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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 18.02.2003
Aktenzeichen: 3 Ta 14/03
Rechtsgebiete: ArbGG, GKG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 12 Abs. 7
ArbGG § 12 Abs. 7 Satz 2
ArbGG § 12 Abs. 7 Satz 3
GKG § 17 Abs. 3
GKG § 17 Abs. 4
GKG § 25 Abs. 2
GKG § 25 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 3
ZPO § 829
ZPO §§ 850 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
3 Ta 14/03

Beschluss vom 18. Februar 2003

In dem Beschwerdeverfahren mit den Beteiligten

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 3. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Pfitzer ohne mündliche Verhandlung am 18. Februar 2003 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 03. Januar 2003 - 14 Ca 11888/01 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Gebührenstreitwert wie folgt festzusetzen ist:

Für die Zeit bis zum 25. Januar 2002: 4517,83 EUR

Für die Zeit bis zum 10. Juli 2002: 503,10 EUR

Für die Zeit bis zur Klageermäßigung im Termin vom 24. September 2002 : 9.324,00 EUR

Für die Folgezeit: 9.260,78 EUR

Gründe:

I.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 richtet sich gegen die Festsetzung des Gebührenstreitwerts im Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts vom 03. Januar 2003 nach § 25 Abs. 2 GKG.

Das Ausgangsverfahren hatte eine Klage auf Abführung pfändbarer Lohnbestandteile eines Schuldners der Klägerin zunächst aus dem Zeitraum von April 2000 bis November 2001 zum Gegenstand. Der Klageantrag hat sich insoweit ursprünglich auf 8.836,10 DM (das entspricht 4.517,83 EUR) belaufen. Im Gütetermin vom 25. Januar 2002 hat die Klägerin die Hauptsache in Höhe eines Betrags von 7.999,92 DM für erledigt erklärt. Mit am 10. Juli 2002 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin die noch anhängige Zahlungsklage erweitert auf 14.377,57 EUR für Rückstände und auf die Zahlung von monatlich 259,00 EUR für die Zukunft, wobei auch trotz der Tatsache, dass die Klägerin gegen den Schuldner Zinsen auf den noch offen stehenden Restbetrag fordern konnte und in ihren Abrechnungen auch berücksichtigt hat, auch vom Beklagten des Ausgangsverfahrens Zinsen (also doppelt) beansprucht wurden. Im Verhandlungstermin vom 24. September 2002 hat die Klägerin die Klage auf 14.895,57 EUR zuzüglich Zinsen ermäßigt. Das Verfahren hat im Übrigen durch Anerkenntnisurteil bezüglich dieses Betrags geendet.

Das Arbeitsgericht hat im angefochtenen Beschluss den Gebührenstreitwert auf einen einheitlichen Betrag von 14.377,57 EUR festgesetzt. Dies entspricht der zuletzt auf die Rückstände gerichteten Zahlungsklage.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin, die im Hinblick auf eine frühere Entscheidung der 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts der Auffassung sind, dass Rückstände auf den nach § 12 Abs. 7 Satz 2 für die wiederkehrenden Leistungen zu ermittelnden Wert hinzuzurechnen seien. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert zu hoch und nicht zu niedrig festgesetzt. Unter Zurückweisung der Beschwerde ist deshalb nach § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG der Gegenstandswert zu berichtigen und zu ermäßigen. Auf den entsprechenden Hinweis in der Verfügung vom 29.01.2003 haben die Beschwerdeführer sich nicht geäußert. Ein Verbot der "reformatio in peius" gilt im Verfahren über die Festsetzung des Gebührensstreitwerts nicht.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts erfolgt ausschließlich nach der für das arbeitsgerichtliche Verfahren geltenden speziellen Norm des § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG (§ 1 Abs. 4 GKG). An der von den Beschwerdeführern in Bezug genommenen Entscheidung im Beschluss vom 20. August 1996 (3 Ta 70/96) wird nicht festgehalten. Die Vorschrift ist vielmehr in sich sinnvoll. Für ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers gibt es keine Anhaltspunkte. Bereits im Beschluss vom 17. Mai 2000 (3 Ta 21/00) wurde deshalb zur Auslegung dieser Norm Folgendes ausgeführt:

"Weder aus dem Wortlaut des § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG noch aus dem des § 17 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 GKG ergibt sich ..., dass für den Ansatz des Dreijahreszeitraums nur auf die Zukunft abzustellen ist. Vielmehr ist (im Rahmen des § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG) der gesamte Bezugszeitraum in den Blick zu nehmen, weil es anderenfalls für die Berechnung des Streitwerts davon abhinge, ob die Klage zu einem früheren oder späteren Zeitraum erhoben wurde. Ein solches Zufallsergebnis kann vom Gesetzgeber nicht gewollt sein. Diejenige Partei nämlich, die auf eine frühe Geltendmachung ihrer Forderung, aus welchen Gründen auch immer, angewiesen ist, würde bei begrenztem Bezugszeitraum mit einem hohen Streitwert belastet, während diejenige Partei, die sich Zeit lassen kann, das nahe Ende des Bezugszeitraums abwarten kann und mit einem Streitwert belohnt wird, der gegebenenfalls nur noch den einfachen statt des maximal 36-fachen Betrags der wiederkehrenden Leistung umfasst. Ein solches sinnwidriges Ergebnis ist zu vermeiden. Dies kann zwanglos mit einer am Wortlaut und Sinn und Zweck des Gesetzes orientierten Auslegung erreicht werden. Die Frage der Anrechnung der Rückstände ist nur dann von Belang, wenn der Bezugszeitraum die Dauer von drei Jahren übersteigt."

