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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 18.06.2002
Aktenzeichen: 12 Sa 2413/01
Rechtsgebiete: BGB, KSchG


Vorschriften:

BGB § 242
KSchG § 1 Abs. 2
1. Die Rechtsprechung des BAG zum Wiedereinstellungsanspruch nach wirksamer betriebsbedingter Kündigung begegnet Bedenken; sie ist nicht auf den Fall einer krankheitsbedingten Kündigung auszudehnen.

2. In jedem Fall kommt ein Wiedereinstellungsanspruch nur für solche Tätigkeiten in Frage, die nach dem Arbeitsvertrag geschuldet wurden und die der Arbeitgeber einseitig zuweisen konnte; unterwertige Beschäftigungen können nicht Gegenstand eines Wiedereinstellungsanspruchs sein.


Landesarbeitsgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil

12 Sa 2413/01

Verkündet am 18. Juni 2002

In Sachen

pp

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 12. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 07.05.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Kießling als stellvertretenden Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Otto und Klose

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 26.10.2001 - 96 Ca 10231/01 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten - in zweiter Instanz noch - über einen Wiedereinstellungsanspruch des Klägers nach Ausspruch einer wirksamen personenbedingten Kündigung.

Der Kläger (1952 geboren, verheiratet, zwei Kinder) war aufgrund schriftlichen Vertrages (Bl. 49 f. d.A.) bei der Beklagten seit 13. November 1992 als Busfahrer beschäftigt. Seit 1995 hatte er wiederholte, zum Teil erhebliche krankheitsbedingten Fehlzeiten. Nach einer betriebsärztlichen Untersuchung im September 2000 und einer weiteren Untersuchung im Februar 2001 kam die Betriebsärztin der Beklagten zu dem Ergebnis, der Kläger sei aus gesundheitlichen Gründen auf Dauer als Busfahrer nicht mehr einsetzbar. Nach Prüfung einiger "Schonbeschäftigungen" kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis durch eine am 7. März 2001 zugestellte Kündigung mit Zustimmung des Personalrats zum 30. September 2001.

Mit seiner am 6. April 2001 beim Arbeitsgericht Berlin eingereichten Klage hat sich der Kläger zunächst gegen die Kündigung gewandt und später im Wege der Klageerweiterung hilfsweise seine Wiedereinstellung mit Wirkung ab 1. Oktober 2001 als Omnibusfahrer, weiter hilfsweise in verschiedenen anderen Tätigkeiten verlangt.

Durch rechtskräftiges Teilurteil vom 24. August 2001 hat das Arbeitsgericht den Antrag, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die mit Schreiben der Beklagten vom 7. März 2001 erklärte Kündigung nicht aufgelöst wird, abgewiesen, da der Kläger die Klagefrist nach dem Kündigungsschutzgesetz versäumt habe und andere Unwirksamkeitsgründe, insbesondere eine mangelhafte Personalratsunterrichtung, nicht gegeben seien.

Mit seinem danach zum weiteren Hauptantrag gemachten bisherigen Hilfsantrag hat der Kläger seine Wiedereinstellung als Omnibusfahrer, hilfsweise mit weiteren Tätigkeiten verlangt, im Wesentlichen mit der Begründung, die betriebsärztliche Feststellung einer dauernden gesundheitlichen Beeinträchtigung, die seinem Einsatz als Omnibusfahrer entgegenstehe, habe sich jedenfalls im nachhinein als unrichtig erwiesen; mit Schreiben vom 18. Mai und 16. Juli sowie mit Schriftsatz vom 23. Juli 2001 (Bl. 46 f., 54 f. sowie 42 ff. d.A.) habe er die Beklagte (insoweit unstreitig) darauf hingewiesen, weshalb die Beklagte gehalten sei, ihm ein Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu machen.

