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Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 13.02.2009
Aktenzeichen: 3 Sa 8/08
Rechtsgebiete: TV-Ärzte
Vorschriften:
TV-Ärzte § 12 |
2. In § 12 TV-Ärzte ist im Rahmen der Merkmale der Entgeltgruppe 3 der Begriff "Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik weit auszulegen. Eine Bindung an die Begriffe der früheren Protokollnotiz Nr. 5 zum allgemeinen Teil der Anlage 1a BAT besteht nicht, da der Tarifvertrag hierfür keine Anhaltspunkte enthält.
3. Deshalb genügt eine organisatorische oder inhaltliche Abgrenzung der Tätigkeit des Oberarztes, für die er die medizinische Verantwortung trägt. Die Unterstellung weiterer (Assisstenz-)Ärzte oder eine organisatorische Verantwortung wird bei objektiver Auslegung von diesem Merkmal nicht erfordert.
Tenor:
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 1. Kammer des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 14. Februar 2008 abgeändert:
Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger Vergütung nach der Entgeltgruppe A 3 Stufe 2 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte) vom 30. Oktober 2006 ab dem 01. Juli 2006 zu bezahlen sowie die sich aus der Einreihung in die höhere Entgeltgruppe ergebende Nachzahlung für den Zeitraum ab 01. Juli 2006 mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit jeweiliger Fälligkeit, frühestens seit 06. Juli 2007, zu verzinsen.
2. Seine weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem beklagten Land auferlegt.
4. Die Revision wird für das beklagte Land zugelassen.
Der Gebührenstreitwert im zweiten Rechtszug wird auf 28.800,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand: Die Parteien streiten über die Frage, in welche Entgeltgruppe nach § 12 TV-Ärzte vom 30. Oktober 2006 der Kläger eingruppiert ist.
Der am 00.00.1946 geborene Kläger steht mit dem beklagten Land am Universitätsklinikum seit 01. Oktober 1980 als Arzt in einem Arbeitsverhältnis. Seit der Anerkennung als Facharzt für Anästhesie erhielt der Kläger ab 01. Juli 1987 Entgelt nach Vergütungsgruppe I b BAT, Fallgruppe 7 des Teils I der Anlage 1a zum BAT (Vergütungsordnung) in der für den Bund und die Bundesländer maßgeblichen Fassung eingruppiert. Wegen des Inhalts des schriftlich abgefassten Arbeitsvertrags vom 01.09.1987 wird auf die in Fotokopie vorgelegte Vertragsurkunde Bezug genommen (Anl. 1 - Bl. 66 der Akte des Arbeitsgerichts). Beide Parteien sind tarifgebunden. Mit schriftlichem Vertrag vom 05.07.1994, wegen dessen Inhalts auf die zur Akte gereichte Fotokopie (Anl. 2 - Bl. 67/68 der Akte des Arbeitsgerichts) Bezug genommen wird, wurde vereinbart, dass er Tätigkeiten nach Vergütungsgruppe I a Fallgruppe 4 BAT zu erbringen habe. Nach § 5 (Aufgaben des Angestellten) wurde er in der Krankenversorgung bei der Abteilung für Anaesthesiologie als Anaesthesist eingesetzt, konnte aber nach besonderer Weisung auch mit Aufgaben in der Lehre und Forschung betraut werden. Am 28. Februar 2002 vereinbarten die Parteien einen Nachtrag zum Anstellungsvertrag, der folgenden Inhalt hat (Anl. K1 - Bl. 6 der Akte des Arbeitsgerichts):
"Nachtrag zum Arbeitsvertrag
Zwischen
...
und
Herrn ... (Kläger)
wird folgender Nachtrag zum Arbeitsvertrag vom 05.07.94 geschlossen: § 1
Herr ... (Kläger)
beschäftigt als Wiss. Mitarbeiter
Klinik für Anaesthesiologie und Transfusionsmedizin, Abt. für Anaesthesiologie
wird mit Wirkung vom 01.03.02 befristet bis 28.02.05 in der Univ.-Klinik für Anaesthesiologie und Transfusionsmedizin, Abt. für Anaesthesiologie die eigenverantwortliche Leitung des Funktionsbereiches "Anaesthesie ZMK" durch ausdrückliche Anordnung übertragen. Neben der eigenverantwortlichen Leitung des Funktionsbereiches ist damit das Weisungsrecht gegenüber den in diesem Bereich tätigen wissenschaftlichen und pflegerischen. Mitarbeitern verbunden.
§ 2
Im übrigen gilt der Arbeitsvertrag vom 05.07.94 weiter. § 3
Die Parteien sind sich außerdem einig, dass dieser Nachtrag zum Arbeitsvertrag von jeder Seite mit einer Frist von sechs Wochen Zum Quartalsende gekündigt werden kann. ..."
Die Zahnmedizinische Klinik (im Folgenden: ZMK), an der der Kläger eingesetzt war, bestand aus den Bereichen Poliklinik für Zahnerhaltung, Poliklinik für zahnärztliche Prothetik und Propädeutik, Poliklinik für Kieferorthopädie sowie Klinik- und Poliklinik für Mund- Kiefer- und Gesichtschirurgie (im Folgenden: MKG). Sie war in einem besonderen Gebäude in der Innenstadt untergebracht. Bei den Patienten handelt es sich überwiegend um Kinder, auch Früh- und Neugeborene. Mit Wirkung vom 01. Februar 2006 wurde der Bereich MKG, in dem der Kläger ganz überwiegend tätig war, an die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik (im Folgenden: BGU) übertragen und in diese räumlich und organisatorisch eingegliedert. Mit Schreiben vom 29.12.2005 (Anl. K3 - Bl. 8 der Akte des Arbeitsgerichts) unterrichtete das UK den Kläger von dieser Absicht, den Beweggründen und den Folgen und bot ihm, wie auch anderen in der MKG beschäftigten Arbeitnehmern, an, den Arbeitgeberwechsel durch die Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB zu vermeiden, das Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Bedingungen mit dem beklagten Land fortzusetzen, jedoch die Tätigkeit im Rahmen einer Personalgestellung unter der fachlichen Aufsicht der BGU am MKG in den von der BGU gestellten Räumlichkeiten fortzusetzen. Auf den weiteren Inhalt des Schreibens wird Bezug genommen. Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die BGU und erklärte sich gleichzeitig "zu einem dauerhaften Arbeitseinsatz an der BGU" bereit, indem er das vom UK zur Verfügung gestellte Formular am 25. Januar 2006 unterzeichnete. Wegen dessen Inhalts im Einzelnen wird auf die vorgelegte Kopie (Anl. K4 - Bl. 14 der Akte des Arbeitsgerichts) Bezug genommen.
Die Aufgaben der Anästhesisten waren im Bereich der UK auf die einzelnen meist räumlich getrennten Kliniken, die sich zum Teil im Bereich der Innenstadt, zum Teil aber auf dem Sch. einem Stadtteil, befinden, aufgeteilt. Der organisatorische Aufbau folgte den räumlichen Gegebenheiten und unterschied zwischen "C.-Kliniken" und "A.-Kliniken". Die C.-Kliniken sind in einem großen Klinikgebäude zusammengefasst und befinden sich auf dem Sch. Die Außen-Kliniken, auch Innenstadtkliniken genannt, befinden sich in verschiedenen Klinikgebäuden unterhalb des Sch. im Talbereich. Der Kläger gab beispielhaft für die Zeit vom 09. bis 13. Januar 2006 einen Dienstplan der Abteilung Anaesthesiologie zur Akte. Fünf von zehn der für die jeweilige Klinik dort jeweils an erster Stelle benannten Ärzte (Anlage BK10 - Bl. 205 der Berufungsakte, vgl. auch Anl. K15 - Bl. 141 der Akte des Arbeitsgerichts für den Zeitraum vom 30. Januar bis 03. Februar 2006) wurden vom beklagten Land in ihren Funktionen ab Inkrafttreten des Tarifvertrags für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte) vom 30. Oktober 2006 nach Entgeltgruppe 3 bezahlt.
