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Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 25.02.2005
Aktenzeichen: 5 TaBV 5/04
Rechtsgebiete: BetrVG, ZPO


Vorschriften:

BetrVG § 21 a
BetrVG § 21 b
BetrVG § 50 Abs. 1
BetrVG § 50 Abs. 1 Satz 1
BetrVG §§ 111 ff.
BetrVG § 111 Abs. 1 Satz 1
BetrVG § 112
BetrVG § 112 Abs. 1 Satz 1
BetrVG § 112 Abs. 3
ZPO § 256
ZPO § 256 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Im Namen des Volkes Beschluss

5 TaBV 5/04

verkündet am 25.02.2005

Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 5. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Lemm, den ehrenamtlichen Richter Christophers und den ehrenamtlichen Richter Dr. Klein auf die mündliche Verhandlung vom 25.02.2005 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1/Arbeitgeberin und die Anschlußbeschwerde des Beteiligten zu 6/Betriebsrats Köln/Essen wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 24.06.2004 - 4 BV 172/03 - abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass der Beteiligte zu 2/Gesamtbetriebsrat für den Abschluss der Gesamtbetriebsvereinbarung "Nahumzüge" (Sozialplan) vom 31.07.2003 zuständig war.

2. Im übrigen wird der Antrag der Beteiligten zu 1/Arbeitgeberin als unzulässig abgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

A.

Die Parteien streiten über die Frage, ob der Gesamtbetriebsrat nicht nur für den Abschluss eines Interessenausgleichs, sondern auch für den eines Sozialplans zuständig war.

Die zu 1) beteiligte Arbeitgeberin ist das deutsche Unternehmen eines IT-Konzerns. Aufgrund des weltweiten Zusammenschlusses dieses Konzerns mit dem C.-Konzern bildete sich in Deutschland eine betriebliche Doppelstruktur heraus, weil sowohl die Beteiligte zu 1) als auch die vormalige C. C. GmbH in allen größeren Ballungsräumen Betriebe unterhielten. Zwecks Beseitigung dieser Doppelstruktur schloss die Beteiligte zu 1) mit dem bei ihr bestehenden Gesamtbetriebsrat, dem Beteiligten zu 2), am 31.07.2003 den Interessenausgleich "Nahumzüge 2003/2004" (Blatt 9 - 15 der Akten 1. Instanz) ab. Dieser sieht u. a. vor, dass der Betrieb der Beteiligten zu 1) in T. bei M. und der ursprüngliche C.- Betrieb in J./F. bei M. in ein Gebäude in D. bei M. umziehen sowie der Betriebsteil E. des ursprünglichen C.-Betriebs in K., der als solcher bestehen bleibt, in den Betrieb der Beteiligten zu 1) in R. eingegliedert wird. Zugleich hat die Beteiligte zu 1) mit dem Beteiligten zu 2) am 31.07.2003 die Gesamtbetriebsvereinbarung "Nahumzüge" (Blatt 16 - 20 der Akten 1. Instanz) abgeschlossen, die den Ausgleich von Nachteilen bei Nahumzügen (bis zu einer Entfernung von maximal 50 km) von Betriebsabteilungen, Betriebsteilen oder Betrieben regelt.

Der zu 4) beteiligte - ehemalige - Betriebsrat des Betriebs J./F. und der zu 6) beteiligte Betriebsrat des Betriebs K./E. haben gegenüber den Beteiligten zu 1) und 2) geltend gemacht, sie seien zuständig für den Abschluss des Sozialplans für die von der Zusammenlegung der Betriebe J./F. und T. im neuen Betrieb D. bzw. der Eingliederung des Betriebsteils E. des Kölner Betriebs in den Betrieb R. betroffenen Arbeitnehmer. Sie erwirkten jeweils die Einrichtung einer Einigungsstelle. Der von der im Betrieb K./E. gebildeten Einigungsstelle am 09.01.2004 gefällte Spruch (Blatt 68 - 70 der Akten 1. Instanz) sowie der von der im Betrieb J./F. gebildeten Einigungsstelle am 09.02.2004 gefällte Spruch (Blatt 93 - 95 der Akten 1. Instanz) wurden jeweils von der Beteiligten zu 1) gerichtlich angefochten. Das Anfechtungsverfahren vor dem Arbeitsgericht München wurde durch Rücknahme des Antrags durch die Beteiligte zu 1) erledigt. Das vor dem Arbeitsgericht Köln unter dem Aktenzeichen 9 BV 12/04 anhängige Anfechtungsverfahren wird von der Beteiligten zu 1) auch auf Ermessensfehler der Einigungsstelle gestützt.

