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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 30.07.2004
Aktenzeichen: 5 Ta 12/04
Rechtsgebiete: ArbGG, BBiG, GVG, ZPO, SchG, VwGO, PSchG


Vorschriften:

ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 a
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 b
ArbGG § 5
ArbGG § 5 Abs. 1 Satz 1
ArbGG § 48 Abs. 1
ArbGG § 78
BBiG § 1 Abs. 5
BBiG § 1 Abs. 1
BBiG § 2 Abs. 1
GVG § 17 a Abs. 2
GVG § 17 a Abs. 4 Satz 3
ZPO § 569
SchG § 4
SchG § 13
SchG § 32 Abs. 3
SchG § 89 Abs. 3
VwGO § 40 Abs. 1
PSchG § 3 Abs. 1
PSchG § 13 Abs. 1
PSchG § 10 Abs. 2 Satz 1
PSchG § 15 Abs. 2 Satz 1
PSchG § 15 Abs. 2 Satz 2
Rechtsweg für Streitigkeiten aus Ausbildungsverhältnis mit einem staatlich anerkannten Berufskolleg über - Ordnungsmäßigkeit eines Zwischenzeugnisses - Rückforderung von Schulgeld.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Beschluss

Aktenzeichen: 5 Ta 12/04

Stuttgart, den 30.07.2004

In dem Beschwerdeverfahren mit den Beteiligten

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 5. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Lemm ohne mündliche Verhandlung am 30.07.2004

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 21.04.2004 - 29 Ca 13193/03 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:

1. Hinsichtlich der Klage auf Rückzahlung entrichteten Schulgeldes wird der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt.

2. Hinsichtlich der das Zwischenzeugnis betreffenden Streitigkeit wird der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und der Rechtsstreit insoweit an das Verwaltungsgericht Stuttgart verwiesen.

Im übrigen wird die sofortige Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Klägerin zu 1/3, der Beklagte zu 2/3 zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

A

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit des Rechtswegs.

Die Klägerin begehrt mit ihrer beim Arbeitsgericht erhobenen Klage die Rückzahlung von Schulgeld in Höhe von Euro 1.760,00 sowie die Feststellung, dass das ihr vom Beklagten unter dem 10.07.2003 (richtig: 09.07.2003) erteilte Zwischenzeugnis (ABl. 7) nicht den Anforderungen der Ausbildungs- und Prüfungsordnung entspricht.

Der Beklagte ist Inhaber einer Akademie der Schauspielkunst unter der Bezeichnung L. A. eines staatlich anerkannten Berufskollegs für darstellende Kunst. Unter dem 23.08.2002 schlossen die Parteien folgenden Vertrag zum Zwecke einer Ausbildung der Klägerin zur staatlich anerkannten Schauspielerin (ABl. 72, 73) ab:

"1.0) Der Unterricht findet täglich von Montag bis Freitag statt, in Ausnahmefällen (Prüfungsvorbereitung, Schulaufführung, etc.) auch Samstag und/oder Sonntag.

1.1) Anzahl und Dauer der wöchentlichen Unterrichtsstunden sind dem Stundenplan zu entnehmen.

1.2) Die Ausbildung beträgt in der Regel 3 Jahre.

1.3) Alle Unterrichtsfächer sind Pflichtfächer.

2.0) Im Sommer ist die Schule für ca. 6 Wochen, im Winter ca. 2 Wochen geschlossen. (Termine werden am Anfang des Jahres bekanntgegeben).

2.1) Für alle Ferienzeiten muss Schulgeld entrichtet werden.

3.0) Der/Die Studierende verpflichtet sich, das Schulgeld in Höhe von Euro 320,00 inkl. Mwst. jeweils am Monatsanfang (3. Werktag des Monats) zu entrichten.

3.1) Das Schulgeld muss auch im Krankheitsfall des/der Studierenden entrichtet werden.