Seit dem Übergang der MKG auf die BGU verrichtet der Kläger seine Tätigkeit in den Räumlichkeiten der BGU. Während der ersten sechs Monate nach Betriebsübergang vom 01. Februar 2006 bis zum 01. August 2006, also auch zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Tarifvertrags TV-Ärzte am 01. Juli 2006, wurde die Abteilung "Anästhesie MKG" in derselben Besetzung und mit denselben Funktionen wie am UK betrieben. Um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten, wurde in der "Anästhesie MKG" in dieser Zeit kein Mitarbeiter aus der BGU beschäftigt, weder im ärztlichen noch im pflegerischen Bereich. Die für das Arbeitsgebiet des Klägers erforderliche technische Einrichtung wurde nach den Vorgaben des Klägers angeschafft, weil die BGU noch keine Erfahrungen mit der Operation von Kindern sammeln konnte. Das Leistungsspektrum der MKG ergibt sich aus dem vom Kläger in Fotokopie vorgelegten Tätigkeitsbericht (Anlage K12 - Bl. 126 der Akte des Arbeitsgerichts).
Die BGU, deren Beschäftigte nach einem Haustarifvertrag, der inhaltlich nicht mit dem TV-Ärzte übereinstimmt, vergütet werden, ist in verschiedene Kliniken/Abteilungen untergliedert. Der Kläger ist der Abteilung Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie (im Folgenden: AIS) zugeordnet. Zu dieser Abteilung gehören die Bereiche "interdisziplinäre Intensivstation" mit 15 Betten, "Schmerztherapie" sowie "Narkosebetreuung für die operativen Fächer". Zwei, bei Bedarf drei der zwölf Operationssäle der operativen Fächer sind der MKG vorbehalten. Sie befinden sich auf der vom Kläger zur Akte gereichten Skizze der Räumlichkeiten (Anl. BK14 - Bl. 219 der Berufungsakte) in dem mit "C" und den Ziffern 6 und 7 bezeichneten Bereich. Außer dem Kläger, der nur in dem Bereich MKG tätig ist, und einem weiteren vom UK abgestellten Arzt sind die Anästhesieärzte keinem bestimmten operativen Fach zugeordnet. Sie werden den jeweiligen OP-Sälen der chirurgischen Fächer entsprechend dem jeweiligen Einsatzplan zugeteilt. In der AIS sind ein Chefarzt, ein Chefarzt-Stellvertreter, fünf Oberärzte sowie ca. 26 weitere Ärzte, davon ca. 17 Fachärzte und 9 Assistenten in der Facharztweiterbildung beschäftigt.
Der Kläger begehrt mit der Klage Vergütung nach § 12 Entgeltgruppe 3, Stufe 2 (er rechnet nur die Zeit ab der Zusatzvereinbarung vom 28. Februar 2002) TV-Ärzte ab 01. Juli 2006 entsprechend § 17 TVÜ-Ärzte an Universitätsklinken vom 30.10.2006. Das beklagte Land vergütet den Kläger jedoch seither nur nach Entgeltgruppe Ä 2 Stufe 3.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, bereits im Hinblick auf den besagten Nachtrag zum Arbeitsvertrag und die darin ausdrücklich erfolgten Übertragung der Leitung des Funktionsbereiches "Anästhesie ZMK" sowie des Weisungsrechts gegenüber den in diesem Bereich tätigen wissenschaftlichen und pflegerischen Mitarbeitern erfülle er die Merkmale der 1. Alternative der Entgeltgruppe 3. Nach Ablauf dieses befristeten Nachtrags sei er weiterhin in derselben Funktion und mit derselben ausdrücklichen Übertragung tätig geworden. Auch aus dem tatsächlichen Einsatz sei diese Rechtsfolge abzuleiten. Dass er die tariflichen Merkmale der Entgeltgruppe 3 erfülle, ergebe sich bereits aus der Pool-Verteilung 2005 (Anl. K2 - Bl. 7 der Akte des Arbeitsgerichts), bei der er als Facharzt mit bereichsleitender Funktion bezeichnet und mit einer entsprechenden Punktzahl beteiligt werde. Auch in den Arbeitsplänen sei er bis 01. Februar 2006 als Funktionsoberarzt, also als Facharzt, welcher die Funktion eines Oberarztes ausübe, ohne den Titel "Oberarzt" verliehen bekommen zu haben, ausgewiesen worden. Durch den Übergang der MKG auf die BGU habe sich sein Verantwortungsbereich nicht verändert. Außer in dem Bereich MKG seien in der ZMK keine Anästhesisten eingesetzt gewesen, da in den restlichen Bereichen der ZMK allenfalls Lokalanästhesien vorzunehmen gewesen seien. Die BGU bezeichne in dem von ihr selbst verfassten Bericht den Bereich MKG als "Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen". Auch in dem offiziellen Jahresbericht 2006 der BGU werde die MKG als "Fachgebiet" bezeichnet (vgl. Bl. 127 der Akte des Arbeitsgerichts). Allein die Tatsache, dass ein Tätigkeitsbericht über den Bereich MKG erstellt worden sei, in der die MKG als "Organisationseinheit/Fachabteilung" bezeichnet worden sei, beweise, dass hier ein eigenständiger Bereich vorliege. Aus dem Tätigkeitsbericht der MKG gehe hervor, dass in der MKG ein über die ZMK hinausgehendes Spektrum von Fällen behandelt werde. Der Kläger betreue auch nach dem Umzug als Anästhesist das gesamte Leistungsspektrum, das er auch vor dem Umzug betreut habe. Parallel zum chirurgischen Bereich der MKG gebe es notwendigerweise auch den anästhesiologischen Bereich der MKG. Dieser Bereich werde von ihm geleitet. Die Alleinverantwortlichkeit für den Funktionsbereich MKG ergebe sich aus den Tätigkeiten, die er dort verrichte. Er nehme bei erkennbar schwierigen Fällen die Prämedikation vor. Einen Tag vor oder am Tag der vom Chirurgen festgelegten Operation entscheide er im Rahmen der Prämedikation, ob der angesetzte Eingriff stattfinden könne. Er werde, wenn Schwierigkeiten bei der Prämedikation auftauchen würden, herbeigeholt. Bei sehr schwierigen Fällen finde eine Abstimmung im Vorfeld statt. Dies sei manchmal bei Operationen der Fall, die einen ganzen Tag oder auch länger dauern könnten. In diesen Fällen entscheide der Kläger in enger Abstimmung bereits Tage zuvor, welche Eingriffe den Patienten je nach seinem Gesundheitszustand zuzumuten seien. Wenn möglich, werde eine Absprache mit den Chirurgen getroffen, nach der die Operation in zwei oder drei Abschnitte aufgeteilt werde. Nach jedem dieser Abschnitte entscheide dann der Kläger im Operationssaal, ob der jeweils nächste Abschnitt zu diesem Zeitpunkt durchgeführt werden könne oder ob die Operation aufgrund des Gesundheitszustandes abgebrochen werden müsse. Es obliege allein dem Kläger, die schwierigen Eingriffe als Anästhesist durchzuführen. Der Kläger entscheide sowohl über das "Ob" als auch das "Wie" des Eingriffs. Allein der Kläger entscheide, ob ein Patient aus anästhesiologischen Gründen behandelt werden kann oder nicht.
