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Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 18.11.2005
Aktenzeichen: 5 Sa 41/05
Rechtsgebiete: SGB X, InsO, SGB III, BGB
Vorschriften:
SGB X § 115 | |
InsO § 53 | |
InsO § 55 Abs. 1 Nr. 2 | |
InsO § 60 | |
InsO § 60 Abs. 1 | |
InsO § 61 | |
InsO § 61 Satz 2 | |
InsO § 108 Abs. 1 | |
InsO § 113 Abs. 1 Satz 1 | |
InsO § 113 Abs. 1 Satz 2 | |
InsO § 208 | |
InsO § 209 | |
InsO § 209 Abs. 1 Nr. 2 | |
InsO § 209 Abs. 1 Nr. 3 | |
InsO § 209 Abs. 2 Nr. 3 | |
SGB III § 335 Abs. 3 | |
BGB § 249 |
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Im Namen des Volkes Urteil
Aktenzeichen: 5 Sa 41/05
Verkündet am 18.11.2005
In dem Rechtsstreit
hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 5. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Lemm, den ehrenamtlichen Richter Jörg Fischer und den ehrenamtlichen Richter Kemke auf die mündliche Verhandlung vom 18.11.2005
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 16.02.2005 - 29 Ca 6704/04 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger nimmt den Beklagten persönlich wegen der Nichterfüllung von Arbeitsentgeltansprüchen aus der Insolvenzmasse in Anspruch.
Der Kläger war bei der T. L. GmbH zu einem Bruttomonatsentgelt von € 7.072,87 beschäftigt. Diese kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 21.11.2002 zum 31.03.2003 und stellte den Kläger vom 01.12.2002 bis zum 31.03.2003 von der Arbeit frei. Am 01.12.2002 wurde über das Vermögen der T. L. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger bezog in dem Zeitraum vom 01.12.2002 bis zum 31.03.2003 Arbeitslosengeld.
Im Rahmen des Kündigungsrechtsstreits schlossen der Kläger und der Beklagte in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter am 20.02.2003 vor dem Arbeitsgericht München folgenden für den Beklagten bis zum 13.03.2003 widerruflichen Vergleich (Blatt 10 - 12 der Akten 1. Instanz):
1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung mit dem 31.03.2003 enden wird.
2. Der Kläger verpflichtet sich, dem Beklagten mitzuteilen, in welcher Höhe er für den Zeitraum 01.12.2002 bis 31.03.2003 Arbeitslosengeld bezieht.
3. Der Beklagte verpflichtet sich, an den Kläger den Differenzbetrag zwischen dem Bruttoentgeltanspruch für den Zeitraum 01.12.2002 bis 31.03.2003 und dem in diesem Zeitraum bezogenen Arbeitslosengeld abzurechnen und zu bezahlen.
4. Damit ist der Rechtsstreit erledigt.
Der Vergleich wurde vom Beklagten nicht widerrufen. Mit Schreiben vom 17.03.2003 (Blatt 99 der Akten 1. Instanz) bat er den Kläger um unverzügliche Mitteilung des im Zeitraum vom 01.12.2002 bis 31.03.2003 bezogenen bzw. zu beziehenden Arbeitslosengeldes, um eine schnellstmögliche Abrechnung und Auszahlung der ihm zustehenden Differenzvergütung zu gewährleisten. Hierauf übersandte der Kläger dem Beklagten mit Schreiben vom 20.03.2003 (Blatt 13 der Akten 1. Instanz) eine Aufstellung über das in diesem Zeitraum bezogene bzw. zu beziehende Arbeitslosengeld unter Beifügung des Bewilligungs- und Änderungsbescheids des Arbeitsamts, der letzten Gehaltsabrechnung der Schuldnerin und der Lohnsteuerkarte. Mit Schreiben vom 28.03.2003 (Blatt 14 der Akten 1. Instanz) wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass sich allein aufgrund der vorgelegten Bewilligungsbescheide die Differenzansprüche nicht errechnen ließen, da die Bundesanstalt für Arbeit keine Auskunft über die Höhe der abgeführten Sozialversicherungsbeiträge erteile und eine Überleitungsanzeige nach § 115 SGB X noch nicht vorliege. Die Überleitungsanzeige vom 26.05.2003 (Blatt 99, 15, 16 der Akten 1. Instanz) ging dem Beklagten am 30.05.2003 zu.
