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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 21.02.2002
Aktenzeichen: 6 Sa 83/01
Rechtsgebiete: ZPO, HGB, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 313 a Abs. 1 Satz 1
ZPO § 540 Abs. 1
ZPO § 540 Abs. 2
HGB § 60
HGB § 60 Abs. 1 2. Alt.
HGB § 61
HGB § 61 Abs. 1
ArbGG § 72 Abs. 2
ArbGG § 72 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
6 Sa 83/01

verkündet am 21. Februar 2002

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 6. Kammer - durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Stolz, den ehrenamtlichen Richter Klein und den ehrenamtlichen Richter Pfeiffer auf die mündliche Verhandlung vom 21.02.2002 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Teil-urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 10.05.2001 - 17 Ca 10426/00 - teilweise dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, mit welchen Arbeitnehmern der Klägerin sie in dem Zeitraum zwischen August und 31.12.2000 Gespräche führte, in deren Verlauf sie den Arbeitnehmern der Klägerin eine neue Tätigkeit bei der Firma E. GmbH angeboten und/oder Arbeitnehmer der Klägerin zur Kündigung ihres bisherigen Arbeitsverhältnisses veranlasst hat.

2. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die Kostenentscheidung der ersten Instanz bleibt dem Schlussurteil des Arbeitsgerichts unter Berücksichtung dieser Entscheidung vorbehalten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Von einer ausführlichen Darstellung des Prozessstoffes wird gemäß § 540 Abs. 1, Abs. 2 in Verbindung mit § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen, nachdem das Urteil des Landesarbeitsgerichts der Revision nicht unterliegt. Stattdessen wird auf den Inhalt des angefochtenen arbeitsgerichtlichen Urteils verwiesen.

Die Parteien streiten im zweiten Rechtszug weiter über Auskunftsansprüche der Klägerin aus beendetem Arbeitsverhältnis.

Die Klägerin wendet gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts vom 10.05.2001, mit dem das Auskunftsbegehren der Klägerin abgewiesen wurde, im Wesentlichen ein, das Arbeitsgericht habe die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 2. Alt. HGB verkannt, wenn es das Vorliegen eines Wettbewerbsverstoßes der Beklagten verneint habe. Nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift sei jede Handlung des Arbeitnehmers, die die Interessen seines derzeitigen Arbeitgebers gefährde, als Pflichtverletzung zu bewerten und mit dem Schadensersatzanspruch aus § 61 Abs. 1 HGB zu sanktionieren.

In § 10 des Gebietsleitervertrags sei auch entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ein vertragliches Wettbewerbsverbot enthalten, da diese Vorschrift konstituiere, dass der Mitarbeiter alles zu unterlassen habe, was einen Mitarbeiter der Gesellschaft dazu veranlassen könnte, die Gesellschaft zu verlassen oder in sonstiger Weise die Gesellschaft zu schädigen.

Die Beklagte sei als Arbeitnehmerin der Klägerin Handlungsgehilfin im Sinne des § 60 Abs. 1 HGB gewesen. Sie habe Abwerbungsversuche während des bestehenden Arbeitsverhältnisses unternommen, indem sie bei privater Gelegenheit Mitarbeiter auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin und auf Begründung eines solchen mit der in Gründung befindlichen emk Personal und Service GmbH angesprochen habe. Ein Geschäft eines Handlungsgehilfen könne bereits dann in den Geschäftszweig des Prinzipals gemäß § 60 Abs. 1 2. Alt. HGB fallen, wenn es die Interessen des Arbeitgebers gefährde. Die Abwerbung von Mitarbeitern laufe den Interessen der Klägerin zuwider, durch eine solche Handlung ergäben sich für die Klägerin erhebliche Nachteile, da sie dann neue Mitarbeiter suchen und einarbeiten müsse, somit zusätzliche Kosten durch Anzeigen usw. anfielen. Die neu gegründete Gesellschaft habe demgegenüber geringere Startschwierigkeiten, wenn sie bereits von der Klägerin eingearbeitete Mitarbeiter übernehme. Dem Auskunftsbegehren stehe auch nicht entgegen, dass der unstreitige Abwerbungsversuch der Beklagten bezüglich Frau A. nicht erfolgreich gewesen sei.