Im neuen Betrieb D./M. wurde Ende Mai/Anfang Juni 2004 von den ursprünglichen Belegschaften der Betriebe T. und J./F. ein neuer Betriebsrat gewählt. Der Beteiligte zu 3) ist der - ehemalige - im Betrieb T. gewählte Betriebsrat. Der Beteiligte zu 5) ist der im Betrieb R. gebildete Betriebsrat.

Die Beteiligte zu 1) hat zur Begründung ihres beim Arbeitsgericht am 27.10.2003 eingereichten Feststellungsbegehrens die Auffassung vertreten, dass bei einer Betriebsänderung, die - wie im Streitfall - mehrere Betriebe betreffe, die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nicht nur für den Abschluss des Interessenausgleichs, sondern auch für den Abschluss des Sozialplans gegeben sei. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber im Falle der originären Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für die Betriebsänderung den Interessenausgleich dem Gesamtbetriebsrat, den Sozialplan dagegen den Einzelbetriebsräten habe zuweisen wollen. Jedenfalls im Streitfall, in welchem ihre gesamte Betriebsstruktur betroffen gewesen sei, sei auch für den Sozialplan die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats gemäß § 50 Abs. 1 BetrVG zwingend begründet.

Die Beteiligten zu 1) und 2) haben beantragt,

festzustellen, dass mit dem Interessenausgleich vom 31.07.2003 betreffend "Nahumzüge 2003/2004" und der Gesamtbetriebsvereinbarung Nahumzüge vom 31.07.2003 - abgeschlossen zwischen den Beteiligten Ziff. 1 und 2 - das betriebsverfassungsrechtliche Verfahren über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan nach § 111 ff. BetrVG über folgende Gegenstände durchgeführt worden ist: Über die örtliche Verlagerung und Integration des Betriebsteils E. des Betriebes K. in den Betrieb R. sowie die Verlagerungen der Betriebe T. und M. (J./F.) nach D. und die Integration von letzterem in ersteren sowie weiter den Ausgleich von Nachteilen, die den von den vorstehenden Maßnahmen betroffenen Arbeitnehmern entstehen bzw. entstanden sind.

Die Beteiligten zu 4) und 6) haben beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie haben im Hinblick auf die Verfahren vor dem Arbeitsgericht Köln bzw. München jeweils geltend gemacht, dass der Antrag wegen anderweitiger Rechtshängigkeit sowie fehlenden Feststellungsinteresses bereits unzulässig sei. Darüber hinaus sei er aber auch unbegründet. Aus der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates für den Abschluss des Interessenausgleichs folge nicht dessen Zuständigkeit auch für den Abschluss des Sozialplans. Den von dem Umzug nach R. bzw. D. betroffenen, von ihnen jeweils vertretenen Arbeitnehmern würden ganz spezifische, von den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten abhängige Nachteile entstehen, weshalb zu deren Ausgleich jeweils der Abschluss eines Sozialplans auf örtlicher Ebene erforderlich sei. Dem stehe die Durchführbarkeit des Interessenausgleichs nicht entgegen.

Das Arbeitsgericht hat mit dem am 24.06.2004 verkündeten Beschluss (Blatt 106 - 119 der Akten 1. Instanz), auf den verwiesen wird, festgestellt, dass mit dem Interessenausgleich vom 31.07.2003 das betriebsverfassungsrechtliche Verfahren über einen Interessenausgleich durchgeführt worden sei. Im übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sich die Beseitigung der betrieblichen Doppelstruktur als ein betriebsübergreifender Restrukturierungsvorgang darstelle, der zwar ein zwingendes Erfordernis für eine betriebsübergreifende Regelung in einem Interessenausgleich im Sinne von § 50 Abs. 1 BetrVG begründe. Gleiches gelte aber nicht für den Ausgleich der als Folge der Umstrukturierung und der durch diese bedingten Nahumzüge entstehenden finanziellen Nachteile durch einen Sozialplan. Insoweit bestünden spezifische, anhand der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten zu beurteilende Bedürfnisse, die völlig unabhängig von der Art und Weise der lediglich betriebsübergreifend planbaren Umstrukturierung mit dem jeweiligen Einzelbetriebsrat geregelt werden könnten und daher auch zu regeln seien.