3.2) Gerät der/die Studierende mehrmals mit den Zahlungen des Schulgeldes in Rückstand, behält die Schulleitung das Recht vor, nach der 3. Mahnung, den/die Studierende aus dem Vertrag zu entlassen. Darüber hinaus muss das Schulgeld bis zum Semesterende entrichtet werden.

4.0) Der/Die Studierende verpflichtet sich, mindestens 1 Semester (6 Monate) am Unterricht teilzunehmen. Spätestens 4 Wochen vor Ablauf des Semesters, muss der/die Studierende seine/ihre Kündigung schriftlich bei der Schulleitung einreichen, andernfalls verpflichtet er/sie sich automatisch für ein weiteres Semester. (Bei Kündigung, Zahlungen immer bis Semesterende).

4.1) Die Schulleitung hat das Recht, den/die Studierende auch vor Abschluss des Semesters zu entlassen. (Fehlverhalten des Schülers/in). In diesem Fall, muss das Schulgeld bis zum Semesterende entrichtet werden.

5.0) Der/Die Studierende verpflichtet sich zur regelmäßigen und pünktlichen Teilnahme am Unterricht. Bei Krankheit oder schwerwiegenden Gründen, ist die Schulleitung, rechtzeitig zu informieren.

6.0) Die Mitwirkung bei Film - Funk - Fernseh- und Theaterproduktionen, muss mit der Schulleitung abgesprochen und genehmigt werden.

7.0) Gerichtsstandort ist Stuttgart.

8.0) Das Schulgeld im Monat August des 6. Semesters, deckt die Prüfungskosten der letzten 3 Jahre. (Prüfungsgebühren können pro Jahr, oder eben am Ende der Ausbildung entrichtet werden)."

Auf das Ausbildungsverhältnis findet eine vom Oberschulamt Stuttgart genehmigte Ausbildungs- und Prüfungsordnung Anwendung, deren gültige, für das Ausbildungsverhältnis der Parteien maßgebliche Fassung streitig ist (vgl. einerseits Anlage ABl. 8-19, andererseits Anlage ABl. 44 - 53).

Die Klägerin hat geltend gemacht, im Zwischenzeugnis seien unter der Überschrift "Fachtheoretische Prüfung" mit "Improvisation" und "Sprecherziehung" Fächer aufgeführt, in denen eine fachtheoretische Zwischenprüfung nach der Prüfungs- und Ausbildungsordnung nicht vorgesehen sei. Entgegen deren Bestimmungen habe die fachpraktische Zwischenprüfung auch nicht in allen dafür nach der Ausbildungs- und Prüfungsordnung vorgesehenen Fächern stattgefunden. Außerdem würden die im Zwischenzeugnis angeführten Leistungen entgegen den Bestimmungen der Ausbildungs- und Prüfungsordnung nicht auch aufgrund der Anmeldenote ermittelt worden sein und zudem zum Teil nicht der in der in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung vorgegebenen Notendefinition entsprechen. Zum Rückzahlungsanspruch hat die Klägerin vorgetragen, dass in bestimmten Fächern überhaupt kein Unterricht erteilt worden sei, in anderen Fächern wiederholt Unterrichtsstunden ausgefallen und nicht nachgeholt worden seien oder der Unterricht nur mangelhaft erteilt worden sei, so dass der Beklagte die vertraglich vereinbarte Leistung nicht erbracht habe und daher zur Rückzahlung des hälftigen Schulgeldes verpflichtet sei.

