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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 15.07.1999
Aktenzeichen: 4 TaBV 1/99
Rechtsgebiete: BetrVG, MTV, TVG


Vorschriften:

BetrVG § 77 Abs. 3
BetrVG § 87 Abs. 1
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10
BetrVG § 99
BetrVG § 99 Abs. 1
BetrVG § 99 Abs. 1 Satz 1
BetrVG § 99 Abs. 2 Nr. 1
MTV § 20
MTV § 21
MTV § 21 Abs. 1
MTV § 21 Nr. 2
MTV § 21 Abs. 2 Satz 2
TVG § 3 Abs. 2
TVG § 4 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
4 TaBV 1/99

verkündet am 15.07.1999

In dem Beschlussverfahren

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 4. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Pfitzer, den ehrenamtlichen Richter Roth und den ehrenamtlichen Richter Prof. Dr. Ziegler auf die Anhörung der Beteiligten am 20. Mai 1999 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 23. Oktober 1998 - 4 BV 163/98 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im zweiten Rechtszug noch über die Frage, ob die seitens des Betriebsrats verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung des Arbeitnehmers xxxxx xxxxx zu ersetzen ist. Soweit das Arbeitsgericht im ersten Rechtszug die ebenfalls verweigerte Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung des fraglichen Arbeitnehmers ersetzt hat, hat der Betriebsrat kein Rechtsmittel eingelegt und ist der Rechtsstreit somit nicht im zweiten Rechtszug angefallen.

Der antragstellende und beschwerdeführende Arbeitgeber ist xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxx mit bundesweit über 600 Einrichtungen an 300 Orten. Der Beteiligte zu 2 ist der im xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxx mit der Außenstelle Vaihingen gebildete Betriebsrat. Im xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxx werden Maßnahmen im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeit durchgeführt. Im Geschäftsjahr 1996 trat ein Defizit von rd. 30 Mio. Mark auf. Maßgeblich dafür war neben anderen, vom Arbeitgeber in der Antragsschrift dargestellten Gründen im Wesentlichen der Rückgang der von der Bundesanstalt für Arbeit geförderten Maßnahmen.

Um den hieraus folgenden wirtschaftlichen Problemen begegnen zu können, kündigte der Arbeitgeber im September 1997 jeweils zum 31. Dezember 1997 den Manteltarifvertrag Nr. 2 sowie den Tarifvertrag Nr. 3 über die Tätigkeitsmerkmale zum Manteltarifvertrag, die er mit der Gewerkschaft ÖTV abgeschlossen hat. Zuvor hatte der Arbeitgeber im Zusammenhang mit Tarifvertragsverhandlungen gegenüber der ÖTV am 14. Dezember 1996 unter bestimmten Voraussetzungen auf eine Kündigung des Manteltarifvertrages zum 31. Dezember 1997 verzichtet. Aus Gründen, die der Arbeitgeber in der Antragsschrift ausgeführt hat, die vom Betriebsrat aber mit Nichtwissen bestritten worden sind, hat der Arbeitgeber gleichwohl die Kündigung auch des Manteltarifvertrags Nr. 2 erklärt.

Bei Neueinstellungen ab 1. Januar 1998 wendet der Arbeitgeber die bisher geltenden Tarifverträge weiterhin an, insbesondere also hinsichtlich der Eingruppierung nach bestimmten Tätigkeitsmerkmalen auf Grund des Tarifvertrags Nr. 3 über die Tätigkeitsmerkmale zum Manteltarifvertrag, mit Ausnahme jedoch der sog. "Alterssprünge" sowie des "Bewährungsaufstiegs". Vielmehr wird bei neu eingestellten Arbeitnehmern ungeachtet des Lebensalters stets die niedrigste Lebensaltersstufe zu Grunde gelegt.

