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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 28.06.2001
Aktenzeichen: 4 Ta 32/01
Rechtsgebiete: ArbGG, BRAGO, BGB, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 12a
ArbGG § 12a Abs. 1
BRAGO § 23
BGB § 779
ZPO § 97 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg

Aktenzeichen: 4 Ta 32/01

Stuttgart, 28. Juni 2001

Beschluss

Im Beschwerdeverfahren

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 4. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Pfitzer ohne mündliche Verhandlung am 28. Juni 2001 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lörrach - Kammern Radolfzell - vom 10. Mai 2001 - 4 Ca 7/01 - wird auf Kosten der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 562,60 DM

Gründe:

Der Beteiligte zu 2 ist der ehemalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin und Antragsgegnerin im Ausgangsverfahren. Diese begehrte mit der Klage die Feststellung, dass das zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Dezember 2000 wurde, sowie die Bezahlung eines Betrag von 450,00 DM netto ohne Zinsen. Die Güteverhandlung führte sodann zum Abschluss eines bestandskräftigen Vergleichs, der folgenden Inhalt hat:

1. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, daß das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen ungekündigt fortbesteht über den 31.1.2001 hinaus.

2. Die Beklagte verpflichtet sich, an die Klägerin 450,00 DM netto auszubezahlen.

3. Damit ist der vorliegende Rechtsstreit erledigt.

4. Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben.

Mit seinem Kostenfestsetzungsantrag vom 22. Februar 2001 machte der Beteiligte zu 1 auch eine Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO geltend, die ihm das Arbeitsgericht durch den angegriffenen Festsetzungsbeschluss auch zubilligte. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 2.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 ist zulässig, aber in der Sache nicht gerechtfertigt. Der Beteiligte zu 1 hat nach § 23 BRAGO Anspruch auf Festsetzung auch einer Vergleichsgebühr. Dies hat das Arbeitsgericht im Beschluss vom 10. Mai 2001 zutreffend angenommen. Die Vereinbarung im Gütetermin vom 01. Februar 2001 erfüllt nämlich die Merkmale, die einen Vergleich im Sinne des § 779 BGB kennzeichnen. Danach reicht für die Annahme eines Vergleichs auch ein geringfügiges Nachgeben im Kostenpunkt aus (vgl. nur Staudinger-Marburger, 13. Aufl., § 779 BGB Rz. 27 m.w.Nw.). Es genügt jedes Opfer, das eine Partei auf sich nimmt, mag es auch ganz geringfügig sein (vgl. auch MünchKomm-Pecher, 3. Aufl., § 779 BGB Rdnr. 26; Palandt-Sprau, 58. Aufl., § 779 Rdnr. 9; OLG München, Beschluss vom 09. Juli 1999 - 11 W 1975/99 - JurBüro 1999, 634)

Dieses Merkmal liegt hier vor, weil die Klägerin auf die Erstattung ihrer fiktiven Reisekosten zum Gütetermin im Rahmen des § 12a ArbGG verzichtet hat. In Höhe dieses Betrags hätte sie von der Beklagten des Ausgangsverfahrens ihre Anwaltskosten erstattet verlangen können.

Die Klägerin hätte Aufwendungen gehabt, wenn sie selbst zum Gütetermin gefahren wäre. Dass es sich lediglich um einen geringfügigen Betrag handeln könnte (Fahrtstrecke von Tengen-Watterdingen nach Radolfzell, rund 30 km), steht dem ebenfalls nicht entgegen, weil es nicht auf den Umfang des Nachgebens ankommt.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Beteiligte zu 2. arglistig gehandelt hätte, wenn er eine gütliche Einigung mit dem vorliegenden Inhalt abschließt anstatt ein Anerkenntnisurteil zu erwirken, das mit Rechtsmitteln anfechtbar wäre. Diese Einigung kann durchaus im mutmaßlichen Interesse seiner Partei an einer raschen und endgültigen Erledigung des Rechtsstreits liegen. Gegenteilige Gesichtspunkte sind von keiner Seite vorgebracht worden.

Schließlich kommt es auch nicht darauf an, dass der Verzicht der Klägerin auf einen Kostenerstattungsanspruch nicht die unverzichtbare Bedingung für die Bereitschaft der Beklagten zur gütlichen Einigung in der Art und Weise, wie sie im Ausgangsverfahren erzielt wurde, gewesen sein dürfte. Für die Annahme eines Vergleichs reicht es aus, wenn ein beiderseitiges Nachgeben vorliegt, das nicht synallagmatisch sein muss (Vgl. Staudinger-Marburger, ebenda). Das Opfer muss nur um der Einigung willen erbracht worden sein. Zu Recht weist jedenfalls das LAG Sachsen-Anhalt in seinem Beschluss vom 18. Februar 2000 - 8 Ta 9/00 - LAGE § 23 BRAGO Nr. 8 = JurBüro 2000, 528) darauf hin, dass es widersprüchlich wäre, dem Vergleich, der in der Hauptsache ein völliges Nachgeben der einen Seite enthält, einerseits eine Kostenprivilegierung im Sinne der Nr. 9112 des Gebührenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 12 Abs. 1 ArbGG) vorzunehmen, andererseits aber dem Rechtsanwalt bei einem auch noch so geringfügigen Nachgeben einer Seite keine Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO zuzubilligen.

Darüber hinaus ist aber noch auf Folgendes hinzuweisen: Schließt eine Partei über die Frage, ob das Arbeitsverhältnis nicht durch eine Kündigung aufgelöst wurde, einen Prozessvergleich, in dem das Fortbestehen des Vertragsverhältnisses vereinbart wird, verzichtet sie auf die Präklusionsfolgen eines Urteils. Der Arbeitgeber ist für die Folgezeit nicht gehindert, eine Kündigung auf Grund des nämlichen Sachverhalts erneut auszusprechen. Auf diese Rechtsstellung verzichtet der Arbeitnehmer, der sich auf einen Vergleich mit dem fraglichen Inhalt einlässt (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 26. August 1993 - 2 AZR 159/93 - AP § 626 BGB Nr. 113). Da aber ein Nachgeben der Klägerin bereits im Kostenpunkt zu sehen ist, kommt es vorliegend auf diesen Gesichtspunkt nicht mehr entscheidend an. Demgemäß ist die angegriffene Entscheidung aufrechtzuerhalten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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