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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 26.02.2003
Aktenzeichen: 4 Sa 75/02
Rechtsgebiete: BRAO, ZPO, ArbGG


Vorschriften:

BRAO § 46
ZPO § 313 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 519 Abs. 2
ZPO § 522 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg

Aktenzeichen: 4 Sa 75/02

Beschluss vom 26.02.2003

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 4. Kammer - durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Dr. Natter, den ehrenamtlichen Richter Maier und den ehrenamtlichen Richter Nopp ohne mündliche Verhandlung am 26.02.2003

beschlossen:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 13.11.2002 - 4 Ca 152/02 - wird als unzulässig verworfen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revisionsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger gezahlten Betriebsrente.

Der im September 1939 geborene, verheiratete Kläger war vom 24.09.1956 bis 14.03.1977 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der xxxxxxx, beschäftigt. Mit Wirkung vom 01.10.1999 bewilligte die LVA Württemberg dem Kläger eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Seit 01.11.2000 erhält der Kläger eine Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige.

Nach seinem Ausscheiden bei der xxxxxxxx teilte die Betriebsfürsorge der xxxxxxx e.V. dem Kläger mit Schreiben vom 24.10.1977 mit, dass sich das ab 01.10.2004 zu gewährende Ruhegeld auf DM 142,00 belaufen werde. Mit einem weiteren Schreiben teilte ihm die Betriebsfürsorge (nunmehr) der Energie Baden-Württemberg AG e. V. mit, dass er ab 01.09.1999 eine monatliche Betriebsrente von DM 115,00 (brutto) erhalte.

Mit Schreiben vom 24.07.2001, gerichtet an die xxxxxx GmbH, bat der Kläger um eine Erläuterung der Betriebsrentenberechnung, wobei er insbesondere die Frage der Mindestversorgung ansprach. Mit Schreiben vom 04.10.2001 teilte die xxxxx GmbH dem Kläger mit, dass für ihn das Mindestruhegeld nicht gelte.

Mit seiner gegen die Firma xxxxxxxxx eingereichten Klage begehrt der Kläger die Zahlung eines monatlichen Ruhegeldes in Höhe von € 124,04 brutto. Für die Beklagte legitimierte sich beim Arbeitsgericht Herr Rechtsanwalt xxxx mit Schriftsatz vom 13.03.2002 unter dem Briefkopf der xxxxxxx GmbH. Die zu Beginn des Schriftsatzes erwähnte Vollmacht lag nach dem Vermerk im Eingangsstempel des Arbeitsgerichts nicht bei; sie befindet sich auch nicht in der Akte. Im Protokoll über die Güteverhandlung ist vermerkt, dass für die Beklagte Herr Rechtsanwalt xxxx auftrat. Die Ladung zur Kammerverhandlung wurde ihm gegen Empfangsbekenntnis unter der Anschrift Rechtsanwalt xxx, c/o xxxxxxxx GmbH, xxxxx und xxx, xxxxxx, xxxxxx zugestellt.

Die erstinstanzlichen Schriftsätze unterzeichnete Herr xxxx entweder mit der Angabe "xxxxx xxxxx, i.A. xxxx - Rechtsanwalt -" oder mit der Angabe "i.A. xxxxx, Rechtsanwalt" oder mit der Angabe "xxxxx - Rechtsanwalt -". Im Protokoll über die Kammerverhandlung vom 13.11.2002 vermerkte die Vorsitzende, dass für die Beklagte "Herr xxxx" auftrat. Mit Urteil vom 13.11.2002 gab das Arbeitsgericht der Klage teilweise statt. Das Urteil wurde Herrn Rechtsanwalt xxxx unter der oben angegebenen Adresse am 19.11.2002 zugestellt.

Am 17.12.2002 ging beim Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg unter dem Briefkopf der xxxxxx GmbH, xxxx und xxxxxx eine Berufungsschrift ein. Diese hatte folgenden Wortlaut:

"4 Ca 152/02

In Sachen

xxxxxx

gegen

xxxxxx

legen wir gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 13.11.2002 Berufung ein."

i.A.

xxxx

- Rechtsanwalt -.