Durch Schlussurteil vom 26. Oktober 2001, auf dessen Tatbestand wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in erster Instanz Bezug genommen wird (Bl. 109 ff. d.A.) hat das Arbeitsgericht den weiteren Antrag des Klägers, die Beklagte zu verurteilen, ihn als Omnibusfahrer, hilfsweise als Schaffner im Kontrolldienst, hilfsweise als Fahrscheinverkäufer, hilfsweise als Busspurbetreuer, hilfsweise als Bahnhofsbetreuer und letztrangig als Rangierer wieder einzustellen, abgewiesen, im Wesentlichen mit der Begründung: Seine Wiedereinstellung als Busfahrer könne der Kläger nicht verlangen, da er nicht in genügender Weise vorgetragen habe, dass die am 1. Februar 2001 durch den betriebsärztlichen Dienst getroffene Diagnose, er sei dauernd fahrdienstuntauglich, unzutreffend sei. Das vorgelegte augenärztliche Attest vom 10. Juli 2001 ergebe nur, dass er aus augenärztlicher Sicht als Busfahrer wieder eingesetzt werden könne, die generelle Tauglichkeit als Busfahrer ergebe sich daraus nicht. Auch das Attest der Allgemeinmedizinerin vom 16. Juli 2001 gehe nur davon aus, dass "nach großer Wahrscheinlichkeit" keine Bedenken für den Einsatz als Busfahrer bestünden, eine endgültige Entscheidung werde ausdrücklich einem Arbeitsmediziner vorbehalten. Schließlich sei auch das Attest der Universitätsklinik C. vom 17. August/3. September 2000 nicht erschöpfend, da es keine Aussagen über seine generelle Fahrdiensttauglichkeit und die Widerlegung der bisherigen Krankheitsbilder enthalte, zumal der vom Kläger eingeräumte fortdauernde, wenn auch eingeschränkte Nikotingenuss die Gefahr eines Rückfalls nicht ausschließe. Als Rangierer könne der Kläger nicht eingesetzt werden, da hierfür ebenfalls Fahrdiensttauglichkeit Voraussetzung sei. Eine Tätigkeit als Schaffner im Kontrolldienst könne er nicht verlangen, da sein Vortrag nicht substantiiert ergebe, dass entsprechende Stellen noch während der Kündigungsfrist bei der Beklagten frei geworden und besetzt worden seien. Ein Anspruch auf Wiedereinstellung als Bahnhofsbetreuer, Busspurbetreuer und Fahrkartenverkäufer bestehe ebenfalls nicht, da der Vortrag des Klägers nicht substantiiert ergebe, dass entsprechende Stellen frei gewesen seien. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen (Bl. 111 ff. d.A.).

Gegen dieses am 23. November 2001 zugestellte Schlussurteil richtet sich die am 19. Dezember 2001 eingegangene und am 21. Februar 2002 (nach entsprechender Fristverlängerung) begründete Berufung des Klägers, der nunmehr seine Wiedereinstellung nicht mehr als Busfahrer, sondern nur noch als Schaffner im Kontrolldienst, Fahrscheinverkäufer und Bahnhofsbetreuer verlangt, darüber hinaus aber im Wege der Klageerweiterung auch noch als Mitarbeiter im Ordnungsdienst und als Pförtner.

Der Kläger wiederholt und vertieft seine erstinstanzlichen Vortrag, wonach die Arztberichte der Klinik C. vom 17. August und 3. September 2001 ergäben, dass keine pathologischen Befunde mehr vorhanden seien, die auf ein deutlich erhöhtes Infarktrisiko schließen ließen. Die früher erwähnten Risiken - Nikotin und Blutfette - seien auszuscheiden, da der Kläger seit Anfang 2000 nicht mehr als fünf bis sechs Zigaretten pro Tag rauche und seit Februar 2001 auf dem "Hometrainer" frühmorgens täglich etwa 20 Minuten übe, die bereits bisher fettarme Nahrung seit April 2001 weiter reduziert habe, viel Gemüse, Salate und Obst esse, verstärkt Fruchtsäfte trinke und an Wochenenden mit seiner Ehefrau längere Fahrradtouren von mehr als zwei Stunden unternehme. Auch Alkohol nehme er nur noch ausnahmsweise und in geringen Mengen zu sich. Er sei deshalb sowohl als Busfahrer als auch in den weiteren im Antrag genannten Tätigkeiten uneingeschränkt einsetzbar. Die Beklagte habe zwischen Kündigungszugang und Kündigungstermin zahlreiche derartige Stellen frei gehabt und neu besetzt. Sie müsse ihn deshalb auch bei Akzeptierung der Wirksamkeit der Kündigung entsprechend beschäftigen, zumal er sich mit einer unterwertigen Beschäftigung ausdrücklich einverstanden erklärt und die Beklagte sich im Arbeitsvertrag ein umfassendes Versetzungsrecht ausbedungen habe.

