geringfügige Korrektur des Befristungszeitpunktes herbeigeführt werden soll und sich diese Korrektur am Sachgrund für die Befristung des zuvor geschlossenen Vertrages orientiert. Die Vertragsänderung darf nur in der Anpassung der ursprünglich zutreffend vereinbarten Vertragszeit an später eingetretene, nicht vorhergesehene Umstände bestehen. Es muss den Parteien bei der Vereinbarung des neuen Befristungsendes also gleichsam darum gegangen sein, die Laufzeit des alten Vertrages mit dem Sachgrund für dessen Befristung in zeitlicher Hinsicht wieder in Einklang zu bringen. Nur in solchen Fällen wird der Wille der Parteien erkennbar, beide Verträge in dem Sinn als Einheit behandeln zu wollen, dass der frühere Vertrag Grundlage des Arbeitsverhältnisses bleibt und lediglich der Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses geringfügig auf den Zeitpunkt korrigiert wird, den die Parteien von vornherein vereinbart hätten, wenn ihnen die während der Laufzeit des Vertrages eingetretene Änderung der Sachlage bereits bei Abschluss des früheren Arbeitsvertrages bekannt gewesen wäre" (vgl. BAG, Urteil vom 13. Juni 1990 - 7 AZR 361/89 - nicht amtlich veröffentlicht mit Hinweis auf BAG, Urteil vom 21. Januar 1987 - 7 AZR 265/85 - AP Nr. 4 zu § 620 BGB Hochschule, zu I 2 der Gründe; ferner: BAG, Urteil vom 07. November 1995 - 9 AZR 654/94 - AP Nr. 38 zu § 59 KO).

Vorliegend haben die Parteien sehr klar zwischen einer bloßen Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrags (vgl. die Vereinbarung vom 07./28.05.1997 - Bl. 26 der Akte des Arbeitsgerichts) und der Neubegründung eines Vertragsverhältnisses auf Grund einer jeweils neuen Bezeichnung des Befristungsgrundes und der zeitlichen Bezeichnung eines Neuanfangs des Vertrags unterschieden. Damit kommt in der maßgeblichen Vertragsurkunde vom 03.04.1998, ohne dass greifbare Zweifel angebracht wären, der jeweilige Wille der Vertragsparteien zum Ausdruck, dass sie ein neues Vertragsverhältnis begründen wollten. Deshalb kann sich die Klägerin auch nicht mehr darauf berufen, sie habe schon vor dem 01. Oktober 1997 zur Beklagten in einem Arbeitsverhältnis gestanden. Auch die Unwirksamkeit der Befristung zum 30. September 1998 hat die Klägerin nicht geltend gemacht, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt nicht von einem "Alt"-Arbeitsverhältnis ausgegangen werden kann.

3. Bei dieser Verfahrensweise des Arbeitgebers liegt auch kein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Insbesondere besteht keine Pflicht des Arbeitgebers, in Bezug auf die Gewährung von Beihilfe die Arbeitnehmer den Beamten gleichzustellen (vgl. BAG, Urteil vom 04. Juni 1985 - 3 AZR 251/83 - AP Nr. 10 zu §1 BetrAVG Zusatzversorgungskassen). Das Vergütungs- und Versorgungssystem zwischen beiden Gruppen der Bediensteten ist nach völlig unterschiedlichen Prinzipien gestaltet.