Der Kläger könne Entscheidungen seiner Kollegen ändern, jedoch könnten diese seine Entscheidungen nicht revidieren. Der Kläger werde bei unerwarteten Komplikationen auch außerhalb seiner Arbeitszeit angerufen und erscheine, wenn es ihm möglich sei. Seine Aufgabe bestehe darin, Gefahren im Voraus zu erkennen, sie zu vermeiden und Hinweise zur Vorgehensweise zu geben. Die Hauptaufgabe des Klägers sei, bei schwerkranken Patienten die Komplikationen bei der Narkose einzuschätzen, die Zumutbarkeit des Eingriffs im Gespräch mit dem Chirurgen abzusprechen und die Eingriffe durchzuführen. Darüber hinaus stehe er in anderen Fällen als Ansprechpartner und letzter verantwortlicher Entscheidungsträger zur Verfügung. Für die Chirurgen der MKG sei der Kläger der Narkosearzt für die operative Planung und den Informationsaustausch in der MKG. Der Kläger erfülle somit Leitungsaufgaben. Ihm unterstehe, wie in dem Nachtrag zum Arbeitsvertrag vom 05.07.1994 festgelegt, weiterhin das wissenschaftliche und pflegerische Personal. In der "Anästhesie MKG" im Operationssaal unterweise er, wie jeder Facharzt, der eine Operation leite, zunächst das pflegerische Personal. Darüber hinaus habe er regelmäßig zu Ausbildungs- und Einarbeitungszwecken andere Fachärzte, Assistenzärzte und Studenten bei sich. Er nehme außerdem an klinikinternen Kolloquien teil. Deren Aufgabe sei unter anderem, Richtlinien für den jeweils eigenen Fachbereich zu erstellen und den Kollegen bekannt zu machen. Auch der Kläger habe Richtlinien schriftlich festgehalten und ausgehändigt (vgl. 2 Exposés des Klägers Anl. K16 bis K18 - Bl. 143 bis 150 der Akte des Arbeitsgerichts). Der Kläger nehme darüber hinaus an Leitungsbesprechungen für den Fachbereich Anästhesie teil, die alle sechs bis acht Wochen stattfänden und an denen nur Oberärzte, Funktionsoberärzte sowie zwei leitende Pfleger beteiligt seien, wie sich aus der Adressierung ergebe (Anl. K19 und K20 - Bl. 152 bis 154 der Akte des Arbeitsgerichts). Er sei ferner befugt, den Chefarzt Prof. Dr. F. bei Abwesenheit zu vertreten und tue dies auch regelmäßig. Auch im Telefonverzeichnis der BGU werde er unter der AIS als Funktionsoberarzt ausgewiesen (Anl. K22 - Bl. 157 - 160 der Akte des Arbeitsgerichts).
Der Kläger hat folgenden Antrag gestellt:
Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger Vergütung nach der Entgeltgruppe A 3 Stufe 2 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte) vom 30.10.2006 ab dem 01.07.2006 zu bezahlen sowie die sich aus der Einreihung in die höhere Vergütungsgruppe ergebende Nachzahlung für den Zeitraum ab 01.07.2006 mit 5%-Punkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land hat vorgetragen, der Kläger sei an der BGU ausschließlich im Anästhesiebereich der MKG eingesetzt. In der Betriebsorganisation der BGU sei im Anästhesiebereich keine ärztliche Leitungsfunktion ausgewiesen, die beschränkt sei auf die MKG. Die ärztliche Verantwortung für den MKG-Anästhesiebereich sei einem Oberarzt des Anästhesiebereichs übertragen, welcher neben der MKG auch für andere Fachbereiche zuständig sei. Selbst wenn der Kläger die Aufsicht über zwei Operationssäle haben sollte, könne dies seinen Anspruch nicht begründen. Die Fachaufsicht über zwei Operationssäle stelle nicht die Leitung eines Teil- oder Funktionsbereiches dar, da es sich dabei nicht um eine funktional und räumlich abgrenzbare Einheit mit personeller Ausstattung sowie einer gewissen Selbstorganisation handle. Die Funktionsübertragung im Nachtrag zum Arbeitsvertrag vom 05.07.1994 sei nicht mit einer Änderung der Eingruppierung verbunden gewesen. Der Kläger sei weiterhin eingruppiert gewesen in die Vergütungsgruppe I a Fallgruppe 4 BAT. Mit der Übertragung dieser Funktion sei weder ein Tätigkeitsmerkmal einer höheren Vergütungsgruppe noch ein Tätigkeitsmerkmal einer anderen Fallgruppe innerhalb der Vergütungsgruppe 1 a verbunden gewesen. Der Arbeitgeber wäre deshalb auch berechtigt gewesen, dem Kläger innerhalb dieser Vergütungsgruppe auch eine andere tarifgerechte Tätigkeit zuzuweisen. Immer hätten sich die Tätigkeiten des Klägers auf die Ausübung von Facharzttätigkeiten beschränkt. Er habe keine Vorgesetztenfunktion gegenüber anderen Ärzten. Auch liege das Merkmal eines Funktions- oder Teilbereichs nicht vor.
Das Arbeitsgericht hat im angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen darauf abgehoben, der Kläger habe auch dann, wenn zu seinen Gunsten von einem Teilbereich im Tarifsinne ausgegangen werde, nicht zu mindestens 50 % seiner Tätigkeit im Anästhesiebereich Oberarztfunktionen ausgeübt, weil er vorwiegend Facharzttätigkeiten erbracht habe. Darüber hinaus seien ihm in der Zusatzvereinbarung keine Weisungsrechte über Fachärzte eingeräumt worden, denn Ärzte zählten nicht zu dem dort genannten wissenschaftlichen Personal. Dass er Weisungen habe erteilen dürfen und erteilt habe, sei auch sonst nicht konkret dargelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er seinen Klageantrag unverändert weiterverfolgt.
Er meint, das Urteil des Arbeitsgerichts beruhe auf einer fehlerhaften Auslegung des Eingangssatzes des § 12 TV-Ärzte. Wie im Bereich des BAT anerkannt sei, dass die Leitungstätigkeit als ein einziger großer Arbeitsvorgang anzusehen ist, so treffe dies auch für die ärztliche Verantwortung zu. Der Kläger übe ständig Oberarztfunktionen bei seinem Einsatz aus. Die Weisungsbefugnis gegenüber dem "wissenschaftlichen Personal", wie sie in der Ergänzungsvereinbarung angesprochen sei, betreffe entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts auch unterstellte Ärzte. Die notorische Unterbesetzung der Abteilung in den letzten Jahren mit nur einem weiteren Facharzt täusche über den wahren Umfang der Abteilung und die Aufgaben, die der Kläger wahrnehme. Bei ordnungsgemäßer Besetzung müsse wie im Bereich "Anästhesie HNO" neben dem vorhanden Facharzt (Herrn Dr. W.) mindestens stets ein weiterer Facharzt dauerhaft eingesetzt werden. Auch die Zahl der untergeordneten Fachärzte in der BGU entspreche der üblichen Aufteilung. In der BGU stünden in der Abteilung Anästhesie den sechs eingruppierten Oberärzten und dem Kläger ca. 14 Vollzeit-Fachärzte zur Verfügung. Etwa ein Drittel der Fachärzte versorgten die Intensivstation. Dem Kläger seien regelmäßig ein bis zwei anästhesiologische Fachärzte unterstellt. Die damit verbundene personelle Rotation entspreche auch den übrigen Bereichen. Der Kläger sei bei seiner Tätigkeit auch keinem weiteren Oberarzt unterstellt. Die gegenteilige Behauptung des beklagten Landes werde nicht substanziiert. Aus der Tatsache, dass Dienstpläne von einem "Dienstoberarzt" erstellt werden, folge eine solche Unterstellung nicht. Der Kläger veranlasse die jeweils erforderlichen Änderungen und fordere gegebenenfalls weitere Fachärzte an. Bei Komplikationen oder Notfällen werde er von diesen gerufen und veranlasse die erforderlichen Maßnahmen. Er vertrete den Chefarzt bei der Behandlung von Wahlleistungspatienten, was nur Oberärzten möglich sei. Schließlich könne sich das beklagte Land auch nicht auf einen Vorbehalt bezüglich der Ernennung oder Vergütung eines Oberarztes berufen. Die MKG sei bis zum Betriebsübergang wie alle so genannte Außenkliniken in einem separaten Gebäude untergebracht gewesen. Falls der Kläger die Hilfe eines anderen Anästhesie-Oberarztes benötigt hätte, hätte dieser aus einem anderen Gebäude kommen und sich für die OP-Säle der MKG umkleiden und steril machen müssen. Der Kläger sei also vor dem Umzug räumlich vollkommen abgetrennt und auf sich allein gestellt tätig gewesen. In der BGU seien dem Kläger jetzt mindestens zwei besondere Operationssäle zugewiesen worden, die anlässlich des Betriebsübergangs nach seinen Vorgaben eingerichtet und ausgestattet worden seien. Diese seien miteinander verbunden, um eine gute Kommunikation sicherzustellen. Andere Ärzte würden nicht ohne vorherige Einarbeitung durch den Kläger eingesetzt. Deshalb sei insoweit auch immer von der "Fachabteilung MKG" die Rede (Operationsplan Anl. BK 20 - Bl. 229 der Berufungsakte).