Der Kläger beantragt,

das Schlussurteil des Arbeitsgerichts zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihn als Schaffner im Kontrolldienst, hilfsweise als Bahnhofsbetreuer, hilfsweise als Fahrscheinverkäufer und (insoweit klageerweiternd) hilfsweise als Mitarbeiter im Ordnungsdienst und hilfsweise als Pförtner wieder einzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht sich die Urteilsbegründung zu eigen und beanstandet, der vom Kläger geltend gemachte Wiedereinstellungsanspruch beschränke in unzulässiger Weise ihre Vertragsfreiheit und bedeute das Ende jeder Planungssicherheit. Die Eignung für die vom Kläger genannten Tätigkeiten werde weiterhin bestritten.

Im Übrigen habe sie die vom Kläger verlangten Tätigkeiten lediglich mit bei ihr langjährig beschäftigten und unkündbaren, jedenfalls nicht gekündigten Mitarbeitern besetzt, die in ihrer ursprünglichen Tätigkeit dienstuntauglich geworden seien. Eine Besetzung von außen sei nicht erfolgt. Diesem Vortrag ist der Kläger nicht entgegengetreten.

Entscheidungsgründe:

1.

Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den in erster Instanz gestellten Wiedereinstellungsantrag zu Recht abgewiesen. Die Kammer macht sich die sorgfältige Begründung ausdrücklich zustimmend zu eigen (§ 543 Abs. 1 ZPO a.F.). Die Angriffe der Berufung gegen das Urteil sind nicht berechtigt. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Angebot eines Arbeitsvertrages über die in zweiter Instanz erstmals verlangten Tätigkeiten als Mitarbeiter im Ordnungsdienst und als Pförtner.

1.1

Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist durch die Kündigung vom 7. März 2001 wirksam zum 30. September 2001 beendet worden. Nach dem Teilurteil des Arbeitsgerichts vom 24. August 2001 über den Kündigungsschutzantrag des Klägers steht rechtskräftig fest, dass der Kläger weder die mangelnde soziale Rechtfertigung der Kündigung noch andere Unwirksamkeitsgründe geltend machen kann; er kann die mangelnde soziale Rechtfertigung der Kündigung auch nicht mehr mit der Begründung geltend machen, die Beklagte hätte ihm statt der (Voll-) Kündigung nur eine Änderungskündigung mit gleichzeitigem Angebot einer der im Hilfsantrag (erster oder zweiter Instanz) genannten Tätigkeiten aussprechen dürfen.

1.2

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Wiedereinstellung, d.h. auf Abgabe einer seinem Antrag entsprechenden Willenserklärung durch die Beklagte.

1.2.1

Für einen derartigen Anspruch ist eine einem Gesetz unmittelbar zu entnehmende Rechtsgrundlage nicht ersichtlich. Sie ist insbesondere nicht im Kündigungsschutzgesetz (wo sie systematisch hingehören würde) zu finden.