Gegen diesen der Beteiligten zu 1) am 02.07.2004, den Beteiligten zu 2), 3), 4) und 6) am 05.07.2004 sowie dem Beteiligten zu 5) am 07.07.2004 zugestellten Beschluss wendet sich die Beteiligte zu 1) mit ihrer am 13.07.2004 eingelegten und am 17.08.2004 ausgeführten Beschwerde. Sie rügt ebenso wie der Beteiligte zu 2) die vom Arbeitsgericht im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vorgenommene Auslegung des § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG als fehlerhaft. Diese Vorschrift stelle für die Zuständigkeitsabgrenzung auf die Angelegenheit ab. Die maßgebliche Angelegenheit sei im Falle der §§ 111 ff. BetrVG die konkret geplante Betriebsänderung. Diese bilde das Abgrenzungsmerkmal für die Zuständigkeit, nicht dagegen deren mitbestimmungsrechtlichen Folgen, deren Aufspaltung in einen nicht erzwingbaren Interessenausgleich und in einen erzwingbaren Sozialplan allein in der grundgesetzlich gewährleisteten freien Unternehmerentscheidung begründet sei. Aus dieser Aufspaltung könne daher nicht darauf geschlossen werden, dass es sich um zwei Angelegenheiten im Sinne von § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG handele, also die Regelungen der Angelegenheit durch Interessenausgleich und/oder Sozialplan selbst die Angelegenheit im Sinne von § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG seien. Entscheidend sei daher allein, ob sich die Angelegenheit - im Streitfall also die geplante Betriebsänderung - auf alle oder mehrere Betriebs auswirke. Sei dies der Fall, sei der Gesamtbetriebsrat zuständig, und zwar sowohl für den Interessenausgleich als auch für den Sozialplan, von deren einheitlicher Behandlung durch Arbeitgeber und Betriebsrat bzw. Gesamtbetriebsrat auch die Vorschrift des § 112 BetrVG ausgehe und damit auch der zwischen Interessenausgleich und Sozialplan bestehenden Wechselwirkung Rechnung trage.

Die Beteiligten zu 1) und 2) beantragen,

unter insoweitiger Abänderung des angefochtenen Beschlusses festzustellen, dass der Beteiligte zu 2) (Gesamtbetriebsrat) für den Abschluss der Gesamtbetriebsvereinbarung "Nahumzüge" (Sozialplan) vom 31.07.2003 zuständig war.

Die Beteiligten zu 4) und 6) beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 4) ist der Auffassung, dass er trotz der erfolgten Neuwahl eines Betriebsrats im Betrieb D./M. weiterhin am Verfahren beteiligt sei, da ihm insoweit ein Restmandat verblieben sei. Der Beteiligte zu 6) wiederholt die Rüge der Unzulässigkeit des Antrags wegen doppelter Rechtshängigkeit. In der Sache sind die Beteiligten zu 4) und 6) weiterhin der Auffassung, dass keine untrennbare Verzahnung zwischen Interessenausgleich und Sozialplan bestehe und für die Zuständigkeitsabgrenzung nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG maßgeblich sei, dass die im Falle einer Betriebsänderung gegebenen Mitbestimmungsrechte unterschiedliche Regelungsgegenstände aufwiesen und unterschiedliche Funktionen hätten.

Mit seiner am 17.09.2004 eingelegten und ausgeführten Anschlussbeschwerde macht der Beteiligte zu 6) geltend, dass dem Antrag, soweit ihm das Arbeitsgericht entsprochen habe, das gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse fehle. Die Zuständigkeit des Beteiligten zu 2 für den Abschluss des Interessenausgleichs sei von keinem Beteiligten bestritten worden.

Die Beteiligten zu 6) und 4) beantragen,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Beschlusses den Antrag insgesamt zurückzuweisen.

Die Beteiligten zu 1) und 2) beantragen,

die Anschlussbeschwerde zurückzuweisen, da diese die künstliche Trennung von Interessenausgleich und Sozialplan voraussetze, worüber gerade gestritten werde.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten zu 1), 2), 4) und 6) wird auf die im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze und deren Erklärungen im Anhörungstermin am 25.02.2005 (ABl. 99, 100) ergänzend Bezug genommen.