Der Arbeitgeber beabsichtigte, den am 28. November 1954 geborenen Arbeitnehmer xxxxx xxxxx als Ausbilder "Trockenbaumonteure" für eine entsprechende, vom Arbeitsamt finanzierte Maßnahme befristet vom 16. Juni 1998 bis zum 31. Juli 2000 unter Einreihung in die Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 12.1 des gekündigten Tarifvertrags "Tätigkeitsmerkmale" mit Vergütung nach Lebensaltersstufe 21 des Vergütungstarifvertrags einzustellen. Die Differenz zwischen der Vergütung nach dieser Lebensaltersstufe und der Lebensaltersstufe, die einschlägig wäre, wenn die tariflichen Bestimmungen unverändert angewendet würden, erhält der Arbeitnehmer als persönliche Zulage. Der Arbeitgeber unterrichtete den Betriebsrat mit Schreiben vom 04.06.98 (Bl. 39 d.A.), das dem Betriebsrat am 08. Juni 1998 zugegangen ist. Mit Schreiben vom 12.06.98 (Fotokopie Bl. 40 - 43 d.A.) verweigerte der Betriebsrat seine Zustimmung sowohl zur Einstellung als auch zur Eingruppierung. Er hat, soweit hier noch von Interesse, darin insbesondere geltend gemacht, die Arbeitsvertragsbedingungen verstießen in wesentlichen Teilen gegen den Manteltarifvertrag Nr. 2. In dem individuellen Arbeitsvertrag seien expressis verbis Rechte aus dem Manteltarifvertrag ausgeschlossen. Falls der Manteltarifvertrag wirksam gekündigt worden sei, erhebe er Widerspruch, weil die Arbeitsvertragsbedingungen, u. a. die Entlohnungsgrundsätze, gegen das Tarifvertragsgesetz verstoßen würden. Auch im Nachwirkungszeitraum begründete Arbeitsverhältnisse würden von dem Tarifvertrag noch erfasst. Er meinte weiter, es läge auch ein Verstoß gegen den Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vor, wenn der Grundsatz der Lebensaltersstufen gemäß § 21 Abs. 1 MTV nicht mehr angewendet werde. Eine Entlohnung könne nicht nach einseitig vom Arbeitgeber festgelegten Grundsätzen erfolgen. Darüber hinaus läge auch ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz bzw. den Gleichbehandlungsgrundsatz vor.

Der Arbeitgeber hat mit am 16. Juli 1998 eingereichtem Schriftsatz ein Beschlussverfahren eingeleitet, um die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung und Eingruppierung des Arbeitnehmers xxxxxx ersetzen zu lassen.

Zur Begründung seines Antrags hat der Arbeitgeber seine Auffassung vertreten, er habe die Tarifverträge wirksam gekündigt. Auf Grund der Kündigung habe insbesondere der Manteltarifvertrag keine Geltung mehr. Da aber die neu eingestellten Arbeitnehmer in das bisherige Entgeltsystem eingruppiert würden, bestehe auch kein Widerspruchsrecht des Betriebsrats. Bei der Frage der Einordnung in bestimmte Lebensaltersstufen handele es sich nicht um eine Eingruppierung im Sinne des § 20 des Manteltarifvertrags Nr. 2 und damit auch des § 99 BetrVG.

Der Arbeitgeber hat (soweit im zweiten Rechtszug noch von Interesse) beantragt:

Die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung des Arbeitnehmers xxxxx xxxx entsprechend Vergütungsgruppe Vb Lebensaltersstufe 21 des gekündigten Tarifvertrags Tätigkeitsmerkmale wird ersetzt.

Der Betriebsrat hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hat sich zur Begründung seines Zurückweisungsantrags im Wesentlichen auf die Begründung seines Widerspruchs bezogen und diese näher ausgeführt.