1.2.2

Gleichwohl hat die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in jüngerer Zeit einen solchen Anspruch nach Ausspruch einer wirksamen betriebsbedingten Kündigung bejaht, wenn sich zwischen Kündigung und Ablauf der Kündigungsfrist unvorhergesehen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ergibt (BAG 7 AZR 557/96 vom 6.8.1997 sowie 7 AZR 904/98 vom 28.6.2000, NZA 2000, 1097 = AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Wiedereinstellung). Der die negative Vertragsfreiheit des Arbeitgebers einschränkende Kontrahierungszwang ergebe sich als vertragliche Nebenpflicht aus dem noch fortbestehenden Arbeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer habe auch nach Ausspruch einer rechtlich begründeten Kündigung regelmäßig ein Interesse daran, seinen Arbeitsplatz nicht mit Ablauf der Kündigungsfrist zu verlieren, worauf der Arbeitgeber Rücksicht zu nehmen habe. Der Umstand, dass bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Kündigung grundsätzlich auf die Lage bei Kündigungsausspruch abzustellen sei, verlange nach einem Korrektiv, wenn die bei Kündigungsausspruch aufgestellte Prognose zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit sich später als unrichtig herausstelle. Deshalb müsse der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen später freiwerdenden oder neu geschaffenen Arbeitsplatz anbieten, auf den er den Arbeitnehmer ohne Änderung des Arbeitsvertrages einseitig umsetzen könne; eine derartige anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit hätte nämlich, sofern sie bei Ausspruch der Kündigung bereits vorhanden oder absehbar gewesen wäre, der Wirksamkeit der Kündigung entgegengestanden (vgl. BAG 7 AZR 904/98 a.a.O.).

Diese rechtliche Konstruktion, insbesondere die Herleitung eines entsprechenden Anspruchs aus einer vertraglichen Nebenpflicht, erscheint nicht unproblematisch. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers als vertragliche Nebenpflicht wurde bisher nur im Rahmen eines bestehenden Arbeitsvertrages und in dessen rechtlichen Grenzen anerkannt. Zwar können aus einer solchen Nebenpflicht auch nach Vertragsende noch gewisse Verhaltenspflichten erwachsen (etwa die, eine Arbeitsbescheinigung zur Vorlage beim Arbeitsamt auszustellen oder die, das Fortkommen des Arbeitnehmers nicht durch unrichtige Auskünfte über ihn zu behindern); stets handelt es sich aber um Nebenpflichten aus einem unzweifelhaft abgeschlossenen Arbeitsvertrag. Aus der Fürsorgepflicht (oder einer sonstigen Nebenpflicht) einen Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrages herzuleiten, der die Grundlage für das Entstehen von Hauptpflichten (Lohnzahlung und Beschäftigung) abgibt, entbehrt nicht einer gewissen Unlogik. Im Übrigen enthält das Kündigungsschutzgesetz ein seit Jahrzehnten ausdifferenziertes (wenn auch gelegentlich durch den Gesetzgeber verändertes) System von Regeln darüber, wann und wie ein Arbeitsverhältnis gegen den Willen des Arbeitnehmers beendet werden kann. Im Rahmen dieses Systems war es stets Konsens, dass es für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Kündigung auf den Zeitpunkt des Kündigungszugangs ankommt (u.a. schon deshalb, weil sonst die dreiwöchige Klagefrist weitgehend unsinnig wäre). Wenn dies in Fällen für unbefriedigend gehalten wird, in denen sich die tatsächlichen Verhältnisse nachträglich verändert haben und die bei Kündigungsausspruch anzustellende Prognose wegen dieser nachträglichen Veränderung sich letztlich als unrichtig herausstellt, wäre es an sich nicht Sache der Rechtsprechung, sondern Sache des Gesetzgebers, dies im Rahmen einer Gesetzesänderung zu berücksichtigen. Im Übrigen wären auch die betriebsverfassungs- und personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsrechte des Betriebs- bzw. Personalrats bei einer (Neu-)Einstellung, um die es sich rechtlich handelt, zumindest bei der Antragstellung und Tenorierung zu berücksichtigen.