Auf die entsprechende Rüge des Beklagten hat das Arbeitsgericht durch der Klägerin am 23.04.2004 zugestellten Beschluss vom 21.04.2004 (ABl. 79, 80), auf den verwiesen wird, den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Stuttgart verwiesen. Eine für das Ausbildungsverhältnis allein über § 5 ArbGG in Betracht kommende Zuständigkeit der Arbeitsgerichte scheide aus, weil der Beklagte dem Privatschulgesetz des Landes Baden-Württemberg unterliege und daher das Ausbildungsverhältnis der Parteien gemäß § 2 Abs. 1 BBiG nicht unter den Geltungsbereich des Berufsbildungsgesetzes falle.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 06.05.2004 eingelegten sofortigen Beschwerde. Es sei nicht entscheidend, ob der Beklagte - was vorsorglich bestritten werde - dem Privatschulgesetz des Landes Baden-Württemberg unterfalle, da das Arbeitsgericht auch für Streitigkeiten zwischen Auszubildenden und Trägern der Berufsbildung im Sinne von § 1 Abs. 5 BbiG zuständig sei, wenn - wie hier - das Rechtsverhältnis auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhe.

Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde, da das Arbeitsgericht richtig entschieden habe. Dass das von ihm betriebene private Berufskolleg staatlich anerkannt sei und die Ausbildung unter der Aufsicht des Oberschulamtes Stuttgart stehe, ergebe sich bereits aus dem Zwischenzeugnis vom 09.07.2003. Er unterliege daher dem Privatschulgesetz des Landes Baden-Württemberg, weshalb eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte ausscheide.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 07.05.2004 nicht abgeholfen.

B

Die gemäß § 48 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG an sich statthafte, gemäß § 78 ArbGG i.V.m. § 569 ZPO auch im übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin ist teilweise begründet. Denn hinsichtlich des mit der Klage verfolgten Anspruchs auf Rückzahlung von Schulgeld ist die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG gegeben. Dagegen hat das Arbeitsgericht im Ergebnis richtig erkannt, dass für das auf die nicht ordnungsgemäße Erteilung des Zwischenzeugnisses gerichtete Feststellungsbegehren der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht eröffnet ist, sondern der Verwaltungsrechtsweg, so dass es den Rechtsstreit insoweit zutreffend gemäß § 17 a Abs. 2 GVG an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Stuttgart verwiesen hat.

I. Zahlungsklage

1. Das auf Rückzahlung der Hälfte des entrichteten Schulgeldes gerichtete Klagebegehren betrifft einen Anspruch aus dem Rechtsverhältnis der Parteien, welches durch den Ausbildungsvertrag vom 23.08.2002 begründet wurde. Bei diesem handelt es sich um einen privatrechtlichen Dienstvertrag und demgemäß bei dem aus diesem hergeleiteten Rückzahlungsanspruch um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit, für die der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG gegeben ist. Denn die Klägerin war bei dem Beklagten zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (§ 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG).

2. Unter "Berufsausbildung" im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG sind alle Bereiche der Berufsbildung nach § 1 Abs. 1 BBiG zu verstehen, so dass dahingestellt bleiben kann, ob der Ausbildungsvertrag der Parteien Berufsausbildung (§ 1 Abs. 2 BBiG) oder berufliche Fortbildung (§ 1 Abs. 3 BBiG) zum Inhalt hat. Ebenso ist für den Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG unerheblich, ob die Berufsbildung in Betrieben, in berufsbildenden Schulen oder in sonstigen Berufsbildungseinrichtungen außerhalb der schulischen und betrieblichen Berufsbildung im Sinne von § 1 Abs. 5 BBiG stattfindet. Dies gilt auch für die in berufsbildenden Schulen stattfindende schulische Berufsbildung unabhängig davon, ob die berufsbildenden Schulen den Schulgesetzen der Länder unterstehen oder in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fallen. Denn der Umstand, dass § 2 Abs. 1 BBiG die Berufsbildung in berufsbildenden Schulen, die den Schulgesetzen der Länder unterstehen, wegen fehlender Gesetzgebungskompetenz des Bundes vom weiteren Anwendungsbereich des Berufsbildungsgesetzes ausnimmt, ändert nichts daran, dass auch in diesen Schulen Berufsbildung im Sinne des § 1 Abs. 5 BBiG durchgeführt wird und daher grundsätzlich auch Auszubildende in berufsbildenden Schulen, die den Schulgesetzen der Länder unterstehen, "Beschäftigte" im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG sein können (vgl. BAG, Beschluss vom 24.02.1999 - 5 AZB 10/98 - AP Nr. 45 zu § 5 ArbGG 1979; Beschluss vom 24.09.2002 - 5 AZB 12/02 - AP Nr. 56 zu § 5 ArbGG 1979). Dass das vom Beklagten betriebene Berufskolleg als eine nach §§ 4, 13 des Schulgesetzes des Landes Baden-Württemberg (SchG) bestimmte Schulart gemäß § 32 Abs. 3 SchG nach Maßgabe von Art. 7 GG und des Privatschulgesetzes des Landes Baden-Württemberg (PSchG) der staatlichen Schulaufsicht unterliegt, steht deshalb entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts nicht grundsätzlich der Rechtswegzuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen entgegen.