Wegen des Vortrags der Beteiligten im ersten Rechtszug im Einzelnen wird auf Ziff. I. der Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat durch seinen am 23. Oktober 1998 verkündeten Beschluss (Bl. 79 - 86 d.A.) die verweigerte Zustimmung zur Einstellung ersetzt. Den Ersetzungsantrag bezüglich der Eingruppierung hat es zurückgewiesen. Dazu hat es im Wesentlichen ausgeführt, auf die Wirksamkeit der Kündigung des Manteltarifvertrags käme es nicht an, weil in diesem Falle die neuen Arbeitsvertragsbedingungen gegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verstießen. Der Arbeitgeber wende mit der Regelung, dass es keine Alterssprünge und keinen Bewährungsaufstieg mehr gebe, eine neue Vergütungsordnung ohne Beteiligung des Betriebsrats an. Wegen der Einzelheiten seiner Ausführungen wird auf die Beschlussgründe unter II. B. 2. verwiesen.

Gegen diese am 18. Dezember 1998 zugestellte Entscheidung wendet sich allein der Arbeitgeber mit seiner am 15. Januar 1999 eingelegten und durch weiteren Schriftsatz, der am 11. Februar 1999 eingegangen ist, begründeten Beschwerde.

Auch der Arbeitgeber meint, auf die Frage der Kündigung des Manteltarifvertrages komme es rechtlich nicht an. Aus der Stellungnahme des Betriebsrats ergebe sich aber ebenfalls, dass die mitgeteilte Gehaltsgruppe Vb Fallgruppe 12.1 richtig sei. Sein Widerspruch gehe deshalb ins Leere. Die Vergütung des Arbeitnehmers sei so festgelegt, dass sie neben der Grundvergütung, deren Richtigkeit vom Betriebsrat nicht bezweifelt werde, eine persönliche Zulage enthalte, die der Regelung entspreche, wie sie im Manteltarifvertrag vorgesehen sei. Er wende allerdings § 21 des Manteltarifvertrages nicht mehr an. Dabei handle es sich jedoch nicht um eine Eingruppierungsregelung, sondern um eine Regelung bezüglich der Vergütung. Diesbezüglich habe der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Da die Frage der Lebensaltersstufe keine Frage der Eingruppierung sei, müsse der erstinstanzliche und vom Arbeitsgericht beschiedene Antrag aber angepasst werden.

Der Arbeitgeber stellt folgenden Antrag:

1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 23.10.98, AZ: 4 BV 163/98 wird teilweise abgeändert.

2. Die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung des Arbeitnehmers xxxxx xxxx in die Vergütungsgruppe Vb, Fallgruppe 12.1, gemäß Anlage I des gekündigten Tarifvertrages Nr. 3 über die Tätigkeitsmerkmale zum Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer des Internationalen Bundes vom 18.06.91 wird ersetzt.

Der Betriebsrat bittet um die Zurückweisung der Beschwerde.

Der Betriebsrat ist der Auffassung, der geänderte Antrag sei unzulässig; es fehle die erforderliche Beschwer. Jedenfalls stimme er der Antragsänderung, die er auch nicht für sachdienlich halte, nicht zu. Im Übrigen sei der Widerspruch wegen der unrichtigen Anwendung des Manteltarifvertrages bei der Einreihung von Lebensaltersstufen zu Recht erfolgt. Das kollektive Entgeltschema sei entsprechend der tarifvertraglichen Regelung einerseits durch den Faktor "Tätigkeit" und andererseits durch das Merkmal "Lebensalter" bestimmt. Somit habe der Arbeitgeber eine eigene Regelung eingeführt und dabei ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nicht gewahrt, so dass er zur Verweigerung der Zustimmung berechtigt gewesen sei.

Wegen des Vortrags der Beteiligten im Einzelnen wird auf ihre Ausführungen in der Beschwerdeschrift vom 09.02.99 (Bl. 7 - 17 d.A.) und der Erwiderungsschrift vom 29.03.99 (Bl. 21 - 28 d.A.) verwiesen.

II.