Demgegenüber verteidigt der Beklagte das angegriffene Urteil und bittet um die Zurückweisung der Berufung.
Es hat sich die Auffassung des Arbeitsgerichts zu Eigen gemacht, dass der Kläger nicht dargelegt habe, dass er zu mindestens mit der Hälfte der Arbeitszeit oberärztliche Funktionen wahrnehme. Er übe auch lediglich Tätigkeiten aus, wie sie für einen Facharzt typisch seien. Er habe keinerlei Weisungsfunktion gegenüber anderen Ärzten gehabt und habe sie auch jetzt nicht. Ein so kleines Arbeitsgebiet wie das vom Kläger betreute könne auch nicht den Tarifbegriff eines Funktions- oder Teilbereichs erfüllen. Er sei auch vor dem Betriebsübergang dem Oberarzt Dr. S. unterstellt gewesen, der für alle Innenstadtkliniken die Einteilung vorgenommen habe. Aus der Verwendung von bestimmten Begriffen könne auch nicht auf das Vorliegen der tariflichen Voraussetzungen geschlossen werden. An der BGU sei stets der diensthabende Oberarzt auch für den Kläger zuständig. Bei der UK sei der Talbereich organisatorisch in eine Einheit mit oberärztlicher Verantwortung zusammengefasst. Diese Sachverhalte lasse die Gegenseite unerwähnt. Verantwortlicher Oberarzt für den Talbereich sei bis zum Teilbetriebsübergang Herr Dr. S. gewesen, wie aus der Anl. BK 10 des Klägers erkennbar sei. Zur täglichen Routine des für den Talbereich zuständigen Oberarztes habe die morgendliche Frühbesprechung gehört. Besprochen worden sei jeder Anästhesiepatient im Innenstadtklinikum. Herr Dr. S. habe die Aufgabe gehabt, auf Risiken hinzuweisen bzw. sie zu diskutieren und im Zweifel über die Art und Weise der durchzuführenden Narkose zu entscheiden. Außerdem sei er zuständig für den Dienstplan für diesen Bereich gewesen. Er habe also die medizinische Verantwortung getragen und sei auch berechtigt gewesen, dem Kläger Anweisungen zu erteilen. Richtig sei, dass für jeden externen OP-Bereich (Augenklinik, HNO-Klinik, MKG-Klinik) jeweils ein verantwortlicher Anästhesist eingeteilt war, diese Funktion sei jedoch keineswegs automatisch mit der Stellung als Oberarzt verbunden gewesen; vielmehr sei die aufsichtsführende Funktion in einigen Bereichen auch erfahrenen Fachärzten übertragen (auch für den Bereich im MKG-OP).
Zu letzterem Punkt erwidert der Kläger wie folgt: Es sei schlicht unmöglich, einem Anästhesisten die medizinische Verantwortung für alle Universitätskliniken im Talbereich (= Innenstadtkliniken oder Talkliniken) zu übertragen. Die OP-Säle der verschiedenen einzelnen Kliniken befänden sich in unterschiedlichen Gebäuden. Bei der Behauptung, dass Herr S. die medizinische Verantwortung für alle Kliniken im Tal innehatte, widerspreche sich das beklagte Land allerdings selbst. Dann könnten die Bereiche "Anästhesie Augenklinik" und "Anästhesie Frauenklinik" auch nicht von Oberärzten geleitet werden, die nach Entgeltgruppe Ä 3 vergütet würden. Herr Dr. S. habe als leitender Oberarzt eine organisatorische, genauer gesagt, koordinierende Verantwortung für die Kliniken im Talbereich.
Wegen des Vorbringens der Parteien in seinen Einzelheiten wird auf den Inhalt ihrer vorbereitenden Schriftsätze im Berufungsrechtszug sowie des angegriffenen Urteils, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und des schriftlichen Verfahrens waren, Bezug genommen. Die Parteien haben sich in der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2008 mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die an sich statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch in der Sache im Wesentlichen gerechtfertigt. Das Arbeitsgericht hat aus diesseitiger Sicht zu Unrecht die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Dem Kläger steht der eingeklagte Anspruch seit 01. Juli 2006 (§ 17 TVÜ-Ärzte) zu. Er erfüllt die Merkmale eines Oberarztes im Sinne des § 12 Entgeltgruppe Ä3, 1. Alt. TV-Ärzte. Er trägt über einen Teilbereich (zu 1.) die medizinische Verantwortung (zu 2.) zu mehr als der Hälfte der von ihm auszuübenden Tätigkeit (zu 3.), die ihm vom Arbeitgeber übertragen wurde (zu 4.). Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
Auszugehen ist von der tariflichen Norm. Diese hat folgenden Wortlaut:
§ 12 Eingruppierung Ärzte sind entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend und zeitlich mindestens zur Hälfte auszuübenden Tätigkeit wie folgt eingruppiert:
Entgeltgruppe | Bezeichnung |
A 1 | Ärztin/Arzt mit entsprechender Tätigkeit |
A 2 | Fachärztin/Facharzt mit entsprechender Tätigkeit |
A 3 | Oberärztin/Oberarzt |
Oberarzt ist derjenige Arzt, dem die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung vom Arbeitgeber übertragen worden ist. | |
Oberarzt ist ferner der Facharzt in einer durch den Arbeitgeber übertragenen Spezialfunktion, für die dieser eine erfolgreich abgeschlossene Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung nach der Weiterbildungsordnung fordert. | |
A 4 | Fachärztin/Facharzt, der/dem die ständige Vertretung des leitenden Arztes (Chefarzt) vom Arbeitgeber übertragen worden ist. |
(Protokollerklärung: Ständiger Vertreter ist nur der Arzt, der den leitenden Arzt in der Gesamtheit seiner Dienstaufgaben vertritt. Das Tätigkeitsmerkmal kann daher innerhalb einer Klinik nur von einer Ärztin/einem Arzt erfüllt werden.) |
Im Hinblick auf die Überleitung der Ärzte der Universitätskliniken vom Tarifsystem des BAT in dasjenige des TV-Ärzte haben sich die Tarifvertragsparteien auf Folgendes verständigt:
Niederschriftserklärungen zum TV-Ärzte:
Zu § 4 TVÜ-Ärzte:
Die Tarifvertragsparteien gehen davon aus, dass Ärzte, die am 31. Oktober 2006 die Bezeichnung "Oberärztin/Oberarzt" führen, ohne die Voraussetzungen für eine Eingruppierung als Oberärztin beziehungsweise Oberarzt nach § 12 TV-Ärzte zu erfüllen, die Berechtigung zur Führung ihrer bisherigen Bezeichnung nicht verlieren. Eine Eingruppierung nach Entgeltgruppe Ä 3 ist hiermit nicht verbunden. Die Tarifvertragsparteien werden im Frühjahr 2007 auf Verlangen des Marburger Bundes gemeinsam die ordnungsgemäße Überleitung in den TV-Ärzte prüfen.
Die missbräuchliche Entziehung der Tätigkeit mit dem ausschließlichen Ziel, eine höhere Eingruppierung beziehungsweise eine Besitzstandzulage zu verhindern, ist nicht zulässig.
