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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 25.03.2008
Aktenzeichen: 17 Ta 2485/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 115 Abs. 3
Bei der Entscheidung über den Einsatz des Vermögens i. S. d. § 115 Abs. 3 ZPO kommt es grundsätzlich auf die Vermögensverhältnisse im Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe an. Etwas anderes gilt, wenn die Partei zuvor Teile ihres Vermögens veräußert hat, obwohl sie mit Prozesskosten rechnen musste und es ihr zumutbar war, hierfür finanziell vorzusorgen.
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Beschluss

17 Ta 2485/07

In dem Beschwerdeverfahren in dem Prozesskostenhilfeverfahren des Rechtsstreits

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 17. Kammer, durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht D. als Vorsitzenden am 25. März 2008 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 9. November 2007 - 30 Ca 8246/07 - wird auf ihre Kosten mit der klarstellenden Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klägerin die auf sie entfallenden Prozesskosten bis zu einem Höchstbetrag von 5.489,09 EUR aus ihrem Vermögen zu tragen hat.

Gründe:

I.

Die Klägerin hat sich mit ihrer Klage gegen die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses und eine erteilte Abmahnung gewandt sowie die Verurteilung der Beklagten zur vorläufigen Weiterbeschäftigung begehrt. Sie hat für diese Rechtsverfolgung Prozesskostenhilfe beantragt und dabei in ihrer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 13. Mai 2007 u. a. angegeben, über ein Bankguthaben von 10.698,09 EUR zu verfügen.

Das Arbeitsgericht bewilligte der Klägerin mit Beschluss vom 12. September 2007 Prozesskostenhilfe, ohne eine Ratenzahlung oder Zahlungen aus dem Vermögen der Klägerin anzuordnen. Die Bezirksrevisorin legte am 27. September 2007 Beschwerde gegen diesen Beschluss ein, weil das Vermögen der Klägerin nicht berücksichtigt worden sei. Das Arbeitsgericht änderte daraufhin durch Beschluss vom 9. November 2007 die Bewilligung der Prozesskostenhilfe dahingehend, dass die Klägerin aus ihrem Vermögen 5.489,00 EUR zu leisten habe.

Gegen diesen ihr am 16. November 2007 zugestellten Beschluss richtet sich die am 5. Dezember 2007 eingelegte Beschwerde der Klägerin. Ihr Vermögen habe im Zeitpunkt des Bewilligungsbeschlusses lediglich 3.735,51 EUR betragen. Sie habe im Juli 2007 für 2.800,00 EUR ein gebrauchtes Kraftfahrzeug erworben, das sie zum Nachweis ihrer Mobilität bei der Stellensuche sowie für eine ehrenamtliche Tätigkeit benötigt habe. Ferner habe sie mit dem Barvermögen eine verzögerte Krankengeldzahlung überbrücken und verschiedene Ausgaben (Brille, Arztrechnung, Spenden, Praxisgebühren, Medikamente, Fahrten, Telefon, Kabelgebühren, Kraftfahrzeugversicherung und Kraftfahrzeugsteuer, Autoreparatur) tätigen müssen. Sie müsse daher ihr Vermögen nicht zur Deckung von Prozesskosten verwenden.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Die Klägerin hat aus ihrem Vermögen bis zu 5.489,00 EUR zu leisten, um die auf sie entfallenden Prozesskosten zu decken.

1. Eine Bewilligung der Prozesskostenhilfe kommt nur insoweit in Betracht, als es der Partei nicht zugemutet werden kann, ihr Vermögen zur Deckung der Prozesskosten einzusetzen (§ 115 Abs. 3 ZPO). Heranzuziehen ist dabei das gesamte verwertbare Vermögen der Partei, soweit es nicht zu dem gesetzlich bestimmten Schonvermögen i.S.d. § 90 Abs. 2 SGB XII gehört und der Einsatz bzw. die Verwertung des Vermögens keine unzumutbare Härte für die Partei darstellt, § 90 Abs. 3 SGB XII. Maßgebend sind dabei grundsätzlich die Vermögensverhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag. Veräußert die Partei jedoch Teile ihres Vermögens in einem Zeitpunkt, in dem sie einen Prozess führt bzw. hierzu entschlossen ist oder in dem sie mit einem Prozess rechnen muss, kann sie in Bezug auf die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nicht geltend machen, sie sei vermögenslos. Denn es kann von der Partei erwartet werden, dass sie zur Deckung voraussichtlicher Prozesskosten Vorsorge trifft und hierfür ihr Vermögen in zumutbarer Weise ganz oder teilweise zurücklegt. Alles andere würde zu einer nicht gerechtfertigten Schlechterstellung der wirtschaftlich vernünftig handelnden Partei führen, die wegen eines Rechtsstreits aus ihrem Vermögen Rücklagen bildet und deshalb keine Prozesskostenhilfe erhalten kann (vgl. hierzu Zöller, ZPO, 26. Auflage 2007, § 115 Rn. 72 m.w.N.).