Die Beschwerde des Arbeitgebers ist an sich statthaft und auch sonst zulässig, jedoch in der Sache nicht gerechtfertigt.

1. Die Verfahrensvoraussetzungen für eine Sachentscheidung über die Beschwerde sind erfüllt. Insbesondere ist trotz des geänderten Antrags davon auszugehen, dass eine Beseitigung der durch den angefochtenen Beschluss geschaffenen Beschwer begehrt wird. Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde in diesem Punkt (vgl. hierzu etwa BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - III ZR 53/98 - NJW 1999, 1407 m.w.N.) greifen vorliegend nicht durch. Der Arbeitgeber verfolgt mit dem Antrag die Beseitigung der von der Entscheidung des Arbeitsgerichts ausgehenden für ihn nachteiligen Rechtsfolge, dass das Verfahren nach § 99 BetrVG mangels Zustimmung des Betriebsrats und mangels Ersetzung der verweigerten Zustimmung durch die Gerichte für Arbeitssachen nicht zu seinen Gunsten beendet ist. Dabei ist es gleichgültig, in welcher konkreten Formulierung der Antrag vorliegend gefasst ist. Das Rechtsschutzziel und der Streitgegenstand bleiben identisch, nämlich die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des fraglichen Arbeitnehmers entsprechend der Planung des Arbeitgebers. In diesem Zusammenhang kommt es noch nicht darauf an, ob es sich bei der Frage der Altersstufe um ein Eingruppierungsmerkmal im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG handelt oder nicht. Der Arbeitgeber will die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme, wie er sie insgesamt durchführen will und wie sie sich nach seiner Vorstellung rechtlich und tatsächlich darstellt, ersetzen lassen. Eine Auflösung der Maßnahme in einzelne Teilakte kommt nicht in Betracht. Der Frage, ob es sich bei der Einordnung in eine bestimmte Altersstufe um ein Eingruppierungsmerkmal handelt oder nicht, kommt in diesem Zusammenhang lediglich die Bedeutung einer Beschreibung des Streitverhältnisses zwischen den Beteiligten zu. Insoweit enthält der Antrag sowohl in der Gestalt des ersten als auch des zweiten Rechtszugs lediglich Hinweise auf Begründungselemente, die aufzeigen sollen, worüber der Streit zwischen den Beteiligten geführt wird. Dies ist die Frage, ob ein Zustimmungsverweigerungsgrund besteht oder nicht. Dabei liegt allerdings die Vergütungsgruppe, in die der Arbeitnehmer einzugruppieren ist, als solche zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Der vom Arbeitgeber vorgenommenen "Änderung" des Antrags hätte es insoweit nicht bedurft, weil die Formulierung des Antrags nichts am Lebenssachverhalt, für den die Zustimmung des Betriebsrats begehrt wurde, ändert. Dass der Arbeitnehmer nach der Lebensaltersstufe 21 vergütet werden soll, ist Gegenstand der personellen Maßnahme des Arbeitgebers, unabhängig davon, ob der Arbeitgeber dieses Merkmal im Antrag aufführt oder nicht. Dieser Umstand ist auch der Bezugspunkt für den Widerspruch des Betriebsrats. Die Ausführungen des Arbeitgebers, wonach die Vergütung nach einer bestimmten Lebensaltersstufe oder die Nichtanwendung von Steigerungsstufen nach dem Lebensalter keine Eingruppierung im Sinne des § 99 BetrVG darstellte, können nicht den Umstand obsolet erscheinen lassen, dass der Arbeitgeber gerade dies durchführen will und der Betriebsrat aus eben diesem Grunde widerspricht. In diesem Sinne ist der Antrag auszulegen, da die Ausführungen des Arbeitgebers zur Begründung seiner Beschwerde nicht den Schluss zulassen, er wolle diese Streitfrage, weil nicht das Merkmal "Eingruppierung" betreffend, unentschieden sein lassen und es dem Betriebsrat überlassen, durch ein eigenes Verfahren klären zu lassen, ob es sich bei der Nichtanwendung von Lebensaltersstufen um eine Eingruppierung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG handelt.Einer solchen Auslegung des Antrags zufolge erstrebt der Arbeitgeber im zweiten Rechtszug die Beseitigung der Beschwer, die ihm durch den angefochtenen Beschluss auferlegt wurde. Dementsprechend handelt es sich bei der im zweiten Rechtszug gewählten Antragsfassung auch nicht um eine Antragsänderung, sondern um die Weiterverfolgung des bereits im ersten Rechtszug zur Entscheidung gestellten Begehrens, nämlich die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme. Da es sich also um das identische Begehren bei unterschiedlichem Wortlaut handelt, kommt es auch nicht auf die Zustimmungsbedürftigkeit oder Sachdienlichkeit einer Antragsänderung an.

