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Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 09.10.2003
Aktenzeichen: 5 Ta 20/03
Rechtsgebiete: KSchG, BGB, ZPO


Vorschriften:

KSchG § 4
KSchG § 4 Satz 1
KSchG § 5
KSchG § 5 Abs. 1
KSchG § 5 Abs. 2
KSchG § 5 Abs. 2 Satz 2
KSchG § 5 Abs. 3 Satz 1
KSchG § 5 Abs. 4 Satz 2
BGB § 104 Nr. 2
BGB § 105 Abs. 2
ZPO § 85 Abs. 2
ZPO § 89 Abs. 2
ZPO § 139
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Beschluss

Aktenzeichen: 5 Ta 20/03

Stuttgart, den 09.10.2003

Im Beschwerdeverfahren mit den Beteiligten

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 5. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Lemm ohne mündliche Verhandlung am 09.10.2003

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart - Kammern Aalen - vom 04.02.2003 - 13 Ca 124/02 - abgeändert:

Auf den Antrag des Klägers wird dessen Kündigungsschutzklage gegen die von der Beklagten mit Schreiben vom 14.02.2002 zum 31.03.2002 ausgesprochene Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien nachträglich zugelassen.

Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf € 12.600,00 festgesetzt.

Gründe:

Die gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Klägers ist begründet, da das Arbeitsgericht den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage zu Unrecht abgewiesen hat.

1. Der Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage bedurfte - wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat - ungeachtet der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob die streitbefangene Kündigung dem Kläger bereits am 14.02.2002 oder erst am 15.02.2002 zuging, der vorrangigen Bescheidung. Nach der ständigen, von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (AP Nr. 4 und 6 zu § 5 KSchG 1969) abweichenden Rechtsprechung des Beschwerdegerichts bedarf nämlich ein Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage jedenfalls immer dann bereits der vorrangigen Bescheidung, wenn - wie hier - aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Möglichkeit der Versäumung der Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage nicht auszuschließen ist. Dies erscheint deshalb geboten, weil Gegenstand des Verfahrens nach § 5 KSchG allein die Frage ist, ob die - gegebenenfalls unterstellte - verspätete Klageerhebung verschuldet ist oder nicht (so zutreffend KR-Friedrich, 6. Auflage, § 5 KSchG Rn. 157) und durch deren vorrangige Klärung in Zweifelsfällen die Zurückverweisung an das Arbeitsgericht vermieden wird, wenn möglicherweise erst im zweiten oder gar dritten Rechtszug die Verspätung der Klage angenommen wird.

2. Der am 18.03 2002 beim Arbeitsgericht eingegangene Antrag auf nachträgliche Zulassung ist - was das Arbeitsgericht dahingestellt sein lassen hat - zulässig, da er den Erfordernissen des § 5 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz genügt. Die Antragsschrift vom 18.03.2002 nimmt auf die vom Bruder des Klägers bereits am 08.03.2002 erhobene Kündigungsschutzklage Bezug, auch wird mit dieser vorsorglich nochmals Kündigungsschutzklage erhoben (§ 5 Abs. 2 Satz 1 KSchG). Soweit letzteres für den Fall geschehen sein sollte, dass die zunächst erhobene Kündigungsschutzklage nicht den an eine solche zu stellenden Anforderungen genügt, würde es sich hierbei um eine zulässige innerprozessuale Bedingung innerhalb eines bereits mit der Beklagten begründeten Prozessrechtsverhältnisses handeln; denn es bliebe - was unzulässig wäre (vgl. etwa BAG, Urteil vom 11.12.1997 - 8 AZR 729/96 - AP Nr. 172 zu § 613a BGB) - hierdurch nicht in der Schwebe, ob gegen die Beklagte überhaupt Klage erhoben wird. Ferner enthält der Antrag die Angabe derjenigen Tatsachen, aus denen sich ergeben soll, dass er - der Kläger - trotz Anwendung aller ihm zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die Klage innerhalb der Dreiwochenfrist des § 4 KSchG zu erheben, nämlich seine akute Erkrankung an einer paranoiden Psychose ab jedenfalls 21.02.2002, sowie die Angabe der Mittel für deren Glaubhaftmachung (§ 5 Abs. 2 Satz 2 KSchG). Da sich aus dem vom Kläger in der Antragsschrift vorgetragenen Sachverhalt ergibt, dass das seiner Ansicht nach einer rechtzeitigen Klageerhebung entgegenstehende Hindernis zumindest zum Zeitpunkt des Ablaufs der Frist des § 4 Satz 1 KSchG - ausgehend von einem Kündigungszugang am 14.02.2002 - am 07.03.2002 noch bestand, ist schließlich auch die Zweiwochenfrist des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG gewahrt.