1. Teilbereich
Soweit die Auffassung vertreten wird, der Begriff "Teil- oder Funktionsbereiche" solle grundsätzlich den Regelungsinhalt der früheren Protokollnotiz Nr. 5 zum allgemeinen Teil der Anlage 1a BAT wiedergeben (Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen, TV-Ärzte § 12 Erl. 3.3.1 - Rn. 15), kann dem nicht gefolgt werden. Dies wäre nur dann der Fall, wenn diese Protokollnotiz erneut in den vorliegenden Tarifvertrag aufgenommen worden wäre. Die Tatsache, dass die Tarifvertragsparteien diese Protokollnotiz nicht mehr zum Inhalt des Tarifvertrags gemacht haben, zeigt, dass sie unabhängig von ihr eine Regelung treffen wollten (BAG, Urteil vom 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - AP § 1 TVG Auslegung Nr. 2). Der fehlende Hinweis auf den Inhalt der genannten Protokollnotiz und die Tatsache, dass der Begriff "Funktionsbereich" um den Begriff "Teilbereich" erweitert worden ist, spricht dafür, dass es sich nach dem Willen der Tarifvertragsparteien um eine eigenständige und aus sich heraus auszulegende Regelung handelt. Darüber hinaus hat die Regelung bezüglich des Funktionsbereichs in Vergütungsgruppe I b Fallgruppe 10 BAT/BL eine modifizierte Nachfolgeregelung in der zweiten Alternative gefunden, während die hier einschlägige erste Alternative eher an Fallgruppe 9 anschließt. Dabei ist auffällig, dass es sich, wie in Ä 3 TV-Ärzte, nach dem tariflichen Wortlaut nicht um Fachärzte handeln muss. Es ist davon auszugehen, dass eine Facharztausbildung selbstverständliche Voraussetzung für dieses Merkmal ist.
a) Da sich der Wortlaut der fraglichen Tarifbestimmungen ersichtlich von den Vorgängerregelungen absetzt und nicht mehr auf leitende Funktionen oder inhaltliche Anforderungen eines Funktionsbereichs abgestellt wird, ist bei der Auslegung zu berücksichtigen, dass die Tarifvertragsparteien solche Sachverhalte für ein Eingreifen dieser Alternative ausreichen lassen wollten, die unmittelbar auf die im Wortlaut zum Ausdruck gebrachte inhaltliche Anforderung der Norm bezogen sind, ohne dass auf ungeschriebene Tatbestandsmerkmale aus den Vergütungsgruppen des BAT zurückzugreifen ist. Da dieser Begriff inhaltlich nicht weiter gehend bestimmt ist, kann er auch in einem weiten Sinne verstanden werden und erfasst jedenfalls organisatorische Unterteilungen, die einen bestimmten räumlichen, strukturellen und inhaltlichen Zusammenhang beschreiben. Es ist ausschließlich von den tariflichen Merkmalen auszugehen. Danach ist es müßig, auf den Unterschied zwischen einem Teil- und einem Funktionsbereich einzugehen; denn die Tarifvertragsparteien haben durch die gewählte Formulierung gerade zum Ausdruck gebracht, dass es nicht darauf ankommt, ob sich die Abgrenzung nach inhaltlichen oder nach organisatorischen Komponenten bestimmt. Dort ist auch nicht ausdrücklich auf das Erfordernis einer eigenen personellen oder sachlichen Ausstattung abgehoben. Es kommt auch nicht auf eine Führungsverantwortung oder Dienstaufsicht oder disziplinarische Befugnisse gegenüber dem Personal an. Vielmehr ist ausschließlich auf die medizinische Verantwortung abgestellt. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass sich dieses Merkmal nur auf die fachliche Komponente, nicht auf eine organisatorische oder dienstrechtliche Aufsicht bezieht. Ob dem Kläger eine über die Fachaufsicht hinausgehende Weisungsbefugnis erteilt worden ist, ist deshalb nicht von Bedeutung. Dass aber der Kläger zumindest dem ärztlichen Hilfspersonal im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit fachliche, also ärztlich begründete Anweisungen geben durfte, ist zwischen den Parteien nicht im Streit und dürfte systemnotwendig sein. Unter diesem Gesichtspunkt ist der dem Kläger durch Änderungsvertrag vom 28. Februar 2002 zugewiesene dort so genannte Funktionsbereich "Anaesthesiologie ZMK" ein Teilbereich im Sinne der Tarifnorm. Er ist eindeutig abgrenzbar gegenüber anderen Unterteilungen der Klinik für Anaesthesiologie, die in den einzelnen "Innenstadtkliniken" vorhanden waren.
b) Dass sich die Übertragung der "eigenverantwortlichen Leitung des Funktionsbereiches ,Anaesthesiologie ZMK' durch ausdrückliche Anordnung" auf die Vergütung nach der damaligen Eingruppierung des Klägers nicht auswirkte, ist für die Streitfrage, ob es sich um einen Teilbereich handelte, ohne Belang. Maßgeblich ist, dass dem Kläger ein räumlich von der fraglichen Abteilung "Anaesthesiologie" abgetrennter Teilbereich zugewiesen wurde, der sich nach Inkrafttreten der hier maßgeblichen tariflichen Bestimmungen jetzt auswirkt. Aus den Tarifnormen ist nicht zu ersehen, dass die Zuweisung eines Teilbereichs im Sinne der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte nur dann vergütungsrelevant ist, wenn diese erst in der Zeit nach dem Inkrafttreten des TV-Ärzte erfolgte. Vielmehr haben die Tarifvertragsparteien auf die materielle Situation abgestellt. Dies ergibt sich ja umgekehrt auch aus der Protokollnotiz Nr. 5 zu § 4 TVÜ-Ärzte, wenn darauf abgehoben wird, dass die Bezeichnung "Oberarzt" unabhängig davon sein soll, ob die Anforderungen der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte erfüllt sind. Es sind ausschließlich materielle Umstände für die Eingruppierung maßgeblich, die vor oder nach Inkrafttreten des Tarifvertrags vorzufinden sind. Die Entscheidung des Arbeitgebers, sich die Benennung der Oberärzte vorzubehalten, die nach seiner Auffassung die Merkmale der Entgeltgruppe Ä 3 erfüllen, ist tarifrechtlich ohne Belang, soweit es nicht um die Zuordnung eines Teil- oder Funktionsbereichs geht.
