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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 23.05.2005
Aktenzeichen: 6 Ta 1/05
Rechtsgebiete: ArbGG, GVG, HGB


Vorschriften:

ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 a
ArbGG § 5 Abs. 1 Satz 1
ArbGG § 5 Abs. 3
ArbGG § 48 Abs. 1
ArbGG § 53 Abs. 1 Satz 1
GVG § 17 a Abs. 4 Satz 3
HGB § 92 a
HGB §§ 84 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Beschluss

Aktenzeichen: 6 Ta 1/05

In Sachen

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 6. Kammer - durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Stolz, ohne mündliche Verhandlung am 23.05.2005

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 02.12.2004 - 4 Ca 4745/04 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

Von der Darstellung des Sachverhalts wird abgesehen, nachdem die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts keinem weiteren Rechtsmittel unterliegt. Stattdessen wird auf den Inhalt der Ziff. I der Gründe des arbeitsgerichtlichen Beschlusses verwiesen.

Die gemäß § 48 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG statthafte und im Übrigen auch zulässige Beschwerde der Klägerin, über die in entsprechender Anwendung des § 53 Abs. 1 Satz 1 ArbGG ohne mündliche Verhandlung durch die Vorsitzende der Beschwerdekammer allein zu entscheiden war, hatte in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen verneint.

Die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts hätte sich nur aus den §§ 2 Abs. 1 Nr. 3 a, 5 Abs. 3 ArbGG ergeben können, wenn der Kläger als Arbeitnehmer oder als Handelsvertreter im Sinne von § 5 Abs. 3 ArbGG anzusehen gewesen wäre. Wie das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt hat, ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG eröffnet, da der Kläger gemäß § 1 Ziff. 1.1 und Ziff. 1.2 des zwischen den Parteien geschlossenen Dienstvertrags vom 20./21.01.1998 selbständiger Handelsvertreter gemäß § 84 ff. HGB und als solcher kein Arbeitnehmer ist.

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ergibt sich aber auch nicht aus § 5 Abs. 3 ArbGG. Diese Vorschrift begrenzt die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen für Handelsvertreter. Ist eine als Handelsvertreter auftretende Person in Wahrheit Arbeitnehmer, weil sie gegenüber dem Prinzipal persönlich abhängig ist, sind die Gerichte für Arbeitssachen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG für Streitigkeiten aus dem Rechtsverhältnis zuständig. Eine ausschließliche Zuständigkeit ergibt sich, wenn die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 ArbGG vorliegen. Diese Vorschrift stellt die Einfirmenvertreter Arbeitnehmern lediglich prozessual gleich, eine Anwendung arbeitsrechtlicher Vorschriften oder Grundsätze auf das Rechtsverhältnis eines selbständigen Einfirmenvertreters regelt diese Vorschrift nicht.

Selbständige Handelsvertreter gelten als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes, wenn sie vertraglich nicht für weitere Unternehmer tätig werden dürfen oder ihnen dies nach Art und Umfang der von ihnen verlangten Tätigkeit nicht möglich ist (§ 92 a HGB), und sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000,00 € an Vergütung einschließlich Provisionen und Ersatz von Aufwendungen bezogen haben. Gemeint sind damit die Einfirmenvertreter. Ihnen darf die Vermittlung von Geschäften nur für ein Unternehmen gestattet oder möglich sein (Germelmann-Matthes-Prütting-Müller-Glöge Arbeitsgerichtsgesetz 5. Auflage Rn 23, 25 zu § 5 ArbGG).

Obwohl der Beklagte unstreitig im Durchschnitt der letzten sechs Monate nicht mehr als 1.000,00 € an Vergütung, Provisionen und Auslagen, tatsächlich erhalten hat, ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht eröffnet, da die in § 92 a HGB normierte Voraussetzung, dass der Beklagte vertraglich nicht für weitere Unternehmer tätig werden darf, vorliegend nicht erfüllt ist. Zwar ist in § 1 Ziff. 1.4 des Dienstvertrages vom 20./21.01.1998 bestimmt, dass der Beklagte andere selbständige oder unselbständige Tätigkeiten nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des zuständigen Ressort-Vorstandes ausüben darf. Das bedeutet aber nach der auch vom Arbeitsgericht in Bezug genommenen Entscheidung des BAG vom 15.12.1999 (AP Nr. 5 zu § 92 HGB) nicht, dass diese vertragliche Bestimmung ein Verbot jeder anderen Tätigkeit des Beklagten enthält. Vielmehr ist deren Aufnahme von der Genehmigung der Klägerin abhängig. Wünscht der Beklagte, einer zusätzlichen Tätigkeit nachzugehen, und wird die Zustimmung von der Klägerin verweigert, so kann erst diese Verweigerung Einfluss auf seinen Status haben. Das Verbot allein wirkt sich bis dahin nicht aus. Vorliegend ist nicht vorgetragen worden, dass der Beklagte eine solche Genehmigung erfolglos eingeholt hat. Somit ist nicht davon auszugehen, dass der Beklagte als Einfirmenvertreter nach § 92 a HGB anzusehen ist, so dass die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 ArbGG nicht gegeben sind.

Es trifft zwar zu, dass der vom Bundesarbeitsgericht entschiedene Fall nicht die Rechtsfrage der §§ 5 Abs. 3 ArbGG, 92 a HGB zum Inhalt hatte, das BAG erwähnt diese Vorschriften allerdings zur Abgrenzung zwischen dem Status des Arbeitnehmers und dem selbständigen Handelsvertreter, wobei auch der nur für ein Unternehmen tätige Vertreter selbständiger Mitarbeiter sein kann und im Rahmen des § 5 Abs. 3 ArbGG gerade von einem selbständigen Handelsvertreter ausgegangen wird, der nur unter bestimmten Voraussetzungen bezüglich des Rechtsweges den Arbeitnehmern gleichgestellt wird. Aber in jedem Fall ist beiden Konstellationen gleich, dass die Selbständigkeit des Betreffenden durch das Verbot jeglicher Nebentätigkeit eingeschränkt ist. Insoweit können die Maßstäbe des BAG in der Entscheidung vom 15.12.1999 zur Definition des Einfirmenvertreters in § 5 Abs. 3 ArbGG herangezogen werden. Es kommt somit nicht entscheidend auf die vertraglich vereinbarte Genehmigungspflicht einer zusätzlichen Tätigkeit an, sondern auf die Verweigerung dieser Zustimmung zur Aufnahme von Nebentätigkeiten, damit der Handelsvertreter als Einfirmenvertreter anzusehen ist. Das von der Klägerin angeführte Urteil des OLG Düsseldorf vom 05.03.1997 stellt dem gegenüber ohne Begründung fest, dass auch derjenige Handelsvertreter Einfirmenvertreter ist, der eine weitere gewerbliche Betätigung nur mit Genehmigung des Unternehmers ausüben darf, ohne dass der Unternehmer zu deren Erteilung verpflichtet ist. Dem kann so nicht zugestimmt werden. Es muss vielmehr darauf ankommen, ob der Unternehmer im Ergebnis eine weitere Tätigkeit verbietet und der Handelsvertreter somit nur für ihn tätig werden darf. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, macht der im Dienstvertrag vereinbarte Genehmigungsvorbehalt vielmehr gerade deutlich, dass die Parteien von der tatsächlich bestehenden Möglichkeit eines Tätigwerdens des Handelsvertreter ausgingen Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart war somit mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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