Am 08.05.2003 zeigte der Beklagte Masseunzulänglichkeit nach § 208 InsO an, die er darauf zurückführt, dass der Übernehmer des Betriebs der Schuldnerin an diesem Tag von seinem vertraglich vorbehaltenen Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht habe. Mit Schreiben vom 25.08.2003 (Blatt 17 der Akten 1. Instanz) teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass in der letzten Dekade des Monats April 2003 noch die Löhne und die Gehälter der weiterbeschäftigten Mitarbeiter hätten bezahlt werden können und mangels weiterer Liquiditätsreserven eine Erfüllung des Vergleichs allenfalls bis etwa Mitte April 2003 möglich gewesen wäre.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte hafte persönlich für den Forderungsausfall in Höhe des ihm für die Zeit vom 01.12.2002 bis zum 31.03.2003 zustehenden Ge-samtbruttoentgeltanspruchs von € 28.291,48 abzüglich des in diesem Zeitraum insgesamt bezogenen Arbeitslosengeldes von € 7.430,97 und der von der Bundesanstalt für Arbeit abgeführten Sozialversicherungsbeiträge von insgesamt € 3.117,11, mithin in Höhe von insgesamt € 17.743,40. Der Beklagte sei verpflichtet und aufgrund der ihm mit Schreiben vom 20.03.2003 überlassenen Unterlagen auch ohne Weiteres in der Lage gewesen, die ihm -Kläger - zustehenden Differenzvergütungsansprüche rechtzeitig vor Eintritt der Masseunzulänglichkeit abzurechnen und auszubezahlen, jedenfalls aber mangels genauer Kenntnis der vom Arbeitsamt abgeführten Sozialversicherungsbeiträge eine vorläufige Abrechnung vorzunehmen und den so ermittelten Betrag an ihn auszuzahlen. Diese Pflicht habe der Beklagte schuldhaft verletzt. Außerdem hafte der Beklagte, weil er durch den Vergleich eine neue Masseverbindlichkeit begründet und im Rahmen dieses Vergleiches eine Garantieerklärung hinsichtlich der Abrechnung und Auszahlung des Differenzbetrages abgegeben habe. Schließlich hätte ihm der Beklagte zur Vorlage der für erforderlich gehaltenen Berechnungsunterlagen unter Hinweis darauf, dass andernfalls ein Ausfall seiner Forderung drohe, eine Frist setzen müssen.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger € 17.743,40 nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 29.11.2003 zu bezahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, dass er beim Abschluss des Vergleichs nicht für sich selbst, sondern für die Schuldnerin gehandelt und als solcher den gegen diese bestehenden Differenzlohnanspruch lediglich anerkannt und damit nicht im Sinne von § 61 InsO begründet habe. Der Abschluss des Vergleichs für die Schuldnerin sei zudem weder pflichtwidrig noch nachteilig für den Kläger gewesen. Zum einen sei beim Abschluss des Vergleichs nicht absehbar gewesen, dass die Masse voraussichtlich nicht zur Erfüllung ausreichen werde, weil der Rücktritt des Übernehmers vom Vertrag völlig überraschend erfolgt sei. Zum anderen hätte der Kläger ohne den Vergleich ebenfalls vor Eintritt der Masseunzulänglichkeit keine Auszahlung erhalten. Die Pflicht zur Abrechnung und Auszahlung des Differenzlohnes habe nicht ihn persönlich, sondern die Schuldnerin betroffen, so dass eine etwaige Verletzung dieser Pflicht nicht ihm persönlich zuzurechnen sei, da es sich bei dieser nicht um eine spezifische Pflicht aus der Insolvenzordnung (§ 60 InsO) gehandelt habe. Die Verletzung der Zahlungspflicht begründe daher gegebenenfalls einen Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens gegen die Masse, nicht aber gegen den Beklagten persönlich. Im Übrigen liege aber auch insoweit eine schuldhafte Pflichtverletzung nicht vor.