2. Der in diesem Sinne zu verstehende und auch verstandene Antrag des Arbeitgebers wurde aber vom Arbeitsgericht zu Recht zurückgewiesen. Die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des Arbeitnehmers xxxxxx unter den vom Arbeitgeber mitgeteilten Modalitäten ist nicht zu ersetzen, da der Betriebsrat berechtigterweise dieser Maßnahme widersprochen hat. Sie verstößt nämlich gegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, weil der Arbeitgeber eine Vergütungsordnung anwendet, bezüglich der er das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats missachtet hat und mit deren Anwendung er also gegen ein Gesetz verstößt. Der vom Betriebsrat und dem Arbeitsgericht hierzu vertretenen Auffassung ist zu folgen.

a) Es kann in der Tat dahingestellt bleiben, ob der Manteltarifvertrag Nr. 2 wirksam gekündigt ist oder nicht. Ist er noch ungekündigt in Kraft, ist er als für den Betrieb des Arbeitgebers geltende Tarifregelung anzuwenden (§ 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG). Der Arbeitgeber hat bislang tarifgebundene wie nicht tarifgebundene Arbeitnehmer nach dieser Regelung behandelt. Eine unterschiedliche Behandlung, soweit diese überhaupt rechtlich möglich wäre (§ 3 Abs. 2 TVG), will er nicht durchführen. Vielmehr verfolgt der Arbeitgeber die Regelung, die Tarifverträge allgemein im Betrieb anzuwenden. Es gelten insoweit die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wie sie im Beschluss vom 23. November 1993 (1 ABR 34/93 - AP Nr. 111 zu § 99 BetrVG 1972) zum Ausdruck gebracht worden sind. Wenn aber der Manteltarifvertrag Nr. 2 weiterhin mit bindender Wirkung anzuwenden ist, gilt auch § 21 MTV Nr. 2, der folgenden Wortlaut hat, soweit er für die vorliegende Streitfrage von Bedeutung ist:

Grundvergütung (Gehalt, Monatslohn)

(1) Im Vergütungstarifvertrag sind die Grundvergütungen nach Lebensaltersstufen zu bemessen.

(2) Wird der Angestellte in den Vergütungsgruppen III bis IX und der Arbeiter spätestens am Ende des Monats angestellt, in dem er das 31. Lebensjahr vollendet hat, erhält er die Grundvergütung seiner Lebensaltersstufe. Wird der Arbeitnehmer zu einem späteren Zeitpunkt eingestellt, erhält er die Grundvergütung der Lebensaltersstufe, die sich ergibt, wenn das bei der Einstellung vollendete Lebensalter um die Hälfte der Lebensjahre vermindert wird, die der Arbeitnehmer seit Vollendung des 31. Lebensjahres zurückgelegt hat. Jeweils mit Beginn des Monats, in dem der Arbeitnehmer ein Lebensjahr mit ungerader Zahl vollendet, erhält er bis zum Erreichen der Endgrundvergütung die Grundvergütung der folgenden Lebensaltersstufe. ...

(3) ...