3. Für die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen ist damit entscheidend, ob die Klägerin zu ihrer Berufsausbildung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG "beschäftigt" wurde, was zu bejahen ist.

a) Eine Beschäftigung im Sinne dieser Vorschrift ist nur gegeben, wenn der Betreffende aufgrund privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen Arbeit leistet. Dies erfordert, dass der Auszubildende hinsichtlich des Inhalts, der Zeit und des Ortes der Tätigkeit dem Weisungsrecht des Ausbildenden unterliegt (BAG, Beschluss vom 24.09.2002, a.a.O.). Ob dies der Fall ist, hängt davon ab, welche vertraglichen Rechte und Pflichten die Parteien des Ausbildungsvertrages für die Durchführung des Ausbildungsverhältnisses begründet haben. Hat das Rechtsverhältnis keinerlei über einen bloßen Leistungsaustausch hinausgehenden Inhalt, erschöpft sich dieses also im Falle der Ausbildung in einer berufsbildenden Schule in der Verpflichtung des Auszubildenden zur Zahlung des vereinbarten Entgelts und gegebenenfalls zur Einhaltung einer Hausordnung, so kann von einer Leistung im Dienste der Ausbildungsstätte keine Rede sein. Es handelt sich vielmehr umgekehrt um ein Dienstverhältnis mit dem Auszubildenden als Dienstherrn, in welchem nur der Ausbildende die Lehre und nicht auch der Auszubildende das Lernen schuldet. Ist dagegen der Auszubildende weitergehenden Pflichten und Weisungen unterworfen, so kann der für eine "Beschäftigung" notwendige Bezug zum Arbeitsverhältnis gegeben sein. Das ist etwa anzunehmen, wenn der privatrechtliche Ausbildungsvertrag eine Pflicht des Auszubildenden zum Schulbesuch festlegt, deren Nichteinhaltung kündigungsbewehrt ist, wenn er Ordnungs- und Verhaltensmaßregeln vorsieht, die über den Charakter einer reinen Hausordnung hinausgehen, wenn er die Teilnahme an Zwischenprüfungen vorschreibt oder er bestimmte Verpflichtungen für die Zeit nach Ende der Ausbildung vorsieht. Hier schuldet nicht nur der Ausbildende die Lehre, sondern auch - und sei es mittelbar - der Auszubildende das Lernen. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalles (BAG, Beschluss vom 24.02.1999, a.a.O.).