1.2.3

Ob der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Wiedereinstellungsanspruch nach betriebsbedingten Kündigung zu folgen ist, kann aber letztlich offen bleiben. Denn eine Ausdehnung der entwickelten Grundsätze auf eine personenbedingte Kündigung hält die Kammer nicht für angezeigt. Bei der betriebsbedingten Kündigung liegen die Kündigungsgründe eindeutig und allein in der Sphäre des Arbeitgebers. Wenn sich in seiner, des Arbeitgebers, Sphäre eine Änderung ergibt, die eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers möglich macht, mag es deshalb im Allgemeinen auch angemessen sein, ihn, den Arbeitgeber, für verpflichtet zu halten, dem Arbeitnehmer ein Fortsetzungsangebot zu machen, bevor er über den freiwerdenden Arbeitsplatz anderweitig disponiert. Ein Arbeitgeber, der einen Arbeitnehmer, mit dessen Leistung er zufrieden war, allein aus betriebsbedingten Gründen kündigt, hat in aller Regel auch subjektiv gute Gründe, dem gekündigten Arbeitnehmer ein Fortsetzungsangebot zu machen. Bei der personenbedingten Kündigung ist dies aber anders. Mit dem Kündigungsgrund hat der Arbeitgeber - abgesehen vom Fall einer in Kenntnis des Arbeitgebers durch die Arbeit verursachten Krankheit - nichts zu tun. Er hat deshalb auch wesentlich weniger Veranlassung zu einem neuen Vertragsangebot, selbst wenn er von einer Besserung des Gesundheitszustandes erfährt, nachdem die Kündigung unangreifbar geworden ist.

1.2.4

Dabei soll nicht verkannt werden, dass das Bundesarbeitsgericht in den beiden vom Arbeitsgericht bereits zitierten Entscheidungen (2 AZR 431/98 vom 29.4.1999 und 2 AZR 639/98 vom 17.6.1999, NZA 1999, 978 sowie 1328) angedeutet hat, ein Wiedereinstellungsanspruch könne auch im Falle einer personenbedingten Kündigung bejaht werden. Geht man hiervon einmal aus, gibt es doch im vorliegenden Streitfall Besonderheiten, die nach Auffassung der Kammer einem Wiedereinstellungsanspruch im Rahmen der vom Bundesarbeitsgericht gegebenen Andeutungen entgegenstehen:

1.2.4.1

Zunächst begehrt der Kläger in zweiter Instanz nicht mehr seine Wiedereinstellung mit der vertraglich geschuldeten Tätigkeit als Busfahrer, sondern ausschließlich mit Tätigkeiten, die seiner Eingruppierung als Busfahrer nicht entsprechen, sondern niedriger eingruppiert sind. Bei den zweitinstanzlich begehrten Beschäftigungen als Schaffner im Kontrolldienst, Bahnhofsbetreuer, Fahrscheinverkäufer, Mitarbeiter im Ordnungsdienst und Pförtner handelt es sich ausnahmslos um solche, die die Beklagte nicht im Rahmen ihres Direktionsrechts zuweisen könnte. Zwar hat sie sich unter Ziffer 04. des Arbeitsvertrages vorbehalten, dem Kläger jeden zumutbaren Arbeitsplatz innerhalb des Gesamtbereichs der BVG zuzuweisen und den Kläger verpflichtet, "jede ihm übertragene Arbeit zu leisten, sofern er hierzu für befähigt gehalten wird". Hierbei handelt es sich aber ersichtlich um eine Generalklausel, die die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes nicht tangieren kann. Es ist allgemein anerkannt, dass der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechtes dem Arbeitnehmer einseitig nur Tätigkeiten zuweisen kann, die seiner Vergütungsgruppe entsprechen. Das bedeutet umgekehrt aber auch, dass der Arbeitnehmer keinen Anspruch darauf hat, mit Tätigkeiten betraut zu werden, die außerhalb seiner Vergütungsgruppe liegen. In der Entscheidung vom 28. Juni 2000 (7 AZR 904/98, NZA 2000, 1097) hat das Bundesarbeitsgericht den Wiedereinstellungsanspruch ausdrücklich beschränkt auf Arbeitsplätze, auf die der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ohne Änderung des Arbeitsvertrages einseitig umsetzen könnte. Die Kammer sieht keine Veranlassung, hierüber hinaus zu gehen.

