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Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 08.10.1999
Aktenzeichen: 5 Sa 124/98
Rechtsgebiete: BGB, KSchG, ADA, ZPO, ArbGG


Vorschriften:

BGB § 134
BGB § 138
BGB § 242
BGB § 612 a
KSchG § 1 Abs. 2
KSchG § 9
KSchG § 9 Abs. 1 Satz 2
KSchG § 13
KSchG § 13 Abs. 3
ADA § 13 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ArbGG § 72 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
5 Sa 124/98

verkündet am 08.10.1999

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 5. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Lemm, den ehrenamtlichen Richter Schmidt und den ehrenamtlichen Richter Rothländer auf die mündliche Verhandlung vom 08.10.99 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 16.04.1998 -15 Ca 8516/97- wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen, da das Urteil des Landesarbeitsgerichts der Revision nicht unterliegt (§ 543 Abs. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe:

Die an sich statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht der Kündigungsfeststellungsklage entsprochen und den Auflösungsantrag der Beklagten zurückgewiesen.

1. Das Arbeitsgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 06.08.1997 (ABl. 6) zum 31.12.1997 ausgesprochene ordentliche Kündigung bereits deshalb nicht aufgelöst worden ist, weil diese gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB verstößt und daher gem. § 134 BGB nichtig ist. Das Berufungsgericht folgt den im Wesentlichen zutreffenden diesbezüglichen Ausführungen unter I. 2. der Gründe im angefochtenen Urteil und sieht daher zwecks Vermeidung unnötiger Wiederholungen insoweit auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 543 Abs. 1 ZPO). Die von der Beklagten gegen die Auffassung des Arbeitsgerichts vorgebrachten Berufungsangriffe rechtfertigen keine andere Beurteilung.

a) Die Vorschrift des § 612 a BGB erfasst zwar auch Fälle, die vor dem Inkrafttreten des § 612 a BGB unter dem Gesichtspunkt der Sitten- oder Treuwidrigkeit (§§ 138, 242 BGB) geprüft wurden. Sie geht als lex specialis diesen allgemeinen Vorschriften aber vor und bietet weitergehend einen umfassenden, generellen Schutz vor Diskriminierungen als Folge zulässiger Rechtsausübung. Demgemäß handelt es sich bei § 612 a BGB um eine Verbotsnorm i.S. des § 134 BGB und um ein sonstiges Kündigungsverbot i.S. des § 13 Abs. 3 KSchG (vgl. BAG AP Nr. 1 zu § 612 a BGB; KR-Pfeiffer, 5. Aufl., Rdnr. 11 zu § 612 a BGB; KR-Friedrich a.a.O., Rdnr. 141 a zu § 13 KSchG; ErfK/Preis, § 612 a BGB Rdnr. 24). Auf die von der Berufung aufgeworfene Frage der Abgrenzung der Sittenwidrigkeit von der Sozialwidrigkeit der Kündigung kommt es daher im Anwendungsbereich des § 612 a BGB nicht an. Hiervon abgesehen zeigt die Berufung auch nicht auf, inwieweit dieser Frage im Streitfall überhaupt Relevanz zukommen könnte.

b) Richtig ist, dass ein Verstoß der Kündigung gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB zunächst einmal eine zulässige Rechtsausübung des Arbeitnehmers voraussetzt. Diese Voraussetzung ist im Streitfall entgegen der Auffassung der Beklagten aber erfüllt.

Der Schutz des § 612 a BGB erstreckt sich auf jede Form der Rechtsausübung und setzt nicht voraus, dass das geltend gemachte "Recht" die Qualität einer Anspruchsgrundlage erreicht. Insbesondere umfasst die zulässige Rechtsausübung auch Beschwerderechte, ohne dass es insoweit auf deren sachlichen Begründetheit ankommt (vgl. KR-Pfeiffer a.a.O., Rdnrn. 5, 6 zu § 612 a BGB; ErfK/Preis a.a.O., § 612 a BGB Rdnrn. 2, 5, 6).