b) Unter Anwendung dieser Grundsätze war die Klägerin an dem Berufskolleg des Beklagten zu ihrer Ausbildung "beschäftigt". Die Parteien haben einen privatrechtlichen Ausbildungsvertrag geschlossen. Nach Ziffer 5.0 der vertraglichen Bestimmungen war die Klägerin zur regelmäßigen und pünktlichen Teilnahme am Unterricht verpflichtet. Die zeitliche Lage des Unterrichts war gemäß Ziffer 1.0 und 1.1 der vertraglichen Bestimmungen nur allgemein festgelegt und wurde auch hinsichtlich Anzahl und Dauer der wöchentlichen Unterrichtsstunden mittels Stundenplan vom Beklagten einseitig festgesetzt. In Ausnahmefällen, etwa aus Anlass von Prüfungsvorbereitungen und Schulaufführungen konnte der Beklagte nach dem Vertrag auch - zusätzlichen - Unterricht für den Samstag und/oder Sonntag anordnen. Hieraus ergibt sich in Verbindung mit der Pflicht zur regelmäßigen und pünktlichen Teilnahme am Unterricht, dass die Klägerin bezüglich zeitlicher Lage und Dauer des Unterrichts sowie dessen Gegenstandes einem umfassenden Weisungsrecht des Beklagten unterlag. Ein Fernbleiben vom Unterricht war gemäß Ziffer 5.0 der vertraglichen Bestimmungen nur bei Krankheit oder sonstigen schwerwiegenden Gründen zulässig und der Schulleitung rechtzeitig mitzuteilen. Die Teilnahme am Unterricht wurde zudem dadurch sichergestellt, dass eine Mitwirkung bei Film-, Funk-, Fernseh- und Theaterproduktionen gemäß Ziffer 6.0 des Vertrags mit der Schulleitung abgesprochen und von dieser genehmigt werden musste und diese gemäß Ziffer 4.1 des Vertrags das Recht hatte, die Klägerin im Falle eines Fehlverhaltens - auch vor Ablauf eines Semesters - zu entlassen, also fristlos zu kündigen. Auch wenn sich die Pflicht zur Teilnahme an einer Zwischenprüfung als Voraussetzung für den Hauptkurs (2. und 3. Ausbildungsjahr) erst aus der Ausbildungs- und Prüfungsordnung (§ 16) ergibt, folgt allein schon aus der Pflicht zur Teilnahme am Unterricht mittelbar ferner die Verpflichtung der Klägerin zum Erwerb der zum Erreichen der einzelnen Ausbildungsabschnitte erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten nach den insoweit offensichtlich ebenfalls im Direktionsrecht des Beklagten liegenden, sich im Rahmen des Lehrplans haltenden Vorgaben, wofür auch die in Ziffern 1.0 und 5.0 des Vertrages geregelte Pflicht zur Teilnahme an den Prüfungsvorbereitungen und Schulaufführungen spricht.

Der Ausbildungsvertrag der Parteien ging damit über ein reines Dienstleistungsverhältnis mit der Klägerin als Dienstberechtigte hinaus. Die Klägerin unterlag im Rahmen der Ausbildung hinsichtlich des Erwerbs von Kenntnissen und Fertigkeiten, um die sie sich zu bemühen hatte, insbesondere aber hinsichtlich Dauer und zeitlicher Lage des Unterrichts einem umfassenden Weisungsrecht des Beklagten. Außerdem trafen die Klägerin Verhaltenspflichten, die den Nebenpflichten eines Arbeitnehmers entsprechen. Die Klägerin hatte daher im dargelegten Sinn selbst Dienste zu leisten und war demgemäß beim Beklagten im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG beschäftigt. Dass die von der Klägerin zu erbringenden Dienste nicht fremdnützig waren und keinen eigenen wirtschaftlichen Wert für den Beklagten hatten, steht dem nicht entgegen, da dies keine notwendige Voraussetzung für die arbeitsgerichtliche Zuständigkeit ist (vgl. BAG, Beschluss vom 24.09.2002, a.a.O.).

II. Feststellungsklage

Auch wenn es sich bei dem durch den Ausbildungsvertrag der Parteien begründeten Rechtsverhältnis um ein privatrechtliches Dienstverhältnis handelt und die Klägerin bei dem Beklagten im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG beschäftigt war, ist für das auf die Feststellung der nicht ordnungsgemäßen Erteilung des Zwischenzeugnisses vom 09.07.2003 gerichtete prozessuale Begehren der Klägerin nicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a oder b ArbGG der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gegeben, sondern gemäß § 40 Abs. 1 VwGO der Verwaltungsrechtsweg. Denn insoweit handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art, die nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen worden ist.