c) An dieser Sachlage hat sich auch nichts durch den Betriebsübergang der MKG auf die BGU geändert. Nach den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien blieb der "Arbeitsvertrag mit allen Rechten und Pflichten erhalten" (Anl. K4 - Bl. 14 der Akte des Arbeitsgerichts). Damit blieb dem Kläger auch die Unterstellung des fraglichen dort so genannten "Funktionsbereichs" erhalten, soweit diese Befugnis nicht durch Zeitablauf oder Änderungsvereinbarung erloschen ist. Auf die Frage, ob es sich auch nach Betriebsübergang der MKG insoweit um einen Teilbereich handelt, käme es dann nicht mehr an; denn dann hätte der Kläger gegen das beklagte Land einen vertraglichen Anspruch auf Beibehaltung der vertraglich vereinbarten Bedingungen, die sich nunmehr auf die Höhe der Vergütung auswirkten. Unabhängig davon liegen auch nach dem Betriebsübergang trotz der räumlichen Eingliederung der MKG bei der BGU die tariflichen Voraussetzungen in diesem Punkt vor. Auch wenn die räumliche Trennung der Innenstadtkliniken der UK nicht mehr von Bedeutung ist, handelt es sich doch insoweit noch um einen Teilbereich, weil hier besondere Arten von Operationen vorgenommen werden, die Gegenstand der MKG sind und waren. Auch dieser Gegenstand der ärztlichen Tätigkeit lässt sich nicht nur im Hinblick auf die Belegung der Operationssäle und deren besondere Ausstattung, sondern auch im Hinblick auf die Art der erforderlichen Behandlungen und der Patienten rechtfertigen. Dass deshalb, weil überwiegend Kinder operiert wurden, besondere Anforderungen auch an den Anaesthesisten gestellt werden, hat der Kläger schon dadurch hinreichend vorgetragen, dass die Operationssäle für diesen Teilbereich einer besonderen Ausstattung bedurften und diese Ausstattung nach seinen Angaben erfolgte. Dies hat das beklagte Land nicht bestritten. Worauf letztlich der Umstand beruht, dass der Kläger ausschließlich in diesem Teilbereich tätig ist, ob es sich um ein "Entgegenkommen" der BGU oder um eine auf der unbestrittenen besonderen Sachkenntnis des Klägers beruhenden medizinischen Notwendigkeit handelt, ist nicht von Bedeutung. Für die Erfüllung des Begriffs "Teilbereich" genügt es, dass der Kläger gegenständlich für bestimmte Arten von Eingriffen zuständig ist, die sich von anderen Operationen nach der Art der einem Eingriff unterliegenden Körperteile unterscheidet. Auch wenn der Kläger nunmehr in die AIS der BGU eingegliedert wurde, betätigt er sich doch weiterhin in der aufgrund Betriebsübergangs von der BGU übernommen organisatorischen Einheit, die der früheren MKG entsprach. Wenn dann auch nach dem Verständnis der Beteiligten in den vom Kläger aufgeführten Dokumenten von Begriffen wie "Bereich MKG", "Ausbildungskonzept MKG" oder "Einarbeitung MKG" die Rede ist, gibt es weitere Indizien für die Richtigkeit der Behauptung des Klägers, wonach er in einem Teilbereich im Sinne der fraglichen Tarifnorm tätig ist. Wenn das beklagte Land ausführt, dass die Tatsache, dass OP-Säle speziellen Fachabteilungen zugeordnet werden, nicht eine organisatorisch abgegrenzte Einheit beinhalte, dies sei vielmehr Folge des speziellen Bedarfs an Instrumenten und technischen OP-Voraussetzungen (z. B. Mikroskopen), die nur sehr aufwändig von einem zum nächsten OP-Saal zu transportieren wären, so mag es richtig sein, dass diese Einteilung durch den Arbeitsablauf und nicht durch die Organisationsstruktur begründet ist. Sie führt aber zu einer entsprechenden Organisationsstruktur, die das Vorliegen eines bestimmten Teilbereichs nach sich ziehen kann, soweit auch sachliche Abgrenzungskriterien bestehen. Dies ist hier der Fall.
2. medizinische Verantwortung
Dem Kläger wurde auch die medizinische Verantwortung über den fraglichen Teilbereich übertragen.
a) Dieses Merkmal setzt zunächst keine über den medizinisch-fachlichen Bereich hinausgehende Weisungsbefugnis voraus. Insbesondere kann hieraus nicht hergeleitet werden, dass dem Arzt die Leitung dieses Teilbereichs in jeder Hinsicht übertragen werden müsste. Denn das Wort "medizinisch" beschränkt sich auf die spezifisch ärztliche Tätigkeit und beinhaltet gerade keine weiter gehenden organisatorischen Befugnisse. Insofern unterscheidet sich die fragliche Tarifnorm von den früheren Regelungen. Diese können demnach nicht zur Auslegung herangezogen werden. Über diese Anforderungen hinaus hat aber das beklagte Land den Kläger zeitlich vorangehend mit einer umfassenden Weisungsbefugnis ausgestattet und ihm das in diesem Bereich tätige Personal unterstellt. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts betrifft die Bezeichnung "wissenschaftlich" auch das ärztliche Personal. Das Arbeitsgericht hat insoweit übersehen, dass auch der Kläger im Nachtrag vom 28. Februar 2002 als wissenschaftlicher Angestellter bezeichnet wird. Daraus ist zu folgern, dass mit diesem Begriff (auch) die im UKT beschäftigten Ärzte gemeint sind. Dem ist das beklagte Land auch nicht entgegengetreten.
b) Mit dem Tarifbegriff der Verantwortung verwenden die Tarifvertragsparteien einen Begriff, wie er auch Gegenstand früherer tariflicher Regelungen war (z.B. Vergütungsgruppe I a Fallgruppe 1a BAT). Unter Verantwortung im Sinne des Tätigkeitsmerkmals der Vergütungsgruppe I a Fallgr. 1 a Teil I Allgemeiner Teil der Anl. 1 a zum BAT ist die Verpflichtung des Angestellten zu verstehen, dafür einstehen zu müssen, dass in dem ihm übertragenen Dienst- oder Arbeitsbereich die dort - auch von anderen Bediensteten - zu erledigenden Aufgaben sachgerecht, pünktlich und vorschriftsgemäß ausgeführt werden (vgl. BAG, Urteil vom 24. Juni 1998 - 4 AZR 304/97 - AP Nr. 241 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Der Begriff beinhaltet die Verpflichtung, der jeweiligen Stellung oder Aufgabe entsprechend dafür zu sorgen, dass innerhalb eines bestimmten Rahmens oder Lebensbereiches alles einen guten, sachgerechten Verlauf nimmt (BAG, Urteil vom 19. März 1986 - 4 AZR 624/84 - AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dabei kann sich je nach der Lage des Einzelfalles die tariflich geforderte Verantwortung des Angestellten auf andere Mitarbeiter oder dritte Personen, Sachen, Arbeitsabläufe, zu gewinnende wissenschaftliche oder fachliche Resultate oder - wie etwa bei dem Einsatz von Computern - auf technische Zusammenhänge beziehen. Für das Vorliegen der tariflich geforderten Verantwortung kann auch sprechen, dass die Tätigkeit des betreffenden Angestellten keiner weiteren oder nur einer lockeren Kontrolle oder Überprüfung unterliegt.