Diese Auffassung wird mittlerweile auch vom Bundesarbeitsgericht vertreten. Im Beschluss vom 10. Dezember 2002 (3 AZR 197/02) wird ausgeführt, die Streitwertbegrenzung des § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG gelte auch dann, wenn ausschließlich die bis zur Klageerhebung angefallenen Rückstände aus wiederkehrenden Leistungen eingeklagt werden. Der im Jahre 1975 in das Arbeitsgerichtsgesetz eingefügte § 12 Abs. 7 diene dazu, die arbeitsgerichtlichen Verfahrenskosten gegenüber den Kosten des Zivilprozesses zu verringern. Abweichend von § 17 Abs. 4 GKG erhöhten die bis zur Klageerhebung entstandenen Rückstände den Streitwert nicht. Der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen rechtfertige lediglich eine Unterschreitung, nicht aber eine Überschreitung des Dreijahresbetrages. Mit dem Gesetzeszweck wäre es nicht zu vereinbaren, wenn die Streitwertbegrenzung des § 12 Abs. 7 Satz 2 ARBGG isolierte Klagen auf Zahlung entstandener Rückstände nicht erfassen würde. Außerdem widerspräche es kostenrechtlichen Grundprinzipien, wenn ein zusätzlicher Streitgegenstand den Streitwert nicht nur nicht erhöhen, sondern sogar verringern würde.

Die Folge dieser Rechtsauffassung ist, dass der Dreijahreszeitraum immer maßgeblich ist, wenn nicht der Zeitraum, für den wiederkehrende Leistungen geltend gemacht werden, oder der Klagebetrag geringer ist, gleichgültig, ob wiederkehrende Leistungen mit Fälligkeit in der Vergangenheit (Rückstände) oder solche mit Fälligkeit erst in der Zukunft geltend gemacht werden. Auf den vorliegenden Fall angewendet bedeutet dies:

Es handelt sich vorliegend um die Klage auf wiederkehrende Leistungen unter dem Gesichtspunkt der §§ 829, 850 ff. ZPO. Der Dreijahreszeitraum ist dann je nach Verfahrensstadium so zu bestimmen, dass der jeweils höchste Betrag der eingeklagten Forderungen, begrenzt auf den Zeitraum von drei Jahren, maßgeblich ist. Mit der Klage hat die Klägerin ursprünglich wiederkehrende Leistungen aus dem Zeitraum vom April 2000 bis November 2001 geltend gemacht. Für diesen Antrag ist deshalb der Nominalbetrag von 8.836,10 DM, also 4.517,83 EUR, festzusetzen. Am 25. Januar 2002 hat die Klägerin die Hauptsache in Höhe eines Betrags von 7.999,92 EUR für erledigt erklärt. Da aussonderbare gerichtliche oder außergerichtliche Aufwendungen nicht ersichtlich sind, beläuft sich der Gegenstandswert für die nachfolgende Zeit bis zur erneuten Änderung der Klage auf 886,18 DM, dies sind 453,10 EUR, zuzüglich eines weiteren Betrags für etwa entstandene Kosten in Höhe von weiteren 50,00 EUR nach § 3 ZPO. Die Erweiterung der Klageanträge mit dem am 10. Juli 2002 beim Arbeitsgericht erhobenen Antrag beinhaltet Rückstände für den Zeitraum von November 1997 bis Juni 2002, also für 56 Monate, unter Berücksichtigung erfolgter Zahlungen in Höhe von 14.377,57 EUR. Bezogen auf 36 Monate (Höchstgrenze) beläuft sich der Gegenstandswert insoweit auf anteilige 9.242,72 EUR. Für die Folgezeit hat die Klägerin bis zum Höchstbetrag von 15.498,09 EUR monatlich wiederkehrende Leistungen in Höhe von 259,00 EUR geltend gemacht. Bezogen auf einen Zeitraum von 36 Monaten beläuft sich der Gebührenstreitwert somit auf 9.324,00 EUR. Dies ist der höhere Betrag, der somit für den Gebührenstreitwert bis zur Ermäßigung der Klage im Verhandlungstermin vom 24. September 2002 (so ist der dort zu Protokoll erklärte Antrag auszulegen, es liegt insoweit konkludent eine Ermäßigung der Klageforderung vor) maßgeblich ist. Die dort erfolgte Klageermäßigung auf die bis zum 31. August 2002 fälligen Raten führt zu folgender Berechnung des Gegenstandswerts: Für die Zeit von Januar bis August 2002 (acht Monate) wurden monatlich 259,00 EUR von der Klägerin geltend gemacht. Für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2002 waren dies im Durchschnitt monatlich 256,74 EUR. Im Dreijahreszeitraum, zurückgerechnet vom 30. August 2002, sind somit acht Raten zu je 259,00 EUR und 28 Raten zu durchschnittlich je 256,74 EUR zu berücksichtigen. Dies führt ab dem Zeitpunkt der Klageermäßigung am 24. September 2002 zu einem Gebührenstreitwert von 9.260,78 EUR, der auch für die Gerichtsgebühren bezüglich des am selben Tag verkündeten Anerkenntnisurteils maßgeblich ist.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 25 Abs. 4 GKG).

Ende der Entscheidung

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