Zwar dürfe derjenige, der nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein eigenes Handelsgewerbe gründe, schon während des bestehenden Arbeitsverhältnisses gewisse Vorbereitungen hierfür treffen, aber dazu gehöre nicht eine gezielte Abwerbung von Arbeitnehmern, insbesondere nicht durch ausdrückliche Aufforderung zum Arbeitsplatzwechsel.

Es sei auch anerkannt, dass derjenige, der einem anderen gegenüber aus Vertrag oder Gesetz verpflichtet sei, Wettbewerb zu unterlassen, diesem Auskunft schulde, sobald er ihm zu der Vermutung Anlass gegeben habe, er habe seine diesbezüglichen Vertragspflichten verletzt. Nach den im Einzelnen nicht bestrittenen Darstellungen der Zeugin A. und des Zeugen T., die die Klägerin ihrem Sachvortrag zu Grunde lege, bestehe der begründete Verdacht, dass die Beklagte sowohl Mitarbeiter als auch Kunden der Klägerin für das neue Unternehmen habe abwerben wollen. Weitere Voraussetzung für einen Auskunftsanspruch sei nur, dass der Anspruchsteller die Wahrscheinlichkeit eines vorzubereitenden Schadensersatzanspruchs darlege.

Die Klägerin hat daher in zweiter Instanz folgende Anträge gestellt:

1. Unter Abänderung des Teilurteils des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 10.05.2001 die Beklagte/Berufungsbeklagte zu verurteilen, der Klägerin/Berufungsklägerin Auskunft darüber zu erteilen, mit welchen Arbeitnehmern der Klägerin sie in dem Zeitraum zwischen August und dem 31.12.2000 Gespräche führte, in deren Verlauf sie den Arbeitnehmern der Klägerin eine neue Tätigkeit bei der Firma E-GmbH angeboten und/oder Arbeitnehmer der Klägerin zur Kündigung ihres bisherigen Arbeitsverhältnisses veranlasst hat.

2. Die Beklagte/Berufungsbeklagte zu verurteilen, der Klägerin/Berufungs-klägerin Auskunft darüber zu erteilen, welche weiteren Tätigkeiten sie in dem Zeitraum zwischen 01.08.2000 und dem 31.12.2000 zur Unterstützung des weiteren Aufbaus der E-GmbH i.Gr. durchgeführt hat, insbesondere, ob und in welchem Umfang sie Kunden der Klägerin angesprochen und über den Markteintritt der E-GmbH informiert hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte entgegnet, sie habe fristgerecht zum 31.12.2000 gekündigt und sei ab 31.08.2000 freigestellt gewesen. Auch bestehe kein vertragliches Wettbewerbsverbot, auch nicht nach § 10 des Anstellungsvertrags.

Der Anspruch der Beklagten stütze sich lediglich auf einen fehlgeschlagenen Abwerbungsversuch vom 09.10. oder 13.11.2000. Sie bestreite, dass sie in den Kunden- oder Abnehmerkreis der Klägerin eingedrungen sei. Sie bestreite insbesondere ein aktives Zugehen auf Mitarbeiter der Klägerin während der Betriebszugehörigkeit, sie habe während ihrer Bindung an die Klägerin keine Geschäfte vermittelt oder vorbereitet.

Die Klägerin stütze sich auf eine überalterte Rechtsprechung. Bloße Gefährdung der Geschäftsinteressen des Arbeitgebers reiche nicht aus, es müssten besondere die Verwerflichkeit begründende Umstände bei der Abwerbung hinzutreten. Insoweit bestehe auch kein Auskunftsanspruch der Klägerin ihr gegenüber.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 10.05.2001 ist statthaft, sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 1 und 2, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 518, 519 a.F. ZPO). Sie hatte auch teilweise Erfolg.

