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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 09.10.2009
Aktenzeichen: 17 Ta 6073/09
Rechtsgebiete: RVG, BetrVG


Vorschriften:

RVG § 23 Abs. 3 Satz 2
BetrVG 1972 § 99 Abs. 4
Der Wert eines Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG, das eine Ein- oder Umgruppierung zum Gegenstand hat, bestimmt sich nicht nach der Entgeltdifferenz im Sinne des § 42 Abs. 4 Satz 2 GKG.
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Beschluss

17 Ta 6073/09

In dem Beschwerdeverfahren

hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 17. Kammer durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht D. als Vorsitzender

am 9. Oktober 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 30. Juni 2009 - 27 BV 730/09 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Arbeitgeberin hat in dem diesem Beschwerdeverfahren vorausgegangenen arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung eines Arbeitnehmers in eine bestimmte Stufe einer Entgeltgruppe begehrt. Die von dem Betriebsrat für richtig gehaltene Eingruppierung hätte zu einer Erhöhung der Vergütung des Arbeitnehmers von monatlich 850,00 EUR geführt. Das Verfahren wurde durch gerichtlich protokollierten Vergleich beendet.

Das Arbeitsgericht hat den Wert des Verfahrensgegenstandes durch Beschluss vom 30. Juni 2009 auf 8.000,00 EUR festgesetzt. Hiergegen richtet sich die am 7. Juli 2009 eingelegte Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats. Sie sind der Auffassung, dass der um 20 v. H. geminderte dreifache Jahresbetrag der Entgeltdifferenz für die Wertfestsetzung maßgebend sei. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts ist nicht zu beanstanden.

1. Der Streit der Betriebsparteien über die Zustimmung des Betriebsrats zu einer personellen Einzelmaßnahme i.S.d. § 99 Abs. 1 BetrVG stellt eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit dar, die gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG zu bewerten ist. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Umfang und die - auch wirtschaftliche - Bedeutung der Sache zu berücksichtigen.

2. Ist eine Ein- oder Umgruppierung Gegenstand des Zustimmungsersetzungs-verfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG, wird der Wert des Verfahrens von einigen Landesarbeitsgerichten unter Berücksichtigung des § 42 Abs. 4 Satz 2 GKG bestimmt und - mit verschieden hohen Abschlägen - der dreijährige Unterschieds-betrag zur begehrten Vergütung für maßgebend gehalten (LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21. Juli 2008 - 1 Ta 116/08 - juris; LAG Köln, Beschluss vom 19. März 2008 - 10 Ta 43/08 - AE 2009, 89; LAG Hamm, Beschluss vom 24. September 2007 - 10 Ta 523/07 - juris). Es sei die wirtschaftliche Bedeutung des Verfahrens für den Arbeitnehmer, um dessen Ein- bzw. Umgruppierung es gehe, zu berücksichtigen, zumal der Arbeitnehmer sich bei einem Individualstreit um seinen Vergütungsanspruch auf die gerichtliche Entscheidung im Zustimmungsersetzungs-verfahren berufen könne.

3. Die Beschwerdekammer folgt dieser Auffassung nicht. Mit einer an § 42 Abs. 4 Satz 2 GKG orientierten Wertfestsetzung werden die wirtschaftlichen Interessen des Arbeitnehmers in den Vordergrund gestellt, obwohl diese von dem Betriebsrat nicht verfolgt werden. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Ein- und Umgruppierungen soll gewährleisten, dass der betroffene Arbeitnehmer der zutreffenden Vergütungsgruppe zugeordnet wird. Dies dient vor allem der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit und der Transparenz der betrieblichen Vergütungspraxis; dass der Arbeitnehmer seine individuellen Vergütungsansprüche ggf. auf den Ausgang des Zustimmungsersetzungsverfahrens stützen kann (vgl. hierzu BAG, Beschluss vom 3. Mai 1994 - 1 ABR 58/93 - AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung), ist Folge, aber nicht Gegenstand des zu bewertenden Verfahrens. Welcher Wert der Durchsetzung einer im Betrieb geltenden Vergütungsordnung beizumessen ist, hängt nicht ausschließlich von der im Einzelfall ggf. eintretenden Entgeltdifferenz ab. Der Gesichtspunkt der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit ist nicht mehr oder weniger gewichtig, nur weil der betroffene Arbeitnehmer bei der von dem Betriebsrat für richtig gehaltenen Ein- oder Umgruppierung eine höhere oder geringere Vergütungsdifferenz beanspruchen könnte. Im Übrigen ist es auch nicht ausgeschlossen, dass der Betriebsrat im Interesse der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit einer Ein- oder Umgruppierung widerspricht, weil der Arbeitnehmer seiner Auffassung nach einer tieferen Vergütungsgruppe zuzuordnen ist; der Wert des Zustimmungsersetzungsverfahrens kann sich dann erst recht nicht nach dem wirtschaftlichen Interesse des betroffenen Arbeitnehmers richten. Dies bedeutet nicht, dass die Höhe der Entgeltdifferenz für die Bestimmung des Verfahrenswertes ohne Belang ist; sie kann nur nicht alleiniger Anknüpfungspunkt für die Wertfestsetzung sein.

4. Im vorliegenden Fall hat das Arbeitsgericht mit der Festsetzung des doppelten Hilfswerts des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG in ausreichender Weise die Höhe der streitigen Entgeltdifferenz berücksichtigt. Umstände, die eine weitere Erhöhung des Wertes rechtfertigen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Das vorliegende Verfahren nimmt nicht an der Kostenbefreiung nach § 2 Abs. 2 GKG teil, weil es sich nicht um eine Angelegenheit nach § 2a Abs. 1 ArbGG, sondern um eine Festsetzung des Verfahrenswerts nach § 33 RVG handelt (vgl. hierzu Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 6. Aufl. 2008, § 12 Rn. 142).

6. Die Entscheidung ist unanfechtbar.

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