3. Der somit zulässige Antrag auf nachträgliche Zulassung ist aufgrund des innerhalb der Frist des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG unter Angabe der Mittel zu seiner Glaubhaftmachung vorgebrachten Hinderungsgrundes und dessen später in zulässiger Weise unter Angabe der Mittel für ihre Glaubhaftmachung erfolgten Konkretisierung und Ergänzung, auf die der Antrag gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 KSchG allein gestützt werden kann, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts auch gemäß § 5 Abs. 1 KSchG begründet.

a) Nach § 5 Abs. 1 KSchG ist die verspätete Kündigungsschutzklage nur dann nachträglich zuzulassen, wenn der Arbeitnehmer trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung zu erheben. Dies bedeutet, dass den Arbeitnehmer an der Versäumung der Dreiwochenfrist in der Regel keinerlei Verschulden, also auch keine leichte Fahrlässigkeit treffen darf. Für die Beurteilung der Verschuldensfrage ist aber weder auf den objektiven Maßstab der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt noch auf die im Verkehr übliche Sorgfalt abzustellen. Maßgebend sind vielmehr die individuellen Möglichkeiten des betroffenen Arbeitnehmers, also das, was von diesem in seiner konkreten Situation in seinem konkreten Fall an Sorgfalt gefordert werden konnte, wobei an das Maß der erforderlichen individuellen Sorgfalt zudem keine überspannten Anforderungen gestellt werden dürfen, wie sich daraus ergibt, dass das Gesetz auf die dem Arbeitnehmer "zuzumutende" Sorgfalt abstellt (vgl. hierzu KR-Friedrich a.a.O., § 5 KSchG Rn. IQ-13).

b) Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze hat der Kläger die Fristversäumung nicht in einer der nachträglichen Klagezulassung entgegenstehenden Art und Weise verschuldet. Denn der Kläger war durch Krankheit an der Einhaltung der Dreiwochenfrist des § 4 KSchG verhindert. Zwar stellt Krankheit nicht per se einen Hinderungsgrund im Sinne von § 5 Abs. 1 KSchG dar. Denn solange die Krankheit die Entscheidungsfähigkeit nicht beeinträchtigt, kann der Arbeitnehmer auch während der Krankheit seine Rechte im Allgemeinen ausreichend wahrnehmen, indem er entweder selbst schriftlich Klage einreicht oder Dritte mit der Klageerhebung beauftragt und erforderlichenfalls die schriftliche Vollmacht nachreicht (vgl. KR-Friedrich a.a.O., § 5 Rn 42 ff.). Vorliegend hat der Kläger jedoch durch Vorlage des Unterbringungsbeschlusses des Amtsgerichts W. vom 01.03.2002 (ABl. 12, 13) gesundheitliche Beeinträchtigungen dargetan und glaubhaft gemacht, die ihn trotz aller nach Lage der Dinge ihm zuzumutenden Sorgfalt an der rechtzeitigen Klageerhebung hinderten. Nach diesem Gerichtsbeschluss, dem ein ärztliches Gutachten zu Grunde lag, litt der Kläger nämlich am 01.03.2002 an einer geistigseelischen Erkrankung, und zwar an einer mit einer erheblichen Suizidgefährdung verbundenen paranoiden Psychose, die sich u.a. darin äußerte, dass er seine sozialen Kontakte abgebrochen hatte und sich kaum noch interessiert zeigte. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob diese Erkrankung trotz ihrer eine sofortige Unterbringung des Klägers bis zum 22.03.2002 rechtfertigenden Schwere noch keine Geschäftsunfähigkeit im Sinne von § 104 Nr. 2 BGB oder vorübergehende Störung der Geistestätigkeit im Sinne von § 105 Abs. 2 BGB zur Folge hatte, wofür allerdings die ärztlichen Äußerungen vom 08.05.2002 (ABl. 43) und 15.07.2002 (ABl. 65-67) sprechen, die als Mittel der Glaubhaftmachung jedenfalls deshalb zu berücksichtigen sind, weil sie im Rahmen der Ergänzung und Konkretisierung des fristgerecht geltend gemachten Hinderungsgrundes "paranoide Psychose" und der dazu bezeichneten Mittel der Glaubhaftmachung beigebracht worden sind. Denn allein aufgrund der bereits durch den Unterbringungsbeschluss vom 01.03.2002 glaubhaft gemachten krankhaften Antriebsstörung des Klägers sowie seiner krankheitsbedingten Interesselosigkeit und der damit einhergehenden fehlenden Konfliktbereitschaft sowie des damit weiter verbundenen eingeschränkten Realitätsbezugs konnte vom Kläger in seiner damaligen Situation nicht erwartet werden, dass er etwas gegen die Kündigung unternimmt. Diese war ihm vielmehr, wenn er sie in ihrer Bedeutung überhaupt hat wahrnehmen können, krankheitsbedingt völlig gleichgültig. Dass der Kläger möglicherweise vor dem 01.03.2002 krankheitsbedingt noch nicht außer Stande war, dafür Sorge zu tragen, dass fristgerecht Kündigungsschutzklage erhoben wird, ist zum einen bei dem glaubhaft gemachten Krankheitsbild unwahrscheinlich, zum anderen aber auch rechtsunerheblich, da der Arbeitnehmer die Dreiwochenfrist voll ausschöpfen, also bis zum letzten Tag der Frist zuwarten darf (vgl. KR-Friedrich a.a.O., § 5 KSchG Rn. 54). Aufgrund der Schwere der sich aus dem Unterbringungsbeschluss vom 01.03.2002 ergebenden psychischen Beeinträchtigungen und der vorgesehenen Dauer der vorläufigen Unterbringung kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Gesundheitszustand vor dem Ablauf der Dreiwochenfrist am 07.03.2002 bereits wieder so gebessert hatte, dass es dem Kläger zuzumuten gewesen wäre, innerhalb der verbleibenden Frist Klage zu erheben oder erheben zu lassen, so dass die Kündigungsschutzklage gemäß § 5 Abs. 1 KSchG nachträglich zuzulassen ist.