Der Klägerin war ein Auskunftsanspruch gegenüber der Beklagten insoweit zuzuerkennen, als die Beklagte unstreitig versucht hat, die Mitarbeiterin Frau A. für die neu zu gründende Firma E-GmbH abzuwerben.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung (siehe BAG vom 17.10.1969 AP Nr. 7 zu § 611 BGB Treuepflicht) hat lange gezögert, die §§ 60, 61 HGB auf sonstige Arbeitnehmer entsprechend anzuwenden. Es hat für diese das Wettbewerbsverbot aus der vertraglichen Rücksichtspflicht (Treuepflicht) abgeleitet (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 2. Aufl., Rn. 3 zu § 60 HGB). Der kaufmännische Angestellte darf nach § 60 Abs. 1 HGB im Handelszweig des Arbeitgebers weder ein Handelsgewerbe betreiben noch für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen. Der zweite Tatbestand umfasst auch das bloße Vorbereiten der Vermittlung und des Abschlusses von solcherlei Geschäften, deren Vermittlung und Abschluss dem Angestellten nach seinem Arbeitsvertrag obliegt. Unter den Tatbestand "Betreiben eines Handelsgewerbes" fallen hingegen solche Vorbereitungshandlungen nicht, die in die Interessen des Arbeitgebers nicht unmittelbar eingreifen. Derjenige, der einem anderen gegenüber vertraglich oder gesetzlich verpflichtet ist, Wettbewerb zu unterlassen, schuldet diesem Auskunft, sobald er ihm erheblichen Anlass gegeben hat, zu vermuten, er habe seine Vertragspflicht verletzt (BAG vom 12.05.1972, AP Nr. 6 zu § 60 HGB).

Fraglich ist insbesondere der Umfang des Wettbewerbsverbots bei der Vorbereitung eines eigenen Handelsgewerbes, sofern nicht bereits das Tatbestandsmerkmal des Geschäftemachens erfüllt ist. Zulässige Vorbereitungshandlungen sind z.B. Mieten von Geschäftsräumen, Erwerb von Waren, Einstellung von Arbeitnehmern, Anmeldung und Bekanntmachung einer Handelsgesellschaft. Unzulässig ist die Werbung von Kunden (BAG vom 24.04.1970, AP Nr. 5 zu § 60 HGB).

§ 60 Abs. 1 HGB, der die allgemeine vertragliche Treuepflicht des Arbeitnehmers konkretisiert, verbietet dem Angestellten zweierlei: Er darf im Handelszweig des Arbeitgebers weder ein Handelsgewerbe betreiben noch für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen. Der zweite Tatbestand ist weit zu verstehen: Er umfasst auch das bloße Vorbereiten der Vermittlung und des Abschlusses von solcherlei Geschäften, deren Vermittlung und Abschluss dem Angestellten nach seinem Arbeitsvertrag obliegt. Der Grund liegt darin, dass durch ein Geschäft in seinem Handelszweig die Interessen des Arbeitgebers immer unmittelbar berührt, mindestens gefährdet werden. Der erste Tatbestand, das Betreiben eines Handelgewerbes, ist im gewissen Sinne enger zu fassen: Darunter fallen nicht solche Vorbereitungshandlungen, die in die Interessen des Arbeitgebers nicht unmittelbar eingreifen. Wer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein eigenes Handelsgewerbe gründen und dadurch seinem jetzigen Arbeitgeber Konkurrenz machen will, darf - sofern er nicht durch ein vertragliches Wettbewerbsverbot gebunden ist - schon während des bestehenden Arbeitsverhältnisses gewisse Vorbereitungen treffen; er darf z.B. Räume mieten, sich die erforderliche Ausstattung beschaffen oder sich um Mitarbeiter bemühen, sofern er damit nicht durch Abwerbung von Arbeitnehmern seines jetzigen Arbeitgebers dessen Interessen unmittelbar gefährdet (BAG vom 12.05.1972, AP Nr. 6 zu § 60 HGB, BAG vom 30.05.1978, AP Nr. 9 zu § 60 HGB).