Bei der vom Beklagten betriebenen Akademie handelt es sich ausweislich des Zwischenzeugnisses und der von den Parteien vorgelegten Ausbildungs- und Prüfungsordnung um ein staatlich anerkanntes privates Berufskolleg. Mit der staatlichen Anerkennung erlangt eine Privatschule die Rechtsstellung eines - mit öffentlicher Gewalt - beliehenen Unternehmers, so dass im Umfang der Beleihung die zwischen dem Träger der Privatschule und dem Schüler bestehenden Rechtsbeziehungen öffentlich-rechtlicher Art im Sinne von § 40 Abs. 1 VwGO sind. Der Umfang der Beleihung bestimmt sich dabei nach den ihr zugrunde liegenden gesetzlichen Vorschriften (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.03.1991 - 9 S 812/91; VG Karlsruhe, Beschluss vom 15.07.1998 - 4 K 1503/98; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.07.1997 - 19 E 169/97 - NJW 1998, 1579). Bei der Rechtswegabgrenzung ist daher im Einzelfall danach zu differenzieren, ob der Schulträger mit der beanstandeten Maßnahme eine Funktion ausgeübt hat, die ihm aus seinem eigenen, mit seinem privatrechtlichen Status verbundenen Aufgabenbereich zukommt, oder ob er eine ihm übertragene hoheitliche Aufgabe wahrgenommen oder sich sonst auf öffentlich-rechtliche Vorschriften berufen hat.

Eine solche den Verwaltungsrechtsweg eröffnende, sogenannte öffentlich-rechtliche Überlagerung des privatrechtlichen Dienstvertrags ist im Streitfall bezüglich des streitigen Zwischenzeugnisses gegeben. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei dem staatlich anerkannten Berufskolleg des Beklagten um eine Ersatzschule gemäß § 3 Abs. 1 PSchG, was den Bestand entsprechender öffentlicher Schulen voraussetzen würde, handelt oder gemäß § 13 Abs. 1 PSchG um eine Ergänzungsschule. Denn in beiden Fällen wäre ihm die staatliche Aufgabe übertragen, Prüfungen abzuhalten und Zeugnisse zu erteilen. Die Ersatzschule erhält gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 PSchG mit der Anerkennung das Recht, nach den allgemein für öffentliche Schulen geltenden Vorschriften Prüfungen abzuhalten und Zeugnisse zu erteilen. Die Ergänzungsschule erhält gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 PSchG i.V.m. § 89 Abs. 3 SchG mit der Anerkennung das Recht, nach den vom zuständigen Ministerium, bei Ergänzungsschulen im Geschäftsbereich des Kultusministeriums nach den vom zuständigen Oberschulamt genehmigten, den Anforderungen des § 89 Abs. 3 SchG genügenden Prüfungsvorschriften Prüfungen abzuhalten, wobei sich das Recht zur Erteilung von Zeugnissen aus § 89 Abs. 3 SchG i.V.m. mit den genehmigten Prüfungsvorschriften ergibt. Danach bestehen aufgrund der staatlichen Anerkennung sowohl zwischen der Ersatzschule und dem Schüler (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg a.a.O.; VG Karlsruhe a.a.O.) als auch zwischen der Ergänzungsschule und dem Schüler im Bereich des Prüfungs- und Zeugniswesens öffentlich-rechtliche Beziehungen, so dass insoweit, als sich die Klägerin mit ihrer Klage gegen das ihr erteilte Zwischenzeugnis wendet, eine öffentlich-rechtliche und keine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit gegeben ist.

III. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin war daher unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Beschlusses zu erkennen wie geschehen.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

V. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf §§ 17 a Abs. 4 Satz 5 GVG, 78 ArbGG, 574 ZPO.

Ende der Entscheidung

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