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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 05.09.2000
Aktenzeichen: 8 Sa 9/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, ArbGG


Vorschriften:

BGB § 315
BGB § 315 Abs. 1
BGB § 670
ZPO § 97 Abs. 1
ArbGG § 72a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
8 Sa 9/00

verkündet am 05. September 2000

In Sachen

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg -8.Kammer- durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Kaiser, den ehrenamtlichen Richter Dirr und den ehrenamtlichen Richter Staiger auf die mündliche Verhandlung vom 05.09.2000 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart, Kammern Ludwigsburg, vom 10.12.1999 - Az.: 10 Ca 749/99 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Tatbestand:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen, weil dieses Urteil nicht der Revision unterliegt.

Entscheidungsgründe:

Die nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthafte und in der gehörigen Form und Frist eingelegte und begründete und daher auch im Übrigen zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen weitergehenden Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Spesenpauschale.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass der Kläger arbeitsvertraglich keinen Anspruch auf Spesen in Höhe von gerade 2.260,-- DM monatlich hat. § 3 des Anstellungsvertrages vom 16./24.02.1988 in Verbindung mit der Anlage 2 zum BSB-Vertrag sieht vielmehr eine Spesenpauschale "gemäß beiliegender Spesenregelung in der zur Zeit gültigen Fassung" vor. Diese Spesenregelung staffelt die Spesenpauschalen nach der Gebietsgröße in fünf Kategorien. Diese vertragliche Vereinbarung kann nicht anders ausgelegt werden, als dass die vorgegebenen Gebietsgrößen jeweils Voraussetzung für die Zahlung der ihnen zugeordneten Spesenpauschalen sein sollen.

Dass ihm bei Anwendung der Spesenregelung keine Monatspauschale in Höhe von 2.260,-- DM zusteht, stellt der Kläger selbst nicht in Abrede. Vielmehr ist unstreitig, dass das Gebiet des Klägers bereits seit 01.01.1998 in die erste bzw. seit Mai 2000 in die zweite Kategorie der Spesenregelung mit jeweils niedrigeren Spesensätzen fällt.

Die dem Kläger gewährte Spesenpauschale ist auch kein Gehaltsbestandteil. Nach ganz allgemeiner Meinung handelt es sich bei dem Ersatz von Aufwendungen für Geschäftsreisen nicht um Entgelt. Mit dem Ersatz von Reisekosten wird nicht die Arbeitsleistung entgolten, nicht einmal die Bereitschaft des Arbeitnehmers, Dienstreisen zu unternehmen. Vielmehr werden lediglich die im Interesse des Arbeitgebers gemachten Aufwendungen erstattet, worauf der Arbeitnehmer nach § 670 BGB grundsätzlich Anspruch hat und zwar unabhängig von einer arbeitsvertraglichen oder betrieblichen Regelung. Das gilt auch im Fall der Pauschalierung des Aufwendungsersatzes, die die Handhabung vereinfachen soll (BAG AP Nr. 6 und 22 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung).

Dem Kläger ist zuzugestehen, dass Leistungen des Arbeitgebers nicht als allein durch ihre Bezeichnung als Spesenpauschale zu Aufwendungsersatz werden. Vielmehr kommt es auf den Zweck der Leistungen an. So können Spesen, die von vornherein die Aufwendungen, die der Arbeitgeber nach der Verkehrsanschauung für erforderlich halten kann, übersteigen, hinsichtlich des überschießenden Teils im Zweifel als Entgelt gewertet werden. Insoweit steht der Leistung des Arbeitgebers kein Aufwand gegenüber, den der Arbeitnehmer im Interesse des Unternehmens erbracht hat. Für solche Entgeltbestandteile lässt sich dem Vortrag des Klägers aber nichts entnehmen. Dieser behauptet nicht, die jeweiligen Spesensätze seien von vornherein zu hoch bemessen. Das Arbeitsgericht hat im Einzelnen ausgeführt, dass der Kläger sogar umfangreiche Reisetätigkeiten entfaltet, für die er keinen über die Spesenpauschale hinausgehenden Ersatz erhält. Es spricht deshalb nichts dafür, dass die Beklagte mit der nach Gebietsgrößen gestaffelten Spesenpauschale nicht etwa die Reisetätigkeit sondern Arbeitsleistungen des Klägers vergüten wollte.