Innerhalb der Gruppe der neu eingestellten Arbeitnehmer behandelt die beklagte Anstalt alle Arbeitnehmer gleich. Die Differenzierung zwischen den neu eingestellten Arbeitnehmern und denen, die sich zum Stichtag in einem Arbeitsverhältnis befunden haben, ist nicht sachwidrig. Eine Vereinbarung, wonach eine betriebliche Übung mit neu eingestellten Arbeitnehmern nicht gelten soll, verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Der neu eingestellte Arbeitnehmer befindet sich gegenüber den zur Zeit der Geltung der betrieblichen Übung beschäftigten Arbeitnehmern in einer tatsächlich nicht vergleichbaren Lage, weil die betriebliche Übung nur Bestandteil der Arbeitsverträge mit den früher schon beschäftigten Arbeitnehmern geworden ist. Die Neubeschäftigten bilden insofern eine geschlossene Gruppe, die in sich gleichbehandelt wird (vgl. BAG, Urteil vom 10. August 1988 - 5 AZR 676/87 - nicht amtlich veröffentlicht). Für den hier zu entscheidenden Fall gilt nichts Anderes. Darüber hinaus ist die Ungleichbehandlung auch nicht sachwidrig, weil sie getragen ist von der Entscheidung des Arbeitgebers, im Zuge einer Konsolidierung des Staatshaushaltes zur Reduzierung von Personalkosten beizutragen, soweit auf die Leistungen kein Anspruch aus einem gesetzlichen, kollektivrechtlichen oder individualrechtlichen Grund besteht. Dass der Arbeitgeber insoweit die bestehenden Verhältnisse nicht antastet und nur dort die Einsparungen vollzieht, wo nicht in bestehende Vertragsverhältnisse eingegriffen werden muss, ist sachgerecht, weil er sonst in einer Vielzahl von Fällen mit ungewisser Erfolgsaussicht die Änderung der Arbeitsverträge mit den vertragsrechtlich zulässigen Mitteln herbeizuführen versuchen müsste.

4. Dem hier gewonnenen Ergebnis steht auch nicht eine etwaige Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Personalrats entgegen. Der Klägerin macht in Ergänzung ihrer Berufungsbegründung geltend, nach § 76 Abs. 3 Nr. 6 LPVG BW habe der Personalrat ein Mitbestimmungsrecht, das vorliegend nicht gewahrt sei. Diese Auffassung rechtfertigt aber die von ihr gezogenen Schlüsse nicht.

Das Mitbestimmungsrecht des Personalrats erstreckt sich auf "Inhalt und Verwendung von Formulararbeitsverträgen". Es braucht hier nicht abschließend entschieden zu werten, wie § 79 Abs. 3 Nr. 6 LPVG BW auszulegen ist und welchen Regelungsbereich er insgesamt hat. Bei der Entscheidung, ob die Beihilferegelungen auch auf neu begründete Arbeitsverhältnisse angewendet werden sollen, handelt es sich jedenfalls um eine Entscheidung der Landesregierung, die als solche der Mitbestimmung des Personalrats, auf welcher Ebene (Stufe) auch immer, nicht unterliegt. Dieses Mitbestimmungsrecht betrifft jedenfalls auch nicht die Frage, ob Vorgaben der Landesregierung, hier vertreten durch das Finanzministerium, durch Weisung der Aufsichtsbehörden Eingang in den einzelnen Arbeitsvertrag finden dürfen. Es erstreckt sich nur darauf, dass im Zusammenhang mit dem Abschluss schriftlicher Arbeitsverträge bestimmte Anforderungen an die Ausgestaltung und die Frage, welche Punkte in das Formular in welcher Form aufzunehmen sind, zu stellen sind. Dies setzt einen bestimmten Spielraum der Einstellungs- oder Personalverwaltungsbehörde voraus. Den hat sie aber vorliegend angesichts der bekanntgemachten Hinweise des Finanzministeriums und der Weisung des zuständigen Wissenschaftsministeriums nicht. Eine etwaige Verletzung des insoweit bestehenden Mitbestimmungsrechts des Personalrats oder - soweit gesetzlich überhaupt vorgesehen - der Stufenvertretung bei der Erstellung und Ausgestaltung der verwendeten Arbeitsvertragsformulare hat deshalb keinen Einfluss auf die Entscheidung, ob die von der Klägerin hier begehrte Leistung geschuldet wird. Auch wenn das Vertragsformular die etwa ohne Beachtung von Mitbestimmungsrechten des zuständigen Personalrats aufgenommene Formulierung nicht enthielte, änderte sich an der Rechtslage nichts. Die etwaige Verletzung des Mitbestimmungsrechts kann allenfalls die Wirkung haben, dass sich die Beklagte nicht auf diese Vertragsbestimmung berufen darf, dass sie demnach als nicht geschrieben gilt. Auf die Frage, welche Regelung § 40 BAT in Bezug nimmt, hat dieser Umstand, wie oben ausgeführt keinen Einfluss. An der Tatsache, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte Beihilfe hat, ändert sich nichts, auch wenn der Vertrag die Ausschlussklausel bezüglich des Beihilfetarifvertrags nicht enthielte.

5. Damit erweist sich, dass das Arbeitsgericht die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen hat, so dass die Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen ist.

Ende der Entscheidung

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