Die Abgrenzung der noch erlaubten Vorbereitungshandlung von der bereits verbotenen Konkurrenztätigkeit ist danach vorzunehmen, ob ein Handeln vorliegt, durch das unmittelbar in die Geschäfts- oder Wettbewerbsinteressen des Arbeitgebers eingegriffen wird. Zulässig sind demnach solche Vorbereitungsmaßnahmen, die auf die Schaffung der formalen und organisatorischen Voraussetzungen für das geplante eigene Handelsunternehmen gerichtet sind; sie sind zulässig, wenn sich die Tätigkeit in den Vorbereitungshandlungen erschöpft und nicht aus sonstigen, besonderen Gründen die Geschäftsinteressen des Arbeitgebers noch während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses unmittelbar gefährdet werden, insbesondere durch Kontaktaufnahme mit Kunden oder anderen Vertragspartnern des Arbeitgebers (BAG vom 30.05.1978 a.a.O.).

Eine treuwidrige Abwerbung im Sinne eines Verstoßes gegen die Treuepflicht bei noch bestehendem Arbeitsverhältnis liegt dann vor, wenn ein Arbeitnehmer auf seine Arbeitskollegen nachhaltig dahingehend einzuwirken versucht, zu kündigen und einen Arbeitsplatz zukünftig bei ihm oder bei einem anderen Arbeitgeber anzunehmen. Dies gilt im Übrigen auch während des Kündigungszeitraums des abwerbenden Mitarbeiters und einer in diesem Zusammenhang ausgesprochenen Freistellung. Dabei ist unwesentlich, ob unlautere Mittel angewandt werden, eine sittenwidrige Handlung wird für die Annahme einer Treuepflichtverletzung nicht vorausgesetzt. Unerheblich ist auch, ob der Abwerbungsversuch erfolgreich war und es auf Grund dessen tatsächlich zur Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses des abgeworbenen Mitarbeiters durch ordentliche Kündigung oder durch Vertragsbruch kommt. Keine Treuepflichtverletzung stellen hingegen Gespräche unter Arbeitskollegen über einen beabsichtigten Stellenwechsel dar, und zwar selbst dann nicht, wenn die Vorzüge des neuen Arbeitgebers besonders hervorgehoben werden. Im Einzelfall ist die Grenze zur treuwidrigen Abwerbung schwer zu ziehen (siehe Busch/Dendorfer Abwerbung von Mitarbeitern BB 2002, 301 ff.).

Eine vertragswidrige Abwerbung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer auf Arbeitskollegen einwirkt, um sie zu veranlassen, das bisherige Arbeitsverhältnis aufzugeben und für den Abwerbenden oder einen anderen Arbeitgeber tätig zu werden. Zum Begriff der Abwerbung gehört, dass sie mit einer gewissen Ernsthaftigkeit und Beharrlichkeit betrieben wird (Erfurter Kommentar Rn. 87 zu § 626 BGB).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass die Beklagte bei den Gesprächen mit der Mitarbeiterin der Klägerin Frau A. im Oktober und November 2000 die Grenze zwischen zulässigen Vorbereitungshandlungen in Bezug auf ein neu zu gründendes Handelsgewerbe und einer vertrags- und wettbewerbswidrigen Abwerbung überschritten hat, wobei es auf die Suspendierung der Beklagten ab August 2000 nicht ankommt, da die rechtlichen Bindungen bis zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiterbestehen (BAG vom 30.05.1978, AP Nr. 9 zu § 60 HGB). Zudem ist vorliegend zu beachten, dass die Parteien in § 10 des Gebietsleitervertrags zwar kein nachvertragliches, aber ein der Treuepflicht des Arbeitnehmers analog § 60 HGB entsprechendes Wettbewerbsverbot während des bestehenden Arbeitsverhältnisses vereinbart haben, das im Sinne der zu § 60 HGB ergangenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu verstehen ist. Somit musste der Beklagten klar sein, dass ernsthafte und hartnäckige Abwerbungsversuche gegenüber Mitarbeitern der Klägerin gegen die arbeitsvertragliche Treupflicht verstoßen, denn § 10 bestimmt, dass der Mitarbeiter alles zu unterlassen hat, was einen (anderen) Mitarbeiter der Gesellschaft dazu veranlassen könnte, die Gesellschaft zu verlassen oder in sonstiger Weise die Gesellschaft zu schädigen.