Dass die Beklagte die Spesen auch bei Urlaub und einer Krankheitsdauer von bis zu vier Wochen zahlt, macht diese ebenfalls nicht zu Gehaltsbestandteilen. Sinn einer Pauschalierung ist gerade, vom Nachweis des tatsächlich entstandenen Aufwands im Einzelfall abzusehen und stattdessen die Gewährung der Pauschalleistung an objektive Umstände zu knüpfen, bei deren Vorliegen nach der Lebenserfahrung eine hohe Wahrscheinlichkeit für das Entstehen derartiger Aufwendungen gegeben ist. Der Jahresurlaub und gewisse Krankheitsfehlzeiten sind vorhersehbar und in jedem Arbeitsverhältnis typisch. Es ist plausibel, dass sie bereits bei der Bemessung der Pauschalen berücksichtigt werden und schadet deren Charakter als echter Aufwendungsersatz nicht. Darüber hinaus wird der Arbeitnehmer oftmals nach Wiedergenesung von einer kürzeren Krankheit sogar erhöhten Reiseaufwand tätigen, um teilweise versäumte Termine nachzuholen, ohne hierfür eine höhere Aufwandsentschädigung als die Pauschale verlangen zu können. Dass bei über 4-wöchiger Krankheit die Pauschale entfällt, unterstreicht noch die fehlende Entgeltfunktion, besteht doch der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem EntgeltfortzG 6 Wochen und nach Ziff. 7 der Anlage 2 zum Arbeitsvertrag sogar 4 Monate.

Dass die Spesenregelung in einer Betriebsvereinbarung geregelt sei, was für ihren Vergütungscharakter sprechen soll, hat der Kläger zwar behauptet, die einschlägige Betriebsvereinbarung aber (auf das Bestreiten der Beklagten hin) nicht vorgelegt.

Nachdem die Pauschale somit kein Vergütungsbestandteil ist, gehen die Ausführungen des Klägers zur Notwendigkeit einer Änderungskündigung ins Leere.

Ein Anspruch des Klägers auf Weiterzahlung der höheren Spesenpauschale ergibt sich auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben. Soweit der Kläger moniert, die Beklagte habe bei der einseitigen Abänderung der Spesenpauschale § 315 BGB beachten müssen, ist festzustellen, dass kein Fall der Leistungsbestimmung durch einen der Vertragschließenden (hier der Beklagten) nach § 315 Abs. 1 BGB vorliegt. Nach der vertraglich getroffenen Regelung sollte der Kläger Anspruch nach der jeweiligen Spesenregelung haben. Die Beklagte sollte nicht etwa die Höhe der Spesenpauschale bestimmen dürfen. Soweit in der "Jeweiligkeitsklausel" ein solches Bestimmungsrecht der Beklagten gesehen wird, ist festzustellen, dass die Beklagte die (abgesehen von Erhöhungen der Spesensätze) von Anfang an geltende Spesenregelung in ihrer Gesamtheit gerade nicht geändert hat, sondern diese nach wie vor auf den Kläger anwendet. Für eine Prüfung der Leistungsbestimmung nach § 315 BGB ist daher kein Raum.

Schließlich vermochte die Kammer dem Kläger auch nicht dahin zu folgen, eine Reduzierung der Spesenpauschale komme nur bei sonst gleichbleibenden Arbeitsbedingungen in Betracht. Den Arbeitsvertragsparteien war es bei Vertragsschluss unbenommen, die Spesenpauschale nach dem Kriterium der Gebietsgröße zu bemessen. Allerdings kann allein dieses Kriterium nicht alle Besonderheiten eines Reisegebietes berücksichtigen und der Aufwand des Reisenden von vielen anderen Umständen als nur der Gebietsgröße abhängig sein. Wie oben ausgeführt ist es aber gerade Sinn einer Pauschale von solchen individuellen Besonderheiten abzusehen und stattdessen an leicht feststellbare objektive Umstände anzuknüpfen, bei deren Vorliegen nach der Lebenserfahrung eine hohe Wahrscheinlichkeit für das Entstehen entsprechender Aufwendungen gegeben ist. Dass die Gebietsgröße jedenfalls ein maßgebliches Kriterium für den Reiseaufwand darstellt, liegt auf der Hand. Die Anknüpfung (allein) an die Gebietsgröße ist daher zulässig.

Schließlich spielt es keine Rolle, dass, wie der Kläger behauptet, seine Tätigkeit als FBB in Kooperation mit der Post AG sich grundlegend von der Tätigkeit als BSB in Kooperation mit der Allianz Versicherungs AG unterscheidet. Die Spesenpauschale wird, wie oben ausgeführt, nicht für die Arbeitstätigkeit des Klägers sondern als pauschalierter Aufwendungsersatz bezahlt. Der Charakter der Tätigkeit des Klägers ist für die Spesenpauschale ohne Bedeutung.

Die Berufung des Klägers ist daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückgewiesen worden.

Ende der Entscheidung

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