Eine Ausfertigung des angefochtenen Urteils lag der Berufungsschrift nicht bei. Mit Verfügung vom 19.12.2002 (abgegangen per Fax am selben Tag um 12.18 Uhr) wies der Vorsitzende darauf hin, dass die Berufungsschrift in mehrfacher Hinsicht den prozessualen Anforderungen nicht genügen dürfte. Insbesondere verwies der Vorsitzende auf die Unterzeichnung der Berufungsschrift mit der Angabe "i.A." sowie auf die Rechtsprechung zur Berufungseinlegung durch einen Syndikusanwalt. Mit Schriftsatz vom 08.01.2003 teilte Herr Rechtsanwalt xxxx zunächst die ladungsfähigen Anschriften des Klägers und der Beklagten mit. Außerdem wies er darauf hin, dass dem Zusatz "i.A." keine einschränkende Bedeutung zukomme. Er sei auch nicht als Syndikusanwalt bei der Beklagten tätig.

Mit Verfügung vom 20.01.2003 bat der Vorsitzende um Aufklärung, wieso Herr Rechtsanwalt xxxx unter dem Briefkopf der xxxxx xxxxx GmbH tätig geworden sei, wenn er nicht die Funktion eines Syndikusanwaltes habe. Hierauf teilte Herr Rechtsanwalt xxxxxx mit Schriftsatz vom 12.02.2003 mit, er stehe in keinem Anstellungsverhältnis zur Beklagten und sei gegenüber der Beklagten auch keinen Weisungen unterworfen. Auf der Grundlage der auf ihn lautenden Vollmacht sei er als Vertreter der Beklagten zur Prozessführung beauftragt worden. Das Landesarbeitsgericht habe in den bisherigen Verfahren keinen Anstoß daran genommen, dass er im Rahmen der Prozessführung für die Schriftsätze Briefpapier der xxxxxxx GmbH verwandt habe. Die Berufungsschrift enthalte keinen Hinweis auf eine "Syndikusanwaltsstellung".

Die Beklagte beantragt:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn wird abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten/Berufungsklägerin als unzulässig zu verwerfen,

hilfsweise,

als unbegründet zurückzuweisen.

Er trägt vor, die Berufung sei unzulässig. Aus der Berufungsschrift sei nicht ersichtlich, in wessen Nahmen die Berufung eingelegt worden sei. Die xxxxxx GmbH, deren Briefbogen für die Berufungsschrift verwendet worden sei, sei nicht unmittelbar an dem Rechtsstreit beteiligt. Geklärt worden sei die Parteirolle erst nach Ablauf der Berufungsfrist. Die Tatsache, dass im Schriftsatz vom 05.12.2002 das Personalpronomen im Plural verwendet worden sei, sei ein deutlicher Hinweis darauf, dass die abgegebene Erklärung unmittelbar der xxxxxx GmbH zugerechnet werden solle. Es sei somit konsequent gewesen, dass Herr Rechtsanwalt xxxxx den Schriftsatz lediglich als Beauftragter ("i.A.") unterzeichnet habe. Seine Ausführungen im Schriftsatz vom 12.02.2003 seien so zu verstehen, dass er in einem ständigen Dienstverhältnis im Sinne des § 46 BRAO mit der xxxx GmbH stehe. Da davon auszugehen sei, dass es sich bei dieser Gesellschaft um ein vollkonsolidiertes Tochterunternehmen handle, besitze Herr xxxxxr auch gegenüber der Beklagten nicht die für die Tätigkeit als Anwalt notwendige Unabhängigkeit.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 Absatz 2 Satz 2 ZPO auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts vom 13.11.2002 ist unzulässig.

1. Gemäß § 64 Absatz 6 ArbGG in Verbindung mit § 522 Absatz 1 ZPO hat das Berufungsgericht von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Die formalen Anforderungen an eine Berufungsschrift ergeben sich aus § 519 Absatz 2 ZPO: Das angefochtene Urteil ist anzugeben. Ferner ist die Angabe erforderlich, für wen und gegen wen die Berufung eingelegt wird. Dies kann allerdings auch im Wege der Auslegung ermittelt werden. Die Parteien des Berufungsverfahrens müssen zumindest bestimmbar bezeichnet sein. Schließlich muss die Berufungsschrift von einem postulationsfähigen Rechtsanwalt eigenhändig unterschrieben sein (vgl. nur Germelmann u. a., ArbGG, 4. Auflage, § 64 Randziffer 48 ff.; Zöller-Gummer, ZPO, 23. Auflage, § 519 Randziffer 21).