2. Die Klägerin verfügte im Zeitpunkt der Klageeinreichung nach ihren eigenen Angaben über ein verfügbares Bankguthaben von 10.698,09 EUR. Von diesem Vermögen musste die Klägerin gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII ein Schonvermögen in Höhe von 2.600,00 EUR (§ 1 Abs. 1 Nr. 1b) DVO zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) sowie einen Betrag in gleicher Höhe, der zum Ausgleich der mit dem Verlust des Arbeitsplatzes einhergehenden Nachteile diente (vgl. hierzu BAG, Beschluss vom 24. April 2006 - 3 AZB 12/05 - AP Nr. 4 zu § 115 ZPO), nicht einsetzen. Der verbleibende Betrag von 5.498,00 EUR stand der Klägerin als einzusetzendes Vermögen zur Verfügung. Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe nach Beginn des Rechtsstreits ein Kraftfahrzeug für 2.800,00 EUR erworben, war dies auf der Grundlage der obigen Ausführungen nicht als Minderung des Vermögens anzuerkennen. Die Klägerin benötigte das Kraftfahrzeug nicht ohne weiteres, um eine neue Erwerbstätigkeit als Verkäuferin oder Einzelhandelskauffrau aufzunehmen bzw. durchzuführen. Dass sie insoweit eine Mobilität nachweisen muss, die durch die öffentlichen Verkehrsmittel in Berlin nicht gewährleistet werden kann, ist weder konkret vorgetragen noch sonst ersichtlich. Im Übrigen wurde das Schonvermögen der Klägerin u. a. wegen ihrer Aufwendungen bei der Stellensuche um 2.600,00 EUR erhöht. Die Klägerin kann ferner nicht darauf verweisen, sie benötige ein Kraftfahrzeug, um einer ehrenamtlichen Tätigkeit nachzugehen. Der Gesetzgeber hat diese Verwendung des Vermögens in § 90 Abs. 2 SGB XII nicht genannt und damit deutlich gemacht, dass die Wahrnehmung eines Ehrenamtes - so anerkennenswert sie auch sein mag - für die Feststellung der Bedürftigkeit einer Partei keine Bedeutung hat. Dass die Klägerin einen weiteren Teil ihres Vermögens für ihren Lebensunterhalt notwendigerweise verbrauchen und ihn nicht zum Bestreiten der Prozesskosten zurückhalten konnte, hat die Klägerin nicht nachvollziehbar vorgetragen. Im Übrigen hätte es bereits genügt, auf den Erwerb des Kraftfahrzeugs zu verzichten, um die durch die Beauftragung ihrer Prozessbevollmächtigten entstehenden Prozesskosten zu decken; auch wären einige der geltend gemachten Aufwendungen ohne den Erwerb des Kraftfahrzeugs nicht entstanden.

3. Es kann schließlich nicht angenommen werden, dass es für die Klägerin eine unzumutbare Härte darstellte, Teile ihres Vermögens zur Deckung der Prozesskosten zu verwenden. Besondere Umstände, die dies rechtfertigen könnten, hat die Klägerin nicht angegeben. Vielmehr verblieben der Klägerin außer ihrem Schonvermögen weitere Beträge, die sie nach Belieben verwenden konnte.

Nach alledem war die Beschwerde der Klägerin zurückzuweisen, wobei der Tenor des angefochtenen Beschlusses unter Berücksichtigung der vom Arbeitsgericht ermittelten Obergrenze der Belastung in der geschehenen Weise klarzustellen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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