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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 20.12.1999
Aktenzeichen: 3 Ta 112/99
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, GKG


Vorschriften:

ArbGG § 12 Abs. 7 S. 1
ZPO § 3
GKG § 3 Abs. 4
GKG § 19 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
3 Ta 112/99

Beschluss vom 20.12.99

In dem Wertfestsetzungsverfahren

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 3. Kammer - durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Höfle ohne mündliche Verhandlung am 20.12.1999

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Beteiligten zu Nr. 1 gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 27.08.1999 - 30 Ca 3126/99 - in der Fassung des Beschlusses vom 08.10.1999 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Streitwert für das Verfahren DM 43.456,00 der Mehrwert des Vergleichs DM 800,00 beträgt.

Gründe:

A) Im Ausgangsverfahren hat sich der Kläger mit der am 16.04.1999 eingereichten Klage gegen die zum 30.09.1999 erklärte ordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses und - mit der Beschäftigungsklage - gegen die damit verbundene Freistellung von der Arbeit gewandt. Der Rechtsstreit hat sich durch gerichtlichen Vergleich erledigt.

Das Arbeitsgericht hat den Streitwert unter teilweiser Abänderung seiner Entscheidung vom 27.08.1999 durch Beschluss vom 08.10.1999 auf DM 53.208,00 und den Mehrwert des Vergleichs auf DM 800,00 festgesetzt.

Die Beschwerde verfolgt ihre Ansicht weiter, der Mehrwert des Vergleichs sei mit dem Betrag eines Monatsgehalts, das mit DM 13.362,00 beziffert wird, zu bewerten.

B) Die Beschwerde hat keinen Erfolg; sie führt zu dem im Entscheidungsausspruch festgesetzten anderen Streitwert.

I.

Gegenstand der Bewertung sind die Streitgegenstände des Ausgangsverfahrens (§ 12 Abs. 1 GKG; § 2 ZPO) mithin:

1. Die Kündigungsschutzklage.

Den Bewertungsmaßstab bildet § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG. Innerhalb des durch die gesetzliche Höchstgrenze gebildeten Rahmens ist maßgebend das unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu würdigende Interesse der Klagpartei des Ausgangsverfahrens an der von ihr erstrebten Entscheidung. Das Arbeitsgericht hat vorliegend diesen Rahmen voll ausgeschöpft. Das ist angesichts der bisherigen Dauer des Arbeitsverhältnisses, der Stellung des Klägers im Betrieb der Beklagten wie auch des Umstandes, dass dererlei Positionen auf dem Arbeitsmarkt nicht ohne weiteres "ständig" zur Verfügung stehen, nicht zu beanstanden. Einwendungen insoweit werden auch von keiner Seite erhoben.

Entgelt ist das an Gegenleistung, was dem Kläger zustünde, wenn sich die Beklagte in dem auf den Kündigungszeitpunkt, das ist der 30.09.1999, folgenden Vierteljahr im Annahmeverzug befunden haben würde. Das ist

a) Gehalt mit DM 12.500,00

b) "vermögenswirksame Leistungen" DM 52,00

c) Privatnutzungsmöglichkeit des Dienstwagens, geschätzt unter Berücksichtigung auch der Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 08.10.99 DM 350,00

d) Prämie zur Direktversicherung nach § 5 des Anstellungsvertrages DM 250,00 DM 13.152,00

Der Vierteljahresbezug beträgt sonach DM 39.456,00.