2. Den genannten Anforderungen genügt die am 17.12.2002 eingegangene Berufungsschrift vom 05.12.2002 nicht.

a) Es führt zwar nicht zur Unzulässigkeit der Berufung, dass in der Berufungsschrift die ladungsfähigen Anschriften der Parteien des Berufungsverfahrens nicht angegeben waren. Die ladungsfähige Anschrift des Berufungsklägers ist nicht notwendig, um dessen Parteirolle in der Rechtsmittelinstanz zu bestimmen (BGH, 09.12.1987 - IVb ZR 4/87 - AP ZPO § 130 Nr. 9). Was die ladungsfähige Anschrift des Rechtsmittelbeklagten angeht, so entspricht es der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass eine Berufungsschrift trotz fehlender Angabe noch ordnungsgemäß ist (BAG, Großer Senat, 16.09.1986 - GS 4/85 - AP ZPO § 518 Nr. 53).

Der Berufungsschrift lässt sich bei der gebotenen Auslegung auch noch entnehmen, für und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt werden sollte. Zwar ist die Berufungsschrift unter dem Briefkopf der xxxx GmbH eingereicht worden, also einer Gesellschaft, die am Prozess nicht beteiligt war. Im Text der Berufungsschrift heißt es aber, dass das Rechtsmittel in Sachen Heinz xxxxx gegen xxxxxxxxx AG eingelegt werde. Aus der damit ganz offensichtlich bestehenden gesellschaftsrechtlichen Verbindung zwischen der im Briefkopf und der im Kurzrubrum genannten Gesellschaft lässt sich noch erschließen, dass die Berufung namens und in Vollmacht der xxxxxxxxxxx AG eingelegt werden sollte. Auch wenn der Berufungsschrift eine Ausfertigung des angefochtenen Urteils nicht beilag, kann nicht unterstellt werden, Berufungsklägerin sei die im Briefkopf aufgeführte Gesellschaft.

b) Die Berufungsschrift genügt aber deswegen nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil aus ihr nicht hinreichend deutlich hervorgeht, dass sie von einem postulationsfähigen Rechtsanwalt unterzeichnet ist, der die Beklagte in seiner Eigenschaft als unabhängiges Organ der Rechtspflege vertritt.

aa) Zur Berufungseinlegung durch einen Syndikusanwalt hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Beschluss vom 19.03.1996 (2 AZB 36/95 - AP ArbGG 1979 § 11 Prozess-Vertreter Nr. 13; Vorinstanz LAG Hamm 16.11.1995 - 12 Sa 1319/95 - LAGE § 11 ArbGG 1979 Nr. 11) entschieden, eine Berufung sei unzulässig, wenn die Berufungsschrift von einem angestellten Syndikusanwalt auf einem Firmenbogen für die Rechtsmittelklägerin eingelegt werde, er als "Syndikusanwalt" unterzeichne und auch im übrigen nicht zu erkennen gebe, dass er den Rechtsmittelführer als unabhängiger, bei einem deutschen Gericht zugelassener Rechtsanwalt vertrete. Das Bundesarbeitsgericht hat zur Begründung ausgeführt, ein Syndikusanwalt habe zwei Arbeitsbereiche: einen arbeitsvertraglich gebundenen und einen als freier Anwalt. Der Syndikusanwalt müsse in der Rechtsmittelschrift verdeutlichen, dass er das Rechtsmittel in seiner Eigenschaft als unabhängiger Rechtsanwalt einlege. In Abgrenzung zu zwei früheren Entscheidungen hat das Bundesarbeitsgericht die Auffassung vertreten, dass es im Entscheidungsfall an einer hinreichenden Klarstellung fehle.

Die genannte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist teilweise auf Kritik gestoßen (Bauer, BB 1996, 1283); ganz überwiegend wird sie in der Kommentarliteratur ohne weitere Anmerkungen referiert (Schaub, Arbeitsgerichtsverfahren, 7. Auflage, § 51 Randziffer 46; ArbGV-Wolmerath, § 11 Randziffer 29; Germelmann, a. a. O., § 11 Randziffer 46; GK-ArbGG/Bader. § 11 Randziffer 64; Münchener Kommentar/ZPO-Rimmelspacher, 2. Auflage, § 519 Randziffer 8; AR-Blattei SD [Spilger], 160.10.2, Randziffer 117).

bb) Die zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist im vorliegenden Fall nicht unmittelbar einschlägig. Denn Herr Rechtsanwalt xxxxx ist nicht als Syndikusanwalt für die Beklagte, also die xxxxxxxxxx AG, tätig. Ob Herr Rechtsanwalt xxxxxx in einem Arbeitsverhältnis bei der xxxxxxx GmbH steht (was sein knapper Vortrag offen lässt), kann dahingestellt bleiben, weil die xxxxxxxx GmbH nicht Partei des Rechtsstreites ist.