Dementsprechend hätte der Arbeitnehmer xxxx Anspruch auf Vergütung nicht nach Lebensaltersstufe 21, sondern nach der sich aus § 21 Abs. 2 Satz 2 ergebenden Lebensaltersstufe des einschlägigen Vergütungstarifvertrags. Soweit der Tarifvertrag aber wirksam gekündigt sein sollte, gilt er nach § 4 Abs. 5 TVG nur noch im Wege der Nachwirkung. Er ist also für die Beteiligten dispositiv. Dies bedeutet aber nicht, dass der Arbeitgeber ohne Beteiligung des Betriebsrats einseitig ein anderweitiges kollektives Entgeltschema anwenden dürfe. Ohne Zustimmung des Betriebsrats kann er nur von den tariflichen Regelungen abweichende Vereinbarungen mit den Arbeitnehmern mit individuell ausgehandeltem Inhalt abschließen. Soweit die Vergütung nicht freihändig vereinbart wird, sondern einem bestimmten kollektiv angewendeten System folgt, handelt es sich um eine Entgeltregelung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG und bedarf deshalb zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Betriebsrats oder der Einigungsstelle. Dies gilt unabhängig davon, ob der vom Bundesarbeitsgericht favorisierten Vorrangtheorie in Bezug auf den Gesetzesvorbehalt in § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG gefolgt wird (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 5. März 1997 - 4 AZR 532/95 - AP Nr. 10 zu § 77 BetrVG 1972 Tarifvorbehalt, II 2 b der Gründe) oder im Hinblick auf § 77 Abs. 3 BetrVG der Zweischrankentheorie. Denn auch nach letzterer Auffassung bleibt das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats unberührt. Nur dem Abschluss einer Betriebsvereinbarung stünde die Tatsache, dass üblicherweise die Vergütungsmerkmale durch Tarifvertrag geregelt sind, entgegen, nicht aber einer entsprechenden Regelungsabrede. Auch hier kommt es im Übrigen auf die Tarifbindung auch des Arbeitnehmers nicht an.

b) Zu Recht hat das Arbeitsgericht auch die Auffassung vertreten, dass der Betriebsrat aus dem Grunde der Eingruppierung widersprechen könne, dass der Arbeitgeber ein falsches Entgeltschema anwendet. Auch dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die das Arbeitsgericht zitiert hat. Das Arbeitsgericht hat das Widerspruchsrecht des Betriebsrats zutreffend unter dem Gesichtspunkt eines Gesetzesverstoßes im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG geprüft. Wenn der Arbeitgeber eine Entgeltordnung verwendet, der der Betriebsrat nicht zugestimmt hat, obwohl sie mitbestimmungspflichtig ist im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, liegt hierin ein Gesetzesverstoß (vgl. den auch vom Arbeitsgericht zitierten Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Januar 1987 - 1 ABR 66/85 - AP Nr. 42 zu § 99 BetrVG 1972, II 2 c, III der Gründe).