c) Dem steht nicht entgegen, dass am 08.03.2002 vom Bruder des Klägers tatsächlich eine Kündigungsschutzklage erhoben wurde. Zwar könnte im Hinblick auf die mit dem Antragsschriftsatz vom 18.03.2002 vorgelegte, unter dem Datum des 06.03.2002 vom Kläger unterschriebene Vollmacht (ABl. 9) der Eindruck entstehen, dass der Kläger trotz der dem Unterbringungsbeschluss vom 01.03.2002 zu Grunde liegenden, ärztlicherseits festgestellten schweren psychischen Beeinträchtigungen bereits vor dem 07.03.2002 in seiner psychischen Urteils- und Entschlussfähigkeit nicht mehr so nachhaltig beeinträchtigt war, dass er nicht doch noch vor Ablauf der Dreiwochenfrist für eine rechtzeitige Klageerhebung hätte Sorge tragen können und durch Beauftragung seines Bruders auch Sorge getragen hat. Hiervon kann aber nicht ausgegangen werden. Abgesehen davon, dass schon der Umstand, dass der Bruder des Klägers bemüht war, den Eindruck zu erwecken, dass die mit Schriftsatz vom 07.03.2002 von ihm erhobene Klage vom Kläger persönlich gefertigt worden sei, dagegen spricht, dass dieser ein auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage gerichteter Willensentschluss des Klägers zu Grunde lag, hat der Kläger auch durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung seines Bruders vom 28.06.2002 (ABl. 64) glaubhaft gemacht, dass die Vollmacht mit dem Datum vom 06.03.2002 nicht vom Kläger, sondern von seinem Bruder, und zwar auch erst am 10.03.2002 gefertigt und von ihm - dem Kläger -erst im Zeitraum vom 10.03. bis 13.03.2002 unterschrieben wurde, wobei in Anbetracht der ärztlichen Äußerungen vom 08.05.2002 (ABl. 43) und 15.07.2002 (ABl. 65-67) zudem wenig dafür spricht, dass der Kläger aufgrund seiner schweren psychischen Erkrankung bereits damals wieder in der Lage war, die Bedeutung seiner Unterschrift unter der Vollmacht zu erkennen. Obwohl dieses Vorbringen nebst den hierzu beigebrachten Mitteln der Glaubhaftmachung erst nach Ablauf der Frist des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG erfolgte, ist dieses nebst der hierzu beigebrachten Mittel der Glaubhaftmachung zu berücksichtigen, da es der Ergänzung und Vervollständigung des fristgerecht vorgebrachten Hinderungsgrundes "paranoide Psychose" im Hinblick auf die durch die zugleich vorgelegte Vollmachtsurkunde vom 06.03.2002 verursachte Unklarheit diente, auf deren Beseitigung das Gericht gemäß § 139 ZPO hinzuwirken hatte (vgl. dazu KR-Friedrich a.a.O., § 5 KSchG Rn. 87).