Das Arbeitsgericht hat mit dem am 16.02.2005 verkündeten, dem Kläger am 28.02.2005 zugestellten Urteil (Blatt 109 - 115 der Akten 1. Instanz), auf das verwiesen wird, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Anspruch nach § 61 InsO nicht gegeben sei, weil der Beklagte durch den Vergleichsabschluss keine Masseverbindlichkeit neu begründet habe und dieser zu diesem Zeitpunkt zudem unstreitig auch noch davon ausgegangen sei, dass die Forderung aus der Masse werde befriedigt werden können, weshalb insoweit auch eine Aufklärungspflichtverletzung nicht gegeben sei. Schließlich sei dem Kläger durch den Vergleich auch kein Schaden entstanden, weil er auch ohne diesen mit seiner Forderung ausgefallen wäre. Eine Haftung des Beklagten nach § 60 InsO sei deshalb nicht gegeben, weil dieser durch das pflichtwidrige Unterlassen einer früheren Abrechnung nicht die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters verletzt habe. Dies folge schon daraus, dass streitig sei, ob die Abrechnung zu einem früheren Zeitpunkt hätte erfolgen können, so dass es jedenfalls am Verschulden fehle. Eine überschlägige Berechnung des auszuzahlenden Betrages sei dem Beklagten nicht zuzumuten gewesen, weil dieser auch gegenüber der Masse ordnungsgemäß zu handeln habe. Im Übrigen würde für einen Verzugsschaden nur die Masse einzutreten haben, nicht aber der Beklagte persönlich.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 29.03.2005 (Dienstag nach Ostern) eingegangenen und am 28.04.2005 ausgeführten Berufung. Dem Arbeitsgericht sei möglicherweise insoweit zu folgen, als eine Haftung nach § 61 InsO nicht gegeben sei, weil der Beklagte zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses gegebenenfalls nicht habe erkennen können, dass die Masse voraussichtlich nicht zur Erfüllung ausreichen werde. Das Arbeitsgericht habe aber verkannt, dass der Beklagte durch die Titulierung unstreitig bestehende Ansprüche für den Kläger einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe, an dem sich der Beklagte festhalten lassen müsse. Der Kläger habe sich, wie er im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht vorgetragen habe, gerade deshalb auf den Vergleich eingelassen, weil er die Titulierung als Zusicherung dahin verstanden habe, dass seine Gehaltsansprüche bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses erfüllt werden würden. Von einer solchen Zusicherung habe er auch ausgehen dürfen, da es jedenfalls unüblich sei, im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses die bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses fällig werdenden Vergütungsansprüche mit zu titulieren. Durch diese Zusicherung sei zumindest ein Vertrauenstatbestand geschaffen, der nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen zu beurteilen und nach denen er so zu stellen sei, als hätte er den Vergleich nicht abgeschlossen. Die Annahme des Arbeitsgerichts, dass er auch in diesem Falle mit seiner Forderung ausgefallen wäre, sei unrichtig, da die Gehälter der übrigen Mitarbeiter noch bis in den April hinein hätten bezahlt werden können und Masseverbindlichkeiten grundsätzlich gleichmäßig zu befriedigen seien. Auch die Ausführungen des Arbeitsgerichts zu § 60 InsO seien fehlerhaft. Bei einer überschlägigen Berechnung der Differenzlohnansprüche hätte der Beklagte keineswegs zugunsten des Klägers das Risiko eingehen müssen, zuviel aus der Masse zu bezahlen, da der Beklagte hinsichtlich der von der Bundesanstalt für Arbeit abgeführten Sozialversicherungsbeiträge von den leicht erkennbaren Maximalwerten hätte ausgehen können. Hierzu sei der Beklagte auch verpflichtet gewesen, da er aufgrund der Titulierung der Forderungen besondere Sorgfalt für deren Erfüllung hätte aufwenden müssen. Insbesondere habe der Beklagte nicht ohne Weiteres davon ausgehen dürfen, dass der Erwerber sein Rücktrittsrecht nicht ausüben werde. Das zur Begründung des Rücktritts angeführte mangelnde Interesse der Mitarbeiter der Schuldnerin, für den Erwerber tätig zu werden, sei sicherlich für den Beklagten bereits vor dem 08.05.2003 erkennbar gewesen. Der Beklagte habe daher seine Pflichten als Insolvenzverwalter mit der Folge seiner persönlichen Haftung nach § 60 InsO verletzt, indem er pflichtwidrig eine mögliche frühere Abrechnung unterlassen und gegen seine Pflicht, gleichrangige Masseverbindlichkeiten gleichmäßig zu erfüllen, verstoßen habe.