Die Beteiligten zu 3) und 5) haben sich nicht geäußert.

B.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) sowie die Anschlussbeschwerde des Beteiligten zu 6) sind jeweils an sich statthaft und auch im übrigen zulässig. Sie haben auch in der Sache jeweils Erfolg.

I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1)/Arbeitgeberin ist begründet. Das Arbeitsgericht hat den auf Anregung des Beschwerdegerichts entsprechend umformulierten Antrag der Arbeitgeberin, der auch bereits in der ersten Instanz der Sache nach auf die Feststellung gerichtet war, dass der Beteiligte zu 2)/Gesamtbetriebsrat zum Abschluss der Gesamtbetriebsvereinbarung "Nahumzüge" (Sozialplan) vom 31.07.2003 zuständig war, zu Unrecht abgewiesen. Auch soweit die Arbeitnehmer der Betriebe K/E., T. und J./F. von den im Interessenausgleich vom 31.07.2003 vereinbarten Umstrukturierungen betroffen waren, waren nicht die in diesen Betrieben gewählten Betriebsräte, also die Beteiligte zu 3) (T.), 4) (J./F.) und 6) (K./E.) zum Abschluss des Sozialplans zuständig. Diese Aufgabe fiel vielmehr nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG in den Zuständigkeitsbereich des Gesamtbetriebsrats, des Beteiligten zu 2).

1. Der Antrag festzustellen, dass der Gesamtbetriebsrat für den Abschluss der Gesamtbetriebsvereinbarung "Nahumzüge" (Sozialplan) vom 31.07.2003 zuständig war, ist zulässig. Für ihn ist das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Die Beteiligten zu 4) und 6) bestreiten die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für den Abschluss des Sozialplans und nehmen für sich das Recht auf Abschluss eines Sozialplans in Anspruch, soweit von den im Interessenausgleich am 31.07.2003 vereinbarten Betriebsänderungen die von ihnen jeweils vertretenen Arbeitnehmer des ehemaligen Betriebsteils E. des Betriebs K. sowie des ehemaligen Betriebs J./F. betroffen sind. Auch ist eine Entscheidung über den Feststellungsantrag geeignet, den bestehenden Streit zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) einerseits und den Beteiligten zu 4) und 6) andererseits endgültig beizulegen. Dieser Streit hat sich im Verhältnis zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) sowie dem Beteiligten zu 4) auch nicht dadurch erledigt, dass in dem durch Zusammenlegung der Betriebe T. und J./F. in D. entstandenen neuen Betrieb mittlerweile ein neuer Betriebsrat gewählt wurde, der die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats zum Abschluss auch des Sozialplans vom 31.07.2003 ersichtlich nicht in Frage stellt. Denn dem Beteiligten zu 4) stünde gemäß § 21 b BetrVG ein Restmandat zu, falls er im Zusammenhang mit der Zusammenlegung des Betriebs J./F. mit dem Betrieb T. im neuen Betrieb D. für den Abschluss des Sozialplans zuständig gewesen wäre und nicht der Gesamtbetriebsrat. Im hier gegebenen Fall der Zusammenlegung von Betrieben zu einem einheitlichen Betrieb steht nämlich jedem Betriebsrat der Ursprungsbetriebe ein Restmandat für die Einheit zu, für die er gewählt wurde. Dieses Restmandat wird entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 1 nicht durch ein daneben gemäß § 21 a BetrVG in Betracht kommendes Übergangsmandat ausgeschlossen und kann auch noch nach Ablauf des Übergangsmandats und der Neuwahl eines Betriebsrats im neuen Betrieb zum Tragen kommen (vgl. Fitting, BetrVG 22. Aufl., § 21 a Rdnrn. 28, 29, § 21 b Rdnr. 13 mit Nachweisen).