Ungeachtet dessen verdient der vom Bundesarbeitsgericht aufgestellte Rechtssatz, der Prozessbevollmächtigte müsse verdeutlichen, dass er die Rechtsmittelschrift in seiner Eigenschaft als unabhängiger Rechtsanwalt einlege, auch im vorliegenden Rechtsstreit Beachtung. Legt nämlich ein Prozessbevollmächtigter, der in einem von ihm nicht näher beschriebenen Rechtsverhältnis zu einer im Konzernverbund stehenden Gesellschaft steht, ein Rechtsmittel für eine andere Gesellschaft des Konzerns ein, so bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass er das Rechtsmittel in seiner Eigenschaft als unabhängiges Organ der Rechtspflege einlegen will. Gerade dann, wenn der Rechtsanwalt für eine Gesellschaft handelt, bei es sich wie im vorliegenden Fall ganz offensichtlich um eine Konzerngesellschaft handelt, die als Service-Gesellschaft für das Personal- und Sozialwesen der anderen Konzerngesellschaften zuständig ist, drängt sich ein weisungsgebundenes Handeln im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses auf.

Im Streitfall fehlt es an der erforderlichen Klarstellung, dass die Berufung von Herrn Rechtsanwalt Falter in seiner Eigenschaft als unabhängiges Organ der Rechtspflege eingelegt wurde: Die Berufungsschrift ging unter dem Briefkopf der xxxxxxxxxxx GmbH ein. Aus den eingedruckten Angaben im rechten oberen Teil des Schriftstückes ist ersichtlich, dass Herr Rechtsanwalt xxxxx im Bereich "PR-Arbeitsrecht" tätig ist. Telefon, Telefax und E-Mail weisen darauf hin, dass er in die Organisation der xxxxxxxx GmbH eingebunden ist. Die Berufungsschrift enthält sodann die Formulierung "legen wir ... Berufung ein". Ferner heißt es am Ende "i.A. xxxxxx - Rechtsanwalt -".

Die letztere Angabe hat allerdings nicht die Bedeutung, die ihr in anderen Fällen von der Rechtsprechung zugemessen wurde. So läßt sich der Angabe "i.A." grundsätzlich entnehmen, dass der Unterzeichnende dem Gericht gegenüber nur als Erklärungsbote auftreten will (BGH, 05.11.1987 - V ZR 139/87 - NJW 1988, 210; BAG, 26.07.1967 - 4 AZR 172/66 - AP ZPO § 518 Nr. 11; LAG Niedersachsen, 03.02.1995 - 12 Sa 662/94 - LAGE ZPO § 518 Nr. 4). Etwas anderes gilt, wenn der unterzeichnende Rechtsanwalt zu den im Briefkopf aufgeführten Mitgliedern der beauftragten Rechtsanwaltssozietät gehörte (BGH, 27.05.1993 - III ZB 9/93 - NJW 1993, 2056). Die aufgeführten Entscheidungen betrafen durchweg Fallgestaltungen, bei denen ein anderer Rechtsanwalt "im Auftrag" des sachbearbeitenden Rechtsanwaltes die Rechtsmittelschrift unterzeichnet hatte. Will der unterzeichnende Rechtsanwalt in diesem Fall nicht als Bote behandelt werden, so sollte er tunlichst den unbedenklichen Zusatz "i. V." oder "für Rechtsanwalt ..." verwenden (BAG, 11.08.1987 - 7 AZB 17/87 - AP ZPO § 518 Nr. 54; BAG, 22.05.1990 - 3 AZR 55/90 - NJW 1990, 2706).