d) Schließlich steht der nachträglichen Zulassung entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts auch nicht entgegen, dass den Bruder des Klägers an der Fristversäumung ein Verschulden trifft. Denn der Kläger muss sich ein Verschulden seines Bruders nicht in direkter oder entsprechender Anwendung von § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen, weil er dessen Prozessführung nachträglich genehmigt hat. Für die Beurteilung der Frage, ob der Arbeitnehmer trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung zu erheben (§ 5 Abs. 1 KSchG), kommt es nämlich allein auf dessen bis zum Ablauf der Dreiwochenfrist tatsächlich bestehenden Fähigkeiten und Möglichkeiten an, entweder die Klage selbst zu erheben oder durch Dritte erheben zu lassen. War er hierzu bis zum Ablauf der Dreiwochenfrist ohne sein Verschulden nicht in der Lage, so ändert sich an dieser für die nachträgliche Zulassung gemäß § 5 Abs. 1 KSchG allein maßgeblichen Situation des Arbeitnehmers nicht dadurch etwas, dass er die - verspätete - Klageerhebung durch einen vollmachtlosen Vertreter zu einem späteren Zeitpunkt nachträglich genehmigt. Denn hierdurch werden gemäß § 89 Abs. 2 ZPO nur die prozessualen Folgen des Vollmachtmangels geheilt, nicht aber auch fingiert, dass die einer rechtzeitigen Klageerhebung durch den Arbeitnehmer selbst oder durch Beauftragung eines Dritten entgegenstehenden Umstände gar nicht bestanden. Jedenfalls wäre eine solche Fiktion mit dem Sinn und Zweck der Norm des § 5 Abs. 1 KSchG, demjenigen Arbeitnehmer die nachträgliche Zulassung zu gewähren, der ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Klagefrist verhindert war, nicht vereinbar. Im Übrigen verkennt das Arbeitsgericht, dass die - in Rechtsprechung und Literatur umstrittene (vgl. dazu KR-Friedrich a.a.O., § 5 KSchG Rn. 69, 70 m.N.) - direkte oder entsprechende Anwendung des § 85 Abs. 2 ZPO voraussetzt, dass der Arbeitnehmer gerade nicht daran gehindert war, rechtzeitig Klage zu erheben oder erheben zu lassen und die Zurechnung des Verschuldens eines Dritten, der innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG vom Arbeitnehmer wirksam dazu beauftragt und bevollmächtigt wurde, Klage zu erheben, ihre sachliche Rechtfertigung allein darin finden kann, dass der Arbeitnehmer, der die Verantwortung für die Einhaltung der Frist solchermaßen auf einen Dritten überträgt, nicht zu Lasten des Gegners besser gestellt werden darf, als wenn er die Obliegenheit der rechtzeitigen Klageerhebung in seinem alleinigen Verantwortungsbereich belassen hätte (vgl. dazu näher LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.06.2002 - 18 Ta 9/02). Ob diese Erwägung im Hinblick darauf, dass Fälle denkbar sind, in denen es dem Arbeitnehmer unter Anwendung des Sorgfaltsmaßstabes des § 5 Abs. 1 KSchG zwar nicht zuzumuten ist, selbst Klage zu erheben, aber zuzumuten ist, durch Beauftragung und Bevollmächtigung eines Dritten für eine rechtzeitige Klageerhebung Sorge zu tragen, tatsächlich tragfähig ist, die direkte oder entsprechende Anwendung von § 85 Abs. 2 ZPO im Rahmen des § 5 Abs. 1 KSchG zu rechtfertigen, kann hier dahinstehen. Denn der Bruder des Klägers war von diesem bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 KSchG am 07.03.2002 - wirksam - weder beauftragt noch dazu bevollmächtigt, Kündigungsschutzklage zu erheben, wie dies die Anwendung von § 85 Abs. 2 ZPO voraussetzen würde, so dass dessen Verschulden dem Kläger in keinem Fall zuzurechnen ist.

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers war daher unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses zu erkennen wie geschehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Angesichts der Beschäftigungsdauer des Klägers erschien bei der Festsetzung des Werts des Beschwerdegegenstandes die Ausschöpfung des Streitwertrahmens des § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG angezeigt.

Ende der Entscheidung

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