1.2.4.2

Auch wenn man das aber tun wollte, kann die Klage keinen Erfolg haben. Ein Wiedereinstellungsanspruch nach Ausspruch einer wirksamen Kündigung macht nur Sinn, wenn ihm Umstände zugrunde liegen, die tatsächlich erst nach Ausspruch der Kündigung eingetreten sind. Dem Vortrag des Klägers kann aber, in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht, nicht ausreichend substantiiert entnommen werden, dass nach Kündigungszugang am 7. März 2001 tatsächlich wesentliche Umstände in seinem Gesundheitszustand eingetreten sind, die die der Kündigung zugrundeliegende Prognose im nachhinein entkräften. Der Kläger hat seinen Angriff auf die Kündigung in erster Instanz mit denselben Argumenten betrieben, die jetzt seinen Wiedereinstellungsanspruch begründen sollen. Im Grunde macht er nämlich geltend, das betriebsärztliche Gutachten vom 1. Februar 2001 sei falsch, da seinerzeit nicht seine dauernde, sondern nur seine vorübergehende Dienstunfähigkeit als Busfahrer festzustellen gewesen wäre. Dies wäre in der Tat ein Argument gegen die Kündigung gewesen. Wenn man es aber zur Begründung eines Wiedereinstellungsanspruchs ausreichen lassen würde, würde dies die in § 7 KSchG vorgesehene dreiwöchige Klagefrist gegen eine Kündigung unterlaufen. Der gekündigte Arbeitnehmer könnte nämlich die Argumente, die er zum Angriff auf die Kündigung im Kündigungsschutzprozess vorzubringen hätte, ebenso gut für einen Wiedereinstellungsanspruch verwenden. Das kann nicht richtig sein.

Dem Vortrag des Klägers ist in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht nicht zu entnehmen, dass er einerseits das betriebsärztliche Gutachten vom 1. Februar 2001 für richtig hält, andererseits nachträgliche Umstände die uneingeschränkte Wiederherstellung seiner Diensttauglichkeit als Busfahrer ergeben haben. Die vom Kläger vorgelegten Äußerungen der Augenärztin Dr. E. vom 10. Juli 2001 und der Allgemeinmedizinerinnen Sch. und G. vom 16. Juli 2001 ergeben dies ebenso wenig wie die vorgelegten Arztberichte der C. vom 17. August und 3. September 2001; letztere äußern sich zwar insgesamt verhältnismäßig positiv über den gesundheitlichen Allgemeinzustand des Klägers; sie schränken aber die positive Prognose ein, indem sie lediglich ein "deutlich erhöhtes Infarktrisiko (außer Nikotin und Blutfette)" ausschließen und weiterhin die Einnahme des Medikamentes "ASS 300 mg" und die Nikotinabstinenz empfehlen, ferner eine Wiedervorstellung "bei neuen Beschwerden dieser Art". Der Kläger seinerseits gibt an, bereits seit Anfang 2000 nur noch fünf bis sechs Zigaretten pro Tag und Alkohol nur unregelmäßig und in geringen Mengen zu sich zu nehmen. Es ist nichts dafür ersichtlich, weshalb dies, wenn es denn zutrifft, nicht bereits bei der betriebsärztlichen Untersuchung am 1. Februar 2001 zu einer positiven ärztlichen Stellungnahme geführt hat. Insgesamt kann jedenfalls nicht angenommen werden, dass sein Gesundheitszustand sich gerade zwischen Zugang der Kündigung und Kündigungstermin so gebessert habe, dass sein Einsatz mit der vertraglich geschuldeten Tätigkeit uneingeschränkt wieder möglich geworden wäre. Von einer uneingeschränkten positiven Gesundheitsprognose im Sinne der Entscheidung des BAG vom 17. Juni 1999 (2 AZR 639/98, NZA 1999, 1328) kann hiernach nicht ausgegangen werden.