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für richtig. Bei den im Vergleich anerkannten Forderungen handele es sich um aufgezwungene Masseverbindlichkeiten, da eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 und 2 InsO frühestens zum 31.03.2003 möglich gewesen wäre. Für solche Forderungen hafte der Insolvenzverwalter aber nicht persönlich. Ein über die Anerkennung der Ansprüche gegen die Insolvenzmasse hinausgehender Erklärungswert komme dem Vergleich nicht zu, so dass er auch nicht aufgrund eines Vertrauenstatbestandes persönlich hafte. Eine solche Haftung setze zumindest voraus, dass der Insolvenzverwalter bei den Vertragsverhandlungen im besonderen Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen habe, woran es im Streitfall fehle. Die Pflichten aus Ziffer 3 des Vergleichs würden sämtlich die Schuldnerin, nicht aber ihn persönlich treffen. Diese seien auch nicht verletzt worden, außerdem würde ihm insoweit kein Verschulden zur Last fallen. Obwohl er in der Zeit vom 13.03.2003 bis 08.05.2003 mit der Fortführung der Schuldnerin, dem Verkauf und der Vorbereitung der Übertragung des Unternehmens auf den Käufer voll ausgelastet gewesen sei, habe er noch am 13.03.2003 mit Eintritt der Bestandskraft des Vergleichs die zuständige Personalsachbearbeiterin angewiesen, die Ansprüche zu berechnen. Diese habe mehrfach versucht, die Überleitungsanzeige und die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge unmittelbar vom Arbeitsamt zu erhalten. Zusätzlich habe er sich selbst mit Schreiben vom 17. und 28.03.2003 an den Kläger gewandt, um die erforderlichen Informationen zur Berechnung der Ansprüche zu erhalten. Bei dieser Sachlage sei der Vorwurf einer Pflichtverletzung nicht begründet. Die Leistung einer Abschlagszahlung wäre mit seiner Aufgabe, die Masse treuhänderisch für die Gläubiger zu sichern und zu verwalten, also auch keine Zahlungen aus der Masse auf unklare Forderungen zu leisten, nicht vereinbar gewesen. Der Rücktritt des Erwerbers und damit der Eintritt der Masseunzulänglichkeit seien für ihn völlig unerwartet gekommen, so dass er den Kläger auch nicht vorher über die drohende Masseunzulänglichkeit habe informieren können, um ihm die Dringlichkeit seiner Mitwirkung zu verdeutlichen. Schließlich sei dem Kläger auch kein Schaden entstanden, weil er auch ohne den Vergleich keine Zahlungen erhalten hätte. Die Ansprüche seien nicht erfüllt worden, weil zunächst deren Höhe unklar und dann keine Masse mehr vorhanden gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze und deren Erklärungen im Termin am 18.11.2005 ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die an sich statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Für das Zahlungsbegehren fehlt es an einer Anspruchsgrundlage.
I. Einen Erfüllungsanspruch hat der Kläger gegenüber dem Beklagten persönlich nicht erworben. Die Ansprüche auf Arbeitsentgelt für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO, die vom Insolvenzverwalter nicht persönlich, sondern lediglich aus der Insolvenzmasse zu erfüllen sind. Auch wenn die Insolvenzmasse hierfür nicht ausreicht, trifft den Insolvenzverwalter keine persönliche Erfüllungspflicht, auch wenn die Masseverbindlichkeit erst durch Handlungen des Insolvenzverwalters begründet worden ist und dieser hierbei pflichtwidrig gehandelt hat (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Ein Erfüllungsanspruch gegen den Beklagten persönlich käme nur in Betracht, wenn dieser gegenüber dem Kläger rechtsgeschäftlich erklärt hätte, für die Entgeltansprüche persönlich einstehen zu wollen. Eine dahingehende Willenserklärung des Beklagten lässt sich aber weder dem im Kündigungsschutzprozess abgeschlossenen Vergleich noch einer daraus abgeleiteten Zusicherung, dass die eingegangene Zahlungsverpflichtung auch erfüllt werde, entnehmen. Denn der Beklagte hat diesen Vergleich in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter abgeschlossen, so dass ein Wille des Beklagten, für die Entgeltansprüche persönlich, etwa im Wege des Schuldbeitritts oder als Bürge, einzustehen, dem Vergleichsabschluss als solchem nicht entnommen werden kann. Sonstige Umstände, die für eine dahingehende rechtsgeschäftliche Willenserklärung des Beklagten sprechen könnten, hat der Kläger nicht dargetan, so dass ein Erfüllungsanspruch gegenüber dem Beklagten persönlich nicht gegeben ist. Davon geht ersichtlich auch der Kläger selbst aus.