c) Es spricht viel dafür, dass es sich auch bei der Einreihung in ein bestimmtes Vergütungssystem, das unter anderem nach dem Lebensalter oder der Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelt ist, um eine "Eingruppierung" im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG handelt. Eingruppierung ist ein Begriff des Tarifrechts und der Tarifpraxis und bedeutet Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einer tarifvertraglich festgelegten Lohn- oder Gehaltsgruppe, die im Allgemeinen durch bestimmte Tätigkeitsmerkmale, teilweise auch durch das Lebensalter oder die Zeit der Berufstätigkeit (Berufserfahrung) umschrieben wird (vgl. GK-Kraft, § 99 BetrVG, Rz. 38 m.w.N.). Dabei kommt es nicht darauf an, an welcher Stelle eines tarifvertraglichen Gefüges das Schema, nach dem eine Zuordnung des Arbeitnehmers und die Ermittlung der für ihn zutreffenden Vergütung vorzunehmen ist, geregelt ist. Unerheblich ist auch, ob die Tarifvertragsparteien die Einordnung unter bestimmte Lebensaltersstufen als Eingruppierung bezeichnen. Ob in § 20 des Manteltarifvertrags Nr. 2 unter dem Begriff Eingruppierung nur die Einreihung unter Tätigkeitsmerkmale entsprechend der überwiegend ausgeübten Tätigkeit zu verstehen ist, ist unerheblich. Über den Inhalt der gesetzlichen Merkmale des § 99 Abs. 1 BetrVG sind die Tarifvertragsparteien nicht dispositionsbefugt. Sie wollten auch ersichtlich diesbezüglich keine vom Gesetz abweichende Begriffsbestimmung vornehmen. Entscheidend ist für das Eingreifen des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats sowohl nach § 99 als auch nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, ob es sich um Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsform handelt (vgl. zu § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG BAG, Urteil vom 27. Juni 1995 - 1 AZR 998/94 - nicht amtlich veröffentlicht; I 1. der Gründe). Lebensalter und Tätigkeitsjahre können ebenfalls Eingruppierungsmerkmale bilden, nach denen die Höhe der Vergütung zu ermitteln ist. Ob dies zutreffend erfolgt, ist entgegen der Auffassung des Arbeitgebers keineswegs nur eine Sache der mitbestimmungsfrei vorzunehmenden Bestimmung der Vergütungshöhe, sondern setzt die Subsumtion unter ein bestimmtes Schema voraus, deren Richtigkeit vom Betriebsrat im Rahmen des § 99 Abs. 1 BetrVG mitzubeurteilen ist. Bei den sogenannten Alterssprüngen handelt es sich um ein abstraktes Vergütungssystem, das die kontinuierliche Steigerung der Vergütung in vorbestimmten Stufen betrifft. Soweit aber in den vom Arbeitgeber vorgelegten Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. März 1999 [5 (6) TaBV 53/98] und des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 16. November 1998 (15 TaBV 5/98) hiervon abweichend die Auffassung vertreten wird, dass es sich bei der Einordnung in Lebensaltersstufen nach § 21 des Manteltarifvertrags Nr. 2 in Verbindung mit dem Vergütungstarifvertrag nicht um eine Eingruppierung im Sinne des § 99 Abs. 1 handele, kann diese Frage nach diesseitiger Auffassung letztlich dahingestellt bleiben. Maßgeblich erscheint vielmehr, dass der Arbeitgeber eine andere als die bisherige Vergütungsordnung anwendet. Während die unveränderte tarifliche Gesamtregelung eine Staffelung der Vergütung nach dem Lebensalter sowie einen Bewährungsaufstieg vorsah, der allerdings im Hinblick auf die ins Auge gefasste Dauer des Vertragsverhältnisses möglicherweise nicht mehr zum Zuge kommt [§ 3 Nr. 1. b) des Tarifvertrags "Tätigkeitsmerkmale" setzt in der Vergütungsgruppe des betreffenden Arbeitnehmers, der Ausbilder ist, eine zweijährige Bewährungszeit voraus], wendet er nunmehr eine Vergütungsordnung an, die diese Differenzierungsmerkmale nicht mehr aufweist. Damit verfährt der Arbeitgeber nicht mehr nach der bisherigen Vergütungsordnung, sondern hat sie in einzelnen Punkten umgestaltet, so dass sie von der bisherigen Vergütungsordnung abweicht.Da es