Auch was die vom Kläger für sich reklamierten Tätigkeiten angeht, kann nicht angenommen werden, dass die fraglichen Stellen erst aufgrund von Umständen, die bei Kündigungszugang nicht vorhersehbar gewesen wären, zu besetzen waren. Der eigene Vortrag des Klägers ergibt vielmehr, dass sich die Notwendigkeit der Neubesetzung von Stellen, die von den bisherigen Stelleninhabern (aus gesundheitlichen oder auch aus anderen Gründen) nicht mehr ausgefüllt werden können, bei der Beklagten in der Zeit nach dem 7. März 2001 (Kündigungszugang) nicht in größerem Umfang gestellt hat als zuvor. Das Freiwerden von anderen Arbeitsplätzen wäre deshalb ein Argument gegen die Kündigung, das im Rahmen einer Kündigungsschutzklage zu beachten wäre; es kann für einen Wiedereinstellungsanspruch nicht in gleicher Weise wie im Kündigungsschutzprozess verwendet werden; auch insoweit würde die dreiwöchige Klagefrist, die für einen Angriff auf eine Kündigung zur Verfügung steht, obsolet.

1.2.4.3

Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen kommt ein Wiedereinstellungsanspruch des Klägers noch aus einem anderen Grunde nicht in Betracht: Der Kläger hat den Vortrag der Beklagten nicht bestritten, dass für keine der vom Kläger begehrten Beschäftigungen Außenbewerber eingestellt worden oder vorgesehen seien, dass vielmehr derartige Arbeitsplätze ausnahmslos mit ungekündigten Mitarbeitern besetzt würden, die für ihre ursprüngliche Tätigkeit (etwa als Bus- oder U-Bahnfahrer) dauernd dienstuntauglich geworden seien. Dann aber handelt es sich nicht eigentlich um "freie" Arbeitsplätze im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Wenn die Beklagte generell einen erheblichen Personalüberhang hat und sich bemüht, vorhandene Arbeitnehmer, die ihren bisherigen Arbeitsplatz aus betrieblichen Gründen oder aus Gründen in ihrer Person nicht mehr wahrnehmen können, anderweitig unterzubringen, wird sie einer aus dem Kündigungsschutzgesetz folgenden Verpflichtung gerecht, die sie diesen Arbeitnehmern gegenüber hat. Der Kläger kann aber nicht verlangen, nachdem seine Kündigung wirksam geworden und rechtlich nicht mehr angreifbar ist, gleichberechtigt mit Arbeitnehmern behandelt zu werden, die sich noch in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden. Dies wäre nur dann der Fall, wenn er seine eigene Kündigung noch mit Aussicht auf Erfolg bekämpfen könnte. Nachdem seine Kündigung aber unangreifbar geworden ist, kann er allenfalls noch verlangen, dass die Beklagte ihm Arbeitsplätze anbietet, die sie andernfalls mit Bewerbern besetzen würde, die zu ihr noch in keiner rechtlichen Verbindung stehen. Nur ihnen gegenüber verdient der Kläger den Vorzug. Da diese Situation aber weder vom Kläger noch von der Beklagten dargetan ist, scheitert sein Wiedereinstellungsanspruch bereits hieran.

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

3.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nach Einschätzung der Kammer nicht vor. Eine Abweichung von anderweitiger obergerichtlicher Rechtsprechung ist nicht ersichtlich. Eine grundsätzliche Bedeutung ist ebenfalls zu verneinen, da die hiesige Entscheidung jedenfalls nicht über die Grundsätze hinausgeht, die das Bundesarbeitsgericht in seinen Entscheidungen zum Wiedereinstellungsanspruch nach personenbedingter Kündigung angedeutet hat.

Ende der Entscheidung

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