II. Auch ein Schadensersatzanspruch des Klägers besteht entgegen dessen Ansicht nicht.
1. Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Voraussetzungen des § 61 InsO für einen Schadensersatzanspruch nicht gegeben sind.
§ 61 InsO gewährt Massegläubigern, deren Forderungen durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden sind, die jedoch aus der Masse nicht - voll - erfüllt werden, zum Ausgleich hierfür einen Schadensersatzanspruch gegen den Insolvenzverwalter. Dem liegt der Gedanke zugrunde, die Interessen von Massegläubigern zu schützen, die aufgrund einer Unternehmensfortführung mit der Masse in Kontakt gekommen sind und deren Vermögen gemehrt oder ihr einen sonstigen Vermögensvorteil verschafft haben. Mit der Vorschrift sollen Unternehmensfortführungen erleichtert werden. Zu diesem Zweck soll die Bereitschaft, der Masse "Kredit" zu gewähren, dadurch erhöht werden, dass das Ausfallrisiko der Gläubiger durch eine persönliche Haftung des Insolvenzverwalters gemindert wird. Der Insolvenzverwalter soll prüfen, ob es wirtschaftlich sinnvoll ist, neue Verbindlichkeiten zu begründen. Er ist nach § 61 Satz 2 InsO entlastet, wenn er bei Begründung der Verbindlichkeit nicht erkennen konnte, dass die Masse voraussichtlich zur Erfüllung nicht ausreichen wird. Entsprechend dem Zweck der Vorschrift, die Bereitschaft zur Kreditgewährung an die Masse zu fördern, betrifft § 61 InsO hauptsächlich die Begründung von Masseverbindlichkeiten durch Vertragsschluss und daneben noch die Erfüllungswahl und die unterlassene Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses (vgl. BGH, Urteil vom 02.12.2004 - IX ZR 124/03).
Hiernach wurde durch den am 20.02.2003 abgeschlossenen Vergleich nicht durch eine Rechtshandlung des Beklagten eine - neue - Masseverbindlichkeit begründet. Denn die Entgeltansprüche, die der Vergleich zum Gegenstand hat, beruhen nicht auf einem Willen oder der Entscheidung des Insolvenzverwalters, vielmehr handelt es sich um aufgezwungene oder oktroyierte Masseverbindlichkeiten, deren Entstehen der Insolvenzverwalter auch nicht durch Ablehnung der Erfüllung verhindern kann. Denn das Arbeitsverhältnis gehört gemäß § 108 Abs. 1 InsO zu den fortbestehenden Dauerschuldverhältnissen, die kraft Gesetzes nach Insolvenzeröffnung vom Insolvenzverwalter bis zur Beendigung des Vertrages zu erfüllen sind (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO), und zwar auch im Falle der Freistellung. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Fortzahlung seiner Vergütung wird von der Freistellung - wie auch sonst bei Annahmeverzug (§ 615 BGB) - nicht berührt. Damit hätte hinsichtlich der Arbeitsentgeltansprüche des Klägers für die Zeit vom 01.12.2002 bis zum 31.03.2003 allenfalls dann Veranlassung für eine erneute Begründung dieser Ansprüche bestanden, wenn deren Bestehen und Entstehen zweifelhaft und zwischen den Parteien streitig gewesen wäre. Dafür sowie für einen hierauf gerichteten rechtsgeschäftlichen Willen der Parteien ist aber nichts ersichtlich oder dargetan, so dass dahingestellt bleiben kann, ob die nochmalige Begründung einer bereits bestehenden Masseverbindlichkeit entsprechend dem Zweck der Vorschrift des § 61 InsO von dieser überhaupt erfasst werden würde. Vielmehr spricht alles dafür, dass durch den Vergleich lediglich eine bereits bestehende und noch entstehende Verpflichtung zur Zahlung der vereinbarten Vergütung vom Beklagten in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter anerkannt wurde.