sich insoweit um einen kollektiven Tatbestand einer Entgeltregelung mit abstrakten Merkmalen handelt, besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Die Auffassung des Arbeitgebers, der Betriebsrat habe bei der Bestimmung der Höhe der Vergütung kein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, berücksichtigt nicht, dass die Einteilung in Lebensaltersstufen nicht die Höhe der vom Arbeitgeber einzusetzenden Entgeltaufwendungen betrifft. Insoweit greift der Arbeitgeber weiterhin auf die Regelungen des Vergütungstarifvertrags zurück. Die Gehaltstabellen bleiben als solche unverändert. Die Entscheidung des Arbeitgebers, anstelle des bisher geltenden Stufensystems nur noch die bislang niedrigste Stufe für die Vergütung heranzuziehen, ist eine Eingruppierungsentscheidung des Arbeitgebers, weil er von dem bisherigen System Abstand nimmt und es durch ein System ersetzt, das solche Alterssprünge nicht mehr beinhaltet. Insoweit weist der vorliegende Fall dieselben Strukturmerkmale auf wie jener, der Gegenstand des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts vom 12. August 1997 (1 ABR 13/97 - AP Nr. 14 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung; B II 2 b dd der Gründe) war. Es geht auch vorliegend um die Frage, welche Vergütungsordnung der Arbeitgeber anzuwenden hat, die als solche eine Eingruppierungsentscheidung erfordert. Ohne dass es also, wie ausgeführt, letztlich darauf ankommt, ob die Unterordnung in eine bestimmte Altersgruppe nach dem Vergütungstarifvertrag für sich bereits eine Eingruppierungsentscheidung darstellt, wofür nach diesseitiger Auffassung allerdings viel spricht, liegt die Eingruppierungsentscheidung bereits in der Anwendung einer Entgeltordnung, die solche Alterssprünge und die Möglichkeit des Bewährungsaufstiegs in der vorliegenden Vergütungsgruppe nicht mehr vorsieht. Auch in seinem nicht veröffentlichten Beschluss vom 9. März 1993 (1 ABR 47/92 - unter B I 2 der Gründe) hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass eine Strukturänderung des Gehaltstarifvertrags, die zur Notwendigkeit einer Umgruppierung der von ihm erfassten Arbeitnehmer führt, dann vorliegt, wenn die Höhe des Gehalts statt bisher vom Lebensalter nunmehr von der Branchenzugehörigkeit abhängig gemacht wird. In einem solchen Falle könne der Betriebsrat allerdings die Zustimmung zu der Eingruppierung nur mit der Begründung verweigern, dass der Gehaltsberechnung eine unrichtige Branchenzugehörigkeit zu Grunde gelegt wird.Diese neue Entgeltordnung hat der Arbeitgeber einseitig ohne Zustimmung des Betriebsrats eingeführt. Sie kann deshalb wegen Verstoßes gegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nicht als Grundlage für die Eingruppierung des Arbeitnehmers xxxxx herhalten. Hier kann also der Betriebsrat der Eingruppierung seine Zustimmung mit der Begründung verweigern, die vom Arbeitgeber angewendete Entgeltordnung sei gesetzwidrig, weil sie ohne Rücksicht auf sein Mitbestimmungsrecht vom Arbeitgeber aufgestellt worden sei. Dies hat der Betriebsrat vorliegend auch getan. Damit ist sein Widerspruch begründet und nicht zu ersetzen. Der Arbeitgeber hat entweder die Vergütungsordnung in der bisherigen tarifliche Ausgestaltung anzuwenden oder aber bezüglich der Modifikationen, auf Grund derer eine neue Entgeltordnung geschaffen wird, die Zustimmung des Betriebsrats herbeizuführen, bevor er sie seiner Eingruppierungsentscheidung zu Grunde legen kann. Solange dies nicht geschehen ist, besteht unter diesem Gesichtspunkt ein Widerspruchsrecht des Betriebsrat, wenn der Arbeitgeber auf die Arbeitsverhältnisse mit neu eingestellten Arbeitnehmern das neue Vergütungssystem anwenden möchte.

3. Nach allem hat das Arbeitsgericht im hier angefallenen Umfang den Antrag des Arbeitgebers zu Recht zurückgewiesen, so dass auch seine Beschwerde keinen Erfolg hat.

Ende der Entscheidung

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