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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 02.12.2005
Aktenzeichen: 13 Sa 1348/05
Rechtsgebiete: TVG, BGB, ZPO


Vorschriften:

TVG § 1
BGB § 826
ZPO § 767 Abs. 1
ZPO § 767 Abs. 2
Die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes kann auch dann aus einem rechtskräftigen Titel vollstrecken, wenn sich nach Rechtskraft dessen materielle Unrichtigkeit herausstellt.
Landesarbeitsgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil

13 Sa 1348/05

Verkündet am 02.12.2005

In Sachen

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 13. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 02.12.2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Fenski als Vorsitzender und die ehrenamtlichen Richter Herr Horsch und Frau Lorra

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 09.06.2005 - 62 Ca 73002/05 - wird auf seine Kosten bei unverändertem Streitwert zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage, die Zwangsvollstreckung aus einem rechtskräftigen Urteil gegen ihn für unzulässig zu erklären und den Beklagten zu verurteilen, an ihn die vollstreckbare Ausfertigung des Arbeitsgerichtsurteils vom 3. Februar 2000 herauszugeben. Mit diesem war der damalige Beklagte und nunmehrige Kläger zur Beitragszahlung in Höhe von 41.212,66 DM an den damaligen Kläger und nunmehrigen Beklagten für den Zeitraum von Dezember 1994 bis einschließlich November 1995 verurteilt worden, da nach Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts und dem Vortrag der Parteien der damalige Beklagte einen Baubetrieb unterhielt. Der damalige Beklagte und nunmehrige Kläger hatte gegen dieses Urteil Berufung eingelegt, diese aber zu spät begründet, seine Berufung wurde als unzulässig verworfen. Später stellte der nunmehrige Beklagte unstreitig, dass der jetzige Kläger im Jahr 1995 keinen Baubetrieb unterhielt.

Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Urteil vom 9. Juni 2005 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger keine Einwendungen aus § 767 Abs. 1 ZPO vorbringen könne, da die Gründe, auf denen sie beruhten, nicht gemäß § 767 Abs. 2 ZPO nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozess entstanden seien, sondern bereits zum Zeitpunkt der damaligen Klage vorlagen.

Ein Anspruch aus § 826 BGB sei nicht gegeben, da dafür nicht ausreiche, dass der Beklagte eine Zwangsvollstreckung aus einem Titel betreibe, dessen materielle Unrichtigkeit sich im Nachhinein herausgestellt habe. Darüber hinausgehende Umstände der vorsätzlichen Sittenwidrigkeit im Sinne von § 826 BGB seien nicht gegeben. Wegen der konkreten Begründung des Arbeitsgerichts und des weiteren Vortrags der Parteien erster Instanz wird auf das arbeitsgerichtliche Urteil Bl. 85-90 d.A. verwiesen.

Gegen dieses ihm am 4. Juli 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 5. Juli 2005 beim Landesarbeitsgericht Berlin eingegangene und am Montag, dem 5. September 2005, per Fax begründete Berufung des Klägers.

Er ist der Auffassung, dass als besonderer sittenwidriger Umstand im Sinne von § 826 BGB die Tatsache zu werten sei, dass der Beklagte die damalige Beitragszahlungsklage nur zur Verjährungsunterbrechung erhoben habe, um dann die Frage der Beitragspflicht durch eigene Mitarbeiter prüfen zu lassen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 9. Juni 2005 - 62 Ca 73002/05 - die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Arbeitsgerichts Berlin - 62 Ca 63369/99 - vom 3. Februar 2000 für unzulässig zu erklären und die Beklagte zu verurteilen, an ihn die vollstreckbare Ausfertigung des vorgenannten Urteils vom 3. Februar 2000 an ihn herauszugeben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und verweist darauf, dass für den Kläger während des gesamten Klageverfahrens die Möglichkeit bestanden habe, Erstattungsansprüche über die Urlaubskasse des Baugewerbes (ULAK) geltend zu machen, was zu einer beträchtlichen Gutschrift und somit einer Beitragsermäßigung geführt hätte und möglicherweise heute noch führen könnte.