Zwar enthält das insoweit maßgebliche Schreiben des Klägers vom 04.04.1997 (ABl. 104-108) an die Vorsitzenden des Vorstandes der Beklagten kein ausdrückliches Verlangen des Klägers nach Rückgängigmachung seiner mit Schreiben vom 26.03.1997 (ABl. 209-211) mit Wirkung vom 14.04.1997 für die Dauer von bis zunächst 6 Monaten verfügten Abordnung an die Stoffwechselklinik Bad M. und der damit verbundenen "Freistellung" von seinen Aufgaben als Leitender Arzt der ärztlichen Abteilung der Beklagten. Der Kläger hat im Schreiben vom 04.04.1997, auf das verwiesen wird, aber hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er sich durch die Abordnung beschwert fühlt, indem er im Einzelnen die Umstände dargelegt hat, aus denen sich seiner Ansicht nach ergibt, dass seine Abordnung nicht von sachlichen Erwägungen, sondern allein von dem Ziel bestimmt wird, ihn aus der Hauptverwaltung der Beklagten und von seiner dortigen Position als Leitender Arzt der ärztlichen Abteilung zu entfernen. Damit handelt es sich bei dem Schreiben des Klägers vom 04.04.1997 der Sache nach aber um eine Beschwerde, mit der der Kläger neben der Sicherstellung der Überlebensfähigkeit der Stoffwechselklinik Bad M. ersichtlich auch das Ziel verfolgt hat, seine Abordnung rückgängig zu machen. Dies folgt insbesondere auch und gerade aus den am Schluss des Schreibens vom 04.04.1997 vom Kläger angeführten "notwendigen Maßnahmen", da bei deren Durchführung die Abordnung des Klägers ohne weiteres gegenstandslos gewesen wäre.

Das Beschwerderecht des Klägers ist Ausfluss des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrages, so dass es insoweit keiner dahingehenden gesetzlichen Vorschrift bedarf und insoweit bestehende gesetzliche Regelungen daher lediglich der Klarstellung dienen (vgl. FKHE, BetrVG, 19. Aufl., Rdnr. 1 zu § 84, Rdnr. 2 zu § 81; MünchArbR/v. Hoyningen-Huene, § 295 Rdnr. 2 jeweils mit Nachweisen). Darauf, ob das mit der Beschwerde konkludent verfolgte Begehren auf Rückgängigmachung der Abordnung sachlich begründet ist, kommt es für die Zulässigkeit der mit Schreiben vom 04.04.1997 somit erfolgten Rechtsausübung nicht an. Entscheidend ist insoweit allein, dass der Kläger nach Form und Inhalt seines Schreibens vom 04.04.1997 die Grenzen der Wahrnehmung berechtigter Interessen erkennbar nicht überschritten hat. Hiervon abgesehen ist das Arbeitsgericht aber auch unter zutreffender Würdigung der letztlich zur Abordnungsverfügung vom 26.03.1997 führenden "Vorgeschichte" und der zur Sicherung der Existenz der Stoffwechselklinik Bad M. durch den dortigen Aufbau einer psycho-onkologischen Abteilung entwickelten Konzepte zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich bei dieser Anordnung um eine sachwidrige, willkürliche und damit rechtswidrige Maßnahme gegenüber dem Kläger handelte. Nur um dieses aufzuzeigen sowie zum Zwecke der Darlegung der Berechtigung/Begründetheit der vom Kläger mit Schreiben vom 04.04.1997 geäußerten Befürchtung, über den Weg der Abordnung letztlich um seine Funktion als Leitender Arzt der ärztlichen Abteilung gebracht zu werden, erfolgten ganz offensichtlich die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Urteil, nicht dagegen etwa deshalb, weil das Arbeitsgericht -wie die Beklagte meint- unter Verkennung der Tatsachen die zulässige Rechtsausübung in der -zu Recht erfolgten- Weigerung des Klägers gesehen hätte, während der Dauer seiner Abordnung in der Stoffwechselklinik eine psycho-onkologische Abteilung "als behandelnder Arzt" aufzubauen.