c) Diese Anforderungen sind in Bezug auf die Person des Klägers erfüllt. Der Kläger hat hinreichend Umstände vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass er Verantwortung für eine ordnungsgemäße Betreuung der Patienten in seinem Fachgebiet zu tragen hat. Zum einen ergibt sich dies bereits aus der Zusatzvereinbarung vom 28. Februar 2002. Denn wenn ihm dort das beklagte Land die "alleinverantwortliche" Leitung des fraglichen Teilbereichs übertragen hat, ist notwendigerweise auch die medizinische Verantwortung für die ordnungsgemäße Vornahme der erforderlichen ärztlichen Maßnahmen erfasst. Wenn ihm weitere Ärzte unterstellt wurden, die seinem Weisungsrecht unterliegen, hatte er dafür im Rahmen der allgemeinen Verantwortung des Abteilungsleiters die ärztliche Verantwortung zu tragen. Daraus ergibt sich insbesondere, dass auch der Facharzt Dr. W. seinen Weisungen unterstellt war. Der Kläger trägt insoweit weiter vor, dass die in dem Zusatzvertrag vereinbarte Befristung abgelaufen sei, ohne dass sich an seiner Funktion etwas geändert hätte. Dies wurde vom beklagten Land nicht wirksam bestritten. Denn insoweit wurde lediglich eingewandt, dass es nach damaligem Tarifrecht möglich gewesen wäre, dem Kläger kraft Direktionsrechts eine anderweitige Tätigkeit zuzuweisen. Dies mag sein. Eine Änderung des Arbeitsgebiets ist aber nicht erfolgt. Weitere Umstände, die den Vortrag des Klägers als zweifelhaft erscheinen lassen könnten, hat das beklagte Land in diesem Punkt nicht vorgetragen. Damit war dem Kläger auch zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs der fragliche Facharzt unterstellt. Aus diesem Umstand ergibt sich, dass der Kläger die alleinige Verantwortung für den entsprechenden Teilbereich innehatte. Daran hat sich im weiteren Verlauf, soweit es rechtlich überhaupt hierauf ankommt, auch bei der BGU nichts geändert. Es wurden vom beklagten Land keine entsprechenden organisatorischen Maßnahmen vorgetragen, die einen solchen Inhalt gehabt hätten, wobei dahingestellt bleiben kann, ob dies rechtlich von Bedeutung gewesen wäre. Vielmehr wurde ausschließlich der Kläger nach seinem unbestrittenen Vortrag zu Leitungsbesprechungen als so genannter Funktions-Oberarzt hinzugezogen. Wenn der Kläger weiterhin ausführte, dass er bei besonders komplizierten Fällen, auch in seiner Freizeit, hinzu gerufen wurde, ist dies ein Indiz dafür, dass dem Kläger eine weiter reichende Kompetenz zugebilligt war, als lediglich für seine eigene fachliche Tätigkeit einstehen zu müssen. Auch dies wurde vom beklagten Land sachlich nicht bestritten. Ferner oblag dem Kläger unbestrittenermaßen die ärztliche Fortbildung und die Einweisung weiterer Assistenzärzte in das von ihm betreute Tätigkeitsgebiet. Dass er für die Einteilung zusätzlicher Ärzte und für die Aufstellung des Dienstplans nicht zuständig war, berührt seine medizinische Verantwortung für diesen Teilbereich nicht. Es genügt, dass er der Übertragung durch das beklagte Land gemäß ärztlichem und nichtärztlichem Personal das auftragen konnte, was medizinisch erforderlich war, und damit auch die Verantwortung für die Qualität dieser Maßnahmen zu tragen hatte. Die Tatsache, dass es zuvor für die Innenstadtkliniken einen koordinierenden Oberarzt gab, schmälert die medizinische Verantwortung des Klägers nicht, da er plausibel vorgetragen hat, dass von einem Arzt, der nicht in dem Gebäude der betreffenden Klinik ansässig war, keine ärztlichen Maßnahmen sinnvollerweise durchgeführt werden konnten. Das beklagte Land hat auch nicht vorgetragen, inwieweit dieser Oberarzt dem Kläger konkrete Anweisungen gegeben hätte und der Kläger ihm über die von ihm getroffenen Maßnahmen hätte berichten müssen. Dass der Kläger einer eingehenden und detaillierten fachlichen Weisung unterlag und unterliegt, ist nach dem von den Parteien vorgetragenen Sachverhalt nicht ersichtlich. Für das Vorliegen der medizinischen Verantwortung für seinen Bereich spricht auch, dass der Kläger stets als Oberarzt bezeichnet oder wenigstens behandelt wurde. Daraus ergibt sich jedenfalls trotz der Niederschriftserklärung zu § 4 TVÜ-Ärzte, dass die Beteiligten davon ausgehen, dass dem Kläger ein entsprechender Bereich zugewiesen wurde. Dies ist ein Indiz für die Richtigkeit seiner Behauptungen. Da er keinerlei oder nur in geringem Umfang Verwaltungstätigkeiten vorzunehmen hatte, kann dieser Umstand nur oder überwiegend den medizinischen Bereich betreffen. Bezeichnend ist, dass auch das beklagte Land keine inhaltlich dokumentierte Organisationsverfügung vorlegen konnte, die die medizinische Verantwortung im fraglichen Bereich geregelt oder sonst betroffen hätte. Mit Ausnahme der vom Kläger vorgelegten Zusatzvereinbarung scheinen die organisatorischen Maßnahmen, soweit es welche gab, nur informell vorgenommen worden zu sein.
3. zeitlicher Anteil
Nach dem Eingangssatz des § 12 TV-Ärzte ist für die Eingruppierung die Tätigkeit maßgeblich, die der Arzt nicht nur vorübergehend und zeitlich mindestens zur Hälfte auszuüben hat. Bei der Übertragung der medizinischen Verantwortung für den Teilbereich handelt es sich nicht um eine inhaltliche Bestimmung seiner Tätigkeit, sondern um eine Ausgestaltung seiner Befugnisse und eine Zuweisung bestimmter Kompetenzen. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob der Kläger zeitlich zu mindestens der Hälfte seiner Arbeitszeit Tätigkeiten verrichtete, die unmittelbar der Funktion eines Oberarztes entstammten. Maßgeblich ist vielmehr, ob er im geforderten Zeitmaß in dem Teilbereich als Oberarzt tätig war. Dem klägerischen Anspruch entgegenstehen könnten demnach nur solche Tätigkeiten, die er nicht als Oberarzt in der Abteilung ausführte, sondern die einen anderen Tätigkeitsbereich, wie zum Beispiel die Lehre an der Universität oder Verwaltungstätigkeiten am Krankenhaus außerhalb der Station, betroffen hätten. Der Funktionscharakter einer Tätigkeit ist dann für die Eingruppierung maßgeblich, wenn die Tätigkeit nicht wie etwa bei der Bearbeitung von Akten von vornherein nach einzelnen bewertbaren Vorgängen unterschieden werden kann (vgl. etwa BAG, Urteil vom 07. Juli 2004 - 4 AZR 507/03 - AP Nr. 297 zu §§ 22, 23 BAT 1975, Urteil vom 26. August 1992 - 4 AZR 517/91 - AP Nr. 1 zu §§ 22, 23 BAT Pflegedienst). Für die Frage, ob der Kläger zeitlich mindestens die Hälfte Tätigkeiten auszuüben hatte, die der Entgeltgruppe Ä 3 entsprechen, kann die zu § 22 BAT ergangene Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht herangezogen werden, denn die Tarifvertragsparteien haben hier ersichtlich auf die Eingruppierungsregelungen dieser Tarifbestimmung (Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 dieser Bestimmung) zurückgegriffen und sie wortgleich übernommen. Auch hier ist deshalb auf Arbeitsvorgänge abzustellen, da eine inhaltliche Kontinuität der entsprechenden Tarifregelung anzunehmen ist (so auch LAG München, Urteil vom 14. August 2008 - 3 Sa 410/08 - juris, zu § 16 TV-Ärzte/VKA). Der Bedeutungsgehalt hängt hier nicht von einer nicht übernommenen anderen tarifvertraglichen Regelung ab. Die Übertragung der medizinischen Verantwortung für einen Teilbereich ist aber wie dessen Leitung ein einheitlicher Arbeitsvorgang, der hier nahezu 100 % der Tätigkeit des Klägers ausfüllte. Denn in diesem zeitlichen Umfang war er als Oberarzt in dieser Funktion tätig. Dieser Behauptung des Klägers hat das beklagte Land nicht widersprochen. Sein Bestreiten, dass der Kläger im erforderlichen zeitlichen Umfang Tätigkeiten eines Oberarztes im Tarifsinnen ausgeübt hätte, bezieht sich offenbar auf den auch vom Arbeitsgericht erörterten Umstand, dass der Kläger während seines Einsatzes auch Facharzttätigkeiten ausgeübt habe.
Letzteres ist aber nicht von Bedeutung. So ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts etwa die Tätigkeit des ständigen Vertreters des Leiters einer Universitätsklinik ein einheitlicher Arbeitsvorgang (BAG, Urteil vom 14. August 1991 - 4 AZR 25/91 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 159): "Alle Einzelaufgaben des Klägers dienen insoweit einem einheitlichen Arbeitsergebnis, nämlich der Sorge für die ärztliche und pflegerische Versorgung der Patienten. Angesichts des einheitlichen Arbeitsergebnisses ist die Tätigkeit des Klägers insoweit nach tatsächlichen Gesichtspunkten nicht weiter aufteilbar. Sie ist auch tarifrechtlich einheitlich bewertbar." Als eigener Arbeitsvorgang wurde in diesem Fall jedoch die Tätigkeit in Forschung und Lehre gewertet. Auch bei der Tätigkeit einer Stationsschwester liegt ein einheitlicher Arbeitsvorgang vor (BAG, Urteil vom 29. April 1992 - 4 AZR 458/91 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 162): "Die Leitungstätigkeit ist als ein einziger großer Arbeitsvorgang zu sehen. Insoweit ließe sich zwar zwischen unmittelbaren Leitungstätigkeiten und Zusammenhangstätigkeiten unterscheiden, aber letztlich dienen alle Tätigkeiten der Klägerin dem Arbeitsergebnis der Leitung der Pflegetätigkeiten in der Station ,W'. Diese Leitungsaufgabe übt die Klägerin ununterbrochen während ihrer gesamten Arbeitszeit selbst dann aus, wenn sie sich gerade mit anderen Aufgaben als mit Leitungsaufgaben beschäftigt. Denn auch dann muss die Klägerin jederzeit und sofort in der Lage sein, aktiv durch Erteilung der erforderlichen Anordnungen und fachlichen Weisungen Leitungsaufgaben im Pflegebereich der Station wahrzunehmen ... Wenn die Leiterin einer Organisationseinheit selbst Aufgaben wahrnimmt, die innerhalb des von ihr betreuten Bereichs anfallen, gehören diese Tätigkeiten als Zusammenhangsarbeiten zu ihrer Leitungstätigkeit. Sie ist auch für diese Aufgaben als Leiterin verantwortlich".