Wegen des weiteren konkreten Vortrags der Parteien in der zweiten Instanz wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 5. September 2005 (Bl. 101 f. d.A.) und den des Beklagten vom 10. Oktober 2005 (Bl. 119 ff d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die gemäß §§ 8 Abs. 2; 64 Abs. 1, Abs. 2 b, Abs. 6; 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG; §§ 222 Abs. 2; 519; 520 Abs. 1 u. 3 ZPO zulässige Berufung ist insbesondere formgerecht und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

In der Sache hat die Berufung des Klägers jedoch keinen Erfolg. Sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht hat das Arbeitsgericht Berlin die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht Berlin folgt dem Arbeitsgericht Berlin, sieht von einer ausführlichen nur wiederholenden Begründung gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG ab und weist nur auf Folgendes hin:

1. Zutreffend hat das Arbeitsgericht Berlin darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen des § 767 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 ZPO nicht vorliegen, da die Einwendungen auf Gründen beruhen, die objektiv bereits zum Zeitpunkt der damaligen Klageerhebung vorlagen. Dies rügt der Kläger in der Berufung auch nicht mehr.

2. Aber auch die Voraussetzungen, unter denen die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung gemäß § 826 BGB ausnahmsweise durchbrochen werden können, liegen hier nicht vor.

a) Zum einen können die Grundsätze, unter denen ausnahmsweise gegen ein rechtskräftiges Urteil vorgegangen werden kann, dann nicht angewendet werden, wenn der Titelschuldner die Unrichtigkeit des Titels selbst durch nachlässige Prozessführung verursacht hat (vgl. nur BGH 25.2.1988 NJW - RR 1988, 957 = WM 1988, 845; OLG Düsseldorf 14.2.1991 VersR 1992, 764). Dazu zählt auch die verspätete Berufungsbegründung.

b) Zum anderen liegen aber auch die Voraussetzungen des § 826 BGB nicht vor. Denn wie das Arbeitsgericht zutreffend unter Berufung auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. neben der vom Arbeitsgericht zitierten BGH-Entscheidung vom 30.6.1998 NJW 1998, 2818 f. bereits BGH 5.3.1958 BGHZ 26, 391; BGH 6.5.1987 NJW - RR 1987, 1032; BGH 9.02.1999 NJW 1999, 1257 ff; vgl. auch BFH 30.11.00 - VII B 173/00 - n.v. ) ausgeführt hat, liegen keine Umstände vor, welche die Ausnutzung des rechtskräftigen Titels durch den Beklagten als in hohem Maße unbillig und geradezu unerträglich erscheinen ließen.

aa) Der Beklagte hat entgegen der Auffassung des Klägers die damalige Klage nicht nur zur Verjährungsunterbrechung erhoben, sondern diese mit entsprechendem Sachvortrag während der ersten Instanz streitig weitergeführt, was zum Titel führte.

bb) Dass er schließlich später aufgrund einer weiteren eigenen Betriebsprüfung unstreitig stellte, dass der Kläger ab 1995 bis 1997 keinen Baubetrieb im Sinne des anspruchsbegründenden VTV-Bau unterhielt, lässt seinen damaligen Vortrag nicht sittenwidrig oder gar betrügerisch erscheinen, sein damaliger Vortrag entsprach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

cc) Endlich hatte - und hat evtl. immer noch - der Kläger die Möglichkeit, seine im betreffenden Zeitraum erbrachten Urlaubsentgeltzahlungen an seine Arbeitnehmer sich von der ULAK erstatten bzw. auf die Beitragszahlungen gutschreiben zu lassen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

IV.

Die Zulassung im vorliegenden Einzelfall, dessen Beurteilung nicht von anderen obergerichtlichen Rechtssätzen abweicht, kam nicht in Betracht.

Ende der Entscheidung

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