Da nach der geschilderten Rechtsprechung (BAG vom 30.01.1963, AP Nr. 3 zu § 60 HGB, BAG vom 30.05.1978, AP Nr. 9 zu § 60 HGB und BAG vom 12.05.1972, AP Nr. 6 zu § 60 HGB), Abwerbungsversuche gegenüber Arbeitnehmern des Arbeitgebers, die die Interessen des Arbeitgebers gefährden, gegen die Treuepflicht des Arbeitnehmers, unabhängig von ihrem Erfolg, verstoßen, reicht der Vortrag der Klägerin bezüglich der Auskunftsverpflichtung der Beklagten nach Antrag Ziffer 1 aus. Die Klägerin hat nämlich im Einzelnen unwidersprochen dargelegt, dass die Beklagte bei zwei Gesprächen in ihren Privaträumen im Oktober und November 2000 nachhaltig versucht hat, Frau A. zu bewegen, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin aufzulösen und entweder als Angestellte im Bereich Marketing und Personalentwicklung tätig zu werden oder eine Beteiligung an der neu zu gründenden Gesellschaft zu erwerben. Nachdem Frau A. sich Bedenkzeit erbeten hatte, wurde ein weiteres Gespräch am 13.11.2000 geführt. Auch bei dieser Unterredung versuchte die Beklagte, nachhaltig auf die Mitarbeiterin A. einzuwirken, und zwar in dem Sinne, dass sie möglichst schon zum 01.01.2001 ihren Arbeitsplatz wechseln sollte. Es handelte sich somit nicht um eine kurze Mitteilung der Beklagten gegenüber Frau A., dass sie selbst sich verändern wolle und die Mitarbeiterin mitgehen könne, sondern um einen ernsthaften Abwerbungsversuch, bei dem die Einzelheiten der neuen Tätigkeit und Beteiligung der Mitarbeiterin besprochen wurden und auch ein gewisser Druck auf diese ausgeübt wurde. Damit hat die Beklagte die zulässige Grenze der Vorbereitungshandlung überschritten und gegen ihre gesetzliche und vertragliche Treuepflicht aus dem rechtlich noch bestehenden Arbeitsverhältnis verstoßen. Da die Klägerin auf Grund des Vorfalles mit Frau A. ernsthaft Anlass hatte, weitere vertragswidrige Abwerbungen zu befürchten, ist ein diesbezüglicher Auskunftsanspruch gegeben.

Mit ihrem Auskunftsanspruch Ziffer 2 konnte die Klägerin keinen Erfolg haben, da sie keinen Abwerbungsversuch bezüglich ihrer Kunden dargetan hat. Die als Sachvortrag widergegebene Aussage der Frau A., dass die Beklagte und ihr Ehemann während des zweiten Gesprächs einige geschäftliche Telefonanrufe entgegengenommen hätten, und der Ehemann der Beklagten ihr auch mitgeteilt habe, dass er bereits Kontakt zu einer Vielzahl von wichtigen Kunden aufgenommen habe, reicht nicht aus, da kein konkreter Verdacht bzw. Vorfall für die Kontaktaufnahme mit Kunden der Klägerin dargetan worden ist. Aus dem Umstand, dass die Beklagte versucht hat, die Mitarbeiterin A. abzuwerben, ergibt sich noch nicht von sich aus der begründete Verdacht, dass die Beklagte während des bestehenden Arbeitsverhältnisses an Kunden der Klägerin herangetreten ist, wobei ihr auch ein entsprechendes Verhalten ihres Ehemannes nicht zugerechnet werden kann. Somit ist der Auskunftsanspruch Ziffer 2 nicht begründet.

Folglich konnte die Berufung der Klägerin nur bezüglich des Auskunftsanspruchs Ziffer 1 Erfolg haben, im Übrigen war sie zurückzuweisen.

Es konnte nur über die Kosten der Berufung gemäß § 97 Abs. 1 ZPO entschieden werden, das Arbeitsgericht wird bei Erlass des Schlussurteils über die in erster Instanz angefallenen Kosten unter Berücksichtigung des vorliegenden Urteils zu entscheiden haben.

Gegen dieses Urteil gibt es kein Rechtsmittel. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. Auf § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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