Die Zulässigkeit des Feststellungsantrags wird ferner auch nicht nur im Verhältnis zum Beteiligten zu 6) durch das vor dem Arbeitsgericht Köln unter dem Aktenzeichen 9 BV 12/04 anhängige Anfechtungsverfahren in Frage gestellt. Der von dem Beteiligten zu 6 erhobene Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) ist zwar grundsätzlich auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zu beachten (BAG, Beschluss vom 16.07.1996 - 3 ABR 13/95). Dieser geht vorliegend aber schon deshalb fehl, weil das Verfahren vor dem Arbeitsgericht Köln erst nach Rechtshängigkeit des streitgegenständlichen Antrags anhängig gemacht wurde. Zwar kann der Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit auch nicht mit Erfolg im Verfahren 9 BV 12/04 erhoben werden, da in diesem die Unwirksamkeit des Spruchs der Einigungsstelle vom 09.01.2004 nicht nur auf deren Unzuständigkeit, sondern auch auf eine Ermessensüberschreitung gestützt wird, die innerhalb einer zweiwöchigen Frist beim Arbeitsgericht ausdrücklich geltend gemacht werden muss.

Dies ändert aber nichts an der Zulässigkeit des Antrags im vorliegenden Verfahren.

Insbesondere kommt für diesen aufgrund des Verfahrens 9 BV 12/04 auch nicht das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse in Wegfall, weil die zwischen den Beteiligten streitige Zuständigkeitsfrage im vorliegenden Verfahren einer umfassenderen, nicht lediglich auf die Beteiligten zu 1) und 6) beschränkten Klärung zugeführt wird. Der Gefahr widersprechender Entscheidungen kann daher nur durch die Aussetzung des Verfahrens vor dem Arbeitsgericht Köln begegnet werden.

2. Der zulässige Feststellungsantrag ist auch begründet. Für den Abschluss des Sozialplans wegen der u. a. den Betriebsteil E. des Betriebs K. und den Betrieb J./F. betreffenden Betriebsänderungen waren nicht die Betriebsräte dieser Betriebe, die Beteiligten zu 4) und 6), sondern gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG der Gesamtbetriebsrat, der Beteiligte zu 2, zuständig.

a) Nach der Kompetenzzuweisung des Betriebsverfassungsgesetzes ist grundsätzlich der Betriebsrat für die Ausübung der gesetzlichen Mitbestimmungsrechte zuständig. Er hat die Interessen der Belegschaft des einzelnen Betriebs gegenüber dem Unternehmer wahrzunehmen. Diese Aufgabe weist § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ausnahmsweise dem Gesamtbetriebsrat zu, soweit es um die Behandlung von Angelegenheiten geht, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können. Es muss ein zwingendes Erfordernis für eine betriebsübergreifende Regelung der das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffenden Angelegenheit bestehen. Deren bloße Zweckmäßigkeit reicht zur Begründung der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nicht aus.

b) Nach den vom Bundesarbeitsgericht (vgl. etwa Urteil vom 11.12.2001 - 1 AZR 193/01; Beschluss vom 23.10.2002 - 7 ABR 55/01) zur Abgrenzung der Zuständigkeit von Betriebsrat und Gesamtbetriebsrat für die Vereinbarung über einen Interessenausgleich und den Abschluss eines Sozialplans bei Betriebsänderungen, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen, entwickelten Rechtsgrundsätzen bestimmt sich die zu regelnde Angelegenheit im Sinne von § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG in Bezug auf den Interessenausgleich nach der vom Arbeitgeber geplanten Maßnahme/Betriebsänderung, in Bezug auf den Sozialplan insbesondere nach dem Gegenstand und der Ausgestaltung der Betriebsänderung im Interessenausgleich und den dementsprechend den Arbeitnehmern entstehenden Nachteilen. Es handelt sich hiernach im Falle mitbestimmungspflichtiger Betriebsänderungen also um zwei verschiedene Angelegenheiten im Sinne von § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, bei denen die Zuständigkeitsfrage jeweils gesondert zu prüfen ist und daher aus der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats zum Abschluss eines Interessenausgleichs nicht automatisch auch dessen Zuständigkeit für den Abschluss des Sozialplans folgt. Gegen diese Aufteilung in zwei unterschiedliche Angelegenheiten könnte sprechen, dass - wie die Beteiligten zu 1) und 2) vorbringen - die zu behandelnde Angelegenheit im Sinne von § 50 Abs. 1 BetrVG, nämlich die geplante Betriebsänderung, nicht dadurch zu zwei Angelegenheiten im Sinne von § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG wird, dass an diese unterschiedlich ausgestaltete Rechte des Betriebsrats geknüpft sind und diese daher unterschiedliche Regelungen zur Folge hat, nämlich zum einen den nicht erzwingbaren Interessenausgleich und zum anderen den erzwingbaren Sozialplan. Die geplante Betriebsänderung ist gemäß § 112 BetrVG hinsichtlich des "ob", "wie" und "wann" ihrer Durchführung sowie hinsichtlich des Ausgleichs und der Milderung der den Arbeitnehmern hierdurch entstehenden Nachteile zu regeln, wobei sich Interessenausgleich und Sozialplan wechselseitig bedingen, also nicht nur der Interessenausgleich die auszugleichenden Nachteile bestimmt, sondern auch die vom Betriebsrat im Rahmen der Verhandlungen zum Ausgleich bestimmter Nachteile geltend gemachten Forderungen auf das "ob", "wie" und "wann" der im Interessenausgleich zu regelnden Betriebsänderung und damit auf die hierdurch für die Arbeitnehmer entstehenden Nachteile einwirken. Auch die Regelung des § 112 Abs. 3 BetrVG dürfte dafür sprechen, dass für die Regelung einer geplanten Betriebsänderung sowohl hinsichtlich ihres "ob", "wie" und "wann" als auch hinsichtlich des Ausgleichs der den Arbeitnehmern hierdurch entstehenden Nachteile entweder die Zuständigkeit des Betriebsrats oder die des Gesamtbetriebsrats gegeben ist. Dies kann aber letztlich dahinstehen, da im Streitfall der Gesamtbetriebsrat auch unter Anwendung der vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Rechtsgrundsätze nicht nur für den Abschluss des Interessenausgleichs, sondern auch für den Abschluss des Sozialplans zuständig war.