2. Beschäftigungsklage:

Sie ist für den Zeitraum bis zum 30.09., dem Ablauf der in der Kündigung bezeichneten Frist, und den folgenden Zeitabschnitt gesondert zu behandeln.

a)

Soweit sie den erstgenannten Zeitraum betrifft, stellt sie sich im Verhältnis zur Kündigungsschutzklage als sogenannte objektive Klagenhäufung dar. Ihr Wert ist nach § 3 ZPO zu schätzen. Es ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten auf das Interesse des Klägers an der "tatsächlichen Beschäftigung" abzustellen. Dabei geht es um die Bewahrung, Festigung und ggf. Weiterentwicklung der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten, die der Kläger bei der Beklagten einzubringen hatte. Dagegen kann nicht auf dem Vergütungsanspruch abgehoben werden, und zwar in diesem Zusammenhang bereits deshalb nicht, weil die Freistellung von der Arbeit unter Fortgewährung der Vergütung erfolgt ist. Im Rahmen der im Wege der Schätzung erfolgten Tatsachenfeststellung kann auf das Monatsgehalt als Bemessungsfaktor nicht zurückgegriffen werden. Es ist als solcher dem gesetzlich normierten Streitwertrecht fremd, denn selbst § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG spricht nicht davon, sondern von dem Betrag des für ein Vierteljahr zu leistenden Entgelts, und ausserdem kommt ihm eine irgendwie anscheinsbeweis-typische Bedeutung nicht zu.

Das Beschwerdegericht schätzt den Wert auf DM 4.000,00.

b)

Im übrigen ist diese Klage als sogenanntes uneigentliches Hilfsbegehren zu verstehen, über das füglich nur befunden werden sollte, falls der Bestandsschutzklage wenigstens teilweise Erfolg beschieden sein würde. Für die Wertschätzung nach § 3 ZPO ist von dem Vorgesagten auszugehen und anzunehmen, dieses Klagbegehren umfasse lediglich einen - bildhaft - überschaubaren Zeitraum. Bei der wirtschaftlichen Gewichtung hat auch in diesem Zusammenhang der Anspruch auf das Entgelt ausser Betracht zu bleiben. Nach der Auffassung des Klägers geriet die Beklagte mit Ablauf des 30.09.1999 in Annahmeverzug, andererseits wird ein Zahlungsbetrag nicht ausgeurteilt. Das Beschwerdegericht schätzt den Wert auf DM 8.000,00.

II.

Zusammenzurechnen sind die Werte nach oben I. 1, 2 Bst. a); hingegen ist der Wert der Beschäftigungsklage nach oben I. 2 Bst. b) nicht hinzuzusetzen. Das folgt aus § 19 Abs. 1 S. 2, 3 Abs. 4 GKG. Von demselben Gegenstand i. S. wirtschaftlicher Teilidentität ist auch auszugehen, wenn mit der weiteren Klage ein Anspruch verfolgt wird, der aus dem Rechtsverhältnis hergeleitet wird, das den Gegenstand des Primärantrags bildet. So liegt es hier. Bei solcher Gestaltung wird der Streitwert von dem höheren der beiden Werte gebildet. Das ist hier der Wert der Bestandsschutzklage.

III.

Nach den Feststellungen des Arbeitsgerichts, die die Beschwerde nicht substantiell angegriffen hat, bestand hinsichtlich des Zeugnisses kein Streit, was die Voraussetzung für einen Vergleich bildet (§ 779 BGB; § 23 BRAGO). Daher hat das Arbeitsgericht zutreffend lediglich ein sogenanntes Titulierungsinteresse angenommen, und es ist nicht dargelegt oder sonst ersichtlich, dieses sei mit DM 800,00 (gem. § 3 ZPO) zu gering bewertet worden.

Soweit durch diese Entscheidung zum Nachteil der Beschwerdeführer erkannt ist, war das Beschwerdegericht daran nicht gehindert, denn in vorliegendem Beschwerdeverfahren gilt das sogenannte Verschlechterungsverbot nicht (arg. § 25 Abs. 2 S. 2 GKG); im Rahmen der zulässigen Beschwerde ist der zutreffende Streitwert zu bestimmen.

Diese Entscheidung ergeht frei von Gerichtsgebühren; Kosten werden nicht erstattet (§ 25 Abs. 4 GKG). Sie unterliegt keinem Rechtsmittel (§ 78 Abs. 2 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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