Der Beklagten ist einzuräumen, dass die Angabe "i.A." nicht dahingehend ausgelegt werden kann, Herr Rechtsanwalt xxxx habe lediglich als Erklärungsbote auftreten wollen. Im vorliegenden Fall spricht die Angabe aber im Zusammenspiel mit der äußeren Form der Berufungsschrift für weisungsgebundenes Handeln. Wird nämlich in Verwaltungen oder Unternehmen die Angabe "i. A." verwendet, so deutet dies regelmäßig darauf hin, dass sich der Unterzeichner als Beschäftigter der Verwaltung bzw. des Unternehmens versteht und für dieses Unternehmen eine Erklärung abgeben möchte. Er will mit der Angabe den Bezug zur Unternehmensleitung herstellen und zu erkennen geben, dass er sich für diese äußert. Diese Auslegung wird durch die weitere Formulierung "legen wir ... Berufung ein." bestätigt. Denn mit "wir" nahm Herr Rechtsanwalt xxxxxx entweder Bezug auf die Berufungsklägerin, die xxxxxx GmbH oder auf beide Unternehmen, nicht aber auf seine eigene Person.

Legt ein Rechtsanwalt in dieser Form Berufung ein, so hat er nicht hinreichend verdeutlicht, dass er die Berufungsklägerin in seiner Eigenschaft als unabhängiger Rechtsanwalt vertreten will. Dies ergibt sich auch nicht aus der (nicht in den Akten befindlichen) Vollmacht; denn auch einem juristischen Mitarbeiter der Personalabteilung kann eine auf ihn lautende Prozessvollmacht erteilt werden. Dennoch nimmt er die Prozessführung als weisungsgebundener Arbeitnehmer wahr.

cc) An der Unzulässigkeit der Berufung ändert auch daran nichts, dass das Landesarbeitsgericht nach dem Vorbringen der Beklagten in den bisherigen Verfahren keinen Anstoß an der Verwendung des Briefpapiers der xxxxxxx GmbH genommen hat. Die Beklagte hat nicht näher angegeben, um welche Verfahren es sich insoweit handelt. Seit Einführung des EDV-unterstützten Geschäftsstellenprogramms beim Landesarbeitsgericht im Jahr 1997 sind im Prozessregister außer dem hiesigen Verfahren vier Berufungssachen unter Beteiligung der Beklagten oder eines der Konzernunternehmen zu verzeichnen (2 Sa 30/01, 5 Sa 127/01, 6 Sa 44/01 und 20 Sa 47/01). Aus den Akten 20 Sa 47/01 und 6 Sa 44/01 ergab sich, dass die Berufungsschrift unter dem Briefkopf der xxxxxxxx GmbH eingereicht worden war, allerdings ohne die Angabe "i.A." und mit der Formulierung "lege ich Berufung ein". Auf die Akten 5 Sa 127/01 und 2 Sa 30/01 bestand kein Zugriff.

Nach Auffassung der Kammer kann jedoch aus dem vorstehenden Sachverhalt kein Vertrauenstatbestand zugunsten der Beklagten hergeleitet werden. Zwar kann aus dem Grundsatz des "fairen Verfahrens" eine Pflicht des Gerichts erwachsen, eine langjährig praktizierte Verfahrensweise nicht abrupt zu beenden. So darf ein Gericht nicht ohne Vorwarnung nachteilige Folgen aus einer nicht prozessordnungsgemäßen Unterschrift ableiten, wenn es die Unterschrift jahrelang als ordnungsgemäß akzeptiert hat (BVerfG 26.04.1988 - 1 BvR 686/87 - NJW 1988, 2787; 07.10.1996 - 1 BvR 1183/95 - nicht veröffentlicht; BAG 18.06.1997 - 4 AZR 710/95 - NZA 1997, 1234). Damit ist der vorliegende Sachverhalt aber nicht vergleichbar. Zum einen fehlt es schon an einer langjährigen Verfahrensweise des Landesarbeitsgerichts. Zum anderen wurde die Beklagte unverzüglich nach Vorlage der Berufung am 19.12.2002 um 12.18 Uhr (am 18.12.2002 war Sitzungstag der Kammer 4) per Fax auf die Mängel der Berufungsschrift hingewiesen. Es hätte unter diesen Um- ständen die Berufung wiederholt, zumindest aber innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt werden können. Die Beklagte äußerte sich jedoch erst mit am 10.01. bzw. 13.02.2003 eingegangenen Schriftsätzen.

III.

Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss der Kammer ergehen.

Die Beklagte hat gemäß § 97 Absatz 1 ZPO die Kosten ihres ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen. Die Kammer hat gemäß § 77 ArbGG in Verbindung mit § 72 Absatz 2 ArbGG die Revisionsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Ende der Entscheidung

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