Dass der Kläger das Schreiben vom 04.04.1997 unmittelbar an die Vorstandsvorsitzenden gerichtet und dem Geschäftsführer lediglich nachrichtlich zugeleitet hat, steht der hiernach an sich gegebenen Zulässigkeit der Rechtsausübung nicht entscheidend entgegen. Zwar ist gem. § 13 Abs. 1 ADA (Allgemeine Dienstanweisung, ABl. 109) grundsätzlich der Dienstweg einzuhalten. Dieser ausschließlich im formellen Bereich liegenden Anweisung ist aber nach dem mit ihr verfolgten Sinn und Zweck im Hinblick darauf, dass der Geschäftsführer ohnehin verpflichtet gewesen wäre, das Schreiben des Klägers an den Vorstand weiterzuleiten, im Streitfall noch dadurch hinreichend Genüge getan, dass der Kläger sein Schreiben zeitgleich dem Geschäftsführer zugeleitet hat. Der Sache nach konnte und durfte sich der Kläger bereits deshalb für befugt halten, sich mit seiner Beschwerde unmittelbar an den Vorstand zu wenden, weil er in der mit Schreiben vom 26.03.1997 verfügten Abordnung unter Berücksichtigung der im angefochtenen Urteil im Einzelnen dargelegten und erörterten Vorgeschichte zu Recht nicht nur einen vorübergehenden Entzug, sondern bereits den ersten Schritt eines beabsichtigten endgültigen Entzugs seiner Funktion als Leitender Arzt der ärztlichen Abteilung erblicken konnte und auch erblickt hat. Denn für einen solchen nicht nur vorübergehenden Entzug wäre auf jeden Fall die Zuständigkeit des Vorstandes gem. § 19 der Satzung der Beklagten (ABl. 461-464) gegeben. Hinzu kommt, dass die Beklagte selbst den Personalausschuss des Vorstands im Vorfeld der Abordnung des Klägers mit der Angelegenheit befasst und den Kläger hiervon in Kenntnis gesetzt hatte sowie die beiden Vorstandsvorsitzenden dem Kläger im Anschluss an dessen frühere Eingabe vom 14.05.1995 (ABl. 226, 227) an den Vorstand ausdrücklich erklärt hatten, dass der Kläger sich in seiner Eigenschaft als Leitender Arzt der ärztlichen Abteilung bei besonderen Schwierigkeiten direkt an sie wenden könne, so dass sich der Kläger auch aus diesen Gründen für befugt halten durfte, sich wegen des Vorgangs des Aufbaus einer psycho-onkologischen Abteilung bei der Stoffwechselklinik Bad M. sowie seiner hiermit im untrennbaren Zusammenhang stehenden Abordnung unmittelbar an den Vorstand der Beklagten zu wenden. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger auch insoweit in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt hat, nachdem seine vorangegangenen, aus fachlicher Sicht gegen das seine Abordnung einschließende Konzept gegenüber dem Geschäftsführer vorgebrachten Gegenvorstellungen nur insoweit "Erfolg" hatten, als er in der von ihm aufzubauenden psycho-onkologischen Abteilung nicht zugleich als Arzt tätig werden, sondern die ärztliche Fachkompetenz durch Konsiliarien sicherstellen sollte.

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten hat das Arbeitsgericht schließlich auch den erforderlichen Unmittelbarkeitszusammenhang zwischen der mit Schreiben des Klägers vom 04.04.1997 erfolgten zulässigen Rechtsausübung und der streitgegenständlichen Kündigung zu Recht bejaht.

Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine Kündigung wegen zulässiger Rechtsausübung nur dann vorliegt, wenn die Rechtsausübung für die Kündigung nicht nur in irgendeiner Weise auch ursächlich und nicht nur deren äußerer Anlass, sondern für die Kündigung der tragende Beweggrund gewesen ist und § 612 a BGB die Kausalkette für andere Kündigungsgründe abschneidet, die den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers nicht bestimmt haben (vgl. BAG AP Nr. 1 zu § 612 a BGB; AP Nr. 3 zu § 14 KSchG 1969; KR-Pfeiffer a.a.O., Rdnrn. 7, 8 zu § 612 a BGB; ErfK/Preis, § 612 a BGB Rdnr. 11). Dafür, dass es sich bei der Kündigung um eine Maßregelung i.S. von § 612 a BGB handelt, ist der Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig, wobei ihm allerdings ein Anscheinsbeweis zugute kommen kann, wenn ein offensichtlicher Zusammenhang zwischen der Kündigung und der Rechtsausübung besteht (vgl. BAG a.a.O.; KR-Pfeiffer a.a.O., Rdnr. 12 zu § 612 a BGB; ErfK/Preis, § 612 a BGB Rdnr. 23).

Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist das Arbeitsgericht zutreffend zu der Überzeugung (§ 286 ZPO) gelangt, dass der Umstand, dass sich der Kläger mit Schreiben vom 04.04.1997 erneut unmittelbar an den Vorstand gewendet hat, die den Kündigungsentschluss der Beklagten bestimmende Ursache war. Dafür spricht zum einen, dass sich insbesondere der jetzige Geschäftsführer der Beklagten in seiner damaligen Stellung als stellvertretender Geschäftsführer im Zusammenhang mit der Eingabe des Klägers vom 14.05.1995 (ABl. 226, 227) ganz entschieden gegen eine Unterrichtung des Vorstandes durch den Kläger gewandt hat, indem er gegenüber dem Kläger ein Verbot aussprach, sich mit seinen Anliegen an den Vorstand zu wenden, andernfalls Abmahnungen und weitere rechtliche Schritte folgen würden, sowie diesem sinngemäß gegenüber zum Ausdruck brachte, dass, solange er hier bestimme, gemacht werde, was er sage und nichts anderes. Denn dies macht im besonderen Maße die hohe Empfindlichkeit und Unduldsamkeit des Geschäftsführers auch nur gegenüber einer Unterrichtung des Vorstandes über aus fachlicher Sicht gegen -auch vom Vorstand mitgetragene- bestimmte Maßnahmen bestehende Bedenken und der dadurch begründeten Gefahr des Überdenkens dieser Maßnahmen durch den Vorstand deutlich. Zum anderen ist ein weiteres gewichtiges Indiz dafür, dass der Kündigungsentschluss der Beklagten ausschließlich davon bestimmt wurde, dass sich der Kläger mit Schreiben vom 04.04.1997 erneut unmittelbar an den Vorstand gewendet hatte, der Umstand, dass die Beklagte, obwohl die sonstigen von ihr zur Rechtfertigung der Kündigung im Prozess angeführten Kündigungsgründe damals im Wesentlichen bereits vorlagen, diese keineswegs zum Anlass auch nur für den Ausspruch einer Abmahnung, geschweige denn einer Kündigung nahm, sondern statt dessen versuchte, den Kläger über den Weg der Abordnung von seiner dem Geschäftsführer offensichtlich lästig gewordenen Funktion als Leitender Arzt der ärztlichen Abteilung zu entfernen. Da schließlich der Kündigungsentschluss auf Betreiben des Geschäftsführers vom Vorstand der Beklagten bereits am 16.05.1997 endgültig gefasst wurde, ohne dass auch nur der Erfolg oder Misserfolg der Abordnungstätigkeit des Klägers abgewartet wurde, spricht daher alles dafür, dass die Kündigung ausschließlich eine Reaktion auf das Schreiben des Klägers vom 04.04.1997 darstellte. An dieser Beurteilung ändert auch der Umstand nichts, dass sich die Leiter der anderen Abteilungen im April 1997 weigerten, die vom Kläger am 27.03.1997 vorgelegte dritte Fassung der von ihm auftragsgemäß erarbeiteten Vorstandsvorlage über die Sozialmedizinische Klinik L. mitzuzeichnen. Denn dass dieser von der Beklagten als "einmalig" bezeichnete Vorgang auf ein auch nur im Ansatz kündigungsrelevantes Verhalten des Klägers zurückzuführen war, hat die Beklagte auch im Berufungsverfahren nicht darzulegen vermocht und ist auch der vom Kläger als Anlage K 28 vorgelegten Vorlage nicht zu entnehmen.

Es steht daher auch zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass die Beklagte ohne die zulässige Rechtsausübung des Klägers mit Schreiben vom 04.04.1997 diesen Vorgang ebensowenig wie die sonstigen von ihr im Prozess zur Begründung der Kündigung angeführten Umstände zum Anlass für eine Kündigung genommen hätte, so dass für die streitgegenständliche Kündigung allein der ausschließliche Beweggrund der unzulässigen Benachteiligung kausal gewesen ist.

2. Den von der Beklagten für den Fall der Unwirksamkeit der Kündigung gestellten Antrag, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger gem. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG zum 31.12.1997 aufzulösen, hat das Arbeitsgericht zu Recht für unstatthaft erachtet.

Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (AP Nr. 4, 24 zu § 9 KSchG 1969; AP Nr. 3 zu § 14 KSchG 1969; AP Nr. 53 zu § 102 BetrVG), von der abzuweichen das erkennende Gericht keine Veranlassung sieht, ist dem Arbeitgeber die Stellung eines Auflösungsantrags verwehrt, wenn die Kündigung unabhängig von der Sozialwidrigkeit bereits aus anderen Gründen unwirksam ist, weil die Lösungsmöglichkeit nach § 9 KSchG für den Arbeitgeber eine Vergünstigung ist, die nur in Betracht kommt, wenn die Kündigung nur sozialwidrig und nicht auch aus anderen Gründen nichtig ist. Allerdings gilt dies nur dann, wenn die anderweitige Unwirksamkeit Folge eines Verstoßes gegen eine Schutznorm zugunsten des Arbeitnehmers ist (vgl. BAG AP Nr. 24 zu § 9 KSchG 1969; KR-Friedrich a.a.O., Rdnr. 329 zu § 13 KSchG). Dass es sich bei der Vorschrift des § 612 a BGB um eine solche Schutznorm handelt, liegt auf der Hand, da deren Zweck gerade darin besteht, den Arbeitnehmer vor unzulässigen Benachteiligungen zu schützen.

3. Darauf, ob die Hilfserwägungen des Arbeitsgerichts, nach denen die streitgegenständliche Kündigung sowohl unter verhaltensbedingten als auch personenbedingten Gesichtspunkten insbesondere auch deshalb, weil der Kläger in Anbetracht der ihm zur Last gelegten Verhaltensweisen zunächst hätte abgemahnt werden müssen, den Erfordernissen des § 1 Abs. 2 KSchG nicht genügt und auch ein Auflösungsgrund i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG nicht gegeben ist, ebenfalls den Berufungsangriffen standhalten, kommt es entscheidungserheblich demgemäß nicht mehr an.

4. Die Berufung der Beklagten war daher mit der auf § 97 Abs. 1 ZPO beruhenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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