c) Nach den vom Bundesarbeitsgericht (a.a.O.) entwickelten Rechtsgrundsätzen war der Gesamtbetriebsrat zunächst für die nach §§ 111 Abs. 1 Satz 1, 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu treffende Vereinbarung über einen Interessenausgleich zuständig. Denn danach ist der Interessenausgleich gemäß § 50 Abs. 1 BetrVG mit dem Gesamtbetriebsrat zu vereinbaren, wenn sich die vom Arbeitgeber geplante Maßnahme - wie im Streitfall - auf alle oder mehrere Betriebe auswirkt und deshalb einer einheitlichen Regelung bedarf. Die von der Beteiligten zu 1 geplanten Betriebsänderungen betrafen mit der unternehmensweiten Beseitigung von betrieblichen Doppelstrukturen eine Umstrukturierung des Unternehmens, die Entscheidungen über die Standorte der künftig noch fortzuführenden Betriebe und die Zusammenlegung von mehreren Betrieben erforderte. Diese unternehmensweite Maßnahme war über die Grenzen der einzelnen Betriebe hinaus mitzubeurteilen und mitzugestalten. Die Wahrnehmung einer solchen Aufgabe ist, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist, dem Gesamtbetriebsrat gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zugewiesen.

d) Auch wenn aus der somit gegebenen Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für die Vereinbarung eines Interessenausgleichs über die geplante Betriebsänderung nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (a.a.O.) nicht automatisch auch dessen Zuständigkeit für den Abschluss des Sozialplans folgt, sondern auch insoweit ein zwingendes Bedürfnis nach einer betriebsübergreifenden Regelung bestehen muss, ist diese Voraussetzung im Streitfall ebenfalls erfüllt.

Ob die mit der wirtschaftlichen Entscheidung des Unternehmers für die von ihr betroffenen Arbeitnehmer verbundenen Nachteile unternehmenseinheitlich oder betriebsbezogen auszugleichen sind, bestimmt sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (a.a.O.) insbesondere nach Gegenstand und Ausgestaltung der Betriebsänderung im Interessenausgleich sowie nach den im Einzelfall den Arbeitnehmern hierdurch entstehenden Nachteilen. Regelt ein mit dem Gesamtbetriebsrat nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vereinbarter Interessenausgleich eine Betriebsänderung, die einzelne Betriebe unabhängig voneinander betrifft, oder eine solche, die sich auf einen einzelnen Betrieb beschränkt, ist ein unternehmensweit zu findender Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile nicht zwingend. Erfassen die im Interessenausgleich vereinbarten Betriebsänderungen dagegen mehrere oder sogar sämtliche Betriebe des Unternehmens und ist die Durchführung des Interessenausgleichs abhängig von betriebsübergreifend einheitlichen Kompensationsregelungen im Sozialplan, so kann diese Aufgabe von den Betriebsräten der einzelnen Betriebe nicht mehr wahrgenommen werden; sie ist dem Gesamtbetriebsrat zugewiesen (BAG a.a.O.).