2. Die Vorschrift des § 60 InsO begründet ebenfalls keine persönliche Haftung des Beklagten für den Forderungsausfall.
Die Vorschrift des § 60 InsO setzt voraus, dass der Insolvenzverwalter einem Beteiligten gegenüber schuldhaft Pflichten verletzt, die sich aus der Insolvenzordnung ergeben (§ 60 Abs. 1 Satz 1 InsO). Der Insolvenzverwalter hat zwar die dem Schuldner als Arbeitgeber obliegenden Pflichten zu erfüllen, hierbei handelt es sich aber um schuldrechtliche Vertragspflichten und nicht um insolvenzspezifische Pflichten, so dass für die Nichterfüllung der Arbeitgeberpflichten regelmäßig nur die Insolvenzmasse haftet (LAG Hamm, Urteil vom 04.12.2003 - 4 Sa 116/03). Denn der Insolvenzverwalter tritt insoweit nur in die Rechtsstellung des Schuldners/Arbeitgebers ein. Dies gilt auch für die Erfüllung von Arbeitsentgeltansprüchen als Masseverbindlichkeiten. Wird eine Masseverbindlichkeit vom Insolvenzverwalter nicht rechtzeitig erfüllt, so stellt sich der daraus ergebende Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens wiederum als Masseverbindlichkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO) dar (MünchKommInsO-Hefermehl, 2. Aufl., § 53 Rn. 47), für die der Insolvenzverwalter nicht persönlich haftet. Für den weitergehenden Schaden, der dadurch entsteht, dass die nicht rechtzeitig erfüllte Masseverbindlichkeit schließlich überhaupt nicht mehr aus der Masse erfüllt werden kann, weil während des Verzugs Masseunzulänglichkeit eingetreten ist, kommt allerdings eine Haftung des Insolvenzverwalters nach § 60 Abs. 1 InsO insoweit in Betracht, als dieser Ausfall darauf beruht, dass er noch Masseverbindlichkeiten beglichen hat, obwohl bereits Masseunzulänglichkeit im Sinne von § 208 InsO eingetreten war. Auch wenn Masseverbindlichkeiten gemäß § 53 InsO vorweg zu befriedigen sind, also vor der Verteilung der Masse an die Insolvenzgläubiger, hat der Insolvenzverwalter nämlich die insolvenzspezifische Pflicht, sich vor der Begleichung fälliger Masseverbindlichkeiten zu vergewissern, ob nicht bereits Masseunzulänglichkeit eingetreten ist und die noch offenen Masseverbindlichkeiten in der Rangordnung des § 209 InsO auszugleichen sind. Davon, dass der Beklagte noch zu einer Zeit, zu der für ihn erkennbar bereits Masseunzulänglichkeit vorlag, zum Nachteil des Klägers Masseverbindlichkeiten beglichen hat, kann jedoch nicht ausgegangen werden. Denn bei den insoweit vom Kläger angeführten Masseverbindlichkeiten, die vom Beklagten ausweislich seines Schreibens vom 25.08.2003 noch in der letzten Dekade des Monats April 2003 bezahlt wurden, handelt es sich um Arbeitsentgeltansprüche von weiterbeschäftigten Mitarbeitern, die bei einer früheren Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch den Beklagten nach der Rangfolge des § 209 InsO vor den dem Kläger für die Zeit vom 01.12.2002 bis zum 31.03.2003 zustehenden Arbeitsentgeltansprüchen auszugleichen gewesen wären. Bei den Vergütungsansprüchen der weiterbeschäftigten Arbeitnehmer handelt es sich nämlich gemäß § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO um Masseverbindlichkeiten im Sinne von § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO, während die Arbeitsentgeltansprüche des Klägers lediglich solche im Sinne von § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO sind. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Beklagte - wie der Kläger meint - schon im Laufe des Monats April 2003 hätte erkennen können und müssen, dass die Masse nicht zur Befriedigung aller Masseverbindlichkeiten ausreicht, da der Kläger auch in diesem Falle mit seinen Arbeitsentgeltansprüchen ausgefallen wäre. Ebenso kann dahinstehen, ob es der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters entsprach, dass der Beklagte wegen der fehlenden Überleitungsanzeige und des ihm nicht bekannten Erstattungsanspruchs der Bundesanstalt für Arbeit nach § 335 Abs. 3 SGB III auf die durch den Vergleich anerkannten Arbeitsentgeltansprüche nicht einmal eine Abschlagszahlung geleistet hat. Schließlich ist eine Haftung des Beklagten nach § 60 InsO auch nicht deshalb gegeben, weil er dem Kläger nicht unter Hinweis auf den ansonsten drohenden Forderungsausfall eine Frist zur Beibringung der fehlenden Unterlagen gesetzt hat. Denn selbst wenn man eine solche Pflicht des Insolvenzverwalters gegenüber einem Massegläubiger bejahen wollte, ist nichts dafür dargetan und ersichtlich, dass im Falle einer derartigen Fristsetzung die fehlenden, vom Beklagten für erforderlich gehaltenen Unterlagen der Bundesanstalt für Arbeit diesem noch so frühzeitig zugegangen wären, dass dieser die Ansprüche des Klägers noch hätte befriedigen können, ohne seine Pflichten gegenüber anderen Massegläubigern wegen der sich in diesem Falle für den Beklagten ja bereits erkennbar abzeichnenden Masseunzulänglichkeit zu verletzen.
3. Der Beklagte haftet auch nicht nach anderen Vorschriften persönlich.
Dafür, dass der Beklagte beim Abschluss des Vergleichs im besonderen Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat und gleichsam als Garant für die Erfüllung der in diesen aufgenommenen Arbeitsentgeltansprüche aufgetreten ist, ist substantiell nichts vorgetragen. Eine Haftung des Beklagten aus einem Garantieversprechen, durch das möglicherweise nicht nur eine Verpflichtung zum Ersatz des Vertrauensschadens, sondern darüber hinausgehend des Nichterfüllungsschadens begründet worden wäre, ist daher nicht gegeben. Soweit der Kläger weiter geltend macht, er habe sich auf den Vergleich nur eingelassen, weil er die Titulierung seiner Ansprüche als Zusicherung dahin verstanden habe, dass diese bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses erfüllt würden, kann dahinstehen, ob mangels einer dahingehenden Erklärung des Beklagten allein der Vergleichsabschluss durch diesen eine Pflichtverletzung darstellt oder dieser verpflichtet gewesen wäre, auf die Selbstverständlichkeit hinzuweisen, dass die Erfüllung der Ansprüche trotz ihrer Aufnahme in den Vergleich unter dem Vorbehalt einer hierfür ausreichenden Masse stehe. Denn selbst wenn man insoweit eine Pflichtverletzung des Beklagten annehmen wollte, könnte der Kläger wegen dieser nicht Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, sondern gemäß § 249 BGB nur fordern, so gestellt zu werden, als wäre die Pflichtverletzung nicht erfolgt und der Vergleich folglich nicht abgeschlossen worden, wie der Kläger selbst zutreffend erkannt hat. Dafür, dass der Beklagte ohne den Vergleichsabschluss die Arbeitsentgeltansprüche des Klägers rechtzeitig vor Eintritt der Masseunzulänglichkeit trotz fehlender Überleitungsanzeige und in Unkenntnis der der Bundesanstalt für Arbeit gemäß § 335 Abs. 3 SGB III zu erstattenden Sozialversicherungsbeiträge erfüllt oder wenigstens Abschlagszahlungen auf diese geleistet hätte, ist entgegen der Ansicht des Klägers aber nichts ersichtlich. Der Hinweis des Klägers darauf, dass andere Mitarbeiter ihre Vergütung bis Ende April 2003 erhalten hätten, übersieht, dass sich bei diesen aufgrund ihrer Weiterbeschäftigung nicht die Frage des Anspruchsübergangs auf die Bundesanstalt für Arbeit und ihres Erstattungsanspruchs nach § 335 Abs. 3 SGB III stellte.
III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.
IV. Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 ArbGG.
Ende der Entscheidung
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