Damit hat der Kläger auch dieses Tarifmerkmal erfüllt.
4. Übertragung der Tätigkeit
Die Voraussetzung für das Vorliegen des Merkmals einer vom Arbeitgeber übertragenen Tätigkeit ist keine andere als die, die auch für das Merkmal "auszuübende Tätigkeit" im Sinne des § 22 Abs. 2 BAT und des Einleitungssatzes des § 12 TV-Ärzte maßgeblich ist. Maßgeblich ist also die vertraglich vereinbarte oder nach zulässiger einseitiger Weisung des Arbeitgebers geschuldete Tätigkeit. Die im Unterschied zum Regelungsgehalt des § 24 BAT auf Dauer auszuübende Tätigkeit bestimmt die Eingruppierung des Klägers. Die Tatsache, dass die Übertragung des umfassenden Weisungsrechts für den Bereich der MKG (damals noch ZMK) zunächst nur befristet erfolgt ist, steht dem klägerischen Anspruch hier allerdings nicht entgegen. Denn nach der nicht bestrittenen Behauptung des Klägers wurde sein Tätigkeitsgebiet nach Ablauf der im Zusatzvertrag vorgesehenen Frist nicht geändert. Es kann deshalb von einer konkludenten unbefristeten Fortführung dieser vertraglichen Regelung ausgegangen werden, die sogar bei vorübergehender Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit angenommen werden kann (BAG, Urteil vom 26. März 1997 - 4 AZR 627/95 - ZTR 1997, 465). Hiergegen hat das beklagte Land keine substanziellen Einwendungen erhoben. Es hat lediglich auf die Möglichkeit der Änderung der Vertragsbedingungen durch Ausübung des Direktionsrechts hingewiesen. Dass dies geschehen sei, hat das beklagte Land, wie ausgeführt, nicht behauptet. Seinem Vorbringen kann auch nicht der Wille entnommen werden, vorsorglich diese Zusatzvereinbarung gemäß § 3 zu "kündigen". Darauf hat es sich nicht einmal berufen, geschweige denn, dass dem Vortrag des beklagten Landes ein entsprechender Gestaltungswille entnommen werden könnte. Daraus müssten aber auch organisatorische Folgerungen gezogen werden, was jedenfalls nicht geschehen ist. Jedenfalls deshalb handelt es sich bei der Übertragung der "eigenverantwortlichen Leitung des Funktionsbereiches Anästhesie ZMK" um eine auf Dauer übertragene Tätigkeit im Sinne des § 12 TV-Ärzte. Die weitere Praxis in der BGU könnte zwar zu - rechtlich nicht unbedingt relevanten - Einschränkungen im Umfang der Übertragung dieser Tätigkeit geführt haben, allerdings nicht im medizinischen Bereich, in dem der Kläger die erforderlichen Maßnahmen trifft, ohne dass er einer fachlichen Beaufsichtigung durch einen anderen Oberarzt unterhalb der Ebene des Abteilungsleiters (Chefarzts) unterläge. Aus dem Vortrag des beklagten Landes ergibt sich nicht, dass und gegebenenfalls in welchem Umfang eine solche Beaufsichtigung praktisch durchgeführt worden sein könnte. Denn der Kläger hat sich unwidersprochen darauf berufen, dass die in der BGU ansonsten vorhandenen Oberärzte nicht seine Sachkenntnis in diesem Bereich aufweisen konnten. Das beklagte Land hat vorgetragen, dass auch in den Zeiten, in denen der Kläger nicht anwesend ist, kieferchirurgische Operationen regelmäßig, auch an Kindern, durchgeführt würden und um die Versorgung dieser Patienten sicherzustellen, seien direkt nach dem Betriebsübergang Mitarbeiter der Anästhesie-Abteilung im MKG-Bereich eingearbeitet worden, um in Abwesenheit des Klägers und Dr. W. deren Aufgaben wahrnehmen. Diese Einweisung nahm der Kläger vor. Dass dem Kläger auch aufsichtsführende Funktionen vom beklagten Land übertragen wurde, ergibt sich auch aus seinem Vortrag im zweiten Rechtszug, wonach "für jeden externen OP-Bereich (Augenklinik, HNO-Klinik, MKG-Klinik) jeweils ein verantwortlicher Anästhesist eingeteilt war". Ob es sich dabei um einen Facharzt oder Oberarzt im Sinne des jetzt einschlägigen § 12 TV-Ärzte handelt, ist eine Rechtsauffassung, die einerseits zu einem nicht mehr geltenden Tarifvertrag gebildet wurde, zum anderen sich jetzt an den Vorgaben der derzeit geltenden Tarifnormen messen lassen muss. Die Übertragung der entsprechenden Verantwortung ist also niemals rückgängig gemacht worden, sodass sie auch im Hinblick auf die vertragliche Besitzstandsgarantie im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang als fortbestehend gilt. Deshalb ist auch unter diesem Aspekt vom Vortrag des Klägers auszugehen, dass er in seinen Teilbereich eigenverantwortlich seine Tätigkeit ausübte und auch anderen Fachärzten, die in diesem Teilbereich tätig wurden, Weisungen erteilen konnte. Wenn dann der Kläger anderen Fachärzten auch Anleitungen und Hinweise gab, dies auch im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen, spricht damit alles dafür, dass der Kläger nicht nur kollegiale Hilfestellungen, sondern institutionelle Funktionen übernommen hat, die jedenfalls im medizinischen Bereich eine Führungs- und Leitungsaufgabe beinhalten. Damit ist auch dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt.
5. Nach allem ist auf die Berufung des Klägers der Feststellungsklage in der Hauptsache zu entsprechen. Da er hinsichtlich der Nachzahlungen, die vor Rechtshängigkeit der Klage am 06. Juli 2007 fällig geworden sind, kein Verschulden des beklagten Landes dargelegt hat, ist der Zinsanspruch nur in dem Umfang zuzusprechen, als sich um Prozesszinsen im Sinne des § 291 BGB, nicht aber um Verzugszinsen handelt (vgl. BAG, Urteil vom 07. Oktober 1981 - 4 AZR 225/79 - AP Nr. 49 zu §§ 22, 23 BAT 1975). In diesem geringfügigen Umfang ist die Berufung zurückzuweisen. Ansonsten ist auch hinsichtlich des Zinsanspruchs der Feststellungsklage zu entsprechen. Deshalb hat das beklagte Land die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
6. Mit Rücksicht auf § 63 Abs. 2 GKG ist der Gebührenstreitwert nach Abschluss der Instanz festzusetzen. Trotz der mittlerweile erfolgten Erhöhung der Tarifgehälter - hier um monatlich 25,00 EUR - ist der Streitwert nach § 42 Abs. 3, Abs. 5 Satz 1 GKG in Verbindung mit § 47 Abs. 2 Satz 1 GKG nicht höher als der erstinstanzliche Wert.
Ende der Entscheidung
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