Hiernach war der Gesamtbetriebsrat im Streitfall auch für den Abschluss des Sozialplans zuständig. Aufgrund der im Interessenausgleich getroffenen Vereinbarungen ist eine betriebsübergreifende Sozialplanregelung zwingend erforderlich. Der Interessenausgleich vom 31.07.2003 regelt keine Betriebsänderung, die nur einen Betrieb oder einzelne Betriebe unabhängig voneinander betrifft. Die Betriebsänderung erfasst vielmehr eine Vielzahl von Betrieben bundesweit und hat betriebsübergreifende Versetzungen zur Folge, wodurch für die betroffenen Arbeitnehmer Nachteile in Form von zusätzlichen Wegezeiten, Fahrtkosten und evtl. Umzugskosten entstehen können. Die Betriebspartner sind gehalten, beim Abschluss eines Sozialplans sowohl die Interessen der von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer als auch die Belange des Unternehmens zu berücksichtigen. Dies kann bei einer betriebsübergreifenden Betriebsänderung nur unter Beachtung der Verhältnisse sämtlicher betroffener Betriebe und der Belange aller Arbeitnehmer geschehen. Nur eine unternehmenseinheitliche Konzeption, die die Interessen aller von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer koordiniert, ermöglicht eine sachgerechte Verteilung der für den Nachteilsausgleich zur Verfügung stehenden Mittel, die die Betriebspartner unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Unternehmens festzulegen haben. Eine solche Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens ist durch die einzelnen Betriebsräte nicht möglich, da hierfür die Kenntnis der durch den Ausgleich der Nachteile für das Unternehmen bundesweit entstehenden finanziellen Gesamtbelastung erforderlich ist (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BAG, Beschluss vom 23.10.2002 - 7 ABR 55/01). Darauf, ob es sich bei dem Arbeitgeber im Einzelfall um ein leistungsstarkes oder insolvenzgefährdetes Unternehmen handelt, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Denn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens ist in jedem Falle zu berücksichtigen, was bei einer Fallgestaltung wie der vorliegenden nur beim Abschluss einer betriebsübergreifenden Sozialplanregelung möglich ist, für den der Gesamtbetriebsrat nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zuständig ist. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob sich das zwingende Erfordernis nach einer betriebsübergreifenden Sozialplanregelung im Streitfall darüber hinaus auch aus einem auf das Unternehmen zu beziehenden Gleichbehandlungsgrundsatz (vgl. dazu BAG, Urteil vom 17.11.1998 - 1 AZR 147/98) ergibt, mit dem es schwerlich vereinbar wäre, wenn die Nachteile, die etwa die Arbeitnehmer des Betriebs T. infolge der Zusammenlegung ihres Betriebes mit dem Betrieb J./F. im neuen Betrieb D. in Form von zusätzlichen Wegezeiten oder Fahrtkosten erleiden, nach anderen Maßstäben ausgeglichen oder gemildert würden als die den Arbeitnehmern des Betriebs J./F. hierdurch entstehenden gleichartigen Nachteile.

II. Die Anschlussbeschwerde des zu 6) beteiligten Betriebsrats des Betriebs K./E. ist ebenfalls begründet. Das Arbeitsgericht hat dem der Sache nach auf die Feststellung, dass der Beteiligte zu 2)/Gesamtbetriebsrat für den Abschluss des Interessenausgleichs "Nahumzüge 2003/2004" vom 31.07.2003 zuständig war, gerichteten Antrag zu Unrecht entsprochen. Dem Antrag fehlt das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, so dass er unzulässig ist. Die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats zum Abschluss des Interessenausgleichs wurde von keinem Beteiligten bestritten. Dass die nach Auffassung der Beteiligten zu 1) und 2) künstliche Trennung von Interessenausgleich und Sozialplan zwischen den Beteiligten streitig ist, begründet das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse an der begehrten Feststellung nicht, da trotz insoweit unterschiedlicher Rechtsauffassungen zwischen den Beteiligten kein Streit darüber besteht, dass der Gesamtbetriebsrat jedenfalls für den Abschluss des Interessenausgleichs zuständig war.

III. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 92 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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